When 2 become 1 (19)
Windelgeschichten.org präsentiert: When 2 become 1 (19)
Ich schlief in dieser Nacht wie ein Stein. Und Nic erging es exakt genau so. Und auch in den beiden folgenden Nächten änderte sich daran nichts. Obwohl, gemessen an den Maßstäben meines alten Lebens, die Tage im hier und jetzt mehr als entspannt waren, hatte ich das Gefühl, permanent an meiner Leistungsgrenze zu agieren. Und Nic ging es offensichtlich ähnlich. Die Erklärung war einfach: Nic kam an, in seinem neuen Zuhause. Und ich versuchte, ihn seinen Platz in diesem Zuhause finden zu lassen. Das war anstrengend. Für uns beide. Nic erkannte irgendwann am zweiten Tag, dass er sich hier im Haus jederzeit frei bewegen konnte. Das tat ihm spürbar gut. Er war noch weit davon entfernt, das Haus auf den Kopf zu stellen. Ohne mich spielte er ausschließlich in seinem Zimmer, in den anderen Räumen begnügte er sich vorläufig damit, sie in seinem Kopf abzuspeichern, bzw. zu erforschen. Und ich ließ ihn gewähren. Beschränkte mich darauf, ab und zu da zu sein. Ihm Sicherheit zu geben. Zu kochen, zu putzen, seine Windeln zu wechseln und als Konsequenz davon jede Menge Wäsche zu waschen. Denn so gut die Eingewöhnung lief, zwei Baustellen bereiteten mir Kopfzerbrechen: Nic sprach nach wie vor nicht. Kein Ton, kein Mucks. Kein Räuspern. Das war besorgniserregend ungewöhnlich. Je nach Schwere des Traumas war es keine Seltenheit, dass Kinder über einen langen Zeitraum nicht sprachen. Das Problem: Ausgehend von dem Zeitpunkt, als Nic aus dem Koma erwachte, dauerte die Stille jetzt schon mehr als ein Jahr. Üblicherweise versuchten die meisten der Traum-Patienten irgendwann, Kontakt aufzunehmen, zu ihrer Umwelt. Nicht immer verbal. Zumindest aber mit Gesten oder Lauten. Ganz anders Nic: Er war einfach nur still. Der Kontakt mit mir war kein Problem, der funktionierte zur Not über die Augen, ging aber eben nur von mir aus. Nic existierte vor allem für sich alleine, in sich alleine. Der Weg zu ihm führte ausschließlich über seine Augen und war deshalb auf mich beschränkt und mit Einschränkungen auch auf Padme. Das hatte ich in all den Jahren noch bei keinem unserer Patienten erlebt. Der Weg durch diesen Panzer aus Furcht, Verlorenheit und Schmerz war so unendlich weit. Dagegen wirkte die zweite Baustelle beinahe lächerlich banal: die Inkontinenz. Wir hatten bereits sehr früh gewusst, dass Nic seit der Explosion gewickelt wurde. Bei Koma-Patienten in seinem Alter war das nicht überraschend. Und auch, dass er nach seiner einigermaßen überraschenden Genesung nach wie vor rund um die Uhr auf Windeln angewiesen war, hatte uns kaum beunruhigt. In den Unterlagen, die wir von Franziska Endermann bekommen hatten, war die Situation allerdings verharmlost worden. Und daran hatten wir uns orientiert. Saugfähige Windeln für die Nacht, für den Tag vor allem dünne Aktivwindeln oder Pullups. Um ehrlich zu sein, hatte ich bereits am ersten Tag in der Klinik geahnt, dass das nicht funktionieren würde. Egal, welches Bewertungsschema ich heranzog, die Diagnose war immer eindeutig: schwerste Inkontinenz. Keine Kontrolle, kein Bewusstsein für seine Ausscheidungen. Nic war, bezogen auf seine Blasen- und Darmkontrolle, auf dem Stand eines Säuglings. Wie gesagt: eigentlich eine Banalität. Stand heute war es ein Wunder, dass er überhaupt am Leben war. Auf eigenen Beinen stand und sich mehr oder weniger frei bewegen konnte. Ein bisschen zusätzliche Logistik würde dafür sorgen, dass der Alltag für Nic und mich etwas leichter wurde. Nach Rücksprache mit dem Professor und einer jungen Kollegin, die in unserer Klinik das Pflege-Team leitete, hatten wir Nics Inkontinenzmittel-Versorgung angepasst. Für die Nacht blieb alles wie gehabt, tagsüber halfen die Nachtwindeln aber kein bisschen weiter. Sie waren zwar unglaublich saugfähig, kamen aber denkbar schlecht mit Bewegung klar. Deshalb musste ich Nic zu Beginn eigentlich bei jedem Windelwechsel umziehen. Die dünnen Senis oder Pullups waren auch keine Option. Deshalb waren bereits vorgestern drei große Pakete mit neuen Windeln für die Tagversorgung geliefert worden: Attends 9 XS. Die waren zwar das Gegenteil von unauffällig, hielten aber wenigstens zuverlässig dicht. Nic nahm es, wie auch schon vorher, maximal gelassen, bzw. ohne jegliche Gefühlsregung. Das hatte dafür gesorgt, dass auch ich mich mit Nics verändertem Erscheinungsbild abfand, auch wenn es sich einfach nicht gut anfühlte, dass Nics neue Verpackung ihn weithin sichtbar als Windelträger outete. Wir, bzw. ich würde lernen damit zu leben.
