Zweite Chance (2) – Kapitel 16
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Kapitel 16 – Felix und das Rätsel der verschwundenen Hausaufgaben
Was bisher geschah:
Guten Tag verehrter Leser, mein Name ist Giacomo, meines Zeichens Schüler und seit sieben Tagen zusätzlich großer Bruder eines elfjährigen Jungen namens Felix. Auf den folgenden Seiten haben Sie, werter Leser, die Gelegenheit einzutauchen in ein Abenteuer durch Raum und Zeit. Nehmen sie sich ein Glas Rotwein, nehmen sie Platz im ihrem Lesesessel und machen sie sich bereit für die Reise.
Aber jetzt erstmal genug von dieser Pseudo-Hochgestochenen-Sprache! Bis vor einer Woche war ich Einzelkind, bis ich mich schließlich selbst besuchen kam. Nix mit Schizophrenie oder so, nein, bei meinem Besuch handelt es sich um mich mit 11 Jahren. Geht nicht? Denkste! Geht nicht gibt’s nicht! Long Story Short: Mein elfjähriges Ich heißt nun Felix und hat, nachdem es zusammen mit mir mehrere Tage von einer mehr oder weniger geheimen Regierungsorganisation namens 1406-Division untersucht wurde, eine Identität im hier und jetzt, im Jahre 2014 bekommen. Nachdem die Osterferien vorbei waren, wurde der kleine Felix auf dieselbe Schule wie auch schon im Jahre 2007 eingeschult und ist nun dabei, sich dort einzufinden, was ihm erstaunlich gut gelingt. Übrigens teilt Felix selbstverständlich auch meine Leidenschaft für Windeln und trägt selbige – im Gegensatz zu mir sogar dauerhaft. Wie ich gestern erkennen musste, scheint sich bei ihm sogar ein Faible für Ageplay zu entwickeln. Ja wer hätte das denn gedacht! Kurzum: Es wird spannend.
„Wieviel Uhr ist es?“, nuschelt mein kleiner, sichtlich verschlafener Bruder, während er sich die Augen reibt und noch mehr oder weniger orientierungslos seine Klettschuhe abstreift. Halb Neun, also eigentlich noch nicht zu spät für einen Elfjährigen am Samstag, aber aktuell sieht man Felix an, dass er wirklich ziemlich erschöpft ist. War wohl noch einmal ziemlich viel Action heute. „So, jetzt aber ab auf den Wickeltisch“, dirigiere ich Lexi ins Badezimmer und warte darauf, dass sich ebenjener auf den dezent über der Badewanne angebrachten, ausklappbaren Wickeltisch legt, welcher in zugeklappter Stellung eine Prima Duschwand abgibt. Mit einem sicherlich noch in anderen Bundesländern vernehmbaren Schmatzen der völlig überfüllten Pampers lässt sich Felix auf den Wickeltisch fallen, und stellt alsbald selbst fest, dass seine Windel ihrer Funktion nicht mehr nachgeht: „Ey die ist ja ausgelaufen!“, lautet seine beleidigte Reaktion darauf. In seiner Stimme schwingen Enttäuschung und Schuldabweisung mit. Felix ist der Meinung, dass es nicht seine Schuld ist, dass seine Pampers wohl mehr abbekommen hat, als sie vertragen konnte und auch wenn sich darüber sicherlich streiten ließe, sehe ich das im Grunde genommen ganz genauso wie er: „Ist nicht schlimm, kleiner!“, beschwichtige ich die frühere Ausgabe meiner selbst, während ich die am Po nassgewordene Cargohose ebenjener aufknöpfe und behutsam nach unten ziehe. Die Pampers darunter ist wie üblich stark aufgeplustert und auch das grelle weiß ist einem dezenten, die ganze Wiudel gleichmäßig bedeckenden hellgelb gewichen. Während ich Felix Hose ohne Zwischenstation direkt in die Waschmaschinentrommel werfe, wird auch dieser langsam wieder munterer: „Wann ist das passiert? Hä? War das noch bei Robin? Bei Fabi?“
„Keine Angst“, beschwichtige ich abermals: „Du bist auf dem Rückweg von Fabi im Auto von Thomas eingeschlafen. Und während du geschlafen hast, ging wohl noch ziemlich viel in deine Pampi und das hat die nicht mehr ganz mitgemacht“, kläre ich Felix über die letzten Ereignisse auf. Dass Thomas davon gar nicht erfreut war, lasse ich allerdings weg. So ein lästiges Detail sollte für Felix nicht wichtig sein.
