Die Verwandlung (13)
Windelgeschichten.org prÀsentiert: Die Verwandlung (13)
Day Fifteen â Mathe bei Frau Zang
Was bisher geschah:
Wir schreiben den Sommer des Jahres 2019. Sonnencreme, Freibad und Hitze. So konnte man den Beginn der Sommerferien des zwölfjĂ€hrigen Finns wohl prĂ€gnant zusammenfassen. Aber das war nicht das, was wĂ€hrend dieser Ferien alles im Leben des sonst so coolen und selbststĂ€ndigen Noch-SechstklĂ€sslers verĂ€ndern wĂŒrde. Finn, der sein ganzes Leben schon eine Zuneigung zu Windeln besaĂ, hatte es geschafft, wieder in den Genuss der weiĂen Knisterdinger zu kommen: Angefangen hatte es wie in einer klischeehaften Windelgeschichte â Finn hatte nachts wieder angefangen ins Bett zu machen. Seine Eltern hatten im irgendwann Pullup-BettnĂ€sserhöschen besorgt und Finn wĂ€hnte sich schon am Ziel seiner TrĂ€ume. Seit einer Woche machte er nun auch TagsĂŒber öfters in die Hose, hatte zuletzt auf vorsichtiges bitten seiner Mutter sogar bei einem Tagesausflug einen seiner Pullups als sogenanntes Notfallhöschen angezogen. Als wĂ€re all das nicht schon Umstellung genug, findet Finn inmitten der besonders ereignislosen Sommerferien des Jahres 2019 noch zwei neue Freunde: Das fĂŒnfjĂ€hrige Windelkind Paul, welches auf seine Art irgendwie genau das ist, was Finn eigentlich schon immer sein wollte. Und den zehnjĂ€hrigen Yannik, mit dem er eigentlich schon seit zwei Jahren in dieselbe Klasse gehen, den dort alle nur âSpielkindâ nennen und von dem er jetzt erst bemerkt, wie viel SpaĂ das Spielen mit ihm macht!
WĂ€re Finns Leben eine BĂŒhne, dann schlossen sich im Sommer 2019 wohl grade die VorhĂ€nge, um das Ende des ersten Aktes, seiner Kindheit, zu besiegeln. Der zweite Part stand in den Startlöchern, alle machten sich bereit: Finns Teenager-Zeit. Doch der Hauptdarsteller des ersten Aktes hatte es sich anders ĂŒberlegt: Hier war noch gar nichts vorbei!
Das Garagentor stand noch offen, als Antonia ihren Wagen in die Einfahrt des Einfamilienhauses lenkte. Die Xenonscheinwerfer des kleinen SUVs hĂŒllten die Garage in gleiĂend helles Licht aber offenbarten dabei doch nur diverse GartengerĂ€te, Finns Fahrrad und die MĂŒlltonnen. Karls Audi, dem die Garage normalerweise vorbehalten war, schien ausgeflogen und mit ihm vermutlich dessen Besitzer. Elisabeth spĂŒrte ein leicht mulmiges GefĂŒhl in der Magengegend und zĂŒckte, noch bevor sie ausstieg, ihr Handy und schickte eine eilige Nachricht an ihren Ehemann. Finn bekam nichts von alledem mit, nichteinmal, dass die Garage noch offen gestanden hatte, sondern sprang vom Beifahrersitz herunter, öffnete mit karacho die Heckklappe des Fahrzeuges und zog voller Vorfreude die Pamperspackung aus dem Kofferraum. BemĂŒht gleichgĂŒltig sagte er: âIch glaub ich zieh mir schonmal den Schlafanzug an, ist echt kalt heute Abend!â. Seine Mutter nickte nur und lĂ€chelte ihren Sohn durch den RĂŒckspiegel an, wĂ€hrend sie direkt wieder auf den Chatverlauf blickte.
Mit der Gewissheit, dass seine Mutter noch in der Garage war, flitzte Finn sogleich die Treppe nach oben in sein Zimmer, legte die Windelpackung behutsam auf den Boden und öffnete sie ganz langsam anhand der perforierten Naht an der schmalen Seite. Den Moment auskostend zog er die erste Pampers aus der Packung. Die war echt groĂ! Bereits im zusammengefalteten Zustand erkannte Finn, dass die Windel noch einmal deutlich gröĂer war als die GröĂe-7-Babydry, die sich grade feuchtwarm an seinen Schritt schmiegte. So richtig Zeit zum Windelwechsel war es eigentlich noch nicht, auch wenn Finn das bei der Pampers, die er anhatte im Gegensatz zu seinen Pullups eigentlich noch gar nicht so richtig einschĂ€tzen konnte. Die Hochziehwindeln hatte er ja immer getragen, bis sie morgens ausgelaufen waren und so nass, wie die sich am Morgen angefĂŒhlt hatten, war die Pampers definitiv noch nicht! Trotzdem haderte Finn keine Sekunde, sah sich nicht einmal kurz an, wie die Pampers zwischen seinen Beinen aufgequollen war und sich dezent gelb verfĂ€rbt hatte, sondern zog sie sich sofort aus, mitten in seinem Kinderzimmer. Wie bereits einige Stunden zuvor positionierte er sich die Windel auf dem Boden zurecht, setzte sich drauf, legte sich hin und klappte das Vorderteil nach vorne. Wow, die Dinger waren ja riesig!
Finn positionierte sich ein wenig um, doch selbst wenn die Windel hinten bis zu seinem RĂŒcken reichte, berĂŒhrten die BĂŒndchen an der Oberseite noch seinen Bauchnabel! Der ZwölfjĂ€hrige zog aufgeregt an den SeitenflĂŒgelchen und positionierte den Klettstreifen der Windel auf der Vorderseite. Nicht am Rand wie er es vorhin im Wickelraum des Erlebniswaldes hatte machen mĂŒssen, sondern richtig auf der Mitte der Windel, wo auch die beiden Hilfsmarkierungen aufgedruckt waren. Woah! Diese Windel sagte einem förmlich, dass nichts mehr passieren konnte. Das man sich keine Gedanken mehr machen musste ĂŒbers pullern oder sogar Stinker machen. Finns Nachthöschen hatten dem Jungen immer den Eindruck zu vermitteln versucht, das beste aus zwei Welten zu sein. Eine Unterhose, die nĂ€chtliche Malheure auffing. FĂŒr groĂe Jungs, denen eben ab und zu noch was daneben ging. Nicht unbedingt auffĂ€llig, zumindest wenn nicht im ĂbermaĂ beansprucht. Die Pullups fĂŒhlten sich dabei aber auch immer ein wenig locker an. Nicht so, dass man ihnen wirklich völlig vertraute, sorglos reinpullern zu können, man musste sich immer ein bisschen ĂŒberwinden. Die Pampers hingegen, nahm Finn ĂŒberwĂ€ltigt zur Kenntnis, war noch einmal etwas ganz anderes. UnauffĂ€llig? Fehlanzeige! Die Windel raschelte hörbar, war bereits im trockenen Zustand dicker als die Pyjamahöschen nach ein oder zweimal reinpullern und Finn wusste, wie es ausschauen wĂŒrde, wenn die BĂŒndchen der Pampers ĂŒber seiner Jeans herausschauten. Kannte er ja von Paul. Diese Windel war dafĂŒr gedacht, dass das Kind, was sie trug, nie zur Toilette ging, sondern einfach alles in die Hose machte, immer. Wie Paul.
