Der Winterurlaub (21)
Windelgeschichten.org präsentiert: Der Winterurlaub
Kapitel 21
Als wir die Sammelumkleide betraten, war diese genauso leer wie gut zwei Stunden zuvor. Wir trockneten uns ab, föhnten die Haare mit den drei komischen Gebläsen, die an der Wand hingen und begannen dann uns anzuziehen.
Als ich gerade aufstand und mir die Strumpfhose hochzog, heute trug ich eine normale rote, während Jorin zu einer blauen gegriffen hatte, kamen aus dem Duschraum die beiden Jungs heraus, die sich vorhin schon über unsere Nacktheit amüsiert hatten. Beide trugen noch ihre Badeshorts und würden diese vermutlich schamvoll unter einem Handtuch gegen ihre Unterwäsche austauschen. Begleitet wurden die beiden nun von einem älteren Mann, der weniger wie der Vater, als vielmehr wie der Großvater, aussah.
Im Schwimmbecken waren uns die Jungs ein paar mal aufgefallen, alles in allem waren sie uns aber nicht in die Quere gekommen. Der Mann hatte fast die ganze Zeit außerhalb des Wassers verbracht und anscheinend den Aufpasser gespielt.
„Gugg mal, Ben. Strumpfis!“
„Haha. Genau, Flori!“
Durfte man Zwölfjährige eigentlich ersäufen oder anderweitig in die ewigen Jagdgründe befördern?
„Hört auf, Jungs! Da seht ihr’s mal. Ihr ziert euch, wenn ihr Strumpfhosen anziehen sollt und noch nicht mal lange Unterhosen wollt ihr anziehen, weil das große Jungs ja nicht machen. Aber hier sind große Jungs, größere Jungs als ihr, und denen macht das nichts aus! Die sind viel schlauer und erwachsener als ihr, aber das werdet ihr hoffentlich auch irgendwann noch kapieren! So, und nun macht, dass ihr trocken werdet und steht nicht ewig in den nassen Badehosen rum!“
Hau, er hatte gesprochen! Und die Bengel wussten offenbar ziemlich genau, wie weit sie gehen konnten, denn außer grinsenden Gesichtern und ab und an einem leisen Kichern war nichts mehr von ihnen zu bemerken, während sie sich nun abtrockneten und dann wie erwartet unter ihren Badetüchern umzogen.
Wir waren in der Zwischenzeit alle komplett angezogen und verließen die Sammelumkleide.
„Wir gehen erst noch mal hoch, die nassen Sachen im Bad aufhängen, dann geht’s zum Kaffeetrinken.“
Genau das taten wir dann auch, leider erfüllte sich meine Hoffnung nicht, dass Jakob vielleicht die Windeln vergessen würde. Das heißt, vielleicht hätte er es ja tatsächlich vergessen, aber da war ja leider noch ein kleiner Quälgeist, der da ganz genau aufpasste.
„Jakob, du musst noch Lucas und Jorin windeln!“
„Oh, stimmt. Danke, Jan.“
Ja, danke Jan. Vielen herzlichen Dank auch.
Und so geschah es, dass Jo und ich wenige Minuten später, nach einer schnellen Toilettenbenutzung, wieder gut verpackt waren. Zum Glück hatten wir ja noch die Basketball—Shirts, die nun wieder als Windeltarnung herhalten mussten.
Nachdem das alles erledigt war, wanderten wir hinunter ins Cafe und ich machte mir, hoffentlich berechtigt, Hoffnung auf heiße Schokolade, Kuchen und Schlagsahne. Genügend Kalorien hatte ich ja in den letzten Stunden verbraucht, um ein wenig Nachschub ohne schlechtes Gewissen zu mir nehmen zu können.
Als wir die Tür zum Cafe öffneten, wurden wir allerdings von Darius aufgehalten.
„Jungs, euch schickt der Himmel!“
„Was ist denn los, Paps?“
„Ich erzähl es euch gleich. Setzt euch schon mal an den langen Tisch am Fenster, ich bringe euch Kaffee, Schokolade und Kuchen und dann haben wir einiges zu besprechen.“
Nanu, das hörte sich ja sehr ernst an. Auch auf den Gesichtern der anderen waren deutlich Fragezeichen zu erkennen. Wir taten also, was Darius gesagt hatte und schon kurz darauf erschienen er und eine Kellnerin mit den versprochenen Köstlichkeiten. Die Kellnerin zog wieder ab, Darius hingegen setzte sich zu uns an den Tisch.
„Tom, wir haben gerade einen Anruf aus dem Krankenhaus bekommen.“
Krankenhaus? Wem war da etwas passiert? Doch hoffentlich keinem aus seiner oder unserer Familie!
