Zweite Chance (1) – Kapitel 18
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Kapitel 18 – Antworten
„Ich nehme an, sie kennen das CERN, das internationale Kernforschungszentrum auf schweizer Gebiet“, fragt Ismael in die Runde und erntet Nicken bei den anwesenden Personen: „Ok, dann kennen sie vermutlich auch den LHC, den Large Hadron Collider, den Teilchenbeschleuniger des Cerns. Dieser wird seit seiner Eröffnung am Zehnten September 2008 vorrangig dazu genutzt, unbekannte Elementarteilchen zu finden. Was die wenigsten wissen, ist aber, dass der LHC seit dem 15. Februar 2012 eine zweite Aufgabe hat. Nämlich die, ein unerklärliches Phänomen welches den Ansichten der modernen Physik widerspricht zu untersuchen und den Zerfall unseres Universums wenn man denn so will, zu beobachten.“ Ismael baut sichtbar Spannung bei seinen Gästen auf und auch mein Herz beginnt zu klopfen. Meine Windel und der Körper in dem ich bin, drängen sich in den Hinterkopf und ich lehne mich leicht nach vorne und verfolge den Vortrag gespannt. Ismael schaltet durch seine Folien bis ein rotierendes Proton-Elektron-Modell ganz nach Vorbild des Atomiums in Brüssel die Leinwand einnimmt.
„Was sie hier sehen, ist eines der Atome, welche die Köpfe am Cern seit diesem Tag so stark beschäftigen, dass sie ihrer eigentlichen Aufgabe, das Higgs-Boson Experimentell nachzuweisen, nur noch nebenbei nachkommen konnten. Nach jedem Beschleunigungsvorgang, kurz nachdem das Magnetfeld heruntergefahren wurde, also kurz nachdem eine Immense Energie frei wurde, registrierten alle Detektoren im LHC-Ring plötzlich eine Massive Anzahl dieser Atome. Oxygen, landläufig auch Sauerstoff genannt, Stickstoff, Kohlenstoff und Bestandteile des Erdbodens. Eigentlich nichts Besonderes in einem Tunnel unter der Erde, verwunderlich aber, da im LHC-Ring ein extrem reines Vakuum herrscht und diese Elemente deshalb dort nie vorkommen dürften. Zuerst dachten die Forscher dort an ein Leck im Teilchenbeschleuniger, der Fakt, dass dieses Luftgemisch aber nur in die Detektoren gelangt, nachdem das Magnetfeld hoch- und anschließend wieder heruntergefahren wurde, brachte die Forscher aber bald auf eine völlig andere Spur. Wirklich interessant wurde es nun vor kurzem, als erneut nach einem Versuch das Magnetfeld heruntergefahren wurde und anschließend nur einer der Detektoren, ATLAS, kein normales Tunnel-Luftgemisch registrierte, sondern stattdessen Titaniumatome. Den Grund für dieses weitere, unerklärliche Phänomen haben wir nun in den letzten Tagen gefunden“, referiert Ismael an der mit hellem Holz ausgekleideten Front des Saals. Nach einer Kunstpause schaltet er weiter und ein Zeitstrahl drängt sich in den Vordergrund der Leinwand:
„Exakt sechs Jahre, 36 Wochen und zwei Tage vor diesem Experiment, als der LHC sich noch im Bau befand, wurden die Titan-Magnete welche für das Beschleunigen der Teilchen im Teilchenbeschleuniger verantwortlich sind, durch den Tunnel zu ihrem Bestimmungsort gefahren. Der Fakt, dass Spuren eines Magneten, welcher vor sieben Jahren am selben Ort war, in Verbindung mit dem Fakt, dass der Energieerhaltungssatz für eben diese Teilchen nicht gültig ist, ich erspare ihnen jetzt mal die Details, führt uns zu dem unvermeidbaren Entschluss, dass wir durch diesen Teilchenbeschleuniger in ein Paralleluniversum blicken können, genauer gesagt, dass durch die extrem hohe Magnetfeldänderung und der entsprechenden extrem hohen freiwerdenden Energie Millionen kleiner Wurmlöcher in ein zeitlich um sieben Jahre nach hinten verschobenes Paralleluniversum entstehen, durch welche einzelne Atome in unser Universum gelangen.“
Ich starre mit offenem Mund auf die Leinwand und auch die meisten anderen Gäste tun es mir gleich. Kai bleibt gelassener, immerhin hat er sich die letzten drei Tage schon ausgiebig mit dem Thema befasst. Beiläufig trinke ich das Mineralwasserglas auf meinem Tisch aus, mit offenem Mund starren weckt doch einen gewissen Durstimpuls in mir.
