Florians Schatten (7)
Windelgeschichten.org präsentiert: Florians Schatten (7)
Vielen Dank für die vielen Kommentare – das freut mich wirklich und ist eine große Motivation für mich!
Ein besonderer Dank geht wieder an nice.smile, der den Teil bereits probe gelesen hat und mich auf ein paar Details aufmerksam gemacht hat.
Florian:
Leni und Nathanael saßen entspannt auf der Couch, während ich mich davor auf den Boden setzte. Der Fernseher war eingeschaltet, und ein animierter Trickfilm lief. Die Figuren auf dem Bildschirm waren merkwürdig gezeichnet, mit übertrieben großen Köpfen und schmalen Körpern. Sie hatten seltsame Stimmen, die gleichzeitig kichernd und irgendwie albern klangen.
Ich verstand nicht alles, worüber sie sprachen, aber sie lachten ständig – mal laut, mal leise, manchmal wie ein kicherndes Keuchen. In einer Szene saßen sie auf einem Sofa, das so aussah, als würde es auseinanderfallen. Einer von ihnen zeigte auf den Fernseher und machte eine komische Bemerkung, die ich nicht wirklich verstand, bevor er plötzlich anfing, wie wild zu lachen. Der andere hielt sich den Bauch und machte sich über eine Figur lustig, die auf dem Bildschirm zu sehen war. Dann brüllte er etwas über Feuer, sprang auf und fing an, überall herum zu wedeln. Die beiden schienen sich über alles lustig zu machen, was sie sahen oder sagten, und es gab ständig Geräusche wie Rülpser und Lachen.
Ich schaute mit großen Augen auf den Bildschirm, nicht sicher, ob das lustig sein sollte oder einfach nur komisch war. Mein Panda war fest in meinen Armen, und ich drückte ihn noch ein bisschen näher, während ich den Figuren zuhörte. Ihre Bewegungen waren übertrieben, und ich fragte mich, warum sie so seltsam redeten und sich benahmen, als wären sie immer in Schwierigkeiten. Es machte keinen richtigen Sinn, aber ich konnte nicht weggucken.
Plötzlich öffnete sich die Tür, und Diana und Annette kamen herein. Diana blieb stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute streng zu Nathanael und Leni. Ihre Stimme war fest, als sie sagte: „Macht bitte etwas anderes drauf oder schaltet den Fernseher ab. Das ist definitiv nichts für Florian, und das wisst ihr auch.“
Nathanael zuckte merklich zusammen, griff hastig nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. „Ist ja gut,“ murmelte er, ohne Diana anzusehen. Neben ihm stand Leni auf, streckte sich langsam und sagte beiläufig: „Wir wollten sowieso nicht mehr. Ich muss noch mit Marike wegen morgen telefonieren.“ Sie ging ohne ein weiteres Wort Richtung Flur.
Als Nathanael aufstand, um das Wohnzimmer zu verlassen, fiel mein Blick unwillkürlich auf ihn. Er bewegte sich etwas unbeholfen, fast so, als würde er versuchen, etwas zu verbergen. Diana musterte ihn aufmerksam, bevor sie mit ruhiger, aber bestimmter Stimme sagte: „Nathanael, kommst du bitte kurz mit in die Küche?“
Nathanael blieb einen Moment stehen, sah verlegen zu Boden und nickte schließlich. Mit gesenktem Kopf ging er langsam zur Tür, während Diana ihm folgte. Mein Blick wanderte erneut zu ihm, und diesmal konnte ich es deutlich sehen – unter seiner Hose zeichnete sich die Form einer Windel ab. Der Stoff der Hose war an seinem Po leicht gespannt, und es war unübersehbar, dass die Windel aufgequollen war, vermutlich vom Tragen über längere Zeit.
Als die Tür hinter Diana und Nathanael zufiel, war es für einen Moment ganz still im Raum. Ich saß da mit meinem Panda, drückte ihn fest an mich und schaute zu Annette. Sie hatte dieses warme Lächeln, das mir immer ein bisschen Mut machte. Sie setzte sich auf die Couch, ganz ruhig, und sah mich freundlich an. „Wie wäre es, wenn wir uns stattdessen ein Buch anschauen? So wie gestern Abend?“ fragte sie.
Ein Kribbeln ging durch meinen Bauch, und ich nickte sofort. Ich sagte nichts, aber die Idee gefiel mir richtig gut. Mein Panda blieb in meinen Armen, während ich langsam auf die Couch kletterte. Ich setzte mich erst ein Stückchen entfernt von Annette hin, aber so, dass ich sie gut sehen konnte. Sie beugte sich leicht vor und nahm ein Buch von der Ablage.
Das Cover war bunt und zeigte einen kleinen Waschbären mit einem Rucksack auf dem Rücken. Er sah aus, als würde er sich auf ein großes Abenteuer begeben. Ich konnte die bunten Farben und die vielen kleinen Details auf dem Bild kaum alle auf einmal anschauen. Es war irgendwie aufregend. Ich hielt meinen Panda fest im Arm und schaute Annette an, als sie mich fragte: „Möchtest du ein Stück lesen?“ Sie hielt mir das Buch hin und wartete mit einem sanften Lächeln. Ich wusste, sie meinte es nur gut, aber in mir zog sich alles zusammen. Was, wenn ich ein Wort falsch lese? Was, wenn sie dann denkt, ich bin nicht so toll? Die Angst war größer als die Freude, also schüttelte ich schnell den Kopf. Meine Finger klammerten sich noch fester um den weichen Stoff meines Pandas, als würde er mich beschützen.
Annette lächelte wieder. Es war nicht das Lächeln, das man bekommt, wenn man enttäuscht ist, sondern eines, das sagte: „Das ist schon okay.“ Ihre Stimme war beruhigend, als sie sagte: „Das ist völlig in Ordnung. Ich lese dir vor.“
Ich zog meine Beine auf die Couch und drückte den Panda an mich, während Annette neben mir das Buch aufschlug. Es war eine Geschichte über einen kleinen Waschbären, der unbedingt lernen wollte, nachts wach zu bleiben, wie die Großen. Die erste Seite zeigte den Waschbären mit großen, leuchtenden Augen, wie er durch den Wald lief. Annette begann zu lesen, und ihre Stimme war so angenehm und ruhig, dass es sich anfühlte, als würde sie mich in eine andere Welt tragen.
Der kleine Waschbär hatte sich vorgenommen, die ganze Nacht wach zu bleiben, um die Glühwürmchen zu beobachten. Er kletterte auf einen Baum, machte es sich dort gemütlich und wartete. Annette las von den Geräuschen des Waldes: das Rascheln der Blätter, das Zirpen der Grillen, das leise Plätschern eines Baches. Es fühlte sich fast so an, als wäre ich selbst in diesem Wald.
Annette hielt kurz inne und lächelte. „Weißt du,“ sagte sie, „als ich in deinem Alter war, habe ich mal versucht, die ganze Nacht wach zu bleiben. Ich wollte unbedingt die Sterne sehen, weil meine Mama mir erzählt hatte, dass man manchmal Sternschnuppen sieht.“
Ich sah sie an und wartete gespannt. „Ich habe mir einen Schlafsack geschnappt und bin in den Garten gegangen,“ fuhr sie fort. „Aber weißt du, was passiert ist? Ich habe keine einzige Sternschnuppe gesehen, weil ich eingeschlafen bin, bevor sie kamen. Am nächsten Morgen hat mich mein Papa geweckt, und ich war völlig durchgefroren, weil ich den Reißverschluss vom Schlafsack nicht zugezogen hatte.“
Ich stellte mir vor, wie Annette da draußen im Garten lag, eingekuschelt im Schlafsack, während es langsam kälter wurde. Gleichzeitig dachte ich daran, was passiert wäre, wenn ich so etwas gemacht hätte. Mein Vater hätte mir sicher ein Donnerwetter gehalten, dass die Wände wackeln. Aber ich wusste auch, dass es nicht dabei geblieben wäre. Zu einem Donnerwetter gehörte bei ihm immer auch eine Tracht Prügel, und das machte meine Gedanken daran noch schwerer.
Dann fragte ich mich, ob meine Eltern überhaupt gemerkt hätten, dass ich weg war. Bei uns gab es keinen Garten, in den ich hätte gehen können. Nur das kleine, dunkle Zimmer, in dem ich meistens war. Vielleicht hätten sie es erst bemerkt, wenn es Zeit gewesen wäre, dass ich etwas machen sollte, was mein Vater von mir verlangte.
Annette strich mir sanft über den Kopf und begann wieder zu lesen. Die Stimme des kleinen Waschbären schien jetzt direkt in meinem Kopf zu sprechen. Aber die Gedanken ließen mich nicht los. Wie wäre es wohl, einfach draußen zu sein, unter den Sternen, ohne Angst? Die Vorstellung blieb bei mir, selbst als ich wieder auf die Geschichte lauschte.
Ich rückte langsam näher zu Annette. Sie war so ruhig, und ich fühlte mich sicher, während sie las. Der Panda blieb in meinen Armen, fest gedrückt, aber ich wollte immer näher an Annette sein, so konnte ich besser in das Buch schauen und dadurch auch ein Teil der Geschichte werden.