„Ich hab also ins Bett gemacht?“, kombiniert dieser daraufhin sowohl erstaunt als auch schockiert.
„Naja, technisch gesehen warst du nicht im Bett sondern saßt auf einem Autositz“, witzele ich während ich die schwere Pampers unter Lexi hervorziehe und zusammenfalte: „Aber joa, wenn du damit meinst, dass du in die Windel gepinkelt hast, während du geschlafen hast, dann hast du damit recht“, füge ich hinzu während ich den Windelbereich mit Feuchttüchern abtrockne und anschließend großzügig eincreme.
„Oha!“, stellt Felix schockiert fest und wird langsam wirklich wieder munter.
„War vielleicht, weil du so erschöpft warst“, beschwichtige ich Felix: „Ich weiß doch, dass du dann ab und zu noch ins Bett machst“, stichele ich weiter, während ich eine neue Pampers aus dem Windelstapel neben der Waschmaschine herausfrimele und Felix anlege: „Was für ein Glück, dass du sowieso gewickelt wirst, ansonsten müssten wir ja Sorge davor haben, dass das öfters passieren könnte!“, stelle ich fest und mache mich schnell auf den Weg in das Kinderzimmer meines elfjährigen Bruders um seinen Schlafanzug zu holen und nicht viel später hat Lexi seine nasse und schmutzige Hose gegen einen bequemen und flauschigen Schlafanzug getauscht. Zielstrebig begibt sich der Dreikäsehoch anschließend in Richtung Wohnzimmer. Samstag Abend, Fernsehzeit! Gibt es eigentlich diese Samstag-Abend-Familienshows noch? Ich hoffe nicht. Andererseits hätte Felix vielleicht Freude daran.
Das wenig später auf unserem kleinen Flachbildschirm auftauchende Gesicht von Kai Pflaume erübrigt meine Frage schließlich. „Klein gegen Groß“, eine bemerkenswert zu der Situation von mir und Felix passende Spieleshow, in welcher irgendwelche Prominenten gegen Kinder eintreten (antreten?), die eine bestimmte Sache besonders gut können. Baggerfahren zum Beispiel. Eigentlich nicht ganz das richtige für einen vor Selbstironie nur so strotzenden Teenager wie mich und auch meine Mutter hätte vermutlich lieber die Arte-Doku über die Adlerjäger der Mongolei weitergeschaut, aber der Elfjährige der sich neben mir bäuchlings auf Sofa gelegt hat und gebannt mit glänzenden Augen die zugegebenermaßen nicht schlecht gemachte Gameshow außerordentlich verfolgt. Normalerweise säße ich jetzt wohl vor dem Computer, würde vielleicht eine Folge Navy-CIS schauen und währenddessen mit Leuten chatten oder Wikipediaartikel lesen, während meine Mutter ihre Adlerjägerdoku schauen würde. Stattdessen sitzen wir alle zusammen im Wohnzimmer und fiebern, mehr oder weniger intensiv, mit den gegen die Prominenten antretenden Kinder mit. Viel erstaunlicher ist aber, was währenddessen in unserem Wohnzimmer geschieht. Es kommt ein Familiengefühl auf. Während der kleine Felix gebannt verfolgt, ob der zwölfjährige Marvin besser mit einem Bagger umgehen kann als dieser komische Fußballer und meine Mutter mittlerweile ihre BUND-Mitgliederzeitschrift zugeklappt hat, habe auch ich mein Handy irgendwo auf dem Wohnzimmertisch abgelegt und gebe mich der Magie eines Familien-Fernsehabends hin. Nicht, dass es das erste Mal wäre, dass Felix, Mama und Ich gemeinsam fernsehen würden oder dass das ganze überhaupt sonderlich zum bildungsbürgerlichen Anspruch meiner Mutter passen würde, aber zum ersten Mal fühlt sich das diesmal nicht wie eine Ausnahme an, sondern wie Routine. Wie eine richtige Familie. Kennt ihr das, wenn ihr Zuhause, einem Gespräch zuhört? Ich nicht unbedingt. Wenn da nur zwei Leute sind, gibt es niemanden zum Zuhören. So aber bildet sich ein fluktuierendes Gespräch zwischen zwei Sofas und drei Personen, thematisch jeweils zur Hälfte mit Bezug zur Sendung und zur Hälfte über die letzte und die nächste Woche. Und dieses Gespräch, zusammen mit der wohnlichen Atmosphäre, dem gemütlichen Kerzenlicht aus den Teelichtern die meine Mutter wie immer auf dem Couchtisch deponiert hat, lässt ein familiäres Gefühl in mir aufkommen, was ich wirklich lange nicht mehr gefühlt habe.