„Diese Auffälligkeit wurde wie gesagt, out of nowere, urplötzlich seit Februar 2012 beobachtet. Seit dem 26. April 2014 hingegen, wurde ein dramatischer Rückgang dieser Auffälligkeiten gemessen. Hinter mir sehen sie die exakten Zahlenwerte grafisch Dargstellt. Sichtbar ist, dass seit diesem Tag bei jedem Versuch die Anzahl der anschließend registrieren Teilchen um zwei Milliarden Prozent gesunken ist. Wir haben eine Verbindung zum zeitgleichen Auftauchen von G-2 in unserem Universum nachgewiesen“, erklärt Ismael nun, während ein Foto von Felix auf der Leinwand auftaucht, mit dem weißen Tshirt mit den roten Ärmeln, auf der Flugzeugsitzbank gestern Abend, kurz nachdem wir vom Einkaufen zurückkamen. Über Felix schwebt in schwarzen Buchstaben die Abkürzung „G-2“. Daneben bin ich zu sehen, wie ich grade meinen Blick auf mein Smartphone richte. Als Überschrift hat man mir, wie es ja auch irgendwie Sinn macht, dementsprechend G-1 verpasst. Juchu, ich bin Nummer eins!
Kurz darauf ist das schöne Foto von mir und Felix auch schon wieder einem Foto von etwas, was aussieht wie ein besonders runder Bergwerksstollen. „Sicherlich werden sie sich nun nach der Ursache für diese Wurmlöcher, für das, was wir „löchrige Universen“ nennen, fragen. Diese Ursache konnten wir ebenfalls Bestimmen.“
„Was sie hier sehen, nennt sich ‚UNK proton accelerator‘. Ein Teilchenbeschleuniger, geplant noch in der ehemaligen Sovietunion und gebaut ab 1996. Mittlerweile wurde er allerdings offiziell aufgegeben unter dem Vorwand der nicht gesicherten Finanzierung. Die Wahrheit ist, dass Geosattelitendaten welche wir von der NSA zur Verfügung gestellt bekommen haben, belegen, dass am Standort von exakt diesem ehemaligen Teilchenbeschleuniger am 15. Feburar 2012 eine extreme magnetische Aktivität zu messen war. An dem Tag, als unter anderem im Cern alle Anomalien anfingen.“
Erneut ändert sich der Inhalt der Präsentation und der Projektor präsentiert uns eine Art Kurzusammenfassung. Anomalien im Cern, Unausgeglichene Universen, Unerzwungene Universenreise. Bevor ich es schaffe, mir alle Punkte durchzulesen ist die Auflistung allerdings schon wieder weg und weicht erneut dem 1408-Logo: „Nun, meine Damen und Herren, bereiten sie sich vor auf eine Neuauflage des Sputnik-Shocks, denn was ich ihnen jetzt gleich sagen werde, wird die Verteidigungspolitik der nächsten Jahre gewaltig umkrempeln.“
Erneut werden wir mit einer Kunstpause beglückt, Ismael trinkt aus seinem Wasserglas, dreht sich zu seinem Publikum und fährt in einem energischen Tonfall fort: „Die Russen haben an diesem Tag Ausrüstung und Personal mit einem Gesamtgewicht von etwa 600 Kilogramm in der Zeit zurück geschickt.“ Mit der Beendigung dieses Satzes bricht ein reges Gespräch zwischen den einzelnen Zuhörern aus und auch Kai ist sichtlich verwundert. Auch an Ismael geht diese nun einsetzende, nur verständliche unruhe allerdings nicht vorbei: „So, und ich denke, das ist jetzt vielleicht ein guter Moment, die erste Pause einzulegen, gleich werden sie dann über die strategische Relevanz dieser Neuentdeckung durch meinen Kollegen vom BND aufgeklärt.“
Kai fängt an, sich zu erheben, alle anderen haben Ismaels Worte scheinbar gar nicht wahrgenommen und diskutieren weiter aufgeregt über das eben gesagte. Nicht mal mich nimmt irgendwer war und vielleicht ist das auch besser so. Auch ich stehe auf, bemerke, wie die eben von mir erneut gefüllte Pampers zwischen meinen Beinen herunterhängt und folge Kai aus dem Präsentationraum heraus: „Wow“, bringe ich nur hervor.
