Schöne neue Welt (5)
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Kapitel 5
Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Schließlich hatte ich ähnlich gestaunt, als ich durch die Gänge des Schiffes ging. Meine Familie staunte, während ich sie durch das Schiff führte. Ich zeigte ihnen die wichtigsten zivilen Bereiche: Die Lounges, allen voran die Zehn Vorne Bar, die Holodecks, die Sporthalle und dann auch noch die SS Birdseye in der Shuttlebucht auf Deck 4. Meine Eltern und meine Großmutter bewunderten das Schiff, von dem sie nur Bilder gesehen hatten. Das letzte, was sie von mir gesehen hatten, so mein Vater, war das Spaceshuttle, das meine Kälteschlafkammer damals zur Birdseye gebracht hatte.
Schließlich zeigte ich ihnen den botanischen Garten auf Deck 6. Dies gefiel besonders meiner und meiner Großmutter. Wir machten einen langen Spaziergang durch den Garten und trafen auf Keiko. Sie arbeitete hier. Wie meine Mutter liebte sie Pflanzen, was auch gleich ersichtlich wurde, als meine Mutter Keiko sofort in ein Gespräch verwickelte und Keiko ihr zeigte, welche Pflanzen hier alle wuchsen. Nicht nur irdische, sondern auch solche aus anderen Welten.
„Das kann ’ne ganze Weile dauern…“, murmelte ich. Wir drei, mein Vater, Großmutter und ich, setzten den Spaziergang fort. Ich führte Vater und Großmutter anschließend zu ihren Quartieren, die ein paar Korridore weiter waren, als meine, jedoch noch immer auf demselben Deck.
Meine Großmutter und ich richteten noch ihr Quartier etwas ein (sie war fortlaufend fasziniert vom Replikator und fragte mich immer wieder, wie das Ding denn funktioniere.). Dann wollte sie sich etwas hinlegen, um etwas zu dösen. Es war doch ein bisschen viel für sie!
Mein Vater und ich nutzten den Rest des Nachmittags, um uns auf dem Holodeck die Zeit zu vertreiben. „Alles kannst du da finden“, erklärte ich ihm, „die klassischen Werke wie das Gilgamesch-Epos, die Odyssee, die Geschichte des Prinzen Genji. Shakespears Werke bis hin zu Werke der Populärkultur. Der Herr der Ringe, Star Wars, Game of Thrones, Harry Potter, die Metro-Romane und noch mehr…“ Mein Vater blickte sich in dem leeren Raum um. „Was meinst du?“, fragte ich, „wollen wir durch den wilden Westen reiten, bei Cäsars Eroberungen dabei sein, Pyramiden bauen? Den Fall der Berliner Mauer nachspielen?“
Wir einigten uns schließlich darauf, einen „Kracher“ durchzuspielen, wie mein Vater es nannte. Mit viel Action, Verfolgungsjagten, Schießereien usw. Teilweise erschien es uns so real, dass wir ernsthaft um unser Leben fürchteten und vergaßen, dass dies nur eine Simulation war und wir uns in Wahrheit auf der Enterprise befanden! Völlig erschöpft, aber zufrieden, verließen wir das Holodeck.