Am Montag hat Felix nur vier Stunden und geht danach mit zu Fabian, wohingegen ich mich mit Marcel bei Tim treffe um eine neue Kamera auszuprobieren. Dienstags müssten laut DHL-Tracking Felix Bodies und die Active-Fit-Pampers ankommen, sodass er in der Schule künftig nicht mehr umständlich Drynites wechseln werden muss. Und auch am Dienstag ist Felix schon verabredet, und zwar mit einem Sechstklässler namens Robin, dessen Eltern allem Anschein nach einen Bauernhof in Schweinfurt ihr eigen nennen. Ob der schon von Felix Windeln weiß? Ein Gedanke, der mir Bauchschmerzen bereitet, Felix hingegen scheinbar ganz und gar nicht, aber das kann sicherlich auch daran liegen, dass er sich darüber noch überhaupt keine Gedanken gemacht hat. Notiz an mich: Da mal nachhaken. Meine Mutter hingegen scheint erfreut zu sein, dass Felix in der kurzen Zeit, in der er jetzt schon in diesem Jahrzehnt verweilt, schon mehrere Freunde gefunden hat. Und da hat sie Recht: „Ja! Robin ist auch voll cool! Aber ein bisschen anders als Fabi. Robin kann gut Sachen entscheiden und so, dafür ist Fabi echt witzig. Und Robin kann auch gut vernünftig sein“, präzisiert Felix.
„Ein vernünftiger Zwölfjähriger?“, hake ich skeptisch nach: „Sicher, dass der nicht auch nen Körpertausch mit irgendwem gemacht hat? Wir sollten beim Forschungszentrum nachfragen!“, witzele ich und sorge damit für allgemeines Gelächter, aber auch leichte Empörung bei Lexi: „Nein wirklich! Zum Beispiel schickt er Fabian aufs Klo, wenn der mal wieder nicht gehen will!“, bringt Felix als Beispiel: „Und als ich gestern gegen die Tür gelaufen bin in der Pause hat der sich doch auch voll gut um mich gekümmert!“
„Ist ja schön, dass du so tolle Freunde hast“, wiederholt sich meine Mutter inhaltlich, während ich Felix ein halbgenervtes „Ist ja gut, kleiner“, antworte und selbigem durch seine dichten, braunen Haare wuschele: „Ist echt cool!“, stimme aber auch ich zu: „Hätte echt nicht gedacht, dass das so schnell geht!“
Noch etwa eine Stunde dauert es, bis Felix schließlich wieder auf dem Sofa einschläft und der Tag, der mit einem gemeinsamen Frühstück begann, auch mit einer Art Familienabend endete. Fettes Brot sagt ja, drei ist ne Party, aber drei ist auch eine Familie.