Die Lernerei ging trotz allem erstaunlich schnell, fand ich. Drei ruhige Tage (und Nächte) hatten gereicht, um so etwas wie den ersten Hauch von Routine einkehren zu lassen. Als mich am Dienstag mein digitales Armband mit einem sanften Klopfen am Handgelenk aus dem Schlaf holte, fühlte sich das hier und jetzt schon sehr vertraut an. Sollte alles so laufen, wie in den drei Tagen zuvor, würde Nic noch rund eine Stunde schlafen. Ich war es gewohnt, früh aufzustehen. Länger als bis um 7 Uhr hielt ich es im Bett nicht aus. Nic neigte ebenfalls nicht dazu, den Tag zu verschlafen, wurde aber meist erst gegen 8 wach. Zeit genug, für 30 Minuten Blitz-Workout und eine ziemlich entspannte Dusche. Es gab schlimmere Szenarien, in den Tag zu starten. Heute sah es nicht anders aus. Als ich, frisch geduscht, vorsichtig nach Nic sah, lag der eng zusammengekauert in seinem Bett. Er schlief, wie er gerade lebte: ruhig, unauffällig, fast unsichtbar, mit Schnuller im Mund. Der war in der Nacht Pflicht. Und tagsüber immer dann, wenn er müde wurde. Oder unsicher. Bevor ich mich in die Küche verzog, schob ich mehr oder weniger routinemäßig die Decke über seinem Bauch ein Stück zur Seite. Und keine 30 Sekunden später konnte ich riechen, was mich bereits in den letzten Tagen erwartet hatte: eine gut gefüllte Windel. Routine, erfahrene Eltern wissen das natürlich, heißt eben nicht nur ein berechenbarer Tagesablauf, sondern auch ein ziemlich verlässlicher Rhythmus in Sachen Verdauung. In den letzten drei Tagen hatte die sich ziemlich schnell auf ein festes Timing eingestellt. Ich hielt mich relativ strikt an die die Ernährungsempfehlungen, die das Team des Professors zusammengestellt hatte. Nic aß verhältnismäßig viel Kohlenhydrate, viel Fisch, Obst und Gemüse. Damit wollten wir die Grundlage für eine schnelle Gewichtszunahme legen, ohne seinen Magen oder Darm zu überfordern. Bis jetzt lief das alles nach Plan. Drei volle Windeln am Tag, das entsprach ziemlich genau dem, was der Professor vorausgesagt hatte, wobei die dritte Ladung eben immer erst in der Nacht in der Windel landete.
Eine volle Windel eines Siebenjährigen ist definitiv kein Highlight, vermochte es aber eben auch nicht, den entspannten Morgen zu vermiesen. Nic war dabei entspannt und ich war es auch. Er genoss es sichtlich, mit so viel Nähe und Fürsorge in den Tag zu starten und für mich war es großartig zu sehen, dass das tatsächlich bei ihm auch so anzukommen schien. Keine 20 Minuten später lag Nic dann mit frischer Windel auf dem Wickeltisch und kämpfte sich in eine dunkelgrüne Strumpfhose, die mit hellgrünen Sternen verziert war. Die war sein Job, zumindest beim ersten Windelwechsel des Tages. Das machte die Sache nicht schneller, war aber ein ganz gutes Mittel, an Nics Feinmotorik zu arbeiten. Der leicht knallige, orangefarbene Body mit Baustellen-Applikation passte nicht so ganz zu Nics Strumpfhosen-Wahl. Aber da musste ich durch. “Wir haben unmittelbar nach den Zwillingen aufgehört, uns in die Klamotten-Farbwahl der Kinder einzumischen!”, hatte ich Steven dazu im Ohr. Und das hatte ich gestern bei Nic auch eingeführt. Heißt: Nic konnte sich selbst aussuchen, was er anziehen wollte. Ich hatte lediglich dann ein Veto-Recht, wenn er beispielsweise in der Badehose in den Schnee wollen würde. Die Gefahr war aber gering. Er war fast schon beängstigend gewissenhaft, zeigte aber bis jetzt überhaupt keine Motivation, sich mit den Farben der Teile zu beschäftigen, die er sich aus dem Schrank und seinen Schubfächern holte. Also: Augen zu und durch. Noch nicht ganz abgewöhnte hatte ich mir, zum Schluss noch “nachzuzupfen”, also Nics Strumpfhose gleichmäßig nach oben zu ziehen und auszurichten. Raissa hatte mir für diese Marotte gestern per Skype einen Vogel gezeigt, aber ich konnte eben noch nicht aus meiner Haut. Und Nic war es ganz offensichtlich egal. Viel wichtiger war ihm das gemeinsam Frühstück. Oder genauer: die Zubereitung desselben. Wie schon am ersten Tag war er in der Küche nach wie vor mit großen Eifer und hochkonzentriert bei der Sache. Ich ließ ihn machen und übertrug ihm sehr bewusst vor allem Aufgaben, bei denen er lesen, rechnen oder kombinieren musste – mit dem grundsätzlich identischen Ergebnis: So wenig aus diesem Kind kommunikativ nach außen drang, so komplett belastbar war er im kognitiven Bereich. Er war ohne große Mühe in der Lage, deutsche Texte auf Verpackungen zu lesen und zu verstehen und kam beim Addieren von Zutaten-Mengen locker klar. Auch das war, gemessen an der Dramatik seiner Verletzungen, ein mittelgroßes Wunder.
