Valerie und das Windelgesetz (10)
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Kapitel 14 – Die Sommerferien
Mit dem Beginn der Sommerferien rückte auch Valeries 17. Geburtstag immer näher. Sehr oft dachte sie an das Jahr zuvor, kurz bevor sie unter das Windelgesetz gefallen war. Viele ihrer Ängste und Befürchtungen hatten sich im Nachhinein als nicht ganz so dramatisch herausgestellt, andere waren dafür umso schlimmer gewesen. Aber alles wurde überstrahlt durch ihre Liebe zu Max und jedes Mal schloss sie ihre Gedanken damit ab und war glücklich.
Ihren Geburtstag wollte sie nur mit den anderen vier Windelträgern ihrer Klasse feiern und als sie in einer Pause kurz vor Schuljahresende zusammenstanden, hatte Sophia eine Idee für die Party.
„Meine Eltern gehen an dem Abend ins Theater und übernachten dann bei Freunden. Sie könnten uns davor noch die Klamotten absperren und dann hätten wir sturmfreie Bude, wenn du willst, dann frage ich sie.“
Dann stellten die Fünf fest, dass das Windelgesetz doch auch Vorteile hatte. Alle Eltern stimmten sofort bereitwillig zu, da sie sich sicher waren, dass ihren gesicherten Kindern nichts passieren konnte. Auch das Jugendamt stimmte der Feier zu, nachdem Experten die Empfehlung gegeben hatten, den Jugendlichen mehr Freiheiten zu geben.
Was ihre Eltern und das Jugendamt aber nicht wussten, dass sie sich über einen schon volljährigen Freund eine beachtliche Auswahl an alkoholischen Getränken besorgt hatten. Natürlich hatte keiner von ihnen eine Ahnung, welche Auswirkungen der Alkohol haben würde, denn das wurde erst durch ihr Alter und dann durch die Restriktionen des Windelgesetzes verhindert.
Nachdem sich alle bei Sophia gewickelt hatten und von ihren Eltern verschlossen worden waren, begann die Party, wie es bei Teenagern üblich war. Sie hatten im Keller einen Raum mit Sofas und Musikanlage ausgestattet und wenn die Mädchen nicht tanzten, saßen sie zusammen und unterhielten sich. Je länger allerdings die Party im Gange war, umso undeutlicher wurde jedoch die Aussprache und seltsamer die Gesprächsthemen.
Gegen zwei Uhr in der Früh hatte Valerie das Gefühl, in einem schnell drehenden Karussell zu sitzen und merkte, wie ihr Magen dagegen rebellierte. Sie löste sich von Max und stand auf, um gleich im nächsten Moment wieder flach auf dem Boden zu liegen. Nachdem sie sich aufgerappelt hatte, beschloss sie die mittlere Tür zu nehmen und ein bisschen an die frische Luft zu gehen. Sie brachte gerade noch die Haustüre auf, bevor sich ihr Mageninhalt auf der Eingangstreppe verteilte. Auch Sophia und Helena ging es nicht besser, allerdings schafften sie es nicht bis ins Badezimmer oder dem Eingang. Max und Vivien hatten deutlich weniger getrunken und deshalb konnten sie dem Treiben erst noch entspannt zusehen.
Die Nachbarn von Sophia wurden von dem Lärm geweckt und sahen Valerie apathisch auf der Treppe liegen. Als sie das Haus betraten, entdeckten sie den apokalyptischen Zustand des Kellers. Sie wussten sich mit drei betrunkenen Mädchen nicht anders zu helfen und riefen den Rettungsdienst, der dann auch kurze Zeit später eintraf.
Als die Sanitäter auf Valerie zukamen, wurde die wieder etwas wacher und ließ sich ins Haus führen. Dort legten sie die drei Mädchen in stabiler Seitenlage auf die Sofas im Keller und ließen Max unter jede einen Kübel stellen. Danach verabschiedeten sie sich, nachdem Max und die Nachbarn versichert hatten, die Drei im Auge zu behalten.
Vivien und Max waren die restliche Nacht damit beschäftigt, die Spuren der Party zu beseitigen. Aber als Sophias Eltern am Vormittag wieder nach Hause kamen, war dem Keller die Nacht noch anzusehen. Was passiert war, erkannten sie allerdings nicht nur am Haus, auch Valerie, Helena und Sophia konnten auf Fragen keine adäquaten Antworten geben. Ihnen war immer noch sehr übel und jede von ihnen hatte im Kopf ein neues Haustier in Form einer riesengroßen Miezekatze.