Nachdem ich meinen Vater zu dem Quartier von ihm und meiner Mutter gebracht hatte, die schon da war, begab ich mich auf mein eigenes Quartier. Alyssa saß da und sah mich besorgt an. Kaum war ich drinnen, kam sie zu mir und umarmte mich. „Hey, alles gut, mein Baby? Dr. Crusher hat mir erzählt, was passiert ist. Geht es ihnen gut?“
„Sie waren zunächst etwas verwirrt. Aber sie haben sich unglaublich schnell wieder gefasst. Schneller als ich erwartet hätte. Und sie dürfen sogar selbst entscheiden, ob sie bleiben wollen! Ich…ich hoffe, dass sie bleiben!“ Mein Magen rumorte. „Oh, Baby muss unbedingt etwas essen! Komm her, Sweetie!“ Sie setzte sich auf das Sofa und ich legte mich in ihren Schoß. Ich war trotz allem noch ihr Baby. Und Alyssa war eine gute „Mutter“. Sie gab mir die Brust, stillte mich und ich trank ihre Milch, mein Abendessen. Schließlich wickelte sie mich noch. „Möchtest du im Bettchen schlafen oder mit Mami?“, fragte sie mich anschließend. „Ich würde gerne im Bettchen schlafen, aber…aber nicht vor ihnen.“
Ich senkte den Kopf. Alyssa sah mir traurig an. All die Tage hatte ich glücklich mit ihr verbracht, wir zwei als Paar, doch auch als Mami und Baby. Und niemand sagte irgendetwas. Alle akzeptierten mich als den, der ich war. Doch nun war mit meiner Familie auch ein Stück aus jener Zeit mitgereist, das es nicht gut heißen würde, wenn ich mein Baby-Leben weiterführen würde. Meine Mutter hatte nie mit mir geschimpft, aber ich konnte erkennen, dass sie es nicht mochte. Wann immer sie mich erwischte, hatte sie mich gefragt: „Bist du nicht langsam zu alt dafür?“ Zur Kindergartenzeit hatte sie es noch halbwegs akzeptiert, wenn ich mit dem Schnuller einschlief, hatte mich, als ich krank war, einmal sogar mit dem Fläschchen gefüttert. Aber das war eine Ausnahme gewesen. Ich fürchtete mich geradezu davor, was passieren würde, wenn sie dahinter käme. Mein Vater hatte das immer kommentarlos meiner Mutter überlassen. Ihm war dabei ebenso unwohl wie ihr, aber er konnte es wohl leichter akzeptieren als sie, dass ich Schnuller und Fläschchen wohl noch etwas brauchen würde. Dennoch hatte er Mama auch nie widersprochen.
Ich legte mich zu Alyssa ins Bett und sie gab mir erneut die Brust zum Einschlafen. Es war der schönste Weg, einzuschlafen, beruhigend, geborgen. Ich war so entspannt, dass ich gar nicht merkte, wie ich es in die Windel laufen ließ.
Am nächsten Morgen schaute sie, ob ich auch brav in die Windeln gemacht hatte. „Oha, da braucht wer ’ne neue Windel, ne? Na komm, mein Baby!“ Sie führte mich zum Wickeltisch. Ich liebte es, gewickelt zu werden. Schnuller im Mund, Alyssas weiche Hände zu spüren, die ganz sanft vorgingen, ihre mir gut zuredende Stimme zu hören. Als sie fertig war, nuschelte ich durch den Schnuller: „Mami, ich hab Hunger!“ „Oh, mein kleines Baby hat Hunger? Dann wollen wir dich mal stillen.“ Sie trug mich zum Sofa…
Ich frühstückte mit meiner Familie in der Zehn Vorne Bar, obwohl ich eigentlich nicht wirklich hungrig war, da ich schon vorher meine Morgenmilch bekommen hatte. Meine Stillbeziehung mit Alyssa war inzwischen so weit fortgeschritten, dass sie sehr viel Milch produzierte. Und gerade wo ich an sie dachte, kam sie auch in die Bar spaziert. Sie hatte erst später Schicht und wollte sich etwas zu uns gesellen. Ich stellte sie meiner Familie vor. Es war ein wenig beängstigend, da meine Eltern und meine Großmutter natürlich wissen wollten, wie wir uns kennengelernt hatten und was uns zusammenhielt. Da ich nicht bereit war, ihnen meine Leidenschaft zu offenbaren, hatten wir uns etwas überlegt. Aber ich spürte, dass meine Mutter ahnte, dass da noch etwas mehr dahintersteckte.