Heute hatte er erst eine Pampelmuse geschält und in gleich große Stücke geschnitten, 125 Gramm Joghurt fürs Bircher-Müsli abgewogen, 40 Gramm Kakao mit Milch angerührt und 4 Eier zu Rührei verarbeitet. Gemessen am Rest der Mahlzeit war vor allem der Kakao eine echte Mogelpackung. Tatsächlich war das kein Kakao, sondern eine individuell zusammengestellte Spezialnahrung, die ursprünglich mal für Astronauten und zur Sondenernährung von Menschen mit Handicaps entwickelt wurde: hochkalorisch und gleichzeitig sehr gut zu verdauen. Noch so eine Maßnahme, die Nics Gewicht stabilisieren sollte. Die Flüssignahrung konnte entweder per Magensonde verabreicht, über eine Nuckelflasche gegeben oder eben ganz normal wie Kakao getrunken werden. Die beiden ersten Optionen blieben mir zum Glück erspart. Trotz Nics intensiver Beziehung zu seinem Schnuller hatte er denkbar wenig Interesse an einem Schoko-Nuckelfläschchen gezeigt. Und darüber war ich definitiv nicht unglücklich. Nach dem Frühstück brachten wir gemeinsam die Küche auf Vordermann. Ich übernahm die Spülmaschine, Nic wischte Arbeitsflächen und den Frühstückstisch sauber und brachte den Biomüll zur Entsorgungsstation im Keller. Anschließend hatte er eigentlich “frei” und zog üblicherweise entweder durchs Haus, oder verschwand für mindestens eine Stunde in seinem Zimmer. Nicht aber heute. Weil sich Raissa und Emma angekündigt hatten. Das kam für Nic überhaupt nicht überraschend, ich hatte ihn in den letzten beiden Tagen immer wieder darauf hingewiesen, hatte ihm von Raissa erzählt, ihm Bilder von Emma gezeigt und den Hintergrund meiner Freundschaft mit Steven erklärt. Er war also gut vorbereitet. Im Thema. Und doch war ihm seine Anspannung anzusehen. Konkret äußerte sich seine Anspannung in einem leichten Flackern seiner Pupillen und dem Schnuller, den er direkt nach dem Frühstück eingestöpselt hatte. An einem normalen Tag hätte ich ihm das Ding definitiv abgenommen, drückte aber heute beide Augen zu. Zwei für ihn völlig fremde Frauen würden gleich hier auftauchen. Nach dem hochtraumatischen Erfahrungen mit Franziska Endermann hatte ich schon damit gerechnet, dass Nic sich mit fremden Frauen schwer tun könnte. Und ich hatte bislang Recht behalten. Raissa würde ihn schnell knacken, da war ich mir sicher. Der Erstkontakt mit Emma konnte allerdings nach hinten losgehen. Das war alles, nur kein Vorwurf an Emm, denn die war großartig. Aber sie war eben auch die große Schwester von fünf Brüdern und sie war ganz klar die Chefin der ganzen Bande. Konflikten ging das Mädel niemals aus dem Weg. Das wussten natürlich auch Steven und Raissa und hatten Emma entsprechend intensiv darauf hingewiesen, Nic beim ersten Kennenlernen nicht zu “überrollen”. Genau aus diesem Grund würden Raissa und Emma auch nicht wie sonst, durch den Eingang neben der Küche kommen (Alle Familienmitglieder der Frederiksons trugen Bluetooth-Chips bei sich, mit deren Hilfe sie die Schlösser am Haus entriegeln konnten), sondern offiziell am Haupteingang klingeln. Und genau das würden sie in wenigen Sekunden tun. Meine Smartwatch am Handgelenk hatte mich vor ein paar Minuten darüber informiert, dass sich die beiden auf dem Gelände befanden.