Natürlich bekamen alle von ihren Eltern ein großes Donnerwetter und sie durften erst nach Hause, als das Haus von Sophias Eltern wieder im ursprünglichen Zustand war. Als vier der fünf Feiernden von ihren Eltern abgeholt wurden, konnten die sich allerdings ein heimliches Lächeln nicht verkneifen.
Trotzdem schafften es Max und Valerie, ihre Eltern zu einem gemeinsamen Urlaub im Bayerischen Wald zu überreden. Sie fanden ein kleines abgelegenes Hotel, das sich auf Familien mit Windelträgern eingestellt hatte und buchten dort für zwei Wochen drei Zimmer.
Als sie nach einer langen Fahrt abends ankamen, stand eine ältere Frau an der Rezeption. Sie hatte sich schon gewundert, dass zwei Familien mit Windelträgern drei Zimmer gemietet hatten. Als sie die Genehmigung des Jugendamtes sah, mit der Valerie und Max in einem Gitterbett schlafen durften, war sie sehr überrascht.
„Jo meiomei, mir hom aber nur Beddn in die oana neibassd! Wia soin mer denn des etzd macha?“
Die beiden Familien verstanden zwar fast keinen Ton, errieten aber, dass sich die Frau Sorgen machte. Kurz darauf kam ihr Mann dazu, sah sich erst die Genehmigung an und schaute dann freundlich lächelnd zu Valerie.
„Biasd du des Dirndl des dia vom Jugendamt in des Hoim varrammt hod?“
Valerie brauchte wieder eine Zeitlang, um zu erraten, was der Mann zu ihr gesagt hatte.
„Ja, die bin ich.“ sagte sie und lächelte zurück.
„Wenns für eich heit Nochd bassd, nachad schaug i, ob i für morgn wos bessers find.“
Langsam gewöhnte sich Valerie an den Dialekt.
„Für uns ist das wirklich kein Problem, in solchen Betten haben wir schon oft zusammen übernachtet. Machen sie sich auch keine Sorgen, wir halten trotzdem das Windelgesetz ein.“
„Des is mir wurschd, wenn do so a Gscheidhaferl wos zum moana hod, fangd da si oane!“
Valerie und Max sahen sich kurz in die Augen und lächelten. Ihre Eltern bemerkten ihre Blicke.
„Das kommt überhaupt nicht infrage, Herrschaften. Noch mal brauchen wir keinen Ärger!“ stellte Valeries Mutter sofort klar.
Valerie und Max bekamen zwar ihr eigenes Zimmer, aber ihre Eltern achteten darauf, dass sie darin nur mit verschlossener Kleidung alleine waren. Auch bei den beiden war nach der ersten Freude die Angst zu groß, dass sie selbst in dieser abgelegenen Gegend durch eine Kontrolle wieder alles verlieren könnten.
Es gab im Umkreis viele schöne Möglichkeiten für Ausflüge und die beiden Familien machten sich am ersten Tag einen Plan für die zwei Wochen. Da aber Max und Valerie nach drei Tagen lieber zu zweit zum Wandern gehen wollten, blieb ihren Eltern nichts anderes übrig, als sich ohne sie zu beschäftigen. Da sie meistens den ganzen Tag unterwegs waren, wickelten sie sich in die Windeln, die eigentlich für die Nacht vorgesehen waren.
„Tja, das ist dann wohl ein Urlaub, bei dem sich die zukünftigen Schwiegereltern kennenlernen.“ meinte der Vater von Max scherzhaft.
Als sie ein paar Tage später zwei Ortschaften weiter gewandert waren und zu einem Volksfest kamen, trauten sie ihren Augen nicht. An jedem Eingang zu dem Fest stand ein rechteckiges Schild mit blauem Hintergrund, auf dem symbolisch ein Kind im Laufgeschirr und dahinter ein Erwachsener war, der die Leine in der Hand hielt. Darunter war ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Ab hier Leinenpflicht für Windelträger“. Erst waren sie fassungslos, dann mussten sie herzhaft darüber lachen.
„Hier sind maximal 500 Leute, die spinnen doch!“ meinte Max.
Beim Abendessen erzählten sie ihren Eltern davon und auch der Hotelbesitzer bekam die Unterhaltung mit.