Selig lĂ€chelnd richtete Finn seinen Oberkörper wieder auf und saĂ eine noch Weile lang einfach so auf dem Boden seines Kinderzimmers, strich ĂŒber die Windelvorderseite und stellte sich vor, wie sich das Ding wohl morgen frĂŒh anfĂŒhlen wĂŒrde. Malte sich Situationen, in denen er diese Windel unter der Hose hĂ€tte aus.
SchlieĂlich sprang er ruckartig auf, rutschte auf seinen Socken zum Kleiderschrank, zog sich wieder die kurze, zum Verbergen einer Windel denkbar ungeeignete, dunkelblaue Hose seines Spiderman-Schlafanzuges an und schlich ĂŒber die Holzstufen hinunter zum KĂŒhlschrank. Erdbeereistee! Der ZwölfjĂ€hrige hielt die Flasche mit dem verfĂŒhrerisch leckeren ZuckergetrĂ€nk mit zwei HĂ€nden fest und trank sie ohne abzusetzen postwendend halb leer. Klar, durstig war er nach dem langen Tag gewesen, aber getrunken hatte er vor allem um diese Nacht genĂŒgend Munition fĂŒr den Kampf gegen das noch trockene Polster seiner Pampers zu haben! Schon den ganzen Tag hatte Finn die klitschnassen, aufgequollenen Windeln welche sich immerzu unter Pauls Jeans abgezeichneten, bewundert. Nun wollte er wissen, wie sich das anfĂŒhlte! Seine Mutter hatte ihn zuletzt Abends oft daran erinnert, nicht mehr so viel zu trinken, aber die war ja zum GlĂŒck grade nicht hier!
Der nĂ€chste Morgen war, als hĂ€tte ihn jemand gemalt. Finns Kinderzimmerfenster stand auf Kipp, sodass das aufgeregte Zwitschern der Vögel hineindrang, durch die Ăffnungen der Rolladen schienen gedĂ€mpfte Sonnenstrahlen und der Heugeruch zeugte davon, dass drauĂen auf den Feldern, welche das Neubaugebiet der Grundhausener Vorstadt umgaben, bereits wieder intensiv gearbeitet wurde. Der SechstklĂ€ssler war grade im Begriff aufzuwachen, drehte sich in seinem Bett umher und seufzte genĂŒsslich. Alles war trocken im Bett! Es war schon einige NĂ€chte her gewesen, dass Finn ohne ausgelaufenes Nacht-Notfallhöschen aufgewacht war, doch die Pampers, die er diese Nacht trug, hatte scheinbar mĂŒhelos dichtgehalten und das, obwohl Finn in der Nacht mehrfach von wahrlich drĂ€ngendem Harndrang aufgeweckt worden war und anschlieĂend im Halbschlaf mit vollem Strahl in die Windel gepieselt hatte. Vorne fĂŒhlte sie sich etwas feucht an, ansonsten war eigentlich gar nichts zu spĂŒren.
Als wĂ€re er an keinem Zeitpunkt in den zwölf Jahren, die er bereits auf dieser Erde unterwegs war, zufriedener gewesen, rollte Finn sich an die Kante seines Bettes, streckte die Arme und drĂŒckte anschlieĂend seine Beine zusammen. Oha! NĂ€sse war zwar fast keine zu spĂŒren, dafĂŒr war die Pampers aber enorm aufgequollen, stellte der ZwölfjĂ€hrige begeistert fest. Finn quetschte mit einer Hand die Vorderseite seiner reichlich benutzten Nachtwindel und konnte prompt spĂŒren, wo all die NĂ€sse hingewandert war. Neugierig drĂŒckte er seinen Unterkörper mit dem rechten Arm von der Matratze weg, fĂŒhlte, wie die Windel schwer an ihm herunterhing und betastete mit der freien linken Hand die Windel an seinem Po. Rund fĂŒhlte sie sich an, und unglaublich weich. Etwas glibberig, wie ein vollgesogener Schwamm, wenn man fester zudrĂŒckte. Finn lies sich wieder auf seinen auĂerordentlich gut gepolsterten Windelpo fallen, rĂŒckte zur Bettkante, strampelte die Bettdecke beiseite und blickte herab auf die dicke Windelbeule zwischen seinen Beinen. Fasziniert zog er die Vorderseite des Schlafanzuges nach unten und blickte auf die aufgequollene, leicht gelbliche Vorderseite seiner Windel. Seiner Pampers!
Wenige Minuten spĂ€ter tapste Finn langsam den Flur hinunter und genoss bei jedem Schritt das GefĂŒhl der aufgequollenen Windel vor Vorfreude auf den kommenden Vormittag fast platzte! Mit Yannik war er ja erst fĂŒr heute Nachmittag verabredet sodass an diesem Montagvormittag genug Zeit blieb, seine neuen Pampers auf Herz und Nieren zu testen. Der Bald-SiebtklĂ€ssler ĂŒberlegte gedanklich schon, ob er heute Morgen wieder SpongeBob oder Feuerwehrdokus schauen wollte, wĂ€hrend er auf der untersten Treppenstufe stehenblieb, seine Beine leicht auseinander drĂŒckte und sich dem spontan aufkommenden Harndrang erleichterte und dabei die Augen schloss.