Kurz bevor die Haustürglocke sich bemerkbar machte, nahm ich Nic auf den Arm und trug ihn langsam zum Eingang. Von der einen auf die andere Sekunde spürte ich, wie richtig dieses Entscheidung war, denn Nic schaffte es quasi in Echtzeit, einen großen Teil seiner Anspannung abzulegen. Er drückte sich eng an mich, den Kopf gerade weit genug in meine Schulter vergraben, dass er die beiden aus den Augenwinklen heraus würde sehen können. Nic durch die Gegend zu tragen, das hatte ich seit unserer ersten Begegnung am Flughafen nicht mehr getan. Weil ich im Alltag versuchte alles zu vermeiden, was ihn künstlich “kleiner” machte, als er tatsächlich war. Sein Windel-Handicap und der Schnuller, der ihm ihn in manchen Situationen Sicherheit gab, waren Bürde genug. Das hier war eine Ausnahme. Und würde es auch bleiben. Im Moment war es aber die einzige Möglichkeit, Nic mit der Situation nicht zu überfordern. Nur Sekundenbruchteile, bevor ich die Tür öffnete, spürte ich, wie sich Nic wieder etwas fester in meinen Klamotten verkrallte. Was folgte war alles andere als typisch für eine Begegnung zwischen Raissa, Emma und mir. Üblicherweise kamen beinahe alle Frederiksons über einen, wie eine Naturgewalt. Heute war das anders. Fast lautlos kam Raissa durch die Tür, umweht vom eisigen Wind, der in dieser Jahreszeit hier oben alles zu Eis erstarren ließ. Auf den wenigen Metern vom Auto zum Haus hatten sich feste Schneekristalle in ihren ordentlich zu einem festen Zopf geflochtenen Haaren verfangen. Ohne viele Worte nahm ich sie in den freien Arm und spürte, wie sie sehr vorsichtig auch Nic in diese Umarmung einschloss, ohne aber direkt Kontakt mit ihm aufzunehmen. Die Distanz war gewollt. Nic sollte die Chance bekommen, Raissa zu sehen. Zu spüren. Zu riechen. Bevor sie sich wieder langsam von uns löste, flüsterte sie Nic aber noch etwas ins Ohr. Einen kleinen Willkommensgruß: “Herzlich willkommen in dieser Familie, Nic!” Sie sagte es auf Deutsch mit leicht russischem Unterton. Der war auch der Grund, warum sie nur selten in meine Muttersprache wechselte. Raissa war der Meinung, dass sie viel zu schlecht Deutsch sprach. Was natürlich Unsinn war. Aber da war sie stur. Der Effekt auf Nic war spannend. Er suchte kurz ihren Blick. Fand ihn. Und war dann auch schon wieder “weg”. Ich hatte Nic nicht erzählt, dass Raissa Deutsch sprach und sie damit für ihn deutlich einfacher zugänglich war, als er das selbst erwartet hatte. Bevor Raissa zur Garderobe abbog zwinkert sie mir kurz zu. 1:0 für uns. Mal sehen, ob auch Emma ähnlich gut ankam.
Die steckte in einem dicken, aber figurbetont geschnittenen dunkelgrünen Daunen-Parka, das Gesicht tief in der hochgeschlagenen Kapuze mit Kunstfellrand vergraben. Emma war groß für ihr Alter und durfte seit ihrem 13. Geburtstag ihre Garderobe selbst zusammenstellen. Ihre fünf Brüder bedienten sich noch aus einem knallbunten Sortiment von Klamotten, die wild zwischen den Kindern hin- und hergetauscht wurden. Anders war der Wäscheberg bei den Frederiksons nicht in den Griff zu kriegen. Als sie ihren Kopf aus der Kapuze schälte, waren dort die selben dichten Haare ihrer Mutter, allerdings nicht in einem dunklen Haselnussbraun, sondern ziemlich Blond. Stevens Gene. Auch Emma hatte ihre Haare geflochten, was sie jünger machte, als sie eigentlich war. Auch das war natürlich eine bewusste Entscheidung gewesen. Sie fiel mir deutlich schwungvoller in den Arm als ihre Mutter, für ihre Verhältnisse aber geradezu zahm. Bevor sie sich zur Raissa in die Garderobe aufmachte, strich sie Nic noch fast beiläufig über den Rücken und überraschte ihn auf Deutsch, in ihrem Fall aber mit kanadischem Einschlag: “Cooler Style! Tolle Hose!” Wieder reagierte Nic sofort. Kurzer Blickkontakt. Fertig. Jetzt musste ich dann doch grinsen. Emma kannte Nics Klamotten natürlich. Die stammten ja fast ausschließlich aus dem Fundus der Frederikson-Kids. Und ziemlich sicher hatte die grüne Sternchen-Strumpfhose, die Nic heute morgen zielsicher aus seinem Strumpfhosen-Korb geholt hatte, mal Emma gehört, bevor sie dann von ihren Brüdern und jetzt von Nic getragen wurde.
Während sind Raissa und Emma dran machten, ein paar ziemlich große Taschen aus dem Anhänger des Ski-Doos zu holen, mit dem sie durch den verschneiten Wald gekommen waren, holte ich mit Nic auf dem Arm eine Obstplatte, Kekse, Kaffee und kalte Getränke aus der Küche und drapierte alles so gut wie möglich im Wohnzimmer. Emma war die Erste, die es sich gemütlich machte, in dem sie in einem Satz über Sofa sprang und mit einem satten “pflop” in den weichen Kissen landete. Nic hatte sich auf meinem Arm bislang keinen Millimeter bewegt. Ich war mir aber sicher, dass er diese Aktion sehr genau mitbekommen hatte. Früher oder später würde auch er auf meinen Möbeln rumturnen, das war mir klar. Emma hätte mit der Inspiration aber gerne noch ein, zwei Jahre warten können. Ansonsten war es ebenfalls Emma, die die ersten Minuten dieses Vormittags bestimmte. Sie erzählte vom neusten Klatsch und Tratsch aus der Schule, berichtete von allen dämlichen Ideen, auf die kleine Brüder so kamen und war dann endgültig nicht mehr zu stoppen, als sie auf eine neue Arbeitsgruppe in der Schule kam, die sich mit diskriminierender Sprache im öffentlichen Raum befasste. Sie war natürlich eine der Vorsitzenden. Raissa und ich ließen sie reden. Fast genoss ich den Wort-Tornado, der durch das Haus fegte. Die letzten Tage waren in Sachen Kommunikation eher einseitig gewesen, da Nic eben nach wie vor nicht sprach.