Es fühlte sich gut an. Warm und geborgen. Ich konnte alles vergessen – die komischen Fernsehsachen von vorhin, die strenge Stimme von Diana oder die Unsicherheit, ob ich etwas richtig mache. Es war, als gäbe es nur Annette, den kleinen Bären und mich. Ich wollte, dass dieser Moment niemals endete.
Diana kam ins Wohnzimmer und lächelte. In ihren Händen trug sie ein Tablett mit dampfenden Tassen, ein paar Broten und Apfelschnitzen. Ich konnte den Kakao schon riechen, süß und warm, und mein Bauch fühlte sich plötzlich ganz leer an. Sie stellte das Tablett vorsichtig auf den Tisch vor der Couch ab und sagte mit ihrer sanften Stimme: „Ich habe hier warmen Kakao und eine Kleinigkeit zu essen – das wird uns guttun.“
Ich sah auf das Tablett und konnte meine Augen nicht von den Tassen nehmen. Der Dampf stieg in kleinen Wölkchen nach oben, und ich rückte ein Stück näher, meinen Panda fest im Arm. Diana nahm eine Tasse und stellte sie direkt vor mich auf einen kleinen Untersetzer. „Pass bitte auf, die ist noch ziemlich heiß,“ sagte sie freundlich.
Ich nickte und griff vorsichtig nach der Tasse. Sie war warm, fast heiß, und ich hielt sie mit beiden Händen, ganz still. Dann pustete ich ein bisschen, wie ich es immer gesehen hatte, wenn andere etwas Heißes tranken. Der Kakao roch so gut, und ich wagte nach ein paar Sekunden einen winzigen Schluck. Es war warm und süß, und die Wärme breitete sich langsam in meinem Bauch aus. Ich fühlte mich ein bisschen besser, weniger müde.
Diana stellte mir danach einen kleinen Teller hin. Darauf lag ein halbes belegtes Brot und ein paar Apfelschnitze. „Hier, Florian. Das ist für dich,“ sagte sie ruhig. Ich schaute den Teller kurz an, bevor ich das Brot nahm. Vorsichtig biss ich ab, kaute langsam und legte es dann wieder zurück. Ich war mir nicht sicher, ob ich noch mehr essen wollte, also griff ich zu einem der Apfelschnitze. Sie waren kühl und knackig, und ich mochte, wie sie sich anfühlten, wenn ich reinbiss.
„Möchtest du nicht noch ein bisschen mehr essen?“ fragte Annette, die neben mir saß. Ihre Stimme war freundlich, aber ich hatte keinen Hunger. Bevor ich antworten konnte, hörte ich Diana sagen: „Er soll nur so viel essen, wie er möchte.“
Ich schaute kurz zu Diana, die Annette ansah und dann weiter sprach: „Florian muss sich erst wieder an regelmäßiges Essen gewöhnen. Es ist nicht schlimm, wenn er nur wenig isst.“
Ich war froh, dass niemand drängte. Ich kaute langsam weiter an meinem Apfelstück und hielt danach wieder die Tasse mit dem Kakao in meinen Händen. Sie fühlte sich so warm an, und ich mochte, wie die Wärme in meinen Fingern kribbelte.
Während ich vorsichtig daran nippte, wurde es ganz ruhig im Raum. Es fühlte sich gut an, einfach hier zu sitzen und nichts zu müssen. Mein Panda lag auf meinem Schoß, und ich hielt ihn mit einer Hand, während die andere die Tasse stützte. Ich wusste nicht genau warum, aber ich fühlte mich ein bisschen sicherer, ein bisschen… wohler.
Während ich meinen Kakao trank, unterhielten sich Diana und Annette. Ich hörte ihre Stimmen, aber ich achtete nicht wirklich darauf, was sie sagten. Es klang wichtig, aber irgendwie auch nicht so spannend. Die Wärme des Kakaos, das weiche Gefühl der Couch und der Duft der Schokolade fühlten sich viel wichtiger an.
Als meine Tasse fast leer war, stellte ich sie vorsichtig zurück auf den Untersetzer. Ich drehte mich zu Diana und fragte: „Wo ist Nathanael?“ Es war mir einfach in den Kopf gekommen, und ich wollte es wissen.
Diana schaute mich freundlich an. „Er ist oben in seinem Zimmer. Ich denke, er spielt bestimmt Computer,“ sagte sie.
Ich überlegte kurz und schaute dann zu Annette. Mein Blick wanderte auch zu dem Buch, das sie vorhin vorgelesen hatte. Ich wollte wirklich wissen, wie die Geschichte weiter ging, aber gleichzeitig war ich neugierig, was Nathanael machte. Diana bemerkte wohl, dass ich unsicher war, und fragte: „Möchtest du zu ihm hoch?“
Ich zögerte, spielte mit dem Ohr meines Pandas und überlegte. Schließlich nickte ich vorsichtig und schaute zu Annette, ich wollte sicherstellen, dass das wirklich in Ordnung war. Sie lächelte mich ermutigend an. „Geh ruhig. Wir können auch ein anderes Mal weiterlesen,“ sagte sie sanft. „Und solltest du dann bei uns wohnen, können wir – wenn du möchtest – jeden Abend eine Gutenacht-Geschichte lesen.“
Ihre Worte ließen mich kurz innehalten. Jeden Abend eine Geschichte? Das klang fast zu schön, um wahr zu sein. Ich brauchte einen Moment, um es zu verstehen, nickte dann langsam und stand auf. Meinen Panda hielt ich immer noch fest, während ich in Richtung Flur ging.
„Sag Nathanael bitte, dass er nur jugendfreie Sachen auf dem Computer spielt, wenn du bei ihm bist,“ rief Diana mir noch hinterher. Ich nickte wieder, auch wenn ich nicht genau wusste, warum das so wichtig war, und verschwand dann aus dem Wohnzimmer. Hinter mir redeten die beiden Frauen weiter, aber ich hörte nicht zu. Meine Gedanken waren bei Nathanael und der Frage, ob er wohl etwas spielte, bei dem ich mitmachen konnte. Mein Panda war die ganze Zeit fest in meinen Armen, während ich aufgeregt und ein kleines bisschen nervös die Treppe hinaufging.
Nathanaels Zimmertür war zu. Sie sah so groß und geschlossen aus, dass ich mich nicht traute, einfach hineinzugehen. Ich wusste nicht, ob er das gut finden würde. Aber Anna-Lenas Tür war nur angelehnt, und daraus hörte ich ihre Stimme. Es klang, als ob sie mit jemandem redete, also schob ich meinen Kopf vorsichtig durch den Spalt. Mein Panda war immer noch fest in meinen Armen.
Drinnen sah ich Leni auf ihrem Bett liegen. Sie hatte ein Telefon am Ohr, das sie lässig hielt, während sie mit jemandem sprach. Ihr Bett war groß und mit einer Decke bedeckt, die viele Farben hatte – rosa, lila, und ein bisschen Glitzer schien auch dabei zu sein. An der Wand über ihrem Bett hingen Lichterketten, die wie kleine Sterne funkelten, auch wenn sie nicht eingeschaltet waren. Ich blieb in der Tür stehen, nicht sicher, ob ich sie stören sollte.
Plötzlich bemerkte sie mich. Sie schaute auf und lächelte, während sie ins Telefon sprach: „Marike, ich muss kurz unterbrechen. Unser Gast Kind, von dem ich dir erzählt habe, steht gerade bei mir in der Tür… Ja, bis nachher.“ Dann legte sie ihr Handy zur Seite und richtete sich ein wenig auf. „Hallo, Florian. Komm ruhig rein,“ sagte sie mit einer warmen Stimme.
Ich zögerte kurz, bevor ich langsam ins Zimmer trat. Mein Blick wanderte sofort herum. Es war so anders als die Zimmer, die ich bisher gesehen hatte. Überall waren Poster von Mädchen und Jungs, die cool aussahen – sie hatten bunte Klamotten und lachten oder sangen. Auf einem Regal standen kleine Figuren, die aussahen wie Tänzerinnen, und daneben lagen ein paar Bücher und Zeitschriften mit glänzenden Covern. Die Wände waren in hellen Farben gestrichen, und eine Seite war mit einer Tapete bedeckt, die kleine Blumen hatte. Es roch ein bisschen nach Parfüm, süß und irgendwie erwachsen.
„Sieh dich ruhig um,“ sagte Leni, als sie bemerkte, wie ich alles anstarrte. Ich traute mich nicht, irgendetwas anzufassen, aber mein Blick wanderte weiter. Auf ihrem Schreibtisch lag ein pinker Laptop, daneben ein Stift und ein Notizbuch, in das sie wohl öfter schrieb. Ein großer Spiegel stand an einer Wand, mit Fotos von ihr und anderen Mädchen drumherum geklebt. Die Fotos sahen aus, als hätten sie viel Spaß gehabt. Ich fragte mich, ob sie auch Fotos von mir machen würde, wenn wir uns besser kennen.