âMorgen Finniâ, hörte er plötzlich seinen Vater mĂŒde murmeln. Erschrocken riss Finn die Augen wieder auf, hielt sein Pipi schlagartig ein und sah sich verwirrt um. In einigen Metern entfernt saĂ sein Vater am Esstisch und blickte zu ihm herĂŒber. Mit der linken Hand umklammerte er eine Milchtasse und statt eines der blauen, vom WĂ€scheservice seines Arbeitgebers immer sorgfĂ€ltigst gebĂŒgelten Hemden trug er ein ausgewaschenes Bruce-Springsteen-Tshirt und hatte die Rasur heute Morgen offenbar ĂŒbersprungen.
Finn löste sich aus seiner Starre, ging Richtung Esstisch und antwortete seinem Vater verwundert: âHi Dad! Bist du nicht diese Woche in Frankfurt?â Den Arbeitsrythmus seines Vaters kannte Finn mittlerweile eigentlich auswendig. In der einen Woche war er Montags bis Mittwochs in der Firmenzentrale in Frankfurt und Donnerstags und Freitags in der lokalen Zweigstelle und in der anderen Woche Dienstags bis Donnerstag beim Kunden vor Ort in Stuttgart â Das kannte Finn in und auswendig denn davon hatte in den letzten vier Jahren immer abgehangen, ob sein Vater eben erst Donnerstags oder schon Mittwochs wieder zuhause gewesen war.
âAchâ, murmelte Karl abwiegelnd: âNeee.â Er stockte kurz, ĂŒberlegte was er sagen sollte und sagte dann nur âDiese Woche nicht.â
Finn, der grade noch damit beschĂ€ftigt gewesen war, sich innerlich ĂŒber den nun geplatzten Spongebob-Windel-Vormittag zu Ă€rgern, sah seinen Vater nun mit einer Mischung aus Verwunderung und Besorgnis an: âPapa, warum bist du nicht bei der Arbeit? bist du krank?â, fragte er.
âNicht direktâ, antwortete Karl, wĂ€hrend er Finn die MilchtĂŒte hinĂŒberschob: âWorauf hast du dich als erstes gefreut, als du heute Morgen aufgewacht bist?â
Auf die Pampers!, wĂ€re Finns ehrliche Antwort gewesen. Stattdessen antwortete er: âNachher mit Yannik zu spielen! Den kennst du gar nicht, aber der ist voll cool! Wir haben angefangen, so einen riesen Schaufelradbagger zu bauen und mĂŒssen nur noch ein paar Teile zusammenbauen, dann ist er fertig!â schwĂ€rmte Finn und auch seinem Vater huschte ein LĂ€cheln ĂŒbers Gesicht.
âUnd kennst du auch die Tage, wo du als erstes, wenn du aufwachst, an etwas nicht so tolles denkst? Zum Beispiel an den Matheunterricht mit Frau Zang?â, fragte ihn sein Vater
âAch, die Zang hab ich doch schon seit einem Jahr nicht mehr! Und Herr Sauer ist echt voll ok!â, befand Finn sichtlich gut aufgelegt wĂ€hrend er Milch ĂŒber seine Cornflakes goss.
âAch, wusstâ ich garnicht, wie lĂ€ufts denn dann in Mathe?â, schwiff Karl ab.
âAufm Zeugnis hab ich ne zwei!â, befand Finn stolz. Wusste das Papa etwa noch nicht? FĂŒr ihn war das ein Rieseding gewesen, richtig stolz war er darauf gewesen, sich bei seinem neuen Mathematiklehrer um zwei Noten verbessert gehabt zu haben.
âDas ist ja wirklich toll! Wusstâ ich garnicht!â, befand sein Vater, erneut hellte sich seine Miene kurzzeitig auf.
âUnd jetzt stell dir vor, dass du einen ganzen Tag lang nur Mathe bei Frau Zang hast, sogar an mehreren Tagen in der Woche. Du wĂŒrdest dich vielleicht irgendwann fragen, ob du nicht lieber auf eine andere Schule hĂ€ttest gehen sollen, vielleicht aufs Scholl-Gymnasium? Aber stattdessen bleibst du und denkst, bald Ă€ndert sich das vielleicht und eigentlich hast du gar nicht die Zeit dir Gedanken zu machen ob du das willst, oder was du ĂŒberhaupt wirklich willstâ, Karl stockte und blickte nach unten auf die Milchtasse zwischen seinen HĂ€nden.
Finn blickte besorgt zu seinem Vater herĂŒber. So kannte er ihn gar nicht. Es war ohnehin selten, dass sie ĂŒber persönliche Dinge sprachen und selbst dann blieb Karl eigentlich immer sehr vage. Und sprach eigentlich nie ĂŒber sich selbst.
âUnd ehe du dich versiehst, hast du dein halbes Leben bei Mathe mit Frau Zang verbracht âŠâ, konsternierte Karl und schwenkte die Milch in der halbleeren Tasse umher. Der Endvierziger schloss seine Augen, um nicht vor seinem Sohn zu weinen. Herrgott, warum breitete er seine Sorgen vor dem Jungen aus? Er musste doch stark sein fĂŒr Finn. Und fĂŒr Elisabeth! Stark und verlĂ€sslich!
Finn streichelte die um die Milchtasse gelegte, rechte Hand seines Vaters: âUnd Mathe mit Frau Zang ist deine Arbeit, oder?â, fragte er leise.
Sein Vater nickte stumm.
âMacht es keinen Spaà ⊠administrativer Projektkoordinator ⊠zu sein?â, fragte Finn wĂ€hrend er mit seinem Po nervös vor bis zur Stuhlkante rutschte und dabei wieder an die dicke Pampers zwischen seinen Beinen erinnert wurde. Er musste kurz ĂŒberlegen, wie der Beruf seines Vaters hieĂ. Hatte er ihn ein paar Mal fragen mĂŒssen, bis er es sich hatte merken können. Er wusste es noch genau, das war im Herbst nach seinem achten Geburtstag gewesen, da war sein Vater Donnerstags freudestrahlend nach Hause gekommen und hatte seiner Mutter verkĂŒndet, dass er nun Projektkoordinator sei, administrativer Projektkoordinator. Bald darauf hatte er den schwarzen Audi als Firmenwagen bekommen, dessen Nachfolgermodell nun in der Garage des Einfamilienhauses stand. Und statt das Elisabeth ihm Sonntag Abends immer die Hemden bĂŒgelte, lieĂ er das fortan den WĂ€scheservice erledigen. Auf Finn hatte es immer gewirkt, als wĂŒrde sein Vater irgendetwas sehr wichtiges tun, auch wenn er eigentlich gar nicht wusste, was das war.