„Natasche und Toni hatten einen Autounfall, ihnen ist ein Touristenbus hinten drauf gedonnert.“
„Oh Gott, ist denen was Schlimmes passiert?“
„Nein, nichts wirklich Schlimmes, sie hatten noch Glück im Unglück. Toni hat sich den rechten Arm gebrochen, und Natasche hat eine leichte Gehirnerschütterung. Auf jeden Fall fallen sie aber erstmal ein paar Tage aus.“
„Oh Mist! Und morgen ist die Harry—Potter—Pyjama—Party!“
Ich musste mich mal kurz einmischen.
„Wer sind denn Natascha und Toni?“
„Natascha ist die Tochter von unserer Buchhalterin. Sie studiert Pädagogik und führt hier ab und an Kinderveranstaltungen durch. Mit ihrem Freund Toni wollte sie morgen Abend im kleinen Festsaal eine Harry—Potter—Pyjama—Party veranstalten. So mit Filmvorführung, kleinen Spielen, Kinderbowle, Snacks und — wenn die Eltern es erlauben — Übernachtung auf Matratzen. So eine Art Indoor—Camping.“
Hörte sich lustig an. Das wäre sicher auch was für Jan.
„Toll, darf ich da auch hin?“
Hatte ich es nicht gesagt?
„Jan, ich glaube nicht, dass Natascha mit einer Gehirnerschütterung in der Lage ist, so etwas durchzuziehen.“
Der Zwerg zog einen Schmollmund.
„So ist es, Jakob. Und es kommt noch heftiger. Tom hat sich im Datum vertan, das ganze soll nicht morgen stattfinden sondern heute! So schnell bekommen wir keinen Ersatz. Deshalb… naja… Tom, wir wissen, dass du eigentlich frei hast und du hast dir den Urlaub auch mehr als verdient. Aber wir wollten dich fragen, ob du vielleicht trotzdem einspringen könntest. Und wenn Martin dir helfen könnte, wäre das noch viel besser.“
Thomas schaute seine bessere Hälfte an, selbige lächelte nur und nickte.
„Klar Paps, das machen wir.“
„Und wir helfen euch auch dabei.“
„Jakob, ihr seid Gäste des Hauses, das braucht ihr nicht.“
„Aber wir wollen es, richtig Jungs?“
Als ob wir da noch nein sagen konnten.
„Was ist denn alles zu erledigen?“
„Also der kleine Saal ist schon leer geräumt, die Leinwand hängt auch schon. Im Lager sind Matratzen und Decken schon auf Rollwagen gestapelt, die müssten in den Saal gebracht und verteilt werden. Und im Hinterzimmer hatte Natasche schon Spiele usw. vorbereitet, die müsstet ihr euch mal anschauen.“
„Wann soll das alles losgehen?“
„Um 19 Uhr. Die Kids essen noch mit ihren Eltern Abendbrot, dann werden sie bei euch abgeliefert. Um ehrlich zu sein, es freut mich sehr, dass Jakob auch mit dabei ist. Wenigstens ein Erwachsener sollte schon mit aufpassen.“
„Geht klar. Am besten wir essen jetzt schnell, dann gehen wir in den Saal und halten Kriegsrat.“
So wurde es gemacht und auf diese Weise wurden Jorin und ich dienstverpflichtet.
Der Kleine Saal war gar nicht so klein wie man beim Namen denken könnte. Vielleicht lag das aber auch nur daran, dass keine Stühle mehr drin waren und die Tische an die Wände geschoben waren. An hoffentlich ungefährdeter Stelle stand ein Video—Beamer, in mehreren Metern Entfernung eine recht große Leinwand, daneben zwei Lautsprecher.
„Ich schlage vor, ich schau mir mit Jan mal die Spiele an, die diese Natascha zurecht gelegt hat. Die meisten Gäste werden ja ungefähr in Jans Alter sein, denke ich mal.“
„Gute Idee, wir gehen in der Zwischenzeit ins Lager und holen die Matratzen und den anderen Schlafkram.“
Genau das taten wir dann auch. Zum Glück war wirklich schon alles auf Rollwagen verstaut, so dass wir nicht großartig heben und schleppen mussten. Wieder im Saal angekommen, verteilten wir die Matratzen und Decken auf dem Fußboden, so dass eine gemütliche Schlummerfläche entstand. Anschließend sichteten wir mit Jakob und Jan gemeinsam die Spiele. Naja, das war typischer Kinderkram, nichts für so große Jungs wie Jorin und mich. Auch die Videoanlage wurde ausprobiert und funktionierte zur vollsten Zufriedenheit.
„Ich hab übrigens unsere Eltern angerufen. Sie haben das Okay gegeben, dass Jan auch mit hier übernachten darf.“
Das war keine wirkliche Überraschung. Die waren bestimmt ganz froh, mal die gesamte Rasselbande für einen Abend los zu sein.