„Was treibt dich zu mir?“ fragte sie schließlich mit einem neugierigen Lächeln, als ich immer noch schüchtern dastand. Ihre Stimme klang nicht genervt, sondern eher interessiert, was mich ein bisschen entspannte.
Ich musste kurz schlucken, bevor ich mich traute, etwas zu sagen. „Ich wollte zu Nathanael, aber seine Tür ist zu… und deine war offen,“ antwortete ich schließlich leise, meinen Panda noch immer fest im Arm haltend.
Sie nickte verstehend und klopfte mit der Hand auf die Decke neben sich, als wollte sie sagen, dass ich mich setzen könnte. „Na, dann hast du ja Glück, dass ich da bin,“ sagte sie mit einem Augenzwinkern. Ich wusste nicht genau, was sie meinte, aber es fühlte sich nett an. Ich sah mich noch einmal im Zimmer um, beeindruckt von den ganzen Dingen, die so anders waren als bei mir. Es war fast wie ein Zimmer aus einem Film, und irgendwie mochte ich es.
Ich setzte mich vorsichtig zu ihr auf das Bett, meinen Panda immer noch fest im Arm haltend. Die Decke war weich und fühlte sich unter mir gemütlich an. Leni lächelte mich an, und ihre Stimme war freundlich, als sie sagte: „Wir zwei hatten bisher gar keine Zeit, uns richtig kennenzulernen. Aber Nathanael hat dir ja schon ein wenig Gesellschaft geleistet. Seit du hier bist, hat er sich ganz schön verändert.“
Ihre Worte klangen nett, aber ich wurde trotzdem ein bisschen unsicher. Ich spürte, wie mein Magen sich leicht zusammenzog. Habe ich etwas falsch gemacht bei Nathanael? Ich drückte meinen Panda ein wenig fester, während ich darüber nachdachte.
Ich schaute sie kurz an, traute mich aber nicht, etwas zu sagen. Was meinte sie damit? Hatte ich etwas an ihm verändert, ohne es zu merken? Sie fuhr fort: „Er ist wieder ein bisschen wie früher, mehr wie mein kleiner Bruder und nicht so distanziert wie er das letzte Jahr war. Ich bin froh, dass er wieder mehr so ist wie früher.“
Ich entspannte mich ein wenig, als ich ihre Worte hörte. Es klang nicht so, als hätte ich etwas falsch gemacht. Vielleicht war es sogar gut, dass Nathanael sich verändert hatte. Aber ich verstand nicht ganz, warum er vorher anders war. Ich schaute sie vorsichtig an, und sie lächelte mich immer noch an. Ihre Augen wirkten ehrlich und freundlich, und sie sah aus, als wollte sie mir damit sagen, dass ich mir keine Sorgen machen muss.
„Nathanael mag dich,“ fügte sie schließlich hinzu. „Das sieht man. Er zeigt das nicht so offen, aber ich kenne ihn. Du tust ihm gut.“
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, also nickte ich nur leicht und spielte mit dem Ohr meines Pandas. Irgendwie fühlte es sich gut an, das zu hören, auch wenn ich es noch nicht ganz verstand. Leni wirkte so, als wüsste sie immer genau, wie alles läuft, und das machte mich ein bisschen ruhiger. Ihr Zimmer fühlte sich mit ihr zusammen warm und sicher an, fast wie eine kleine Welt für sich.
Leni sah mich mit einem freundlichen, fast ein bisschen traurigen Blick an. „Und ich finde es schade, dass du nicht bei uns Bleiben kannst.“ sagte sie plötzlich, während sie sich ein Stückchen auf dem Bett zurück lehnte. „Du könntest voll unser kleiner Bruder sein.“
Ihre Worte machten mich irgendwie warm und kalt zugleich. Ich drückte meinen Panda ein bisschen fester an mich. Ihr kleiner Bruder? Meinen die das wirklich? Ich schaute sie vorsichtig an, während sie weiter sprach.
„Aber Mama hat schon gesagt, dass sie dich zwar gerne mit aufnehmen würde – und das hat sie lange nicht mehr bei einem Kurz zeitpflegekind gesagt. Aber sie meint, dass sie zu alt dafür ist und dass es dir gegenüber nicht fair wäre.“
Ich verstand das nicht ganz. Wieso sollte es unfair sein? Ich wollte sie fragen, aber ich traute mich nicht, sie zu unterbrechen. Stattdessen sah ich auf ihre Decke, die in weichen Falten lag, und hörte weiter zu.
„Es wäre schön, wenn du uns ab und zu besuchen könntest,“ sagte sie mit einem Lächeln. „Was ich dir damit sagen will: Ich mag dich auch. Du bist nicht so wild und aufgedreht wie die meisten Kinder, die zu uns kommen.“
Ich fühlte mich plötzlich ganz warm im Bauch. Sie mag mich? Wirklich? Das war ein schönes Gefühl, aber auch ein bisschen seltsam. Es machte mir ein bisschen Angst, weil ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte. Ich schaute sie an, dann wieder weg, und meine Finger spielten mit dem Ohr meines Pandas.
Leni schaute mich neugierig an und fragte: „Wie findest du Annette?“
Ich musste überlegen. Es war, als hätte ich ganz viele Gedanken in meinem Kopf, aber keiner wollte sich richtig ordnen. Annette war… sie war lieb zu mir. Sie war immer freundlich, half mir bei allem und wurde nie laut. Aber warum? Ich wusste es nicht genau. Vielleicht, weil sie mich mochte? Aber ich hatte auch Angst, dass sie mich irgendwann nicht mehr mögen könnte.
Ich drückte meinen Panda fester, während ich versuchte, eine Antwort zu finden. „Ich… ich weiß nicht,“ sagte ich schließlich leise. „Sie ist lieb zu mir. Aber ich weiß nicht warum.“
Leni nickte, als ob sie auf mehr wartete, aber es war schwer, die richtigen Worte zu finden. „Sie versucht mir bei allem zu helfen,“ fügte ich nach einer Weile hinzu. „Aber… ich hab Angst.“
„Wovor?“ fragte sie vorsichtig, ohne mich zu unterbrechen.
„Dass sie irgendwann merkt, dass ich so viel falsch mache,“ murmelte ich und schaute auf den Panda in meinen Armen. „Und dass sie dann auch schimpft. Oder… noch schlimmeres.“
Meine Stimme wurde immer leiser, weil ich nicht wusste, ob ich das sagen durfte. Aber es war die Wahrheit. Ich mochte Annette. Wirklich. Aber was, wenn ich sie enttäuschte? Was, wenn sie dann nicht mehr nett zu mir war? Das machte mir Angst.
Leni schwieg für einen Moment. Sie schien nachzudenken, und ich traute mich nicht, sie anzuschauen. „Aber… ich mag sie,“ sagte ich schließlich. „Und… ich will, dass sie mich auch mag. Aber ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll.“
Es fühlte sich komisch an, das zu sagen, aber irgendwie auch ein bisschen leichter. Vielleicht, weil Leni nicht gelacht oder mich unterbrochen hatte. Sie saß einfach da und hörte zu. Ihr Zimmer fühlte sich in dem Moment sicher an, fast so wie der Panda in meinen Armen. Ich wusste nicht, ob ich richtig erklärt hatte, was ich meinte, aber es war das Beste, was ich sagen konnte.
Leni saß still auf ihrem Bett, ihre Augen wanderten zu einem der Poster an der Wand, als ob sie in Gedanken versunken war. Dann sagte sie leise: „Das Gefühl kenne ich auch. Wir waren am Anfang sehr unsicher, als wir hier ankamen. Und das, obwohl wir zumindest uns hatten.“
Ich schaute sie an, hielt meinen Panda fest und versuchte, mir vorzustellen, wie das war – unsicher zu sein, obwohl jemand da war, der einem nahe stand. Ihre Stimme klang so anders als vorher, fast traurig, und ich konnte nicht aufhören zuzuhören.
„Nathanael hat damals viel geweint,“ sagte sie schließlich und machte eine kurze Pause. „Und ich auch.“
Ich blinzelte und dachte kurz an Nathanael. Es war schwer, sich vorzustellen, dass er weinte. Er war immer so ruhig und wirkte stark. Aber vielleicht war er früher anders gewesen? Und Leni? Sie lachte doch so oft. Wie konnte sie geweint haben? Ich verstand das nicht, aber ihre Worte machten mich auch traurig.
„Unsere Mama war oft nicht sie selbst,“ fuhr sie fort, und ich merkte, wie ihre Stimme immer leiser wurde. „Mal war sie die fröhlichste und beste Mama der Welt. Und manchmal…“ Sie hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. „Manchmal war sie das genaue Gegenteil.“
Ich drückte meinen Panda fester. Eine fröhliche Mama? So etwas kannte ich nicht. Für mich war Mama immer jemand gewesen, der mit mir schimpfte, wenn ich etwas falsch machte. Oder jemand, der mir wehtat, wenn sie wollte, dass ich etwas verstand. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es wäre, eine Mama zu haben, die fröhlich war. Und wenn sie dann plötzlich ganz anders wurde? Das klang verwirrend, und ich wusste nicht, ob das besser oder schlimmer war als das, was ich kannte.