Yanniks Vater war Tischler, da wusste er genau, was er tat. Tische herstellen, in seiner Werkstatt.
Der Vater von Luca hingegen verwaltete irgendetwas in der Stadtverwaltung und Tobis Vater gehörte eine Spedition. Und obwohl das alles ziemlich verschiedene Dinge waren, saĂen die eigentlich immer nur im BĂŒro und machten dort irgendwelche Sachen. Telefonierten, schrieben Emails und so weiter.
âPapa, was machst du denn eigentlich als administrativer Projektkoordinator?â, fragte der ZwölfjĂ€hrige sichtlich verwirrt. Er hatte gar nicht gewusst, dass sein Vater dessen Arbeit so wenig mochte.
âNaja, alles was wir bei uns in der Firma machen, ist quasi ein Projekt. Also zum Beispiel das Kopernikus-Projekt, in dem ich seit letztem Jahr drin bin. Da möchten wir ein Computerprogramm fĂŒr uns einsetzen, was automatisch erkennt, wenn jemand unsere Versicherung versucht zu betrĂŒgen. Also wenn zum Beispiel jemand sein Fahrrad absichtlich kaputt macht um von der Versicherung ein neues zu bekommen. Und da arbeiten viele Leute dran, die alle ihre eigene Aufgabe haben. Manche kennen sich gut mit Computern aus, manche gut mit Versicherungsbetrug, andere gut damit, wie der Konzern eben funktioniert. Und die alle koordiniert die Projektleitung, sagt ihnen, was der andere Teil des Teams grade macht, klĂ€rt intern ab, ob man das so machen darf, ob es dafĂŒr Zeit gibt und so weiter. Und in der administrativen Projektleitung kĂŒmmere ich mich darum, dass diese Projektleitung funktioniert und das alles, was das Projektleitungsteam so macht, in sich abgeschlossen und wasserdicht ist.â
Finns Gesicht war ein einziges Fragezeichen: âĂh, aha?â, antwortete er: âund das macht keinen SpaĂ?â, fragte der ZwölfjĂ€hrige. Wenn er ehrlich war, klang es auch nicht grade so, als wĂŒrde es sonderlich viel Freude bereiten. Was sein Vater jetzt wirklich tat im BĂŒro, wusste er immer noch nicht.
Karl presste die Lippen aufeinander: âEs ist ein sicherer Arbeitsplatz mit ausgezeichneter VergĂŒtung und geregelten Arbeitszeiten.â
âĂh okayâ, antwortete Finn, wĂ€hrend er noch ĂŒber die Beschreibung des Arbeitsalltags seines Vaters nachdachte.
Eine Weile lang schwiegen die beiden, Finn mampfte seine mittlerweile bereits reichlich matschig gewordenen Fruit-Loops-Cornflakes und Karl nippte an seiner kalten Milch. Finns Vater hatte nicht das GefĂŒhl, alles gesagt zu haben, bei weitem nicht. Er ĂŒberlegte noch, was er seinem Sohn noch erzĂ€hlen sollte oder ob es falsch war, ihn damit zu belasten.
Zum Beispiel, das sein schönster Arbeitstag seit langem in der zweiten Woche nach dem Einzug in das neue Hochhaus gewesen war. Als ein Handwerker des Subunternehmens, welches fĂŒr den Konzern die Medienausstattung in allen BĂŒrorĂ€umen installierte, mitten im Daily-HeadsUp-Meeting in sein BĂŒro hineingeplatzt war und sich mit dem Bohrer an der Flurtrennwand zu schaffen gemacht hatte. Alle BĂŒros im neuen GebĂ€ude hatten statt schnöden Lichtschalter groĂe Touchscreens, mit denen man das Licht der Tageszeit entsprechend einstellen konnte, die Klimaanlage bediente, Musik abspielen konnte und welcher einem die Uhrzeit anzeigte. Eigentlich ein Gimmick, dessen Abwesenheit Karl in der vergangenen Woche allerdings schmerzlich vermisst hatte, immerhin war die einzige nutzbare Lichtquelle in seinem BĂŒro in der vergangenen Woche seine Schreibtischlampe gewesen, die er aus Gewohnheit vom alten BĂŒro mit rĂŒber genommen hatte. Das Beschaffungsmanagment hatte die GerĂ€te nicht rechtzeitig liefern können und so hatten er und viele weitere Angestellte ihre BĂŒros im neuen GebĂ€ude ohne bedienbares Licht bezogen. Eigentlich ein Treppenwitz.
Statt sich nun ĂŒber die Ankunft des lang erwarteten Monteurs zu freuen, hatte Karl ihn harsch angefahren. Hatte eilig sein Wireless-Headset stummgeschaltet und ihn gefragt, was das denn solle, ungefragt, ohne zu klopfen, verspĂ€tet und ĂŒberhaupt. Dummerweise hatte der Monteur an diesem Morgen noch weniger Frustrationstoleranz besessen als Herr Samsa und hatte, nach kurzem Streit, das BĂŒro einfach verlassen und seine groĂe Plastikkarre mit dem Touchscreen, allerlei Sortimo-Kisten und Montageplatten einfach dort stehengelassen. Der Endvierziger war kurz ĂŒberrumpelt gewesen, riss seine BĂŒrotĂŒre auf und sah sich hektisch um. Der brĂŒskierte Monteur war wie verschwunden. WĂ€hrend auf Karls rechtem Ohr der SME weiter ĂŒber den Fortschritt bei der Kennlinienimportierung referierte, blickte Karl ratlos in den nun herrenlos dastehenden Montagewagen. Ohne sich groĂ Gedanken zu machen, griff er nach dem lose herumliegenden Akkuschrauber, hielt ihn wie eine Pistole und feuerte ein paar Mal auf die Hohlwanddose in der Wand, aus der das Anschlusskabel fĂŒr das Beidenpanel einsam herausragte.
Kaum eine Sekunde spĂ€ter durchzuckte ihn die Einsicht, dass das grade wohl definitiv zu kindisch gewesen war. Wenn das einer der Kollegen gesehen hĂ€tte! SchlieĂlich konnte man die Flurtrennscheibe d eben noch nicht verdunkeln, sodass jeder sehen konnte, was Karl in seinem BĂŒro trieb. Er konnte nur von GlĂŒck reden, dass ihn in niemand so gesehen hatte. Herr Samsa legte den Akkuschrauber beschĂ€mt wieder zurĂŒck und ging zurĂŒck zu seinem Schreibtisch. Und drehte nach zwei Schritten doch wieder um und griff in die Kiste. BeĂ€ugte die Aufschriften auf den Werkzeugkisten.