Irgendwann war es dann Raissa, die mit einer fast unmerklichen Handbewegung auf die beiden Taschen deutete, die die zwei mitgebracht hatten. Emma reagierte sofort. “Danke Mum, das hätte ich fast vergessen!”. Sprachs. Sprang auf und dampfte mit beiden Taschen los in die Richtung von Nics Zimmer. Zwei Minuten später war sie wieder da. “Hey Nic, hast du Lust, mit mir die beiden Taschen auszuräumen? Eine ist voll mit Playmobil, glaube ich!” Mir blieb beinahe das Herz stehen, bei dem, was dann folgte. Nic hatte natürlich auf die Ansprache reagiert, kurz zu Emma gesehen und für den Bruchteil einer Sekunde seinen Klammergriff gelöst, mit dem er sich mit meinem Pullover veschweißt hatte. Zeit genug für Emma. Die schnappte sich Nic mit einer fließenden Bewegung, setzte ihn sich auf den Arm und marschiert los in den hinteren Teil des Hauses. Beim Thema kleine Brüder war sie pragmatisch. Die Gefahr war aber groß, dass das hier in einer Katastrophe endete. Tat es dann aber nicht. Denn statt in Panik auszubrechen, sich zu wehren oder komplett die Fassung zu verlieren, sah Nic erneut zu Emma, nickte kurz und ließ sich von ihr widerstandslos in sein Zimmer tragen. Ich wollte natürlich sofort hinterher und fing mit ebenso natürlich ein kurzes “bleib hier” von Raissa ein. “Emma weiß, was sie tut! Und mit kleinen Kindern tut sie instinktiv seit Jahren immer das Richtige!” Ich glaubte ihr. Oder nein: Ich wollte ihr glaube. War aber ehrlich gesagt noch sehr weit davon entfernt, es auch tatsächlich zu tun. Dennoch schaffte es Raissa tatsächlich, dass ich fast 30 Minuten im Wohnzimmer sitzen blieb. Sie verwickelte mich einfach in ein Gespräch, dem in versuchte, zumindest grob zu folgen. Ich war verwirrt. Über die Aktion von Emma. Aber auch von der Tatsache, dass es scheinbar funktionierte.
Irgendwann musste ich dann wirklich zuhören, da Raissa einen ganzen Ordner mit Papieren zum Vorschein brachte, den Steven vorbereitet hatte. Haufenweise Formulare, Urkunden und Belege für Nics neuen Status als Kanadier und meiner Rolle als Erziehungsberechtigtem. Außerdem jede Menge Stiftungskleinkram, den ich noch durchgehen musste. Ich erkannte einen Plan, wenn ich ihn sah. Und das hier war von Anfang an ein abgekartetes Spiel gewesen. Raissa, Steven und Emma hatten das alles hier genau so geplant. Und inzwischen konnte ich mir auch ungefähr vorstellen, warum: Nicht Nic war das Problem, sondern ich. Nic war einfach “nur” ein traumatisiertes Kind. Ich dagegen hatte mich von Josh, der wie ein Löwe um seinen kleinen Bruder kämpfte, zum übervorsichtigen, unsicheren Ersatzvater entwickelt. Eine männliche Glucke. Raissa grinste, als sie sah, dass bei mir der Groschen gefallen war. “Sorry Josh, aber wir mussten ein bisschen eingreifen! Du hast Nic in den letzten Tagen so sehr in Watte gepackt, als hättest du einen Neugeborenen zu Hause!” Autsch. Das hatte gesessen. Wobei das kein Tiefschlag war. Sondern eine komplett richtige Beobachtung. Alles, was ich Nic an Aufgaben übertragen hatte, war nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern auf dem von Steven und Raissa. Ich hätte mich am Liebesten mit Nic hier vergraben und fand es völlig ausreichend, dass er lebte und ich mir hier mit ihm ein kleines Utopia aufbauen konnte. Die Realität durfte gerne noch eine ganze Weile draußen bleiben. Ich bekam eine Gänsehaut, als ich das realisierte und akzeptierte. War ich echt so schlimm? “Ne, schlimmer! Aber falls es dich tröstet: Wir waren mit den Zwillingen auch nicht besser!” Ich nickte. “Wollen wir dann mal nach den beiden sehen?”, fragte Raissa schließlich? Noch ein Nicken.
In Nicks Zimmer war ich dann doch überraschter, als ich es hätte sein sollen. Neben zwei Stapeln mit Spielsachen (“dürfen bleiben” und “weg damit”) gab es auch noch zwei Klamotten-Haufen, mit der gleichen Sortierung. Nic saß auf dem Boden zwischen Spielzeugen und Klamotten und steckte Teile auf- und ineinander, die Emma ihm heraussuchte. Es war schon ganz gut zu erkennen, dass das mal ein Krankenhaus werden sollte. Auch wer Nic nicht kannte sah auf den ersten Blick, dass es ihm gerade ziemlich gut ging. Er war noch nicht soweit, tatsächlich intensiven Blickkontakt mit Emma aufzunehmen, vergaß diese Distanz aber von Minute zu Minute. Er war entspannt. Ich überrascht. Und emotional ein bisschen überfordert. Da Nic mit dem Rücken zur Tür saß, hatte er uns nicht kommen sehen. Und Emma hatte lediglich mit einem Augenzwinkern und einem kurzen, intensiven Blick auf uns reagiert. Der galt mir. “Gebt uns noch ein paar Minuten!”, konnte ich in diesem Blick lesen. Kein Problem.