„Des gonze Dorf is oi Debbahaufa, dia san oifach nur bled. Dengsd eich nix dobei!“
In der Zeit, in der sie in der Ruhe und Abgeschiedenheit wanderten, führten sie lange und intensive Gespräche über ihre Vorstellungen, was sie nach der Schule machen wollten. Valerie war immer noch sehr beeindruckt von den Worten des Richters, dass er sie gerne in einer Robe sehen wollte und auch Max hatte die Verhandlung in sehr guter Erinnerung. Sie waren beide gute Schüler, aber mit ihrem bisherigen Notenschnitt wäre ein Jurastudium nicht möglich. Da sie ab dem nächsten Schuljahr in der Oberstufe des Gymnasiums sein würden, zählte jede Prüfung schon zum Abitur und so nahmen sie sich vor, zusammen daraufhin zu arbeiten.
Der Hotelbesitzer hatte es mithilfe eines einheimischen Schlossers tatsächlich schon am nächsten Tag geschafft, aus zwei Gitterbetten ein Großes zu bauen. Nicht nur dadurch, sondern vor allem durch die Herzlichkeit der Wirtsleute wurden die zwei Wochen im Bayerischen Wald zu einer sehr schönen und erholsamen Zeit.
Während des Urlaubs war das Windelgesetz von der Regierung wieder weiter an die Bedürfnisse der Betroffenen angepasst worden, ohne den Grundgedanken der Sicherung der Mädchen aufzugeben. Ein Highlight war ein spezieller Schwimmanzug mit integrierter Windel, der war zwar auch absperrbar und der Status der Trägerinnen erkennbar, aber damit konnten auch die Mädchen wieder zum Baden gehen.
Die Regelung mit den Gitterbetten wurde für Jugendliche ab 14 Jahren noch flexibler gestaltet, es musste erst dann eine Erklärung an das Jugendamt gegeben werden, wenn sie immer sehr spät oder in einer Nacht gar nicht darin verschlossen waren. Das wurde möglich, weil sich auch die Mädchen, die erst seit der Verschärfung des Gesetzes wieder Windeln tragen mussten, so an ihren Status gewöhnt hatten, dass die überwiegende Mehrheit sie behalten wollte.
Um die Akzeptanz des Windelgesetzes weiter zu erhöhen, wurde auch die verschließbare Kleidung jetzt aus angenehmeren Stoffen gefertigt und für jeden Jahrgang entsprechend gestaltet. Allerdings bestand die Regierung weiterhin darauf, dass der Status als Windelträgerinnen immer für jeden zu erkennen sein musste, denn die Experten waren der Meinung, dass diese Schutzmaßnahmen vielen Mädchen geholfen hatten.
Das Laufgeschirr wurde für alle beibehalten und auch die Größe der Veranstaltungen, ab der sie benutzt werden mussten, wurde bei 1000 Menschen belassen. Neuerdings durfte aber eine Rollleine bis zu einer Länge von sechs Metern verwendet werden. Für die mussten allerdings Eltern und Kinder ab 14 Jahren an einer speziellen Schulung teilnehmen, um einen Führerschein dafür zu erhalten. In den Ausführanweisungen wurde erläutert, dass der Lehrgang mit einem theoretischen und einem praktischen Teil einen ganzen Tag dauern würde.
Nachdem sie wieder zu Hause waren, meldeten Valeries Eltern sich beim Jugendamt an und bekamen gleich am nächsten Dienstag einen Termin. Der theoretische Teil fand am Vormittag statt und es wurde erklärt, wie die Leine zu handhaben sei und welche Längen in verschiedenen Situationen die Beste wäre. Nach dem Mittagessen und dem Wickeln bekamen die Kinder die Laufgeschirre mit der Rollleine angelegt, um das theoretische Wissen in der Fußgängerzone anzuwenden. Es zeigte sich, dass die Übungen notwendig waren, denn nicht nur einmal verknoteten sie die Kinder untereinander. Am Ende des Ausbildungstages bekamen die Eltern den Führerschein und die Rollleine überreicht.
Am nächsten Mittwoch erzählte Petra Valerie freudig, dass ihre Großeltern am Wochenende zu Besuch kommen wollten. Für die war das keine gute Nachricht, denn sie wusste, dass ihre Oma und ihr Opa keine Ahnung von ihrem Status hatten und auch Max mit seinen Eltern Verwandte besuchen sollte.