Die nĂ€chsten drei Stunden verbrachte Karl nicht an seinem Schreibtisch, sondern sĂ€gte mit der StichsĂ€ge eine passgenaue Aussparung fĂŒr das Tablet in die Holzverkleidung. Fertigte aus dem ĂŒberzĂ€hligen Schnittholz noch eine Einrahmung fĂŒr das GerĂ€t an und betrachtete kurz vor der Mittagspause stolz sein Werk. Im Gegensatz zu allen anderen RĂ€umen, in denen die GerĂ€te gleichförmig lieblos auf die Wand gesetzt waren, war der Touchscreen in seinem Raum hĂŒbsch in die Wand integriert! Karl wĂ€hlte auf dem GerĂ€t zufrieden den Verdunklungsmodus fĂŒr die Flurtrennscheibe aus, tauschte sein von HolzspĂ€nen ĂŒbersĂ€tes Hemd gegen das frische Exemplar, welches er stehts in seinem Sideboard fĂŒr den Falle eines Kaffefleck-Unfalles bereitstand und verschwand mit dem Rest der Abteilung zum Mittagessen.
Als Karl am nĂ€chsten Tag turnusgemÀà den Abteilungsleiter in seinem BĂŒro empfing, antwortete er auf dessen verwunderte Frage nach der detailverliebten Montageart des Screens scherzend und lachend: âJa ich hab mich auch gewundert! Waren gestern wĂ€hrend der Mittagspause hier. Meine GĂŒte, da scheint sich ja einer echt ausgetobt zu haben, das muss ja Stunden gedauert haben! Da sollten man mal mit der Effeiziensoptimierung anfangen, nicht bei uns!â
âAch âŠâ, seufzte sein Vater, wĂ€hrend Finn auch nicht so recht wusste, was er sagen sollte. Er hatte seinen Vater eigentlich selten unglĂŒcklich erlebt, wenn auch nicht unbedingt oft wirklich fröhlich. Aber in diesem Moment hatte er das GefĂŒhl, seinem Vater noch nie so nahe gewesen zu sein. Er behandelte ihn nicht wie ein kleines Kind, wiegelte ab, sprach lapidare Beruhigungen. Er war ehrlich.
âWĂŒrdest du gerne lieber einen anderen Beruf haben?â, fragte er schlieĂlich, die Milch vom Cornflakeslöffel schlĂŒrfend.
âAch âŠâ, setzte Karl wieder an: âHattest du schonmal einen Wunsch, Finn, den du wirklich gerne erfĂŒllt haben wölltest, aber von dem du weiĂt, dass das nicht zu der Person, die andere in dir sehen, passen wĂŒrde?â, Finns Vater gestikulierte unsicher, nach Worten suchend, mit seinen HĂ€nden: âWolltest du zum Beispiel mal etwas machen, du nicht durftest? Vielleicht was, das nicht deinem Alter entspricht? Vielleicht warst du mal zu klein, um etwas zu dĂŒrfen? Stell dir vor âŠâ
Zu klein fĂŒr etwas? Zu groĂ fĂŒr etwas, fĂŒr einen Wunsch, zu alt fĂŒr einen Wunsch, das hatte Finn gekannt. Die Windeln. Der ZwölfjĂ€hrige nickte aufgeregt.
âTrotzdem machen!â, bekannte Finn ungefragt und impulsiv-entschlossenm, unterbrach seinen Vater gar mitten im Satz: âWenn man jahrelang nur ĂŒberlegt, was sein könnte, wie es sich wohl anfĂŒhlen wĂŒrde, wie das Leben wohl wĂ€re wenn man das macht was man immer wollte aber sich nie getraut hat, ist das voll unnötig. Wenn man es dann irgendwann macht, fragt man sich, wieso man das nicht schon vor Jahren gemacht hat!â
Finns Vater erstarrte fĂŒr einen Moment und sah seinen Sohn erstaunt an.
âNinja, lauf doch nicht weg!â, bat Finn vergebens die verschmuste Katze, welche sich vor einem Moment noch zufrieden von dem Jungen hatte streicheln lassen: âMannoâ, seufzte Finn gespielt-theatralisch und blickte wehmĂŒtig der Katze, die soeben ĂŒber den Innenhof des kleinen Bauernhofes davonlief, hinterher.
Finn stand wieder aus der Hocke auf und drehte sich ĂŒberschwĂ€nglich zu Yannik herum, der grade scheinbar beim anziehen seiner Schuhe erstarrt war. Yanniks hellgrĂŒne Klettverschlusschuhe mitsamt der gelb-blau gestreiften Socken: Was Finn vor ein paar Wochen in der Sportumkleide noch als megapeinlich eingestuft hĂ€tte, erinnerte ihn nun so deutlich an vergangene Grundschultage, dass er seine Garderobe am liebsten augenblicklich mit Yannik getauscht hĂ€tte: âWas isâ denn?â, fragte Finn verduzt, woraufhin der ZehnjĂ€hrige mit dem Kopf schĂŒttelte, als wĂŒrde er einen Gedanken wegwischen: âNixâ, antwortete er fix und sprang ebenfalls auf.
Es hatte nach dem gemeinsamen FrĂŒhstĂŒck von Finn und seinem Vater gar nicht so lange gedauert, bis Yannik angerufen hatte. Vater und Sohn hatten sich zusammen auf die Couch gesetzt und semiunterhaltendes FrĂŒhstĂŒcksfernsehen geschaut, als sie plötzlich das Festnetztelefon aus ihrer Situation erlöst hatte. Das war ungewöhnlich. Auf dem Festnetz riefen bei den Samsas eigentlich nur wenige Leute an. Die Kollegen seiner Eltern riefen direkt auf deren Handys an und Finns Freude schrieben ihm eh Messages, anstatt das sie anriefen. âWer ist das denn nun?â, hatte Karl verwundert gefragt und war zur Anrichte neben dem Esstisch gegangen. âYannik fragt, ob du gleich schon spielen kommen willst?â. Fragte er seinen Sohn wenig spĂ€ter. Finn drehte sich ĂŒberrascht von der Couch um. Heute war ja Montag! Sie hatten sich ja verabredet!