Erst als Nic das letzte Fenster in die Fassade des Krankenhausgebäudes eingesetzt hatte, holte ihn Emma mit einem Hinweis auf Raissa und mich langsam zurück in die Realität. Nic wandte den Kopf gedankenverloren zur Tür, winkte uns mit dem Anflug eines Lächelns zu und war schon wieder im Spiel versunken. Jetzt aber ohne Emma. Die kam langsam zu mir herüber und grinste. “Na, wie waren wir?” Ich drückte sie einfach nur still an mich. Gut wart ihr. Sehr gut sogar. Erst jetzt fiel mir auf, dass Nic weder den orangefarbenen Body, noch die grüne Strumpfhose trug, die er noch vor etwas über einer Stunde angehabt hatte. Der Body jetzt war bunt gestreift, die Strumpfhose hellblau mit Fußball-Applikationen. Emma sah meine Überraschung, ließ sich davon aber nicht wirklich aus der Ruhe bringen. “Nic hatte die Windel voll und leider ist dabei einiges daneben gegangen. Er hat mir gezeigt, wo alles ist und dann habe ich ihn schnell umgezogen!” Sie sagte das völlig ruhig, als sei es völlig normal, dass eine 13-Jährige einen Grundschüler aus seiner vollen Windel holte. Das war nicht normal. Ganz und gar nicht normal. Vor allem auch deshalb nicht, weil wir von Nic sprachen. Ich hatte es bislang für ausgeschlossen gehalten, dass er jemanden an sich ran ließ, den er nicht kannte. Der nicht zur “Familie” gehörte. Hatte ich so falsch gelegen? Was war nur mit mir los? Die Antwort war so einfach, wie banal. Wahrscheinlich hatte ich gar nichts falsch gemacht. Ich hatte nur die Macht dessen unterschätzt, was mich mit Raissa, Steven, Emma und den Jungs verband. Die waren nicht fremd. Die sechs waren Familie. Und Nic hatte das gespürt. Vielleicht auch in Emmas Augen gesehen. Wenigstens schaute Raissa ähnlich überrascht wie ich. Super-Mum mal sprachlos. Das hatte Emma wahrscheinlich so auch noch nicht so oft gesehen. Nur einer, blieb völlig unbewegt: Nic. Natürlich. Mir war schon klar,, dass Emma Kinder wickeln konnte, sie hatte immerhin fünf jüngere Geschwister. Außerdem trug Evan, der jüngere der beiden Zwillinge, bis heute Pullups. Emma war also in Sachen Windeln deutlich mehr Profi, als ich. Erstaunlich blieb vielmehr, dass Nic das alles mitgemacht hatte. “Er hat sogar super mitgemacht!”, kam dann auch prompt ein Lob von Emma. “Da könnte sich Evan ruhig mal eine Scheibe abschneiden!” Das nächste Grinsen. Diesmal aber in Richtung ihrer Mutter, die wissend die Augen verdrehte.
“Ist es okay, wenn ich Nic mit in die Kletterhalle nehme?”, fragte Emma, nachdem sich der größte Teil der Überraschung im Raum verflüchtigt hatte. Ich hielt ganz bewusst die Klappe und konzentrierte mich ganz auf Nic. Ich kannte die Anziehungskraft, die mein privates Boulder-Paradies auf ihn ausübte und war mir sicher, dass er diesen Teil des Gesprächs nicht “unkommentiert” lassen würde. Und endlich lag ich heute auch mal richtig. Binnen einen Sekundenbruchteils “klinkte” sich Nic per Augenkontakt bei mir ein. Was ich dort zu sehen bekam, war eindeutig: Zustimmung! Freude! Motivation! Hoffnung! Wäre Nic ein normaler Siebenjähriger, hätte er mich in diesem Moment wahrscheinlich angebettelt, mit Emma gehen zu dürfen, obwohl sein Zimmer noch nicht aufgeräumt, die Hausaufgaben noch nicht erledigt, der Müll noch nicht rausgebracht oder sonst irgend etwas “Erwachsenens” noch nicht getan war. Der Blick-Kontakt war deutlich effektiver. Ich tat ihm aber nicht den Gefallen, für ihn zu antworten. Immerhin hatte er es vor wenigen Minuten fertig gebracht, dass Emma ihm im Badezimmer die Windel wechselte. Dann sollte er es definitiv auch hinbekommen, ihr mitzuteilen, dass er auf jeden Fall mitkommen wollte. “Frag ihn!”, war alles, was Emma von mir als Antwort zu hören bekam. “Cool!” Ein schneller Blick zu Nic, der praktisch gleichzeitig nach ihrer Hand tastete. So einfach war das also. Als die beiden beinahe aus meinem Sichtfeld verschwunden waren, schickte ich Emma noch schnell eine Kurznachricht aufs Zugangsdisplay der Kletterhalle: “Sicherungssystem freigegeben”. Das hieß: Emma konnte Nic anseilen und richtig klettern. Nicht nur bouldern, wie Nic es bislang immer getan hatte. Sorgen machte ich mir nicht. Emma war an der Wand bei weitem nicht so wagemutig wie die Zwillinge, besaß aber sämtliche Freigaben für alle Seil- und Sicherungssysteme. Ursprünglich hatte ich Nic selbst das erste Mal mit Seil klettern lassen wollen, war mir bis gestern aber sicher gewesen, dass das noch ein paar Wochen dauern würde. Die letzten 30 Minuten hatten mir gezeigt, dass ich das Tempo ruhig ein wenig anziehen konnte. Also sollte Nic klettern. Gemessen an seinem körperlichen Zustand würde das kein allzu langes Vergnügen werden. Aber darum ging es auch gerade gar nicht. “Gar nicht schlecht für einen Anfänger!”, frotzelte Raissa, während wir in die Küche gingen.