„Ja, das kannst du laut sagen. Die Russen warens! Das ist mal eine Version, die der ERCA und allen angeschlossenen NATO-Institutionen wohl gefallen dürfte und auch die gute Ursula dazu ermutigen dürfte, künftig ein paar Geldmittel mehr freizugeben. Das wird noch interessant werden. Aber was erstmal jetzt wichtiger ist“, leitet Kai gekonnt über: „Ist, das wir dich wieder in deinen eigentlichen Körper zurückbringen, auch wenn dir dieser scheinbar recht gut gefällt. Ich denke, Felix wird ihn sonst vermissen. Und generell, für deinen Geist ist das echt besser, wenn er aus seinem normalen Körper aus agiert.“
„Macht das einen Unterschied?“, frage ich verwundert, und folge Kai durch den Gangwirrwarr wieder in die Halle und schließlich in einen räumlich durch Trennwände abgegrenzten Bereich recht weit in der Mitte.
„Ja, sogar einen ziemlich großen. Aber naja, ich glaube, die haben jetzt genug Informationen, von daher können wir dich nach einem kurzen Checkup wieder Schlafenlegen“, antwortet mir Kai während ich mich auf eine bereitliegende Liege setzte: „Und jetzt?“
„Ja, ähm. Hier, Dings. Katarina! Mach du mal!“, antwortet Kai mir unschlüssig während eine recht junge Frau in den Raum tritt. Ohne viele Worte bekomme ich ein Blutdruckmessgerät an den Arm geklebt, werde erneut mit einer Lampe angeleuchtet und bekomme ein paar Fragen gestellt.
„Soo, das wird jetzt vielleicht etwas kalt“, werde ich vorgewarnt und ehe ich mich versehe, wird mein Tshirt hochgehoben und ein wirklich wahnsinnig kaltes Stethoskop an meine Brust gedrückt: „Uaaah!“, weiß ich daraufhin nur zu antworten und zucke leicht zurück. Leicht unangenehm ist mir schon wo mir grade bewusst wird, dass Katarina die oberen Enden meiner Windel jetzt wohl unmöglich übersehen kann, ehe ich mich irgendwie wehren kann und auch bevor ich irgendeine Reaktion in ihrem Gesicht sehen kann: „Alles in Ordnung.“, sagt sie, zieht mein Tshirt wieder runter und nimmt das Stethoskop aus ihren Ohren. „Ok, dann nehmen wir dich jetzt mal mit und lassen dich mal schnell um 7 Jahre altern!“, klopft mir Kai auf den Rücken während er mich wieder zu meinem richtigen Körper führt. Felixs Kinderkörper, in welchem ich die letzten Stunde verbrachte gefällt mir ja fast besser als die fast-erwachsene Variante, aber andererseits kann ich es kaum erwarten, Felix wiederzutreffen. Zu ihm passt sein Körper auch irgendwie besser und merkwürdig ist der Gedanke ja auch, dass ich grade irgendwie im Körper von jemand anderem Stecke. Andererseits fühle ich mich nicht so, als wäre ich hier als Elfjähriger falsch, irgendwie wirkt das ganze Merkwürdig normal. Wie läuft das eigentlich? Wenn ich doch jetzt hier in meinem Körper von vor fast sieben Jahren stecke, beeinflusst mich dieser Körper nicht? Die ganzen Hormone und … äh, was das halt sonst noch so da ist was den Geist steuert so dass er das macht was der Körper braucht rumfliegt, beeinflussen die mich nicht? Mit dem Anfang der Pubertät und so, da ändert sich ja da doch ziemlich viel, was auch die Denkweise beeinflusst, oder nicht? Denke ich jetzt anders? Bin ich jetzt deswegen verspielter? Lasse ich mich leichter ablenken und gerate in Gedankengänge die mich von der Realität ablenken, wie früher? Aber Moment, mache ich nicht grade genau das?