„Komm schon! Unser Bus kommt in zehn Minuten!“, weise ich den ziemlich verschlafenen, und ebenso trödelnden Giacomo darauf hin, dass wir uns langsam wirklich auf den Weg zum Bus machen sollten. Immerhin stehe ich schon seit mindestens zwei Minuten im Flur, habe meine Jacke an und bereits den Schulranzen aufgesattelt und warte darauf, dass Giacomo endlich seine Kopfhörer findet.
Aufgeregt lehne ich neben der Wohnungstür und beobachte den Zeiger der Uhr direkt gegenüber. Sechs Uhr Sechsundfünfzig. Sechs Uhr Sechsundfünfzig und zehn Sekunden! Und da soll noch einmal einer sagen, ich trödele rum. So wie gestern, einen ganzen Tag vertrödelt. Giacomo war beim Suchen nach irgendeinem Krimskrams im Keller auf Harry Potter und der Halbblutprinz gestoßen. Der Sechste Teil der Reihe – und der erste, den ich noch nicht gelesen hatte. Damit war mein Plan für den Sonntag gesetzt. Den ganzen Tag hatte ich im Hochbett verbracht und das Buch fast zu zwei Dritteln durchgelesen. Erst Bäuchlings auf der Matratze liegend mit dem Kissen unterm Bauch und als meine Pampers irgendwann vorne zu voll war, im Schneidersitz unter der Bettdecke, ausgestattet mit einer leckeren kleinen Packung Leibnitzkekse und leckerem Früchtetee, genau das richtige, für einen Sonntag, der entgegen seines Namens ebenso verregnet war wie der Samstag davor. Irgendwann brachte mir Giacomo auch noch den siebten Band von Harry Potter vorbei, kletterte die Leiter zu meiner Lesehöhle hoch und stellte fest, dass ich es dort oben verdammt gemütlich habe. Ist auch so. Meine vollkommen nasse Windel fiel ihm hingegen nicht auf. Früchtetee hinterlässt Spuren. Viel Früchtetee hinterlässt viel Spuren und so hatte ich gestern Abend dann mal wieder eine besonders volle Windel an bis Giaco dann irgendwann einmal bemerkte, dass ein Windelwechsel bei mir längst überfällig war. Könnte eigentlich immer so sein, finde ich.
„Ach, da sind sie ja!“ stellt Giacomo fest und greift unter das in seinem Zimmer stehende Gästebett auf welchem ich heute Nacht mal wieder geschlafen hatte. Harry Potter ist eben immer noch relativ gruselig, was dann auch zu dem Schnuller führte, den ich heute Nacht mal wieder benutzen durfte und welcher jetzt noch unter meinem Kissen liegen dürfte.
„Kommst du, Lexi?“, drängelt nun Giacomo während er einigermaßen hektisch die Tür aufreißt: „Jetzt müssen wir aber wirklich los!“ Was? Schnulli! Ehe ich es mich versehe, hat mich Giaco allerdings schon an die Hand genommen und zieht mich nach draußen in Richtung Bushaltestelle. Ist ja gut, du hast ja recht Großer! Eilig laufen wir durch die kühle Morgenluft in Richtung Bushaltestelle und kommen doch noch mehr als rechtzeitig.
„Auch schon da?“, begrüßt mich schließlich ein noch erkennbar verschlafener, lässig an einer Backsteinwand angelehnter Robin nachdem mein Bus mich vor den Toren meiner neuen und alten Schule wieder ausgespuckt hat. Seinen rechten Fuß drückt er gegen die Mauer hinter ihm und beide seine Hände hat er in die Hosentaschen seiner Jeans gesteckt. Ausnahmsweise sind sogar die Schnürsenkel der grauschwarzen Puma-Sneakers gebunden, aber eigentlich kann das nur Zufall sein, wenn ich daran denke, wie oft der Sechstklässler in den letzten Tagen mit offenen Schnürsenkeln umhergelaufen bist
„Mein Bus kommt immer um die Zeit“, stelle ich fest während ich meinen Rucksack, der bis auf die sehr viel bunteren Farben absolut identisch zu Robins Tasche ist, neben dieser ab und stehe erst einmal ziemlich unschlüssig neben dem etwa einen halben Kopf größeren Sechstklässler herum.