An diesem Tag fand ein Poker-Turnier statt, das sich mein Vater ansehen wollte. Meine Großmutter hatte gehört, dass es auf der Enterprise eine Bibliothek mit echten Büchern gab, die sie sich anschauen wollte. Ich und Alyssa begleiteten sie dorthin. Danach gingen wir wieder zu unserem Quartier. Erst als wir im Schlafbereich waren, bemerkten wir, dass wir nicht allein in unserem Quartier waren. Meine Mutter kniete vor dem Schrank. Jenem Schrank, in dem wir tagsüber immer meine Babysachen verstauten! In der Hand hielt sie einen Stapel Windeln, vor ihr ausgebreitet waren Schnuller und Fläschchen. Die Schranktüren waren offen und gaben den Blick auf die Wickelunterlage, das zusammengeklappte Gitterbettchen und den Buggy frei.
Sie blickte auf und sah uns an. Ihre Augen schwankten von Alyssa und blieben bei meinen hängen. Ihr Blick verriet Enttäuschung und Schock. Die Hand mit den Windeln zitterte leicht. „Warum?“, brachte sie nur hervor. Als hätte sie entdeckt, dass ich Drogen nehmen würde. „Was machst du hier in unserem Quartier? Und warum durchwühlst du unsere Schränke?“, fragte ich. „Nun, die Tür war nicht verschlossen. Ihr müsst ein unglaubliches Vertrauen in die Leute hier haben.“ „Ja, diese Leute brechen nicht einfach in irgendein Quartier ein und durchsuchen es.“ „Und sie benehmen sich sicherlich nicht wie Babys!“, rief meine Mutter und hielt mir die Windeln vor die Nase. Alyssa öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch meine Mutter redete schon weiter: „Ich dachte, das wäre inzwischen vorbei! Ich dachte, du hättest dich davon lösen können“
„Es war nie vorbei! Wie sollte ich mich davon lösen können! Meine Freunde im Kindergarten und teilweise noch in der Grundschule. Sie alle haben noch viel länger das Fläschchen bekommen. Erinnerst du dich an Anna aus dem Kindergarten? Ich habe häufig bei ihr übernachtet und jeden Morgen hat ihre Mutter ihr das Fläschchen gegeben. Auch ich bekam einmal eines! Im Kindergarten bekam ich noch lange Windeln an…“
„Weil du sie brauchtest. Aber Schnuller und Nuckelflasche, ich bitte dich…!“
„Weißt du, wie die Leute reagiert haben, als ich ihnen das erzählt habe? Dr. Crusher, Counselor Troi…Alyssa! Sie alle fanden das überhaupt nicht schlimm und haben mir sogar empfohlen, meine Phantasien auszuleben. Dass es schlecht sei, das zu unterdrücken. Und niemand, niemand hat etwas dagegen, niemand hier sagt irgendetwas!“
„Das stimmt, Mrs. Raymond!“, schaltete sich nun Alyssa ein, „solange es nicht schädlich ist, sollte man seinen Fetisch ruhig ausleben dürfen. Und ein Baby sein zu wollen, ist am wenigsten schädlich. Selbst kaputte Zähne zu reparieren ist nicht mehr so drastisch, wie vor 300 Jahren! Eigentlich ist es ein Klacks. Als Alex mir erzählte, dass er gerne wieder gestillt werden möchte, hatte ich nichts dagegen. Ich liebe es sogar! Es ist viel mehr, als bloß zu ernähren! Und Alex ist ja auch nicht ständig ein Baby! Es hat sich vieles verändert, Mrs. Raymond. Das werden Sie spätestens merken, wenn Sie auf der Erde ankommen. Ich kann verstehen, dass das am Anfang schwer zu akzeptieren ist, aber bitte, verweigern Sie Alex nicht das, wonach er sich sehnt. Kinder brauchen viel Zuneigung. Und die haben die meisten zu ihrer Zeit bei weitem nicht so lange bekommen, wie sie nach heutigem Verständnis bräuchten. Es gibt einen Grund, warum die ersten Zähne „Milchzähne“ heißen. Das Babyalter dauert viel länger, als man zu Ihrer Zeit meinte! Da ist es nur verständlich, warum viele Menschen wieder die Geborgenheit der Brust wünschen. Besser, als dem Alkohol oder dem Rauchen zu verfallen.“
Meine Mutter blieb nach dieser kurzen Rede still. Sie setzte sich. Ihr noch junges, schönes Gesicht regte sich kaum, es schien, als würde sie gründlich überlegen, was sie von Alyssas Worten halten sollte.