Während ich mich selbst aus meinen Gedanken wecke kommt Kai mitsamt mir vor einer weißen Metalltüre zum Stehen: „Und jetzt?“, frage ich. „Ja, ich hoffe mal, die machen uns gleich auf. Vermutlich bereiten die da drin noch was vor …“, antwortet mir Kai, und ich beginne zu verstehen, dass hinter dieser dünnen Metalltüre mein eigentlicher Körper auf mich wartet. Mitsamt meinem Gehirn. Oh Mann, je mehr ich darüber nachdenke, desto merkwürdiger wird das Ganze. Träume ich das alles nur? Aber ne, dass ich das alles Träume, das hab ich ja heute Nacht schon gedacht, und grade das war kein Traum.
„Irgendwie passiert nix“, stelle ich erneut fest und stecke meine Hände in meine Taschen. „Das ist korrekt“, stellt Kai fest, dreht sich schwungvoll auf seinen Absätzen um und öffnet eine Tür links hinter mir. „Leute, das wirkt doch jetzt unprofessionell! Sollen wir erstmal ne Nummer ziehen und warten, oder wie läuft das jetzt?“, fragt er grinsend, als er sich in den dunklen Raum reinlehnt. Unter seinem an der Tür angelehnten linken Arm erhasche ich einen Blick in den Raum, eine Art Kommandozentrale nach NASA-Vorbild, nur eben in klein. Vier Rechnerarbeitsplätze mit mehreren Monitoren welche alle in Richtung einer Videoleinwand gelehnt sind, auf welcher sich verschiedenste Infografiken und Bilder der Überwachungskameras befinden.
„Ja, Sorry, uns ist eben die Sicherung durchgebrannt und jetzt müssen wir erstmal ein neues Kabel hier runterlegen was wir dann direkt mit 480 speisen. Eigentlich müsste Herbert aber bald fertig werden“, erklärt uns ein bärtiger jüngerer Mann welcher am hinteren, linken Rechner sitzt: „Aber kommt doch rein so lang, wir haben Kaffee!“
Das lässt sich Kai nicht zwei Mal sagen, löst sich von der Türe und sitzt kurz darauf auch schon auf einem Stuhl neben dem bärtigen Mann. Da sich aber kein weiterer Stuhl finden ließ, sitze ich nun auf der Tischkante gegenüber, was mich erfreulicherweise auf die Augenhöhe meiner Gesprächspartner bringt. Kaffee trinken darf ich allerdings trotzdem nicht: „Nix da! Du musst doch gleich einschlafen können und mal ganz davon abgesehen, dein Körper ist elf, Kaffee ist ja wohl für den nicht grade das Beste. Und vergiss nicht, die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge eines Kindes sind viel empfindlicher als die eines Erwachsenen, der Kaffee würde dir vermutlich nicht einmal schmecken.“
Frustriert verschränke ich meine Arme und drehe meinen Kopf nach rechts zur Videoleinwand, wo mir alsbald das Überwachungskamerabild von mir selbst, also von meinem richtigen Körper, also von mir ins Auge fällt: „Ich hab mich bewegt! Wache ich auf?“, erschrecke ich auf einmal, als ich ein Zucken auf dem Monitor bemerke.
„Nein, bestimmt nicht. Der menschliche Körper bewegt sich aber halt eben beim Schlaf, nichts anderes machst du ja jetzt körperlich.“
„Wie funktioniert das eigentlich, dass ich mit meinem Gehirn da liege und schlafe, währenddessen aber hier rumstolziere?“, frage ich als anschließend interessiert den bärtigen Mann am Schreibtisch. Scheinbar hat er aber eine Antwort: „Puuuuh. Also, dein Körper da, der schläft …“
Weit kommt er damit aber nicht, denn schon nach ein paar Wörtern wird er durch eine synthetische Stimmung im Hintergrund unterbrochen: „Warnung! Warnung! Warnung!“
Missmutig dreht er sich mit dem Bürostuhl um und ist grade dabei „Was ist denn jetzt schon wieder mit diesem verdammten Kabel?“, zu murmeln, als ihm plötzlich seine Gesichtszüge entgleisen: „Scheiße!“ Die anderen in der Abteilung starren plötzlich ebenfalls auf ihre Rechner und schon nach ein paar Sekunden ändert sich die Stimme und wiederholt nun ständig das Wort „Alarm!“.