Es war jetzt kurz nach elf Uhr, ich gab Nic keine Stunde. In den letzten Tagen hatten wir immer gegen 12 gegessen, wobei Nic mehrfach spätestens beim Nachtisch eingeschlafen war. Einen kompletten Tag, das schaffte er noch nicht. Es musste schon mit dem Teufel zugehen, wenn das heute anders wäre. “Ich denke, wir haben knapp eine Stunde!”, orakelte Raissa mit und bestätigte meine Gedanken. Das sollte reichen, um die Unterlagen zu Schloss Friesenthal durchzugehen, dich ich Steven und Raissa geschickt hatte. Wir drei waren uns einig, dass der Schuppen perfekt in unser Immobilienportfolio passen würde. Ein Teil des Schlosses sollte uns als festes Basislager in Deutschland dienen, der überwältigend große Rest würde ein Seminar-Hotel werden. Das Stammhaus einer ganzen Seminarhotel-Kette, um genau zu sein. Die Pläne dafür lagen seit langem in unserer Schublade und jetzt konnte es losgehen. Mittelsmänner, ein paar Anwälte und Gutachter würden die Abwicklung für uns übernehmen. Dafür brauchte es Unterschriften. Sehr viele Unterschriften. Außerdem Kopien diverser Vollmachten und Urkunden. Wir hatten also jede Menge zu tun. Bürokratie. Wie mir dieses Zeug auf die Nerven ging… Und doch ging mir der ganze Papierkram gut von der Hand. Deutlich besser als in den letzten Tagen. Weil ich seit langem mal ganz bei der Sache war und nicht mit 50% meiner Aufmerksamkeit bei Nic. Natürlich war er “da”. Seit über 12 Monaten war er nicht nur ein Teil meines Lebens, er hatte den Löwenanteil meiner Aufmerksamkeit bekommen. Das war nicht schlimm. Im Gegenteil. Das war erfüllend. Aber eben auch anstrengend. Emma und Raissa hatten es geschafft, eine winzige Verschnaufpause in mein neues Leben zu schneiden. Insgesamt kaum mehr als zwei Stunden. Und doch wahnsinnig wichtig. Weil mich die Pause daran erinnerte, wie wichtig es war, mich und meine Aufgaben nicht komplett zu vernachlässigen. Das klang jetzt wahnsinnig gestresst. Vielleicht sogar egoistisch. Das war ich aber nicht. Ich war nur unendlich dankbar dafür, eine weitere Facette meines neuen Lebens kennengelernt zu haben. Ein Leben, das ohne Nic nicht mehr vorstellbar war. Aber eben auch nicht ohne mich und alles, was mich bisher ausgemacht hatte.
Wir hatten die letzten Papiere gerade in die passenden Umschläge eingetütet und waren dabei, ein erstes Briefing für die Architekten-Ausschreibung für Schloss Friesenthal aufzusetzen, als Emma zu uns stieß, in ihren Armen hing der schlafende Nic: zerzauste Haare, rote Backen und ein seliges Grinsen. Er hatte ganz eindeutig einen Heidenspaß gehabt und war jetzt fix und fertig. “Er ist vor fünf Minuten mehr oder weniger schlafend von der Wand gefallen!”, berichtete uns Emma. Es war ihr anzusehen, dass das nicht ganz ihrem Plan entsprochen hatte. Sie hatte mir Nic “bettfein” übergeben und mit ihm vielleicht sogar vorher noch etwas essen wollen. “Ich hab ihn aber nicht aus der Wand bekommen!”, knurrte sie ein bisschen enttäuscht. Das überraschte mich nicht. Die Kletterhalle hatte Nic von der ersten Sekunde an fasziniert. Und von meiner Mutter wusste ich, dass er fast schon gefährlich ehrgeizig war, wenn er sich erst einmal für etwas begeistert hatte. Von dem BMX, das er im vorletzten Jahr zum Geburtstag bekommen hatte, musste sie ihn mehr oder weniger mit Gewalt runterzerren, weil er es nicht einsehen wollte, dass man den einen oder anderen Trick auch erst am nächsten Tag lernen und trainieren konnte. Die Rückkehr dieses Ehrgeizes machte mir Mut, als Sorgeberechtigter und als Psychologe. Mal sehen, wie sich das entwickelte.