„Und, was hast du am Sonntag gemacht?“, fragt Robin schließlich, nachdem er wohl ebenso wie ich nicht wusste, wie wir ein Gespräch beginnen sollen.
„Ich hab Harry Potter und der Halblutprinz gelesen!“, platzt es freudig aus mir heraus: „Also fast! Bin noch nicht ganz durch.“
„Jaaaa, der ist voll cool!“, antwortet Robin daraufhin begeistert: „Den hab ich auch voll gerne gelesen damals! Weißt du schon, wie Harry Potter ausgeht?“
„Ne, keine Ahnung!“, antworte ich. Wirklich nicht: „Bitte erzähls nicht!“, füge ich hinterher: „Oder doch? Erzähls! Nein, ich will es selber erstmal lesen!“
„Ach Felix …“, kichert Robin und piekt mich in meine linke Hüfte: „Entscheid dich mal!“
„Nööööö!“, antworte ich und strecke dem Sechstklässler die Zunge raus: „Ich hab mich entschieden! Erzähls nicht!“
„Ist ja guuut, Kleiner!“, stellt Robin fest: „Voll unfair, als ich vor zwei Jahren Harry Potter gelesen hab, hat mir Leo irgendwann verraten wie es ausgeht weil wir uns gestritten hatten. Voll behindert!“, beklagt er sich: „Aber weißt du welches Buch noch viel cooler ist? Erebos!“
Sicherlich fünf Minuten lang verbringt Robin damit, mit leuchtenden Augen von Fantasy-Büchern die er in letzter Zeit gelesen hat, zu schwärmen. Dabei gestikuliert er wild herum, spricht schneller als sonst, und hat sein cooles Sechstklässlerimage scheinbar ziemlich schnell abgestreift sodass mir grade auch Fabian gegenüberstehen könnte. Also abgesehen davon, dass Robin trotzdem nicht vergisst, aufs Klo zu gehen und so. Appropos aufs Klo gehen. Ja, ich muss so langsam mal. Super Überleitung, ich weiß. Nur ganz leicht mache ich die Beine breit und lasse locker, während Robin grade von Eragon erzählt. Wobei, erzählte. Robin bricht seinen Satz abrupt ab, blickt mir in die Augen und grinst mich an, während es langsam warm vorne in meiner Drynites wird. Offensichtlich hat er direkt bemerkt, was ich grade mache, obwohl das doch eigentlich ziemlich unauffällig aussieht! Dachte ich jedenfalls.
Durchaus beschämt blicke ich schnell auf meine Schuhe und schaue erst wieder hoch als ich kurz darauf fertig mit pullern bin. Robin kann sich ein kichern weiterhin nicht verkneifen und zwinkert mir zusätzlich noch zu. Da muss auch ich lachen, obwohl das grade doch relativ peinlich war.
„Eyyyy!“ ruft Robin trotzdem Sekunden später, als diesmal ich ihm in die Hüfte pieke und er überrascht zusammenfährt: „Wofür war das denn jetzt?“
„Dafür dass du gelacht hast!“, antworte ich, obwohl ich das eigentlich gar nicht schlimm fand. Wobei, doch ein bisschen.
„Oooch Felix“, antwortet Robin daraufhin in seinem typischen Robin-tonfall: „Ist ja guuuhuuuut. Ist doch nicht schlimm.“
Der typische Robin-Tonfall, der irgendwie so klingt, als würde Robin mich in dem Moment nicht ernst nehmen. Aber irgendwie nicht auf eine gemeine, sondern auf eine nette Art und Weise. Ein Tonfall, aus welchem man die nur unwesentlich mehr als zehn Zentimeter Größenunterschied zwischen Robin und mir heraushört.