„Was ist los?“, frage ich verwirrt während ich es mit der Angst zu tun bekomme und erhalte keine Antwort. Ein Blick zum Monitor erübrigt meine Frage dann allerdings, denn dort sehe ich mich, und zwar mich, wie ich mir grade die Augen reibe und dabei bin, aus meinem Bett aufzustehen. Nicht lange allerdings, denn kurz darauf werden mir meine Augen zugehalten. Hey! Was geschieht hier? „Eeeeeey“, schreit meine hohe Kinderstimme erbost und ich merke, wie mein Herz anfängt hektisch zu schlagen. Hier stimmt was nicht!
Kurz darauf finde ich mich in einem neutralen Arbeitsraum ganz in der Nähe des kleinen Kontrollzentrums wieder. Bücherregale mit Akten, ein paar Schreibtische. Menschenleer abgesehen von mir und Kai, allerdings tönt auch hier aus dem Lautsprecher der „Alarm!“- Ruf.
„Was soll das?“, frage ich immer noch erbost, während Kai mich loslässt. Er legt eine Hand auf meine Schulter, so wie ich das neulich auch bei Felix gemacht habe: „Sorry, aber wir dachten uns dass es besser ist, wenn du jetzt nicht im Kontrollraum siehst, wie dein Körper auf einmal umherläuft.“
Da hat er vielleicht recht, denke ich: „Hmmm … aber was … wie?“, versuche ich zu fragen, ringe aber mit den Worten. Merkwürdig, ich dachte, ich wäre in jeder Situation wortgewandt und gefasst, aber grade widerlege ich mich scheinbar selbst. Kurz hole ich Luft: „Wer ist da grade aufgewacht? Ich? Ja irgendwie nicht, oder? Weil ich bin ja hier, oder?“, frage ich. Kais Antwort kommt nur zögerlich: „Weißt du, das ist kompliziert … Naja, kommt auf die Definition an. Eigentlich ist das ja ganz einfach, du bist du und der andere ist auch du.“
„Komm zur Sache!“, antworte ich ihm mit verschränkten Armen. Irgendwie denke ich, ich sollte höflicher zu Kai sein, aber ganz automatisch bin ich nun ein bisschen wütend geworden.
„Um genau zu sein, wenn du den da drüben fragen würdest, würde er dir vermutlich antworten, dass er Felix wäre. Recht hätte er damit aber nur teilweise. Es ist zwar offensichtlich Felix der in diesem Fall das Handlungszepter innehat, aber trotzdem ist es nicht komplett Felix. Denn das Ganze ist eigentlich dein Körper und dementsprechend ist auch dein Gehirn da drin. Um das ganze kurz zu machen, vereinfache ich das mal. Also, Felix ist dann zwar der, der grade deinen Körper steuert, wenn man Felix eine Frage stellt, wird er sie aber nicht nur mit seinem, sondern auch mit deinem Wissensschatz beantworten ohne dabei etwas davon zu merken. Und auch deine Gefühle beeinflussen ihn dann.“
„Das ist ja krass!“, stelle ich erstaunt fest, während im Hintergrund immer noch die Lautsprecherdurchsage läuft und von außerhalb des Raumes Hektik zu vernehmen ist: „Aber … Sekunde mal!“, rufe ich plötzlich aus. Wenn ich so über das eben von Kai Gesagte nachdenke und darüber, wie ich mich so fühle und wie ich mich wohl objektiv gesehen benommen habe seitdem ich in meinem kleinen Körper stecke, drängt sich mir deutlich eine Frage auf: „Aber halt! Ist das bei mir genauso?“
Kai zögert sichtbar mit seiner Antwort: „Ja …“, bevor er aber weiteres sagen kann, wird die Tür zu dem kleinen Raum ruckartig aufgerissen und Ismael tritt herein: „Wir stecken beide in die Isolationstanks und versuchen da dann, wieder eine normale Bewusstseinskurve zu erreiche!“