„Mama, muss das sein? Oma und Opa wissen doch nicht, dass ich wieder Windeln tragen muss.“ sagte sie aufbrausend.
„Ja, ich weiß mein Schatz, aber wir haben sie das ganze letzte Jahr abgewimmelt und jetzt lässt es sich nicht mehr vermeiden. Sie wohnen doch so weit weg, dass es nicht an einen Tag hin und zurück fahren können. Jetzt kommen am Freitagnachmittag und bleiben bis Sonntag und haben auch ausdrücklich nach dir gefragt.“
Valerie hatte ihre Großeltern sehr gerne, hätte aber den Besuch sehr viel lieber auf die Zeit nach ihrem 18. Geburtstag verschoben. Jetzt blieb ihr nichts anderes übrig, als sich zu fügen und das Wochenende über sich ergehen zu lassen, was allerdings für ihre Laune nicht besonders förderlich war.
Als ihre Großeltern am Freitagnachmittag eintrafen, hatte Valerie ein sehr mulmiges Gefühl in der Magengegend. Ihre Oma fiel ihr erst um den Hals und drückte sie ganz fest, aber sie hatte eine sehr gute Beobachtungsgabe und es dauerte nicht lange, bis sie Valerie von oben bis unten musterte.
„Schatz, du hast aber seltsame Kleider an und um die Hüfte hast du auch ganz schön zugenommen!“
Valerie wurde knallrot im Gesicht und es war ihr sehr peinlich, hilfesuchend sah sie ihre Mutter an.
„Valerie ist letztes Jahr unter das Windelgesetz gefallen, sie muss jetzt diese Kleidung tragen.“ sagte Petra erklärend in der Hoffnung, das Thema damit erledigen zu haben. Aber wie zu erwarten war, funktionierte das nicht.
„Wie unter das Windelgesetz? Ich dachte, das betrifft nur jüngere Kinder! Heißt das, dass du unter deiner Hose eine Windel trägst?“
Valerie wäre am liebsten im Boden versunken.
„Erna, lass sie doch, merkst du nicht, dass es ihr peinlich ist?“ versuchte auch der Opa das Gespräch zu beenden.
„Also Heinz, ich werde mich doch wohl dafür interessieren dürfen, wenn meine Enkelin wieder Windeln trägt!“
Das war zu viel, Valerie drehte sich ruckartig um und rannte in ihr Zimmer. Sie war stocksauer und fühlte sich wieder so gedemütigt wie zu Beginn ihrer Windelpflicht.
„Was hat sie denn? Ich habe doch nur gefragt.“ meinte ihre Oma verständnislos.
Beim Abendessen war die Stimmung entsprechend eisig. Ihre Eltern und Großeltern versuchten zwar gute Laune zu verbreiten, aber Valerie saß mit finsterer Miene am Tisch.
„Morgen Nachmittag ist das große Streetfoodfestival in der Stadt, lasst uns doch dahin gehen!“ sagte Oma fröhlich.
Nachdem der Ausflug beschlossen war, sah Petra Valerie mit einem scharfen Blick an, sie kannte ihre Tochter und wusste, dass sie sonst im nächsten Moment explodiert wäre. Nachdem die Großeltern in ihr Hotel gefahren waren, machte sich Valerie fertig für die Nacht und danach kam ihre Mutter in ihr Zimmer, um den Pyjama zu verschließen.
„Mama, ich gehe da morgen nicht mit!“ verkündete Valerie trotzig.
„Schatz schau, Oma und Opa haben sich so auf diesen Besuch gefreut und sie fahren schon am Sonntag wieder nach Hause. Sei so lieb und lass uns bis dahin eine schöne Zeit haben.“ versuchte ihre Mutter zu beruhigen.
„NEIN! Ich mach das nicht!“ schrie Valerie außer sich vor Wut.
Diese Uneinsichtigkeit machte Petra dann auch richtig wütend, sie wollte sich auch das Verhalten ihrer Tochter nicht gefallen lassen und ohne groß darüber nachzudenken, fasste sie einen Entschluss.