âSoll ich dich fahren?â, hatte sein Vater gefragt, noch bevor Finn auf die erste Frage hatte antworten können. Der ZwölfjĂ€hrige nickte ĂŒberaus freudig, sprang voller Elan ĂŒber die RĂŒckenlehne des groĂen schwarzen Sofas und machte sich auf den Weg in sein Zimmer, bis Karl ihm noch etwas hinterher lief:
âAchja, und ÀÀh Finn, du sollst dir eines der Notfallhöschen anziehenâ, berichtete er.
âJip!â, antwortete Finn bemĂŒht neutral und doch merklich freudig wĂ€hrend er mit einer Hand verlegen in die aufgequollene Pampers zwischen seinen Beinen drĂŒckte. Eigentlich hatte er die noch anbehalten wollen, bis sie so Paul-style-mĂ€Ăig völlig durchnĂ€sst gewesen wĂ€re, bis oben hin vollgepinkelt und zwischen seinen Beinen hĂ€ngend: Das war eigentlich der Plan fĂŒr den heutigen Morgen gewesen. Mit Spongebob oder einer anderen Kinderserie, auf dem Wohnzimmerteppich. Aber jetzt zu Yannik zu gehen war eine wirklich willkommene Auflockerung an diesem Morgen! Finn tapste die Treppe nach oben und lief gegen den durchaus bereits spĂŒrbaren Widerstand der an seinem Po sachte hin-und-herwackelnden Pampers in sein Zimmer. Routiniert wie er mittlerweile war, öffnete der ZwölfjĂ€hrige seine Windelschublade und wurde plötzlich von einer Ăberraschung durchzuckt. Neben den zwei Stapeln Pyjamahöschen lagen in seiner auserkorenen Windelschublade eine blaue Tube, welche sich bei genauerem betrachten als Niveacreme herausstellte und eine Packung FeuchttĂŒcher!
Finn brauchte selbstverstĂ€ndlich keine Sekunde, um herauszufinden, wofĂŒr das Zeug gedacht war. Wickelausstattung, fĂŒr ihn! Muss seine Mutter wohl gestern Morgen, bevor sie zu Antonia gefahren waren, noch reingelegt haben. Oder danach? Nee, da hatten sie und Papa ja im Wohnzimmer gestritten. Finn ballte die linke Hand zur Faust, als hĂ€tte er grade einen bedeutsamen Sieg errungen und nahm beide Plastikverpackungen sowie einen frischen Pullup aus der Schublade.
Mit allen notwendigen Utensilien ausgestattet huschte Finn ins gegenĂŒberliegende Badezimmer, legte sich auf den flauschig-weichen Badezimmerteppich, zog wehmĂŒtig seine ebenso flauschig-weiche Windel aus und machte ausgiebig von den FeuchttĂŒchern gebrauch. Das fĂŒhlte sich echt gut an, musste er sich eingestehen! Immerhin war er seit mehr oder weniger vorgestern Abend ununterbrochen in meist nassen Windeln gewesen und entsprechend juckte seine Haut nun doch ein wenig. Als noch wesentlich angenehmer entpuppte sich kurz darauf aber die Windelcreme, wobei Finn nicht ganz sicher zu sagen vermochte, ob die ĂŒberaus beruhigende Wirkung der Creme dadurch zustande kam, dass es eben eine sehr angenehme Hautcreme handelte, oder ob der Grund vielmehr im Gedanken begrĂŒndet lag, dass zu einem waschechten Windelwechsel die Windelcreme eben dazugehörte. Finn zog den Pullup hoch, warf seine leidergottes nur halbvolle Nachtpampers in seinen WindelmĂŒlleimer und flitzte zurĂŒck in sein Zimmer, schob die Windelschublade wieder zu und öffnete stattdessen die restlichen FĂ€cher seines Kleiderschranks. Zwar hing auf seinem Schreibtischstuhl noch Yanniks rotes Kwak-Enten-Shirt und die flickenĂŒbersĂ€hte Spielhose, die er bereits gestern beim Ausflug in den Erlebniswald getragen hatte und die einfach perfekt zu einem Tag als Grundschulkind mit Pipi-Problem passten, aber die sollte er Yannik eben heute wieder zurĂŒckbringen. In seinem eigenen Part vom Kleiderschrank wurde er nicht so wirklich fĂŒndig, irgendwie war die Klamottenauswahl aktuell ohnehin ein wenig begrenzt. Einige KleidungsstĂŒcke waren seit Finns letztem Wachstumsschub, der ihn immerhin nahe an die Ein-Meter-vierzig-Grenze gebracht hatte, zu klein und andere hatte er vor kurzem aus peinlichkeitsgrĂŒnden aussortiert. Die Hosenauswahl war schnell erledigt, in Ermangelung aller Alternativen eine hellblaue stretch-Jeansshorts die zwar zweifelsohne bequem war, aber vom Schnitt her nur bedingt dazu geeignet war, einen Pullup zu verbergen. Finn Ă€rgerte sich ĂŒber sich selbst. Eigentlich fand er den Gedanken toll, dass andere sehen könnten, dass er ne Windel anhat, so als wĂ€re das fĂŒr ihn ganz normal und nichts, was man verstecken mĂŒsste. So war das ja auch gestern im Erlebniswald gesehen, seinen vollgepinkelten Pullup hatten die anderen Kinder ja bestimmt auch unter seiner Hose bemerken können, aber das war ihm eben egal gewesen. Aber heute vor Yannik? Klar, er hatte sich schon mehrere Male, teils absichtlich doch auch teils völlig aus Versehen vor seinem zehnjĂ€hrigen Klassenkameraden eingepullert, aber irgendwie hatte er Bammel vor dem Gedanken, dass der blonde Strubbelkopf herausfinden könnte, dass Finn Windeln trĂ€gt. Und dass, obwohl er gestern vor Paul noch stolz verkĂŒndet hatte, dass er jetzt auch wieder Pampers tragen musste. HĂ€tte er die Wahl gehabt, wĂ€re Finn heute vermutlich ohne Pullup unter der Hose zu Yannik gegangen und das obwohl er das weiĂe Zauberpolster zwischen seinen Oberschenkeln weiterhin vergötterte. Nun forderten ihn plötzlich seine Eltern auf, zur Sicherheit einen Pullup zu tragen und Finn war klar, dass er sich das selbst eingebrockt hatte. Es gefiel ihm.