Schließlich stand sie auf, legte die Windeln auf das Bett und ging zur Tür. Dort angelangt, drehte sie sich noch einmal um. „Ich weiß, ich hätte nicht durch dein Zeug gehen sollen. Ich hätte dich darauf ansprechen sollen.“ Sie ging hinaus.
Am nächsten Morgen wurde ich sanft geweckt. Alyssa gab mir ihre Brust und wickelte mich anschließend. Ich war jetzt seit über einen Monat kein einziges Mal mehr auf Klo gewesen! Ich konnte mir ein Leben ohne Stillen und gewickelt zu werden gar nicht mehr vorstellen! Wir frühstückten und holten dann meine Eltern und meine Großmutter ab. Heute sollte die Enterprise bei der Erde ankommen. Wir begaben uns ins Zehn Vorne und blickten aus dem Fenster. Und dann – etwa eine Viertelstunde, nachdem wir uns gesetzt hatten, verlangsamte die Enterprise ihre Warp-Geschwindigkeit, um schließlich auf Impulsgeschwindigkeit zu drosseln und meine Familie und ich sahen etwas, das wir bisher nur aus Bildern in Büchern oder im Fernsehen gesehen hatten: die Erde. Majestätisch hing sie vor uns im Vakuum des Alls, beschienen von der Sonne. Die Enterprise dockte ans Trockendock an. Ich sah meine Familie an, meine Mutter, meinen Vater und meine Großmutter. Endlich! Wir waren zu Hause. Und von dem Moment an wusste ich: meine Familie würde diese Erde, die des 24. Jahrhunderts auch ihr Zuhause nennen…
Anmerkung: Puh, das hat gedauert. Ich habe noch immer wenig Zeit, um zu schreiben, viel zu tun. Im nächsten Kapitel werden Alex und seine Familie die Erde des 24. Jahrhunderts kennenlernen und Alex und Alyssa wollen ihre Weltreise starten. Soll Alex‘ Familie mitkommen? Welche Orte sollen sie besuchen?
Autor: Bonyu (eingesandt via E-Mail)
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Nein nur alex und alyssa alleine in einem oldtimer (aus unseree gegenwart) z.B. einen mustang 1969 oder so
Die Mutter kommt ein wenig mit und muss alex einmal aus einen Notfall heraus wickeln und sie redet mit ihm über früher
Nette Idee, danke 🙂 , mal sehen, was kommt…
Ein Update: ich weiß nicht, wann und ob ich weiterschreibe. Ich hatte so viel zu tun, da hatte ich wenig Zeit und darüber hinaus nicht viel Movitation. Ich habe mich anderen Dingen zugewandt (Ich bin gerade dabei, ein Fanfiction zu schreiben).
Daher die Frage: wollt ihr, verherte Leser, dass diese Geschichte weitergeführt werden soll? Ich hatte ein weiteres kapitel bereits angefangen, aber keine guten Ideen mehr.
Bitte gebt mir eure Meinung! 🙂
Mit Abstand die beste Geschichte hier.
Meiner Meinung nach..
Würde mich über ne Fortsetzung freuen.
Oh, danke! 😀 Ich bin mir noch nicht sicher. Mal sehen, ob ich weiterschreibe… 🙂