„Du weißt, dass wir eigentlich die Rollleine benutzen dürfen und mit der hättest du viel mehr Freiheiten als mit der Bisherigen. Wenn du dich aber benimmst wie mit sieben anstatt 17 Jahren, dann läufst du an der Kurzen! Wir haben das ganze letzte Jahr auf dich Rücksicht genommen und dieses eine Mal erwarten wir dasselbe von dir.“
Ohne eine Antwort abzuwarten schloss sie die Türe des Gitterbettes, verließ Valeries Zimmer und machte die Zimmertüre hinter sich zu. Die saß beleidigt in ihrem Käfig und überlegte, wie sie um den Ausflug herumkommen könnte.
Bevor sich die ganze Familie am nächsten Tag fertigmachte, um zu dem Streetfoodfestival zu gehen, wollte sich Valerie klammheimlich in ihrem Zimmer einsperren, aber ihr Vater bemerkte das.
„Valerie! Du kommst jetzt sofort zu mir!“
Valerie blieb nichts anderes übrig, als zu folgen und sah mit Entsetzen, das ihr Vater schon das Laufgeschirr in der Hand hatte, um es ihr anzulegen.
„Nein, Papa, bitte nicht jetzt schon!“ flehte sie ihn an.
„Doch jetzt schon! So wie du dich gestern Mama gegenüber benommen hast und weil du dich gerade wieder in deinem Zimmer verziehen wolltest, bekommst du es jetzt schon. Wenn du wieder versuchen solltest zu verschwinden, binde ich dich neben der Türe an.“
So erbost hatte Valerie ihren Vater schon sehr lange nicht mehr gesehen. Ihr war schnell klar, dass es Zeit war, den Widerstand aufzugeben, aber weiter schlechte Laune zu verbreiten, hatte er ihr nicht verboten. Sie maulte etwas von in Ruhe lassen und keine Lust in Richtung von ihrem Vater und hatte damit sehr deutlich den Bogen überspannt.
„Ich habe jetzt von deinem Benehmen wirklich genug! Du bleibst jetzt definitiv erst einmal an der kurzen Leine und wenn du wieder weißt, wie du dich zu verhalten hast, darfst du eventuell an die Rollleine.“
Valerie sah dem Gesichtsausdruck ihres Vaters an, dass jede weitere Diskussion zwecklos war und ließ sich ohne Widerstand das Laufgeschirr anlegen. Ihre Oma musterte sie zwar, sagte aber nichts dazu, da sie von ihrer Tochter die Situation erklärt bekommen hatte.
Der Besuch des Streetfoodfestivals wurde trotzdem ein schöner Ausflug. Auch bei diesem Fest standen die Schilder mit dem Hinweis auf die Leinenpflicht, offensichtlich waren die Veranstalter dazu verpflichtet worden. Valeries Laune verbesserte sich schnell, da sie sehr gerne exotisches Essen ausprobierte und nach einer halben Stunde hatte sie es sich verdient, wieder an der langen Leine laufen zu dürfen. Auch als ihre Großeltern fragten, ob sie mit ihrer Enkelin einen Stand besuchen könnten, hatte sie kein Problem, das ihre Mutter die Leine ihrer Oma übergab und ließ sich bereitwillig von ihr führen.
„Oma, dafür nehmen wir aber wieder die kurze Leine. Du hast keinen Führerschein für die Rollleine und wir könnten sonst Probleme bekommen.“
Sie gingen an einen Stand, holten sich etwas zu essen und setzten sich an einen Tisch. Beim Essen erzählte Valerie dann ihren Großeltern, was alles, seitdem das Windelgesetz auf sie angewendet wurde, passiert war. Ihre Oma war entsetzt, als sie die Geschichte mit dem Luisenheim hörte. Sie hatte die Sache im Fernsehen zwar mitbekommen, aber dass ihre Enkelin das Opfer gewesen war, wusste sie nicht. Valerie erklärte ihr, warum sie erst jetzt mit ihr über das Erlebte des letzten Jahres reden konnte. Die meiste Zeit sprach sie aber über Max und ihre Großeltern bedauerten sehr, dass er nicht dabei war. Valerie versprach ihnen, dass sie ihn beim nächsten Besuch kennenlernen würden.
„Valerie, ich wollte dich gestern nicht bloßstellen, aber ich hatte keine Ahnung von dem allen. Ich hoffe, du bist mir nicht mehr böse.“
Valeries Eltern wollten ihrer Tochter die Möglichkeit zu geben, sich in Ruhe mit ihrer Oma und ihrem Opa zu unterhalten und setzten sich deshalb erst gut zwei Stunden später mit an den Tisch.