„Leider wurde das mit der Zeit immer schlimmer,“ fuhr Leni fort, ihre Stimme war jetzt kaum mehr als ein Flüstern. „Und irgendwann…“ Sie stockte und atmete tief ein, bevor sie sagte: „Sie ist jetzt an einem besseren Ort.“
Ich sah, wie ihre Augen feucht wurden, und plötzlich liefen ihr ein paar Tränen über die Wangen. Es fühlte sich an, als ob das Zimmer ganz still geworden wäre, und ich wusste nicht, was ich tun sollte. Leni sah traurig aus, und ich wusste nicht, ob ich etwas sagen sollte.
„Vermisst du deine Mama?“ fragte ich schließlich leise. Meine Stimme war kaum hörbar, weil ich Angst hatte, dass die Frage sie noch trauriger machen könnte. Aber ich musste es wissen. Vielleicht konnte ich es irgendwie verstehen.
Leni schaute mich an, und ihre Lippen zitterten. Noch mehr Tränen liefen über ihr Gesicht, und ihre Stimme war gebrochen, als sie antwortete: „Ja… die liebe Mama vermisse ich.“
Ich blieb ganz still. Ihre Tränen machten mich nervös, weil ich nicht wusste, wie ich ihr helfen konnte. Aber dann sprach sie weiter: „Aber Diana… Diana ist uns wirklich eine tolle Mama geworden.“
Das verstand ich noch weniger. Wie konnte jemand wie eine Mama sein, der nicht wirklich die Mama war? Sie sagte das so, als ob sie froh war, dass Diana da war, aber trotzdem schien sie traurig zu sein. Ich konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken, wie sie sich wohl fühlte. Vielleicht war sie froh, dass Diana lieb zu ihr war, auch wenn sie ihre richtige Mama vermisste? Ich wusste es nicht.
Ich drückte meinen Panda noch ein bisschen fester, weil ich mich plötzlich selbst komisch fühlte. Irgendwie tat Leni mir leid, aber ich verstand nicht, warum. Ich konnte keine fröhliche Mama vermissen, weil ich so etwas nie hatte. Und ich wusste nicht, wie es wäre, jemanden wie Diana zu haben, der sich wie eine Mama verhält, ohne es wirklich zu sein. Es war alles so verwirrend.
Also blieb ich einfach sitzen, hielt meinen Panda und schaute sie an. Vielleicht war es genug, dass ich da war. Vielleicht half es ihr, dass ich nicht wegging. Ich hoffte es zumindest.
Wir saßen eine Weile still da. Leni schaute irgendwohin, vielleicht auf die Lichterkette an ihrer Wand oder auf den Spiegel. Ich wusste nicht genau, woran sie dachte, aber ich konnte spüren, dass sie noch traurig war. Ich hielt meinen Panda fest und wagte es nicht, etwas zu sagen, weil ich nicht wusste, ob Worte jetzt helfen würden. Die Stille fühlte sich nicht unangenehm an, aber sie war schwer, fast so, als wäre der Raum voller unsichtbarer Gedanken.
Plötzlich bewegte sich Leni. Sie lehnte sich leicht zu mir rüber und legte ihre Arme um mich. Es ging so schnell, dass ich mich erst steif machte. Ihre Umarmung war warm und fest, aber ich war es nicht gewohnt, so gehalten zu werden. Es fühlte sich… komisch an. Nicht schlecht, aber seltsam. Mein Panda war zwischen uns eingeklemmt, und ich drückte ihn trotzdem noch fest. Doch nach ein paar Sekunden entspannte ich mich ein wenig. Die Wärme von Lenis Umarmung fühlte sich schön an, und es war irgendwie beruhigend, so nah bei ihr zu sein.
Ihre Stimme war leise, fast ein Flüstern, als sie sagte: „Wir waren schon ein paar Jahre älter als du heute, und wir waren zu zweit.“ Sie machte eine kurze Pause, als ob sie überlegte, was sie als Nächstes sagen wollte. „Ich will mir eigentlich gar nicht vorstellen, wie es bei dir gerade ist.“
Ihre Worte ließen mich nachdenken. Was meinte sie damit? Hatte sie eine Idee, wie es bei mir war? Konnte sie das wissen? Ich spürte, wie meine Finger wieder mit dem Ohr meines Pandas spielten, während ich versuchte, die richtigen Gedanken zu finden.
Dann sprach sie weiter: „Aber wenn Annette genauso ist wie unsere Pflegemama, dann wird es auf jeden Fall besser als das, was du bisher erlebt hast.“
Ihre Worte machten mich irgendwie traurig und froh zugleich. Konnte es wirklich besser werden? Annette war nett zu mir, das wusste ich. Aber wie konnte ich sicher sein, dass das so bleibt? Ich wollte ihr vertrauen, aber in meinem Kopf war immer diese kleine Stimme, die sagte, dass es vielleicht nicht so bleibt. Ich spürte, wie mein Herz ein bisschen schneller schlug, während ich darüber nachdachte.
Leni hielt mich immer noch in ihrer Umarmung, und ich drückte meinen Panda fest, als ob er mir helfen könnte, die Gedanken zu sortieren. Dann sagte sie: „Und mit der Zeit wirst du ihr mehr vertrauen.“
Ich schaute kurz hoch, konnte aber nicht wirklich etwas sagen. Vertrauen. Das klang so einfach, aber es war auch so schwer. Leni schien es zu wissen, und vielleicht hatte sie recht. Vielleicht konnte ich Annette irgendwann mehr vertrauen. Vielleicht. Ihre Umarmung fühlte sich sicher an, und das war im Moment genug.
Leni löste ihre Umarmung langsam, und ich fühlte plötzlich die kühle Luft, wo eben noch ihre Arme gewesen waren. Es war ein bisschen schade, weil die Nähe sich doch irgendwie gut angefühlt hatte, auch wenn es ungewohnt war. Sie lächelte mich an, ein kleines Schmunzeln auf ihrem Gesicht, und sagte: „Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Annette dir jemals irgendwas übelnehmen könnte. Du bist ein kleiner süßer Fratz.“
Ihre Worte klangen freundlich, aber das Wort „Fratz“ verstand ich nicht so richtig. Meinte sie das nett? Es klang irgendwie so. Ich merkte, wie mein Gesicht ein bisschen warm wurde, aber ich sagte nichts. Stattdessen nahm sie mich leicht bei den Schultern und hob mich vorsichtig vom Bett. Ich stand jetzt vor ihr und hielt meinen Panda weiterhin fest in den Armen, während sie mich ansah.
„Und jetzt geh rüber zu Nathanael,“ sagte sie mit einer spielerischen Stimme. „Er wird es dir bestimmt nicht übelnehmen, wenn du einfach in sein Zimmer gehst.“
Dann gab sie mir einen leichten Klaps auf den Hintern, nicht fest, eher wie ein Schubs, damit ich losging. Doch genau in dem Moment spürte ich wieder die Windelhose unter meiner Jeans. Sie fühlte sich irgendwie dick und schwer an, und ich wusste sofort, dass sie wieder nass war. Schon wieder… dachte ich. Ich hatte es nicht einmal bemerkt. Warum passierte das immer wieder? Ich drückte meinen Panda fester, fühlte mich plötzlich unwohl, sagte aber nichts. Ich wollte nicht, dass Leni es merkt.
„Los, geh schon,“ sagte sie lachend und machte eine Geste zur Tür.
Ich nickte schnell, ohne sie anzusehen, und ging zur Tür hinaus. Mein Kopf war jetzt voll mit Gedanken über die Windel. Ich hoffte, dass Nathanael nichts bemerkte, wenn ich zu ihm ging. Es war schon komisch genug, einfach so in sein Zimmer zu gehen. Mein Gesicht fühlte sich heiß an, und ich hielt meinen Panda noch fester, während ich überlegte, wie ich die Nässe ignorieren konnte. Vielleicht merkt es ja niemand, dachte ich, während ich den Flur entlang lief.
Ich öffnete die Tür zu Nathanaels Zimmer ganz langsam, fast so leise, wie ich konnte. Der Raum war ruhig, abgesehen von einem leisen Summen, das von seinem Computer kam. Nathanael saß auf einem großen, gepolsterten Stuhl vor einem leuchtenden Bildschirm. Er hatte Kopfhörer auf und sprach gerade mit jemandem, aber ich konnte nicht verstehen, was er sagte. Seine Stimme klang irgendwie ernst, aber auch entspannt, als ob er mit Freunden redete.
Ich ging vorsichtig näher, fast auf Zehenspitzen, und schaute auf den Bildschirm. Darauf sah ich bunte Bilder von Figuren, die in einer Art Welt herumliefen. Es sah aus wie ein Spiel, aber ich konnte nicht ganz verstehen, worum es ging. Nathanael hatte mich noch nicht bemerkt, also blieb ich stehen und sah mich in seinem Zimmer um.