„Ähm… Jakob?“
„Ja, Martin?“
„Dann solltest du vielleicht noch mal zum Ferienhaus hoch, Schlafzeug für euch beide holen.“
„Ups, daran habe ich ja noch gar nicht gedacht! Stimmt ja! Kann ich ein Schneemobil nehmen?“
„Ja, du scheinst ja mittlerweile gut damit zurecht zu kommen.“
„Denke ich auch. Gut, dann mache ich mich am besten gleich mal auf die Socken.“
„Und vergiss deinen schicken Strampler nicht, Jake.“
„Äh… Ich weiß nicht… Ich dachte, ich zieh was anderes an.“
„Nichts da, das hier wird eine Pyjama—Party und der Strampler ist dein Pyjama. Oder hast du noch einen anderen mit?“
„Nein, hab ich nicht. Meint ihr wirklich?“
„Na klar.“
„Hehe, ich hab eine Idee!“
Mir schwante Böses.
„Was für eine Idee, Martin?“
„Wir haben doch alle solche Strampler und von den Gästen vermutlich keiner, denke ich zumindest. Also ziehen wir alle unsere Strampler an, das ist dann gleich so eine Art Uniform. Dann wissen die Kids gleich, wer zu den Betreuern gehört und an wen sie sich wenden können wenn irgendwas ist.“
„Öhm… Martin? Du sagtest alle… Meinst du damit etwa auch uns zwei?“
„Ja klar, Jorin. Ich dachte, ihr helft uns auch heute Abend. Oder wolltet ihr lieber alleine oben auf dem Zimmer versauern?“
„Ich… äh…“
„Martin, ich glaube ich weiß, was mein kleines Brüderchen meint. Die Strampler wären ja noch okay, aber was ist mit den Windeln? Die würde dann ja jeder sehen.“
„Scheibenhonig, daran habe ich jetzt gar nicht gedacht. Tom, wie sieht’s aus? Eigentlich müsstest du ja auch eine Windel drunter anziehen.“
„Ich weiß nicht, das wäre irgendwie wirklich peinlich.“
„Thomas, ich denke es wäre noch viel peinlicher, wenn dir in der Nacht ein kleines Unglück passieren würde und all die Kids das mitbekommen würden.“
„Tom, Jakob hat recht. Und weißt du was? Ich werde auch eine drunter anziehen. Und vielleicht ziehen die beiden kleinen Feiglinge dann auch mit.“
Ich wusste genau, was jetzt kommen würde. Jorin konnte ziemlich viel einstecken, aber einen Vorwurf ließ er auf keinen Fall auf sich sitzen: den Vorwurf, dass er ein Feigling wäre. Damit war klar, was er gleich für uns beide entscheiden und antworten würde.
„Okay, ist ein Deal! Wenn ihr in Windeln und Stramplern auftretet, dann können wir das auch. Stimmt’s, Lucas?“
Wie nett, dass er mich doch noch nach meiner Meinung fragte. Was blieb mir jetzt noch anderes übrig? Ich konnte nur zustimmend nicken.
„Na prima, dann ist ja alles geklärt. Und Jan, du wirst natürlich auch eine Windel drunterziehen.“
„Man… Muss das wirklich sein?“
„Ja, muss es. Und denk dran, das ist auch viel praktischer. Du musst nicht mitten im Film oder im Spiel auf’s Klo rennen.“
„Jakob?“
„Ja, Lucas?“
„Wirst du auch eine Windel tragen?“
„Ich? Nein! Ich bin immerhin die erwachsene Respektsperson im Team.“
Erwachsen? Respektsperson? Und wovon träumte er sonst noch so wenn die Nacht lang war?
„Also ich zisch dann mal ab und hol die Schlafsachen für Jan und mich. Wo treffen wir uns dann?“
„Hier ist jetzt alles vorbereitet. Wir gehen erstmal wieder hoch, noch ein bisschen fernsehen oder so. Komm hoch ins Zimmer, dann essen wir zeitig Abendbrot und machen uns anschließend fertig für den Abend und die Nacht, damit wir spätestens viertel vor sieben unten sind.“
„Okay, dann bis nachher. Jan, du benimmst dich bitte während ich weg bin.“
Mit diesen Worten wollte Jakob verschwinden, doch dann stoppte er noch mal.
„Mist. Ich muss noch mit hochkommen, meine Jacke ist noch bei euch oben im Zimmer.“
„Und deine lange Unterhose!“
„Stimmt, Jorin, die auch. Und auf dem Schneemobil kann ich die gut gebrauchen.“
Also gingen wir alle zusammen nach oben. Jakob zog sich wieder komplett an und verschwand sodann in Richtung Ferienhaus. Wir anderen warfen die Glotze an und zappten durch die verschiedenen Musiksender. So richtig darauf konzentrieren konnte ich mich allerdings nicht. Mir ging verständlicherweise ganz heftig das durch den Kopf, was mir in den nächsten Stunden wohl so alles widerfahren würde.
Autor: Mark (eingesandt via Nachricht)
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