Als Valerie mit ihren Eltern am Abend wieder alleine zu Hause war, kam in ihr aber wieder der Ärger vom Morgen hoch. Bevor sie sich in ihrem Zimmer wickelte und umzog, ging sie ins Wohnzimmer.
„Es war total gemein von euch, dass ihr das Windelgesetz gegen mich verwendet habt. Ihr habt versprochen, dass ihr das nicht macht!“ sagte sie entrüstet und wollte sich umdrehen und gehen.
„Halt Fräulein, so nicht! Wir haben aus Rücksicht auf dich Oma und Opa nichts von dem Windelgesetz erzählt und es mehrfach versucht, dir verständlich zu machen, dass wir sie nicht länger vertrösten können. Aber du hast dich benommen wie ein Kleinkind und uns keine andere Möglichkeit gelassen. Ich hoffe, du denkst darüber nach und verhältst dich morgen anders.“
Selten hatte Valeries Vater Grund, so deutlich zu werden.
Valerie drehte sich immer noch beleidigt um und als sie in ihr Bett gestiegen war, knallte sie die Gittertüre zu. Sie konnte erst sehr viel später einschlafen, denn je länger sie über den Tag nachdachte, umso klarer wurde ihr, dass ihr Benehmen wirklich nicht gut gewesen war.
Am Sonntagvormittag entschuldigte sie sich bei ihren Eltern und zeigte Ihrer Oma und ihrem Opa sogar das Gitterbett, indem sie seit einem Jahr schlafen musste.
Bevor ihre Großeltern wieder nach Hause fuhren, wurde sie von ihrer Oma innig umarmt und sie steckte ihr etwas in die Hosentasche.
„Ich hab dich lieb mein Engel und damit machst du mit deinem Max was Schönes.“
Kapitel 15 – Das neue Schuljahr beginnt
Das neue Schuljahr begann für Valerie wesentlich entspannter als das letzte. Nachdem nur noch die Mädchen ihres Jahrganges und der über ihr ohne Windeln und Sicherheitskleidung waren, fühlte sie sich nicht mehr als Außenseiterin. Nach der Begrüßung aller Schüler, die diesmal nicht von Valerie gestaltet wurde, kam Herr Neumann zu ihr und bat sie um ein Gespräch.
„Hallo Valerie, ich hoffe, du hattest schönere Ferien als im letzten Jahr. Nachdem ja seit dem letzten Schuljahr keine Windelträgerinnen an schulischen Aktivitäten im sportlichen und kulturellen Bereich mehr teilnehmen wollten, wurde sich in den Ferien intensiv darüber Gedanken gemacht. Das Ministerium hat Windeln entwickeln lassen, bei denen in Kombination mit speziellen Trikots euer Status beim Sport nicht mehr so deutlich ist und auch beim Theaterspielen sind sie zulässig. Es gibt jetzt Mannschaften, in denen nur Windelträgerinnen spielen und die werden nicht gegen andere antreten müssen. Ich weiß, was du letztes Jahr zu mir gesagt hast, aber könntest du es dir unter diesen Voraussetzungen noch einmal überlegen?“
„Hm, ich habe den Basketball und das Theater schon vermisst. Wenn wir dabei nicht wie Kasperl aussehen, dann könnte ich mir das schon vorstellen. Aber wie machen sie es dann mit der Laufgeschirr- und Leinenpflicht bei den Spielen und den Vorführungen?“
„Dabei sehe ich kein Problem, wir begrenzen die Zuschauer auf 900 und damit ist das Problem gelöst.“
Valerie sah ihren Schuldirektor nachdenklich an. Bis zu dem Prozess hatte sie sich vorgenommen, ihre restliche Schulzeit nur noch das Nötigste zu machen. Allerdings wollte sie jetzt einen Abschluss, der ihr ein Jurastudium ermöglichte. Wenn es jetzt Windeln und Trikots gab, die wieder ein freies Bewegen erlaubten und sie nicht dem Spott der Nichtbetroffenen ausgesetzt war, warum nicht.