Sein Zimmer war größer als das von Leni, aber irgendwie auch chaotischer. Auf einem großen Schreibtisch standen zwei Bildschirme, die beide leuchteten, und daneben lagen Kopfhörer, ein Controller und ein paar andere Dinge, die ich nicht kannte. Auf einem Regal darüber waren viele Spiele in bunten Hüllen aufgereiht. Es sah cool aus, aber ich verstand nicht, wie er das alles gleichzeitig benutzen konnte.
Sein Bett war ein Kontrast zu dem Rest des Zimmers. Es war ordentlich gemacht, aber voller Kuscheltiere. Große und kleine Tiere in allen möglichen Farben – ein Bär, ein Hund, sogar ein Einhorn. Ich hätte nicht gedacht, dass Nathanael so viele Kuscheltiere hat. Es sah fast so aus wie bei kleinen Kindern, aber irgendwie passte es zu ihm. Vielleicht mochte er sie einfach. Das machte ihn… netter. Irgendwie.
Die Wände waren bemalt in einem dunkleren Blau, und an einer hing ein großes Poster von einem Film, den ich nicht kannte. Daneben war eine Lichterkette, die aber nicht eingeschaltet war. Unter seinem Bett waren Turnschuhe und ein Skateboard zu sehen, alles ein bisschen durcheinander. Es roch leicht nach Parfüm, aber auch nach irgendwas, das ich nicht zuordnen konnte. Es war… Nathanael.
Ich fasste mir ein Herz und tippte ihn sanft am Arm an, um ihn nicht zu erschrecken. Aber er zuckte trotzdem zusammen und drehte sich schnell zu mir um. Seine Augen wurden kurz groß, dann lächelte er mich an.
„Florian, du hast mich aber erschreckt,“ sagte er, immer noch leicht überrascht, aber jetzt grinsend. Er wandte sich schnell wieder seinem Computer zu und sprach in sein Mikrofon: „Jungs, ich mache für heute Schluss, bis später.“ Er drückte eine Taste auf seiner Tastatur, und der Bildschirm veränderte sich. Dann nahm er seine Kopfhörer ab und legte sie neben sich auf den Schreibtisch.
„Wenn ich jetzt keine Windel angehabt hätte,“ sagte er und grinste breit, „wäre meine Hose jetzt nass!“ Er lachte leise, fast so, als ob er sich über sich selbst lustig machte.
Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, also schaute ich ihn einfach an. Sein Grinsen machte es irgendwie weniger peinlich, und ich merkte, dass er nicht böse war, dass ich einfach hereingekommen war. Es fühlte sich irgendwie… okay an. Ich hielt meinen Panda fest und wartete darauf, was er als Nächstes sagen würde.
Nathanael schaute kurz zu meinem Panda, fast so, als hätte er ihn vorhin im Wohnzimmer gar nicht bemerkt. Er legte den Kopf schief und grinste. „Der ist ja cool. Wie heißt er?“
Ich sah auf meinen Panda hinunter, hielt ihn noch fester und merkte plötzlich, dass ich mir darüber noch keine Gedanken gemacht hatte. „Ich… weiß nicht,“ antwortete ich leise und unsicher.
„Oh, ist der neu?“ fragte er neugierig.
„Den hat mir Annette heute geschenkt,“ erklärte ich, den Panda leicht hochhaltend, als wollte ich ihn Nathanael zeigen.
„Wie heißen denn deine anderen Kuscheltiere zu Hause?“ fuhr er fort, als wäre das die naheliegendste Frage der Welt.
Ich drückte meinen Panda noch etwas fester, schaute auf den Boden und sagte Wahrheitsgemäß: „Ich habe bisher kein Kuscheltier gehabt.“
Für einen Moment sagte Nathanael nichts. Als ich vorsichtig zu ihm hochschaute, sah er mich mit einem etwas betrübten Blick an. „Du hast bis heute kein Kuscheltier gehabt?“ fragte er, und seine Stimme klang irgendwie traurig und ein bisschen empört. „Das ist ja voll blöd von deinen Eltern. Aber jetzt hast du ja einen tollen Panda.“
Ich nickte leicht und spürte, wie mein Herz ein kleines bisschen warm wurde. „Ich… ich nenne ihn Pandi,“ sagte ich schließlich, nachdem ich überlegt hatte. Es fühlte sich irgendwie richtig an. „Das ist Pandi.“
Nathanael lächelte breit und sagte in einem feierlichen Ton: „Hallo, Pandi. Willkommen in meinem Zimmer!“
Das brachte mich zum Lächeln, und für einen Moment fühlte ich mich weniger unsicher. Dann lehnte Nathanael sich zurück und fragte: „Wollen wir etwas am Computer spielen?“
Die Frage ließ mein Herz schneller schlagen, aber nicht vor Aufregung – vor Angst. Ich hatte schon wieder dieses Gefühl, dass ich etwas falsch machen könnte. Was, wenn ich das Spiel nicht verstand? Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also sah ich unschlüssig zu ihm und zuckte mit den Schultern.
Nathanael bemerkte mein Zögern und schlug vor: „Wollen wir Minecraft spielen?“
„Ich weiß nicht,“ murmelte ich. „Was muss man da machen?“
Nathanael schaute mich erstaunt an, fast so, als hätte ich gerade gesagt, dass ich nicht wüsste was Weihnachten ist. „Du kennst Minecraft nicht?“ fragte er, seine Augen wurden groß vor Begeisterung. „Das ist voll cool!“
Er richtete sich in seinem Stuhl auf, seine Stimme klang plötzlich ganz aufgeregt, während er erklärte: „In Minecraft kannst du alles bauen, was du willst! Es gibt keine Grenzen! Du kannst ein Haus bauen, eine Burg, einen riesigen Turm – oder sogar eine ganze Stadt. Und du kannst Sachen abbauen, wie Holz oder Steine, um deine Gebäude zu bauen. Es gibt Tiere, die du füttern kannst, Höhlen, die du erforschen kannst, und sogar Monster, die du bekämpfen musst. Aber das Beste ist, dass du alles so machen kannst, wie du willst. Es ist wie… eine riesige Spielwiese, aber am Computer.“
Ich hörte ihm zu und stellte mir vor, was er beschrieb. Es klang spannend, aber auch ein bisschen kompliziert. „Du kannst ja erstmal ein bisschen zuschauen,“ fügte er hinzu, als er meinen unsicheren Blick bemerkte.
Ich nickte langsam, froh, dass ich nicht sofort mitmachen musste. Nathanael drehte sich zum Computer, startete das Spiel und erklärte, während er spielte: „Schau, das hier ist meine Welt. Da hinten hab ich meine Burg gebaut, und hier ist mein Bauernhof mit meinen Tieren. Die Kuh heißt Betsy.“ Er zeigte mit der Maus auf eine kleine, quadratische Kuh, die über eine grüne Wiese lief. Es sah lustig aus, und ich konnte nicht anders, als ein bisschen zu lächeln.
Während er spielte, erklärte er alles, was er machte, in einem Ton, der zeigte, wie sehr er das Spiel mochte. Ich fühlte mich ein bisschen wohler und dachte, dass es vielleicht doch nicht so schwer war, wie ich dachte. Pandi blieb sicher in meinen Armen, während ich gespannt zusah.
„Ich soll dir von Diana sagen, dass du nur Sachen auf dem Computer spielen darfst, die jugendfrei sind,“ sagte ich, während ich weiterhin Nathanaels Bildschirm betrachtete. Es fiel mir gerade ein, und ich wollte es nicht vergessen.
Nathanael nickte und grinste. „Da ist Minecraft genau das Richtige.“
Dann stand er plötzlich auf und schob seinen Stuhl zurück. „Hier, setz dich hin,“ bot er mir an. Ich starrte ihn erst kurz an, unsicher, ob er das ernst meinte, aber er machte eine einladende Geste zum Stuhl. Zögernd stand ich auf, hielt meinen Panda noch fest an mich gedrückt, und ließ mich vorsichtig auf den großen, weichen Stuhl sinken. Er drehte sich ein bisschen unter mir, was sich komisch anfühlte, aber irgendwie auch spannend.
Nathanael beugte sich über die Lehne und zeigte mir, wie ich die Hände richtig platzieren sollte. „Nimm die Maus in die rechte Hand,“ erklärte er geduldig. „Und die linke legst du mit den Fingern hier auf die Tastatur – genau so.“ Seine Finger zeigten auf ein paar Tasten, die er „W“, „A“, „S“ und „D“ nannte. „Damit läufst du, und mit der Maus steuerst du, wo du hinschaust.“
Ich schaute ihn unsicher an, aber er lächelte ermutigend. „Versuch es einfach. Es ist gar nicht so schwer.“
Langsam bewegte ich die Maus und drückte eine der Tasten, und plötzlich begann die Spielfigur auf dem Bildschirm, sich zu bewegen. Es fühlte sich seltsam an, fast so, als wäre ich selbst in der bunten Welt. „Wow,“ murmelte ich leise, ohne es zu merken. Es war faszinierend. Die bunten Blöcke und die weite Landschaft sahen aus wie ein riesiges Spielzeugland, durch das ich mich bewegen konnte.