„Wo war ich stehengeblieben?“, setzt Robin aufgeregt an, um weiter von Eragon zu erzählen. Nicht lange allerdings: „Heeeeey“, ruft ein trotz der frühen Uhrzeit ziemlich aufgeweckter Fabian, während er seinen hellblauen 4You-Schulranzen vor die Taschen von mir und Robin fallen lässt und direkt weiter auf uns zustürmt. Blauschwarze Superfit-Klettschuhe, eine dunkle Jeans und die hellblau-grüne Softshelljacke. So wie Fabian eigentlich jeden Morgen aussieht: „Worum geht’s?“, fragt Fabian neugierig, kurz nachdem er Robin unterbrochen hat.
„Eragon!“, sagt Robin nur.
„Coool!“, stell Fabian daraufhin begeistert fest. Jetzt wird mir von zwei Seiten eingeredet, wie toll Eragon ist. Vielleicht haben die beiden ja Recht, aber irgendwie finde ich Fantasy nicht so cool. Ok, abgesehen von Harry Potter, das ist toll. Glücklicherweise schwenkt unser Gespräch aber recht bald auch schon auf unsere Carrerabahnpläne um. Fabian und Ich wollen die Bahn heute feierlich einweihen, während Robin sehr bedauert, heute stattdessen Lateinnachhilfe zu haben, woraufhin wir Robin sehr bedauern. Nicht lange allerdings, denn irgendwie sind andere Sachen wichtiger. Zum Beispiel das große Tischtennisturnier, welches Fabian und Robin zusammen mit Max und dem anderen Jungen aus Robins Klasse in der Mittagspause veranstalten wollen. Och nö, das hatte ich ja ganz vergessen. Am Mittwoch haben wir alle zwei Wochen neun Stunden Unterricht, mit Mittagspause, voll blöd. Immerhin hat Robin allerdings im selben Zyklus Nachmittagsunterricht, sodass wir immerhin eine Mittagspause zusammen verbringen können. Vielleicht schaffe ich es diesmal auch, nicht gegen eine Türe zu laufen, hihi!
So unterhaltsam wie unsere Vorpause war, so schnell ging sie allerdings auch zu Ende und gleichzeitig mit dem Gong schlug auch schlagartig meine Laune um. Doppelstunde Mathe. Und jetzt ratet mal, was mit meinen Mathehausaufgaben seit Samstag Vormittag passiert ist: Richtig, nichts. Samstag hab ich meine Hausaufgaben komplett vergessen nachdem Fabian gekommen war und Sonntag war nicht mehr die leiseste Erinnerung daran, dass ich noch Hausaufgaben zu erledigen hatte, da. Und nun gehe ich mit dem immer noch Witze machenden, gut gelaunten Fabian in Richtung unseres Klassenraumes während sich meine Laune immer weiter verschlechtert. Verdammt! Dabei war mein Start in dieses Schuljahr so vergleichsweise gut! Neue Freunde gefunden, nette Lehrer und nach nur einem Wochenende scheint alles wieder vorbei zu sein.
Oben vor der Türe unseres Klassenraums vermischt sich das Quietschen der Turnschuhe mit Gebrüll, irgendwie sind alle in Aufregung, ohne das es einen Grund zur Aufregung gäbe. Fabian quasselt mal wieder in einer Tour über irgendwas, während ich ziemlich still in der Ecke rumstehe und Angst davor habe, gleich ohne meine Hausaufgaben erwischt zu werden. Und nicht nur das, das ganze ist mir vor Fabi total peinlich. Fabi scheint ja eher so der Streber zu sein, wie ich früher. Hausaufgaben immer gemacht und immer mit der richtigen Lösung. Solche Kinder finden Kinder wie mich eigentlich ziemlich blöd, welche die die Hausaufgaben vergessen und so. Solche Kinder fand ich jedenfalls früher ziemlich blöd. Deprimierend: „Was ist denn los?“, fragt Fabian schließlich treffsicher.
„Nix“, lüge ich. Dann kommt auch schon Frau Schaf und schließt die Türe auf.
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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Klasse das es nach langer Zeit weiter geht, ich hoffe das es jetzt nicht wieder so eine lange Pause für die tollen Geschichten gibt
Guten Tag, wann wird die Geschichte fortgesetzt?