Etwa eine Stunde spĂ€ter liefen die beiden Jungen schlieĂlich im Lichte der ausnahmsweise angenehm warmen und nicht brĂŒtend-heiĂen Mittagssonne ĂŒber den kleinen Innenhof des umfunktionierten Bauernhofes, Yannik öffnete das groĂe knarzende Tor der Werkstatt seines Vaters und die beiden Jungen traten herein in die schummrig-gemĂŒtlich beleuchtete ehemalige Scheune. Es roch leicht Ălig, ĂŒbertönt nur vom Geruch des Holzes selbst und ĂŒberall standen Balken und Platten, selbst einzelne Baustammsegmente und allerlei Werkzeug herum. Die Baustrahler, welcher die Fachwerkdeckenkonstruktion anstrahlten tauchten die ganze Halle in ein gemĂŒtliches, oranges Licht, welches nur von den grellen Arbeitsleuchten, die an dĂŒnnen Seilen in der Mitte des Raumes herunterhingen, unterbrochen wurde. An der Werkbank standen zwei MĂ€nner, der eine legte grade die noch ausdrehende Schleifmaschine beiseite und der andere schrubbte akribisch mit einem Lappen ĂŒber eine groĂe, mĂ€chtig aussehende Holztafel.
âHuch, Papa?â, fragte nicht Yannik, sondern Finn, der auch allen Grund dazu hatte, ĂŒberrascht zu sein, seinen Vater in dieser Holzwerkstatt anzutreffen.
Karl und Ludwig, die bis eben noch mit dem RĂŒcken zum groĂen Tor gestanden hatten, drehten sich um und Yanniks Vater beantwortete die Frage an Karls stelle: âHi Finn! Dein Papa und ich basteln grade an ner Schreibtischkombination rum, schau mal!â, erklĂ€rte er und trat, wĂ€hrend er sprach, langsam bei Seite und breitete theatralisch die Arme aus um die dahinterstehende Schreibtischkonstruktion gebĂŒhrend zu prĂ€sentieren: âZwei Meter, sĂŒddeutsche Eiche, Vollholz!â, fĂŒgte er rasch hinzu, als wĂ€ren es Daten auf einem Autoquartett.
âDie Platte war echt in miserablem Zustand, aber es ist immer wieder ein wunder, was ordentliches abschleifen, Hartöl und BaumwolltĂŒcher alles verrichten können!â, diese ErklĂ€rung kam nun allerdings zur Verwunderung beider Kinder nicht mehr von Yanniks Vater, sondern von Karl. Dessen Bruce-Springsteen-Tshirt war nun mit allerlei SĂ€gespĂ€nen ĂŒbersĂ€ht und ĂŒber seiner Schulter lag besagter Baumwolllappen.
âPapa, weiĂt du, wo der WM-Ball ist?â, fragte Yannik unbeirrt. Immerhin war die Suche nach einem vernĂŒnftigen FuĂball der eigentliche Grund gewesen, warum sie in die Scheune gegangen waren!
âJa du, da wo du ihn zuletzt hingetan hast!â, zwinkerte Ludwig seinem Sohn zu, löste das RĂ€tsel aber nach einer kurzen Kunstpause auf: âDer lag auf dem RasenmĂ€her drauf, hab ihn jetzt drauĂen neben die Regentonne gelegt.
âYeah, danke, Papi!â, rief Yannik und machte bereits Anstalten, die Halle durch das kleine Tore auf der RĂŒckseite in Richtung Garten zu verlassen.
âFinni, musst du vielleicht nochmal âŠ?â, fragte sein Vater plötzlich. Völlig unerwartet, unnötig und ohne jeden Anlass. Bestimmt hatten er und Yanniks Vater schon darĂŒber geredet, dass er sich beim letzten Mal als er hier zu Besuch gewesen war, in die Hose gemacht hatte. Wie peinlich war das denn bitte? Finn warf einen hektischen Blick zu Yannik herĂŒber, welcher genau in diesem Moment interessiert auf Finns Hose blickte, so als wĂŒrde sich dort grade wieder einmal ein nasser Fleck bilden. War natĂŒrlich Quatsch, wie Finn feststellte als er unsicher eine Hand zwischen seine Beine drĂŒckte. Alles trocken, innen wie auĂen. Zugegeben, er musste definitiv mal wieder pullern, aber dafĂŒr hatte er ja Pullups an. Der ZwölfjĂ€hrige grummelte ein fĂŒr seinen Geschmack viel zu sehr nach bockigem Kind klingendes âNööâ, als Antwort und lief Yannik hinterher in Richtung GartentĂŒre wĂ€hrend er noch versuchte, herauszufinden, warum ihm diese Situation grade so ein Kribbeln im Bauch beschert hatte.
Kaum war die krumme TĂŒre der Scheune wieder ins Schloss gefallen und die beiden Jungen somit im weitlĂ€ufigen aber dafĂŒr umso friedlicherem, ruhigen Garten angelangt, fragte Yannik plötzlich wie aus der Pistole geschossen: âSicher, dass du nich strullern musst? Geh doch einfach nochmal schnell bevor wir loslegen! Du merkst das nich so, oder?â
âWas? Ăhm nee, Ă€h ich meine ja, was?â, antwortete Finn ein wenig ĂŒberrumpelt angesichts der Fragenflut und blickte auf seine dunkelroten Sneaker herab.
âIch mein ja nur, du hast dir jetzt schon ein paar Mal in die Hose gestrullert, eigentlich immer, wenn wir zusammen gespielt haben! Ist ja nich schlimm oder so, aber ich mein ja nur, vielleicht passiert dir das weniger wenn ich dich ab und zu mal erinner, ist ja nix dabei!â, antwortete Yannik, so unbekĂŒmmert wie aufgeregt.
Finn blickte immer noch zu Boden und fragte sich gedanklich, ob er sich wirklich jedes Mal, wenn er mit Yannik gespielt hatte in die Hose gemacht hatte. Als ob! Sein Freund ĂŒbertrieb doch, oder?