„Okay, jetzt lauf mal ein bisschen herum,“ sagte Nathanael und zeigte mir, wie ich mit der Maus die Blickrichtung ändern konnte. „Siehst du den Baum da vorne? Lauf mal hin und drück die linke Maustaste. Damit kannst du den Baum abbauen.“
Ich drückte vorsichtig, und die Spielfigur schlug mit einer quadratischen Hand gegen den Baum. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Block verschwand, und dann fiel ein kleines, braunes Viereck auf den Boden. „Das ist Holz,“ erklärte Nathanael. „Das brauchst du, um Dinge zu bauen.“
Ich machte, was er sagte, lief ein bisschen herum und sammelte mehr Holz. Manchmal bewegte ich mich zu schnell oder drehte mich so hektisch, dass ich die Orientierung verlor. Nathanael lachte laut, aber es klang nicht böse. „Nein, nicht so! Du rennst in die falsche Richtung!“ rief er, aber er grinste dabei, und es schien ihm richtig Spaß zu machen, mir zu helfen.
„Jetzt drück mal die E-Taste,“ sagte er. Ich musste sie erst auf der Tastatur suchen, tat es, und plötzlich öffnete sich ein neues Fenster mit vielen kleinen Feldern. „Das ist dein Inventar,“ erklärte er. „Hier kannst du Sachen aufbewahren, die du sammelst. Und da drüben kannst du Sachen bauen.“
Es war alles neu und ein bisschen kompliziert, aber Nathanael zeigte mir geduldig, wie ich aus dem Holz Bretter machen konnte. Ich war so konzentriert, dass ich nicht einmal merkte, wie viel Zeit verging. Die Welt fühlte sich riesig an, und obwohl ich mich immer noch unsicher fühlte, war es auch spannend, sie zu erkunden.
„Siehst du?“ sagte Nathanael schließlich, als ich es geschafft hatte, ein kleines Holzhäuschen zu bauen. „Gar nicht so schwer, oder?“
Ich lächelte schüchtern. „Es macht Spaß,“ sagte ich leise, und er klopfte mir leicht auf die Schulter. „Na also! Du wirst noch ein Minecraft-Profi.“
Es fühlte sich gut an, dass er mir alles erklärte, ohne sich über meine Fehler lustig zu machen. Stattdessen lachte er, wenn ich etwas anders machte, und freute sich, wenn ich etwas Neues ausprobierte. Ich fühlte mich ein bisschen sicherer, und das Spiel wurde immer spannender, je mehr ich lernte. Pandi blieb die ganze Zeit auf meinem Schoß, als ob er auch mit dabei war.
Es klopfte an der Tür, und Diana und Annette kamen herein. Nathanael und ich drehten uns beide um, und ich hielt für einen Moment die Maus in der Hand still. „Na, ihr zwei, habt ihr Spaß?“ fragte Diana mit einem Lächeln.
Ich nickte eifrig und fühlte, wie ein kleiner Funke Stolz in mir aufstieg. „Nathanael hat mir gezeigt, wie man das Spiel steuert,“ erzählte ich schnell. „Und ich hab schon ein Haus gebaut!“ Meine Worte sprudelten nur so heraus, weil ich unbedingt zeigen wollte, dass ich etwas Neues gelernt hatte.
Diana lächelte mich freundlich an. „Sehr gut, Florian. Diana lächelte mich an und sagte freundlich: „Florian, es wird langsam Zeit fürs Bett. Annette würde dich gerne ins Bett bringen, wenn das für dich okay ist.“
Ich wollte erst nicht, weil ich das Spiele so toll war, aber dann merkte ich, wie schwer meine Augen wurden. Eigentlich war ich wirklich müde, auch wenn ich gerne noch ein bisschen weitergemacht hätte. Trotzdem freute ich mich, dass Annette mich ins Bett bringen wollte. Das machte es irgendwie leichter, aufzuhören. Ich nickte und stand langsam auf.
Diana drehte sich zu Nathanael um. „Und für dich, junger Mann, wird es auch bald Zeit“, sagte sie mit einem warmen Lächeln. „Morgen früh hast du dein Fußballspiel, und Papa fährt dich hin. Also vergiss nicht, rechtzeitig aufzustehen.“
Nathanael schaute kurz zu mir, dann zu Annette und schließlich wieder zu Diana. Es sah so aus, als wollte er etwas sagen, aber er zögerte. Diana merkte es sofort und fragte sanft: „Hab ich etwas vergessen?“
Er wurde ein bisschen rot im Gesicht, sah noch einmal zu Annette und murmelte dann kaum hörbar: „Vielleicht… könntest du mich auch ins Bett bringen?“
Diana lächelte ihn liebevoll an. „Natürlich, Schatz. Du weißt doch, dass du mich nur fragen musst. Ich mache das gerne, so wie wir es gestern Abend besprochen haben.“
Dann fügte sie hinzu: „Aber was ist eigentlich mit Anna-Lena? Wolltet ihr nicht zusammen schlafen?“
Nathanael sah kurz überrascht aus. „Oh, stimmt! Daran hab ich gar nicht mehr gedacht.“
Diana nickte. „Dann geh schon mal die Luftmatratze aus dem Keller holen und frag Leni, ob ihr bei dir oder bei ihr im Zimmer schlafen wollt. Und wenn ihr euch entschieden habt, gib mir Bescheid, ja?“
„Okay!“ Nathanael nickte und wirkte plötzlich richtig aufgeregt. Es war schön zu sehen, wie er sich freute.
Ich schaute zu Annette, die mich erwartungsvoll ansah. „Darf ich dich in dein Zimmer tragen?“ fragte sie, ihre Stimme war sanft, aber es klang auch, als ob sie sich wirklich freuen würde, wenn ich ja sagte.
Ich überlegte kurz. Es war eine merkwürdige Frage, aber in diesem Moment fühlte es sich irgendwie richtig an. Also nickte ich langsam. Ihre Augen strahlten, und sie schien sich wirklich zu freuen. Sie ging einen Schritt auf mich zu, hob mich vorsichtig hoch und hielt mich sicher in ihren Armen. Mein Panda war natürlich auch dabei, und ich hielt ihn fest an mich gedrückt.
Es fühlte sich gut an, so getragen zu werden. Nicht wie ein Baby, sondern… irgendwie sicher und geborgen. Ich legte meinen Kopf an ihre Schulter, während sie mit mir aus Nathanaels Zimmer ging. Der Flur war ruhig, und ich hörte nur das leise Knarren der Dielen unter ihren Schritten. Es war ein schöner Abschluss für einen aufregenden Tag.
Annette setzte mich vorsichtig auf das Bett, und ich bemerkte sofort, dass alles schon vorbereitet war: ein Schlafanzug, eine Windel und Feuchttücher.
Annette setzte sich vor mich und begann, mir die Hose auszuziehen. Ihre Bewegungen waren ruhig und sanft, und obwohl ich ein bisschen verlegen war, fühlte ich mich nicht unwohl. „Wollen wir nochmal auf die Toilette?“ fragte sie mit einem liebevollen Lächeln.
Ich schüttelte müde den Kopf. Der Tag war so aufregend gewesen, dass ich einfach keine Lust hatte, mich zu bewegen. Annette schien das zu verstehen und sagte nur: „Okay, dann mache ich dich jetzt frisch.“
Sie riss die Seiten der Hochziehwindel auf, und ich konnte fühlen, wie schwer sie geworden war. Es war mir ein bisschen unangenehm, dass sie das sah, aber Annette machte keinen Kommentar dazu. Stattdessen nahm sie die Feuchttücher und machte mich sanft sauber. Es fühlte sich kühl an, aber auch angenehm, und sie arbeitete so behutsam, dass ich mich langsam entspannte.
Annette nahm die Windel und breitete sie unter mir aus, und ihre Bewegungen waren so ruhig und routiniert, dass ich mich gleich ein bisschen wohler fühlte. „Alles gut,“ sagte sie sanft, während sie die Klebestreifen befestigte. Ich nickte nur leicht und drückte Pandi fester an mich.
Danach half sie mir, meinen Schlafanzug anzuziehen. Sie zog ihn mir über den Kopf, richtete ihn zurecht und legte mich dann sanft zurück auf das Bett. Pandi ließ sie in meinen Armen, bevor sie die Decke über mich legte und kurz darüber strich, um sicherzustellen, dass ich es gemütlich hatte.
„Weißt du,“ begann sie mit einem Lächeln, „ich habe gestern Abend gesehen, dass du manchmal noch am Daumen nuckelst.“ Ich spürte, wie mir plötzlich heiß wurde. Mein Gesicht kribbelte vor Verlegenheit. Sie wusste es! Doch Annette blieb ganz ruhig und schaute mich nur mit ihrem fürsorglichen Blick an.
„Das ist überhaupt nicht schlimm,“ fuhr sie fort, „aber für deine Zähne ist das nicht so gut.“ Sie griff in eine kleine Tasche, die neben dem Bett stand, und zog eine kleine Dose heraus. Ich beobachtete, wie sie den Deckel öffnete und darin zwei Schnuller lagen. Sofort schossen mir Gedanken durch den Kopf. Waren die für mich? Wie würde das wohl sein? Ich konnte mich nicht erinnern, jemals einen benutzt zu haben.