„Okay, ich mache mit, aber es muss sichergestellt sein, dass das Jugendamt das wirklich erlaubt. Die letzten Osterferien waren schlimm genug.“
Drei Tage später trafen sich alle an Basketball interessierten Mädchen in der Turnhalle. Jede bekam Sportwindeln und ein verschließbares Trikot ausgehändigt, dem man ansah, dass es den Mädchen gefallen sollte. Die Sportwindeln waren sehr dünn gehalten und so gestaltet, dass sie schnell zum Anziehen waren, aber trotzdem sicher saßen und nicht beim ersten Einnässen ausliefen. Schon beim ersten Training fühlte sich Valerie sehr wohl darin und stellte fest, dass es zu ihren früheren Trikots kaum einen Unterschied gab.
Auch die Theatergruppe wurde wiederbelebt und alle Windelträger der letztjährigen Klasse waren dabei. Da Max der einzige Junge in ihrem Alter war, sollte er mit Valerie eine Hauptrolle bekommen. Lange saß die Gruppe zusammen und überlegte, was für ein Stück sie spielen wollten. Dann hatte Helena eine Idee.
„Wie wäre es, wenn wir das letzte Jahr nachspielen. Durch das Windelgesetz ist so viel passiert, dass es für viele Akte reichen müsste. Allerdings“ dann sah sie Valerie an, „du musst sagen, wie weit du gehen willst. Du hast damit anfangen müssen und du hattest auch das schlimmste Erlebnis.“
Valerie war sehr überrascht von der Idee und bei dem Gedanken an das Luisenheim drückte sie sich an Max.
„Ich, ich kann dir das jetzt nicht sagen, ich weiß nicht, ob ich das noch einmal durchleben kann.“ gab sie ängstlich zur Antwort.
Die anderen erkannten, wie schwer das Thema für Valerie noch war und Sophia sprang ihr sofort bei.
„Du brauchst das auch nicht spielen, überleg dir, ob ich nicht diesen Part übernehmen könnte. Aber lass dir Zeit dazu!“
Valerie nickte und klammerte sich noch fester an Max. Dann schlug sie vor, dass sich die Anderen schon mal Gedanken über das Stück machen sollten, damit sie mit Max, ihren Eltern und Frau Drechsel darüber sprechen konnte.
Gleich beim nächsten Gespräch fragte Valerie, was sie von der Idee der Theatergruppe hielt.
„Hm, ich bin mir nicht sicher, ob du da mitspielen solltest, die Rolle als Opfer im Luisenheim sollte auf alle Fälle jemand anderes übernehmen. Andererseits wäre das vielleicht nicht schlecht, denn dann könntest du das aus einer anderen Perspektive sehen. Aber auch das restliche Jahr in einem Theaterstück aufzuarbeiten wird zwar schwer, könnte dir aber helfen.“
Valerie dachte sehr intensiv darüber nach. Bei jedem Gedanken an das Luisenheim zog sich ihr Magen zusammen und ihr wurde schlecht. Nachdem sie mehrere Nächte fast nicht geschlafen hatte und über die Worte von Frau Drechsel nachgedacht hatte, wurde ihr klar, dass sie nicht immer vor den Erinnerungen davonlaufen konnte. Sie entschied sich.
Beim nächsten Treffen der Theatergruppe las Valerie sich das Manuskript, das Sophia und Helena verfasst hatten, durch. Sie wusste sofort, wie anstrengend es für sie werden würde, stimmte aber zu, es zu probieren.
Trotz der vielen Gedanken um das Theaterstück waren die fünf von der Windelgruppe in ihren anderen Fächern außerordentlich zielstrebig und erhielten fast immer die volle Punktzahl. Es fiel so sehr auf, dass es sogar in der nächsten Lehrerkonferenz ein großes Thema war.
„Hm, alle Schülerinnen, die in den höheren Klassen Windeln tragen, haben sich deutlich verbessert und der einzige Junge auch. Bei allen Problemen und dem Mehraufwand, die wir seit der Einführung des Windelgesetzes hatten, scheint es so, als ob diese Schüler konzentrierter sind und sich deswegen verbessert haben.“ meinte Herr Neumann nachdenklich.
„Dann wäre es ja nicht schlecht, wenn auch auf die Jungs das Gesetz, bis sie 18 Jahre alt sind, angewendet werden würde.“
„Stimmt, wir haben zwar Räume verloren, damit die Schülerinnen sich wickeln können, aber da bald kein Mädchen mehr eine Toilette braucht, könnten wir die zu Wickelräumen umbauen lassen. Bei den Jungs wäre es dann dasselbe.“
Autor: MiRa (eingesandt via E-Mail)
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