„Huch, was?“, frage ich verwirrt, bekomme aber wenig Gelegenheit zum Nachdenken und finde mich in den nächsten Minuten damit beschäftigt, einem Tross von Forschern durch den Keller unter der Halle zu folgen. Türen werden aufgeschoben, hinter und vor mir werden Rolltische mit verschiedensten Geräten geschoben und irgendwann kommen wir in einer nicht kleinen Halle mit leeren Tischen, zwei großen grünen Tanks und summenden Neonröhren an. Ein Schauer läuft meinen Rücken runter und ich fühle mich recht unwohl, vermutlich ist es, wie Kai eben erklärt hat, ich werde in meinen Empfindungen von meinem jüngeren selbst Gefühlsmäßig beeinflusst. Oder ich fühle mich einfach verdammt nochmal unwohl weil gleich Gott wer weiß was mit mir angestellt wird, ich natürlich Sorge um Felix habe und mir so langsam wirklich wünsche, dass alles wieder so wird, wie gestern Abend. Ich in meinem eigenen verdammten Körper und Felix ebenfalls. „So, du wirst jetzt gleich bitte in den linken grünen Tank steigen. Dieser ist etwa zu einem Drittel mit warmem, salzhaltigem Wasser gefüllt. Da legst du dich gleich einfach rein, das Wasser wird dich oben halten. Alle weiteren Anweisungen erhälst du dann von mir wenn du im Tank bist. Einverstanden?“, weißt mich Ismael ein. „In einen dunklen Tank steigen, muss das sein?“, frage ich. Wohl fühle ich mich dabei ja nicht grade, aber hey, bin ich nicht der furchtlose, rationale. Ich schlucke hörbar: „Ne, kein Problem.“ Eigentlich ist das schon ein Problem, aber hey, ich bin doch groß und stark. Oder bin ich das eben nicht? Ne, doch, ich bin groß und stark geworden, aus reiner Notwendigkeit. Auch wenn ich jetzt grade nicht sonderlich groß oder stark wirke, zumindest nicht körperlich.
„Wunderbar! Ok, dann kannst du dir schon mal diese Badehose anziehen, wenn du mit deiner Kleidung da rein steigen würdest, wäre das vielleicht ein wenig ungünstig, das nasse Salzwasser geht sehr schwer aus irgendwas raus.“ Ach, ich bin doch eh schon nass, was weiß der denn überhaupt? Naja, Spaß bei Seite. Kurz darauf sitze ich auch schon in einem leeren, kleinen, alten Büroraum und habe eine Badehose Größe XS in der Hand. Schnell streife ich mir das Tshirt über den Kopf, und sehe auf einmal zum ersten Mal selbst die oberen Ränder meiner Pampers oben aus meiner Hose stehen. Recht weit hoch reichen sie, fast so weit wie meine Finger, hinten vielleicht noch weiter. Ich drücke meine Beine zusammen, schließe meine Augen und genieße ein letztes Mal das Gefühl einer richtigen Pampers an meiner Haut. Der warme, aufgequollene Saugkörper drückt sich an meine kleinen Oberschenkel und der Superabsorber drückt sich nach vorne in meinen Schritt sowie nach hinten in Richtung Po. Ich friemele den Knopf meiner Jeans auf, ziehe mir auch diese langsam aus und sehe zum ersten Mal richtig meine Windel. Groß ist sie, so groß wie meine Erwachsenenwindeln. Schön bunt, aber bereits mit einem sichtbaren Gelbstich weiter unten. Ich greife mir vorne an die Windel, ziehe sie etwas nach vorne und begutachte sie genau. Dick ist sie geworden, trotzdem hätte ich sie aber gerne noch viel länger anbehalten, es hätte bestimmt noch viel reingepasst. Ob ich sie anbehalten soll und die Badehose einfach drüber ziehen soll? Naja, wohl keine so gute Idee, die wäre nachher wohl richtig voll. Andererseits, wer auch immer dann nachher aus dem Tank steigt, würde sich wohl bestimmt darüber freuen. Aber nein, das mache ich lieber nicht. Hektisch reiße ich die Klettstreifen der Pampers auf und lasse sie zu Boden fallen. Kurz darauf habe ich die Badehose angezogen und die Pampers zusammengerollt. Oh Mann, wo tu ich die denn jetzt hin?
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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