Annette nahm einen der Schnuller heraus und reichte ihn mir. „Der könnte dir helfen, besser in den Schlaf zu kommen, ohne dass du den Daumen zur Hilfe nehmen musst. Er ist nicht so schädlich für die Zähne. Probier ihn ruhig aus. Wenn es dir nicht gefällt, ist das auch völlig in Ordnung.“
Ich zögerte kurz, dann nahm ich ihn vorsichtig entgegen. Die Neugier war zu groß. Während Annette eim Buch aufschlug, das sie mitgebracht hatte, steckte ich mir den Schnuller in den Mund und begann, vorsichtig daran zu nuckeln. Es fühlte sich erst komisch und ungewohnt an, aber dann… es war wunderschön. Der Schnuller lag weich im Mund, und das Saugen beruhigte mich irgendwie. Es war fast so, als würde all die Aufregung des Tages langsam verschwinden.
„Möchtest du, dass ich die Geschichte von vorhin fertig vorlese?“ fragte Annette und lächelte mich an. Ich nickte begeistert, sie hatte das Buch offenbar schon mitgebracht, ich hatte es nur noch nicht gesehen.
Annette begann zu lesen, und während ich ihren Worten lauschte, drückte ich den Schnuller mit der Zunge gegen meinen Gaumen. Das Gefühl, wie er sich an meine Oberlippe festsog, war beruhigend. Es war so schön, dass ich nicht aufhören konnte, daran zu nuckeln.
Annettes Stimme wurde allmählich wie ein sanfter Hintergrund klang, und ich fühlte, wie meine Augen immer schwerer wurden. Die Worte aus der Geschichte über den Hasen verschwammen in meinem Kopf, bis ich schließlich tief einschlief.
Es war, als ob ich wieder auf dem Rodelberg war. Schneeflocken fielen dicht und schwer, und die kalte Luft brannte auf meiner Haut. Vor mir stand der Schlitten, aber meine Hände konnten ihn nicht greifen. Sie fühlten sich schwer und festgeklebt an, wie eingefroren.
Plötzlich tauchte der große Junge auf, der mich angebrüllt hatte. Sein Gesicht war rot vor Wut, aber seltsam verzerrt, als würde es ständig die Form ändern. „Was machst du da, du Trottel?“ brüllte er. Seine Stimme war viel lauter und tiefer, als sie sein sollte, und sie hallte überall wider. Ich wollte wegrennen, doch meine Beine schienen im Schnee festzustecken.
Der Junge wurde größer, wuchs in die Höhe, bis er wie ein riesiger Turm über mir stand. Seine Augen funkelten vor Zorn, und er griff nach meinem Arm. „Du kannst nichts, hörst du? Nichts!“ Seine Worte schnitten durch mich hindurch, wie scharfe Messer. Ich wollte schreien, aber kein Laut kam aus meinem Mund.
Dann änderte sich alles. Der Schnee verschwand, und ich war plötzlich in unserem alten Wohnzimmer. Mein Vater stand vor mir, sein Schatten riesig und bedrohlich. Seine Stimme war scharf und voller Wut. „Was soll das schon wieder? Kannst du nicht einfach tun, was man dir sagt?“ Er schlug mit der Hand auf den Tisch, und das laute Knallen dröhnte in meinen Ohren.
Die Möbel im Raum begannen zu wachsen, drängten mich ein, bis ich kaum noch Platz hatte. Ich suchte nach einem Versteck, aber es gab keines. Meine Mutter erschien plötzlich, ihr Blick kalt und zornig. Sie hielt einen Gürtel in der Hand. „Wann lernst du endlich, dich zu benehmen?“ schrie sie, während sie auf mich zukam. Alles begann sich zu drehen, Wände verzerrten sich, und ich verlor jede Orientierung.
Ihre Hand hob sich mit dem Gürtel, und plötzlich knallte es laut. Der große Junge tauchte wieder auf, lachte laut und zeigte auf mich. „Das hast du verdient!“ schrie er, seine Stimme ein beängstigender Mix aus seiner und der meines Vaters. Die Welt um mich herum wurde schneller, bis alles zu einer schwarzen Leere verschmolz.
Mit einem Schrei fuhr ich hoch. Mein Herz raste, mein Atem ging schnell. Der Raum war dunkel, und für einen Moment wusste ich nicht, wo ich war. Die Bilder des Traums waren noch da, als ob sie mich umzingelten.
Die Tür ging leise auf, und ich hörte Dianas sanfte Schritte. Sie schaltete das Nachtlicht an, und der Raum wurde in ein warmes, beruhigendes Licht getaucht. Sie setzte sich auf die Bettkante und schaute mich an.
„Florian, alles ist gut,“ sagte sie mit ihrer ruhigen, liebevollen Stimme. „Es war nur ein Traum. Du bist sicher.“
Tränen liefen über meine Wangen, und ich zitterte noch, doch ihre Worte brachten langsam Ruhe in meinen Kopf. Diana griff nach dem Schnuller, der neben meinem Kissen lag, und hielt ihn mir hin. „Hier, möchtest du ihn wiederhaben?“
Ich nickte schwach und nahm ihn entgegen. Als ich ihn in den Mund steckte und daran nuckelte, fühlte ich mich sofort ein bisschen besser. Die gleichmäßige Bewegung half mir, mich zu beruhigen, und das warme Licht vertrieb die Schatten in meinem Kopf.
Diana streichelte mir sanft über den Rücken. „Alles ist gut, Florian,“ sagte sie leise, während sie mir über die Decke strich. „Du bist hier bei uns, und niemand wird dir etwas tun.“
Langsam wurde mein Atem ruhiger, und mein Herzschlag normalisierte sich. Es war nur ein Traum, redete ich mir ein. Pandi lag neben mir, und ich drückte ihn fest an mich, während ich weiter am Schnuller nuckelte. Die Bilder des Traums verblassten, und ich begann zu begreifen, dass ich wirklich in Sicherheit war.
Diana blieb noch eine Weile bei mir sitzen, streichelte mir sanft den Rücken und flüsterte beruhigende Worte, bis meine Augen wieder schwer wurden. Schließlich war der Raum still, und ich glitt vorsichtig zurück in den Schlaf – diesmal ohne die Schatten des Traums.
Annette:
Manfred und Markus kamen irgendwann zurück ins Wohnzimmer, ihre Gesichter entspannt und voller Energie. Es war offensichtlich, dass sie sich gut verstanden hatten. Sie lachten über etwas, das wohl mit Manfreds Werkstatt zu tun hatte, und Markus machte einen Kommentar, der Manfred schmunzeln ließ. Die lockere Atmosphäre im Raum fühlte sich angenehm und familiär an.
Wir setzten uns zusammen, und die Unterhaltung nahm schnell eine vertraute Wendung. Es war, als hätten wir uns schon lange gekannt. Wir sprachen über das Elternsein, und Diana erzählte, dass sie und Manfred zwei erwachsene Kinder hatten, die mittlerweile selbst Eltern waren. Sie sprach mit Stolz und einem Hauch von Wehmut in ihrer Stimme, als sie über ihre Enkelkinder erzählte. Manfred nickte zustimmend, fügte hier und da Anekdoten hinzu und strahlte dabei die Ruhe eines erfahrenen Vaters aus.
Markus und ich teilten ebenfalls unsere Geschichte. Wir erzählten von Sebastian, unserem Sohn, und wie stolz wir auf ihn sind, jetzt, wo er sein eigenes Leben beginnt. Dann sprach ich über die Zeit nach seiner Geburt, über die Herausforderungen und die Angst. „Sebastians Geburt war alles andere als einfach,“ begann ich. „Es gab viele Komplikationen, und es hätte uns beide fast das Leben gekostet.“
Die Erinnerungen daran waren immer noch lebendig. Ich spürte, wie Markus meine Hand nahm, während ich weiter sprach. „Nur dank eines erfahrenen Teams haben wir das überstanden, aber danach hat man mir abgeraten, noch einmal ein Kind zu bekommen.“ Ich sah zu Diana, die mir einen mitfühlenden Blick schenkte. „Es war schwer, das zu akzeptieren, aber wir sind dankbar, dass wir Sebastian haben. Er war unser Wunderkind.“
Diana nickte verständnisvoll. „Manchmal bringt das Leben Herausforderungen, die wir nicht wählen können,“ sagte sie leise, „aber ihr habt Stärke gezeigt – das merkt man.“
Die Zeit verging wie im Flug, und irgendwann war es Diana, die auf die Uhr blickte. „Es ist schon nach acht,“ sagte sie schließlich. „Ich denke, es ist Zeit für Florian, ins Bett zu gehen.“
Ich folgte ihrem Blick zur Uhr und nickte. Die Zeit war tatsächlich vorangeschritten. „Wäre es okay für dich, wenn ich Florian ins Bett bringe?“ fragte ich vorsichtig. Ich hatte Florian während des Tages immer besser kennengelernt und fühlte, dass es für uns beide schön wäre, diesen Moment gemeinsam zu teilen.