âAber andererseitsâ, setzte Yannik erneut an, nachdem er verstanden hatte, dass von Finn keine Antwort kommen wĂŒrde. Sein Tonfall hatte sich geĂ€ndert, er sprach nun wieder ein einem normalen, fast langsamen Sprechtempo und vom Tonfall her ein bisschen so, als wĂŒrde er gleich etwas sagen, das Finn verblĂŒffen wĂŒrde. Wie ein Plottwist in einer Serie, wie der Monolog eines Juniordetektives am Ende der Hörspielkassette, wenn plötzlich der Knoten, der alle FĂ€den zusammenhĂ€lt, entdeckt und das Geheimnis gelĂŒftet wird: âAber andererseits, heute kann ja auch nix passieren.â
âHeh?â, Fragte Finn verwirrt und blickte auf. Yannik stand vor ihm und wackelte aufgeregt mit den Armen umher, was so gar nicht zu dem Tonfall, den er grade eingeschlagen hatte, passte. Yannik pustete sich eine seiner blonden Locken zur Seite und sagte nun wie ein kleines Kind, was stolz war, etwas zu wissen was es eigentlich nicht wissen dĂŒrfte: âDu hast ne Windel an, ich habs genau gesehen! Eben, als du dir die Schuhe angezogen hast! Deshalb ists ja eh nich so schlimm wenn du dir einstrullerst heute!â
âHeeeyâ, antwortete Finn abwehrend: âDas sind keine Windeln, das, das ⊠das sind Notfallhöschen!â
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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Ne echt tolle story und richtig gut geschrieben! Ich hab aber mal ne Frage: Macht Finn auch mal groĂ in seine Windel, oder ist das fĂŒr die Story nicht vorgesehen?
Soll ichs wirklich verraten? … đ
Ich frag mich ehrlich gesagt, warum können nicht alle so geil schreiben wie du? Jedes Mal, wenn ein Teil zu Ende ist, denke ich mir, wie schön es wohl wÀre, wenn dieser Teil ein wenig lÀnger gewesen wÀre, oder wenn der nÀchste Teil gleich hinterher kommt.
Ich muss wirklich sagen, wenn ein Teil von dir rauskommt, also ein Teil der Geschichte, dann ist es fĂŒr mich auf jeden Fall etwas, was es sich lohnt zu lesen!
Es gibt leider nur wenig, wirklich ziemlich wenig, Leute, die so genial schreiben, wie du zum Beispiel. Es ist nicht nur die Wortwahl, oder das beschreiben, was du wirklich richtig, richtig gut drauf hast, es ist die Verbindung zwischen den Charakteren, es ist die story, die von vorne bis hinten einen Sinn ergibt, die nicht völlig unglaubwĂŒrdig ist oder wirkt, und nicht wieder eine 0815 story, die jeder schon mal gelesen hat und die es zu genĂŒge gibt!
Hut ab, wirklich gut gelungen! Auch wenn ich sagen muss, dass ich mich jedes Mal freue, wenn du was neues von dir rauskommt, habe ich trotzdem das GefĂŒhl, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis wieder eine Story rauskommt, die absolut nicht lesbar sein wird….
Mensch Mahlzeit, vielen Dank mal wieder fĂŒr dein Lob! Ich kann deine Gedanken gut nachvollziehen – aber es gibt ja zum GlĂŒck auch manchmal andere gute Geschichten, ansonsten hĂ€tte ich ja garnix zum lesen xD
Mal wieder ein Super cooler Teil der besten Geschichte hier.
Ich freu mich auf den nÀchsten Teil!
Hallo Giaci ??
Endlich finde ich Zeit dir zu schreiben. Gelesen habe ich den neuen Teil natĂŒrlich sofort ?.
Wieder eine schöne Fortsetzung ??.
Allerdings habe ich tatsĂ€chlich mal etwas anzumerken… ?
Bisher hast du es immer geschafft WĂ€rme und Entspanntheit in die Story zu schreiben. Man konnte sich alle Sets gut vorstellen und sich in Ruhe auf sie einlassen! Man fĂŒhlte sich âin der Geschichteâ und bei den Protagonisten. Das vermisse ich dieses mal ein wenig. Ich hatte beim Lesen den Eindruck durch die Story rennen zu mĂŒssen. Auch sind mir, fĂŒr dich sehr ungewöhnlich, vergleichsweise viele Fehler im Text aufgefallen (Satzbau und auch mal ein Satz der so keinen Sinn ergibt).
Insgesamt nichts dramatisches. Aber es fÀllt halt auf.
Bitte sei mir nicht böse. Ist definitiv nicht so gemeint !
Aber ich habe den Eindruck das du dich beim Schreiben hast hetzen lassen. Vielleicht weil du dachtest es muss jetzt endlich mal ein neues Kapitel kommen?!
Mach dir keinen Stress. Bleib dir treu und schreib bitte weiter so toll weiter wie bisher! ???
Ich freue mich und bin sehr gespannt wie es Finn weiter ergeht!
LG und schöne Feiertage ? in dieser Zeit!
GruĂ,
Lukas ?
P.S.
Jetzt kann jeder meine Fehler zÀhlen ?
Hi,
Danke fĂŒr dein Kommentar! Ist wichtig, auch mal sowas zu hören. In der Tat hatte ich die letzten Monate relativ viel zu tun und war stellenweise vielleicht auch beim schreiben der Geschichte etwas gestresst – und ich hatte das letzte Kapitel auch abgeschickt, bevor ich es am Ende Korrektur-Vorgelesen habe. So ist mir auch die Vertauschung von Antonia und Elisabeth direkt am Anfang passiert. Hab beim nĂ€chsten Kapitel (Gestern Abgeschickt! :D) Winterferien-bedingt wieder mehr Zeit und Ruhe beim schreiben. Sag mir gerne, obs diesmal wieder besser geworden ist đ
Hey ?? ?
Bin sehr gespannt.
Cool das du Antwortest!
Ich wĂŒnsche dir einen guten Rutsch ins neue Jahr ??
Deine Geschichten sind so toll. Freue mich schon auf die Fortsetzung. Wird sein Freund auch Windeln probieren? Es bleibt spannend đ
Vielen Dank fĂŒr dein Lob! Hab das nĂ€chste Kapitel abgesendet, sollte bald hier auftauchen đ
Ich habe Gay-JĂŒnger? Mensch, das ist aber cool! đ
Zu deinem ganzen gestĂ€nkere möchte ich eigentlich gar nicht viel sagen – don’t feed the Troll.
Ich hatte mich schon gewundert, wieso du meine Geschichten bisher ausgelassen hast: Hast du meine Geschichten ĂŒberhaupt richtig gelesen? Mir scheint nicht so.
Frohes Neues đ