Ich pflückte Nic aus Emmas Armen und spürte dadurch noch intensiver, wie sehr sich Nic verausgabt hatte. Er war schlapp, vibrierte aber beinahe vor Motivation. Eine Stunde Schlaf würde heute sicher nicht reichen. Bevor ich mit Nic im Schlafzimmer verschwand, bat ich Emma, mir noch seine Trinkflasche aus der Küche zu bringen. Er musste auf jeden Fall noch etwas trinken. Parallel öffnete ich mit meiner freien Hand die Klettverschlüsse der Kletterschuhe, in denen Nics Füße noch steckten und zog sie ihm aus. Der Rest musste warten. Als ich Nic vorsichtig in sein Bett legte, nutzte ich den kurzen Augenblick des Erwachens, schob ihm die Trinkflasche in den Mund und sah zu, wie er reflexartig danach griff und gierig die halbe Flasche leerte. Im Halbschlaf. Dann fummelte ich einen Schnuller aus “Dieter”, der am Kopfende von Nics Bett lag und hängte den Sauger an seinen Daumen. Das sollte reichen.
Bevor Raissa und Emma zurück nach Hause fuhren, nutzten wir die Nic-Pause noch, um seinen Kleiderschrank auf Vordermann zu bringen. Den hatte Raissa ja vor seinem Einzug nur provisorisch gefüllt. Inzwischen wussten wir genauer, welche Größen im passten, was noch fehlte, bzw. was nicht gebraucht wurde. In Sachen Kleidergröße war Nic in der Tat noch längst keine sieben Jahre alt. Die größeren Klamotten räumte Raissa deshalb nach hinten und zog zusätzliche Kleidungsstücke in kleineren Größen aus der großen Tasche, die sie mitgebracht hatten. Wieder ware es vor allem Sachen der Drillinge, die längst zwei Größen weiter waren. Emma sortierte parallel einen ganzen Stapel Jogginghosen aus. Die hatte Nic bislang nicht getragen und würde es ziemlich sicher auch künftig nicht tun. Bislang trug Nic meist ein Kombination aus Body, Strumpfhosen und/oder Leggings und hatte sich bis jetzt nicht beschwert. Raissa ergänzte noch den Bestand an Latzhosen und Bodies. Außerdem hatte sie noch eine schicke dunkelblaue Stoffhose, ein weißes Hemd, dunkelblaue Klett-Stiefel und eine dezenten braunen Kindersakko dabei. Warum auch immer. “Immer nur Schlabberlook, das geht nicht!”, bestimmte sie. Und natürlich wusste ich, dass sie Recht hatte.
Unser Abschied fiel nicht ganz so emotional aus, wie die Begrüßung. Warum auch, wir würden uns ja morgen schon wieder zum Brunch sehen. Nics erstes Aufeinandertreffen mit den 5 Frederikson-Jungs. Davor hatte ich wirklich Respekt, ohne genau zu wissen, warum. Steven, Raissa und ihre ganze Familie waren auch meine Familie. Ich war der Pate der Zwillinge, die Drillinge würden mit Nic in die Schule gehen. Was also konnte schief gehen? Eigentlich nichts, das war mir klar. Und doch irgendwie auch alles. Ich wusste inzwischen eben auch nur zu genau, wie trügerisch Nics Stabilität noch war. So viel “heile” Welt auf einen Schlag? Das war nicht einfach für eine verletzte Kinderseele, die in den letzten Monaten alles verloren hatte, was Halt, Orientierung und Stabilität gegeben hatte. Dennoch wollten wir es jetzt angehen. Ich drückte Emma noch schnell an mich, schaltete die Wegbeleuchtung auf dem Grundstück an und schaute dem kleinen Schneemobil hinterher, mit dem sich die beiden langsam durch die Winterlandschaft wühlten.
Autor: DerBeobachter (eingesandt via E-Mail)
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Super schöne Geschichte, sehr Einfühlsam! Danke 🙂
Hallo,
ich habe in den letzten 2 Tagen, alle Teile dieser Geschichte, mit wachsender Begeisterung gelesen.
Neben dem erstklassigen Schreibstil, lässt das Einfühlunsvermögen mit dem du durch die Handlung führst, jeden Leser (ich denke es geht nicht nur mir so) einen Teil dieser Geschichte werden. – Da liest man problemlos über den ein oder anderen kleinen Fehler hinweg.
Ich würde mich riesig freuen, wenn du Nic´s weitere Entwicklung fortführst.
Wie gesagt: Eine sehr berührende Handlung mit einem äusserst angenehmen Stil erzählt
super Geschichte, habe es in zwei tagen komplett durchgelesen . bin gespannt was noch kommt und ob die böse hexe endermann ihre gerechte strafe bekommt.
super Geschichte, ich würde mich riesig über eine Fortsetzung freuen
Die Geschichte ist echt klasse geschrieben würde mich freuen wenn es eine Fortsetzung geben würde
Hallo DerBeobachter,
Diese Geschichte ist einer der wenigen die es wirklich verdient haben gelesen zu werden. Ist es möglich das du diese Geschichte fortsetzt? Du hast an einem sehr Spannenden Abschnitt aufgehört.
Was für eine Geschichte, ich hoffe doch das dies mal eine Fortsetzung geben wird, ich würde gerne wissen wann Nic das erste mal spricht, was alles passiert ist nachdem er aus dem Koma aufgewacht ist und mit dem Jugendamt in Kontakt kam.