Diana lächelte zustimmend. „Natürlich, das ist eine schöne Idee. Ich denke, er wird sich freuen.“
Ich hielt kurz inne, bevor ich weiter sprach: „Ich würde ihm gerne auch einen Nuckel anbieten, wie du es empfohlen hast. Ich habe heute einen in der Drogerie gekauft.“ Meine Stimme war sanft, denn ich wusste, wie sensibel dieses Thema sein konnte. Ich wollte sicher sein, dass Diana einverstanden war.
Ihr Lächeln wurde noch wärmer. „Das klingt nach einer guten Idee,“ sagte sie. „Ich denke, es wird ihm guttun. Du gehst das sehr liebevoll an.“
Ich fühlte mich bestärkt und stand auf, um mich auf den Weg zu Florian zu machen. Der Abend hatte eine besondere Wärme, die ich nicht so schnell vergessen würde. Es war ein Moment, in dem die Verbindung zu Diana und ihrer Familie noch tiefer wurde, und ich war dankbar für die Gelegenheit, Florian in dieser Weise zu begleiten.
Als Diana und ich Florians Zimmer vorbereiteten, spürte ich eine tiefe Verantwortung und Zuneigung. Sein kleines Bett stand ordentlich in der Ecke, und es war wichtig für mich, dass alles perfekt für ihn war. Diana faltete die Decke sorgfältig zurück, während ich den Schlafanzug zurecht legte und die Klebewindel sowie Feuchttücher auf die Seite des Betts legte. „Er hatte heute einen langen Tag,“ sagte Diana leise, fast nachdenklich.
Wir klopften an die Tür und betraten Nathanaels Zimmer, wo Florian mit großen, konzentrierten Augen vor dem Computer saß. Neben ihm erklärte Nathanael ruhig das Spiel, während Florian die Maus hielt und mit sichtbarem Stolz ein Haus auf dem Bildschirm baute.
„Na, ihr zwei, habt ihr Spaß?“ fragte Diana mit einem Lächeln.
Ich trat mit Diana in Nathanaels Zimmer, wo die beiden Jungen zusammen vor dem Computer saßen. Florian war so begeistert, dass er uns kaum bemerkte. „Nathanael hat mir gezeigt, wie man das Spiel steuert,“ sprudelte er voller Energie heraus. „Und ich hab schon ein Haus gebaut!“ Seine Aufregung war ansteckend, und ich musste lächeln. Es war schön zu sehen, wie sehr er sich freute und wie stolz er auf das war, was er gelernt hatte.
Diana lächelte ihm zu und sagte freundlich: „Florian, es wird langsam Zeit fürs Bett. Annette würde dich gerne ins Bett bringen, wenn das für dich okay ist.“
Ich sah, wie Florian zögerte. Er wollte eindeutig noch weiterspielen, aber die Müdigkeit begann, sich in seinen Bewegungen und seinem Gesicht auszudrücken. Nach einem Moment nickte er schließlich und stand langsam auf. Ich war froh, dass er sich nicht dagegen sträubte – er hatte einen langen Tag hinter sich.
Diana wandte sich an Nathanael. „Und für dich, junger Mann, wird es auch bald Zeit,“ sagte sie mit einem warmen Lächeln. „Morgen früh hast du dein Fußballspiel, und Papa fährt dich hin. Also vergiss nicht, rechtzeitig aufzustehen.“
Nathanael zögerte, sah erst mich an, dann Diana. Es wirkte, als wollte er etwas sagen, aber er traute sich nicht. Diana bemerkte es sofort und fragte sanft: „Hab ich etwas vergessen?“
Mit einem leicht roten Gesicht murmelte Nathanael schließlich: „Vielleicht… könntest du mich auch ins Bett bringen?“
Diana lächelte liebevoll und nickte. „Natürlich, Schatz. Du weißt doch, dass du mich nur fragen musst. Ich mache das gerne, so wie wir es gestern Abend besprochen haben.“
Sie fügte hinzu: „Aber was ist eigentlich mit Anna-Lena? Wolltet ihr nicht zusammen schlafen?“
Nathanael schaute sie überrascht an. „Oh, stimmt! Daran hab ich gar nicht mehr gedacht.“
„Dann geh schon mal die Luftmatratze aus dem Keller holen und frag Leni, ob ihr bei dir oder bei ihr im Zimmer schlafen wollt,“ schlug Diana vor. „Wenn ihr euch entschieden habt, sag mir Bescheid, ja?“
„Okay!“ rief Nathanael aufgeregt und machte sich auf den Weg.
Ich wandte mich zu Florian, der mich mit einem etwas unsicheren Blick ansah. „Darf ich dich in dein Zimmer tragen?“ fragte ich sanft. Es war eine ungewöhnliche Frage, aber ich spürte, dass es gerade das Richtige war, um ihm ein Gefühl von Nähe und Sicherheit zu geben.
Er zögerte kurz, dann nickte er langsam. Seine Zustimmung ließ meine Augen leuchten. Ich trat einen Schritt auf ihn zu, hob ihn vorsichtig hoch und spürte, wie er sich leicht an mich klammerte. Sein Panda war natürlich dabei, fest an seine Brust gedrückt. Während ich mit ihm aus Nathanaels Zimmer ging, herrschte eine angenehme Stille, nur das Knarren der Dielen unter meinen Füßen war zu hören.
In seinem Zimmer angekommen, setzte ich ihn sanft auf das Bett. Alles war schon vorbereitet: Schlafanzug, Feuchttücher und eine frische Windel. Ich setzte mich vor ihn und begann, ihm die Hose auszuziehen. Meine Bewegungen waren bedacht und ruhig, um ihm Sicherheit zu geben. „Wollen wir nochmal auf die Toilette?“ fragte ich mit einem beruhigenden Lächeln.
Florian schüttelte müde den Kopf. Ich konnte verstehen, dass er einfach keine Energie mehr hatte. „Okay,“ sagte ich leise, „dann mache ich dich jetzt frisch.“ Ich öffnete behutsam die Seiten seiner Hochziehwindel, die deutlich schwer war. Ohne etwas zu sagen, reinigte ich ihn mit den Feuchttüchern, immer darauf bedacht, dass er sich nicht unwohl fühlte. Meine Hände arbeiteten routiniert und sanft.
Nachdem er sauber war, legte ich ihm die frische Windel an, zog ihm den Schlafanzug über und deckte ihn behutsam zu. Ich strich die Decke glatt und setzte mich dann auf die Bettkante.
„Weißt du,“ begann ich leise, „ich habe gestern Abend bemerkt, dass du manchmal am Daumen nuckelst.“ Ich beobachtete, wie er leicht zusammenzuckte und ihm die Röte ins Gesicht stieg. „Das ist überhaupt nicht schlimm,“ fuhr ich beruhigend fort, „aber für deine Zähne ist das nicht so gut.“
Ich griff in eine Tasche neben dem Bett und zog eine kleine Dose hervor. Darin lagen zwei Schnuller. „Schau mal,“ sagte ich und hielt ihm einen der Schnuller hin. „Der könnte dir helfen, besser in den Schlaf zu kommen, ohne dass du deinen Daumen nimmst. Er ist viel besser für die Zähne. Probiere ihn aus, wenn du möchtest. Und wenn es dir nicht gefällt, ist das auch in Ordnung.“
Er zögerte einen Moment, nahm ihn dann vorsichtig entgegen und steckte ihn sich schließlich in den Mund. Während er sich daran gewöhnte, nahm ich das Buch, das ich mitgebracht hatte, und fragte: „Möchtest du, dass ich dir noch etwas vorlese?“
Er nickte, und ich begann zu lesen. Während meine Stimme die Geschichte erzählte, schien er sich immer mehr zu entspannen. Es war ein wunderschöner Moment, ihn so friedlich zu sehen, und ich wusste, dass er langsam ins Traumland hinübergleiten würde.
Fortsetzung folgt…
Feedback ist für mich wie eine Schatztruhe: Jede Nachricht fühlt sich an wie ein kleiner Goldfund. Also, lasst mich nicht lange suchen!
Autor: michaneo (eingesandt via E-Mail)
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Super wie immer! Bin schon gespannt wies weitergeht … Muss mich selbst an der nase nehmen teotzdem noch hi und da einen Kommentar zu schreiben xD … Man nimmt heutzutage viel zu oft positives als gegeben an und beschwärt sich nur …. Aber in letzter Zeit finden sich auf dieser Seite immer mehr gute Geschichten !!! Qualität ist viel wert… Vielen Dank michaneo
das war wieder unglaublich gut so viele Gefühle einfach wunderschön danke freue mich auf die Fortsetzung LG
Nimm all mein Gold, die Geschichte ist es wert!
Die Geschichte ist wirklich unglaublich gut
Von allen Seiten der Erwachsenen ist das Thema Pflegekinder sehr behutsam angegangen. Finde die Geschichte sehr realistisch, viele Vorschläge sind einfühlsam und mit bedacht gewählt. Freue mich auf die nächsten Fortsetzungen.
Langsam fängt Florian an seiner neuen Umwelt zu vertrauen, bin gespannt was evtl. seine Eltern noch versuchen ihren Sohn wieder zu bekommen.