Schicksalhafter Ferienbeginn (16)
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Kapitel 38: Alte Bekannte
„Jetzt mal ganz ehrlich, ist das wirklich so schwer?“ fragte Kathi während sie ihren Kaffee trank und sich von Sarah die verschiedenen Internetseiten zeigen ließ auf die sie gestoßen war.
„Was meinst du?“ fragte Sarah irritiert.
„Naja ist doch ganz einfach. Was ist denn so schwer daran dir selbst einzugestehen, dass du Windeln und den ganzen Kram auch magst?“ fragte Kathi.
„Ich teste das doch nur aus.“ wiegelte Sarah ab.
„Glaube ich kaum. Wenn ich das hier so sehe. Du liest dich in das Thema ein, hast diverse Shopseiten geöffnet und fragst mich zu diversen Modellen aus. Wie sieht das denn sonst aus?“ gab sie zurück.
„Du bist doof.“ sagte Sarah knapp und zog nochmals an ihrer Zigarette. Die beiden saßen schon eine Weile in der Küche. Sarah hatte angefangen Kathi die Begegnung mit ihrem Vater zu schildern, was Kathi ausreichend negativ zu Ungunsten ihres Onkels kommentiert hatte. Natürlich hatte Sarah unter den Fingernägeln gebrannt, was Kathi in ihrem Zimmer gemeint hatte, hatte es dann jedoch vorgezogen sich erst mal ihrem gelinde gesagt Shoppingwahn zu widmen.
„Und du bist uneinsichtig. Was bringt es dir, wenn du dich selbst belügst?“ fragte Kathi weiter.
„Ich belüge mich nicht selbst. Es ist schwierig.“ sagte Sarah
„Was genau ist schwierig?“ bohrte Kathi weiter, während sie Sarahs Warenkorb weiter untersuchte und Unnützes entfernte und Brauchbares hinzufügte, während Sarah geduldig zuschaute.
„Ich habe das Gefühl als ob ich gerade jeden Tag Achterbahn fahre. Es ist ein beständiges auf und ab der Gefühle und ich habe keine Ahnung wie ich das einordnen soll und was das Beste ist.“ erklärte sie ihrer Cousine.
„Hmmm…ich glaube ich weiß was du meinst. Naja ich würde sagen es ist offensichtlich, dass du daran Gefallen gefunden hast. Ich hätte echt ein Foto von dir mit dem Schnuller machen sollen. Du wirktest fast so als ob du irgendwo anders wärst.“ erklärte sie und trank noch einen Schluck Kaffee.
„So.“ setzte sie wieder an. „Ich denke mal wenn dir das zusagt, sollte dich das erst mal weiterbringen. Schau mal drüber und wenn etwas unklar ist frag einfach.“
Sarah scrollte durch den Einkaufswagen, der prall gefüllt mit allen möglichen Windeln war und auch anderem Zubehör.
„Das brauche ich alles?“ fragte sie erstaunt.
„Naja. Vielleicht nicht alles. Ein bisschen was habe ich auf Verdacht rein gepackt. Wenn du es nicht willst, dann nehme ich es halt, ganz einfach. Ist für dich also kein Verlustgeschäft.“ erklärte Kathi
„Das klingt doch vernünftig. Was ist mir dir? Brauchst du nicht noch Nachschub?“ wollte Sarah wissen.
„Für mich ist auch was drin, ich denke mal du bist so nett und streckst mir das bestimmt vor. Keine Sorge ich mache dich nicht arm. Das Geld überweise ich dir heute Abend. Ich muss noch meinen Laptop auspacken, der ist bislang immer noch in meiner Tasche.“ erklärte Kathi.
„Passt schon. Wann kommt das Zeug in etwa hier an?“ fragte Sarah neugierig.
„Übermorgen.“ gab Kathi kurz zurück.
„Das geht schnell.“ erwiderte Sarah und schaute auf die Uhr. Es war bereits 10:30 langsam rannte ihnen die Zeit davon. „Kathi wir sollten uns beeilen, spring du unter die Dusche. Ich rauche mir noch eine und mache mich danach fertig. Wir sollten pünktlich kommen.“
Kathi nickte und trank den letzten großen Schluck aus ihrer Tasse und verließ die Küche.
Die Schulglocke hatte gerade geläutet. Nach und nach stürmten alle Schüler in die Pause. Sandra trottete neben Svenja langsam in Richtung Ausgang. Viele der Schüler, die an ihnen vorbeiliefen, hatten nicht das Glück jetzt schon frei zu haben und durften noch mindestens zwei weitere Schulstunden ertragen bis es endlich nach Hause ging. Gerade die Woche vor den Ferien war eigentlich immer eine Qual, egal wie gut man war, egal ob man Spaß in der Schule hatte oder nicht. Es zog sich zäh wie Kaugummi und von Tag zu Tag wurde es schlimmer.
„Sag mal Sandra was wollte die alte Schröder denn von dir?“ fragte Svenja Sandra.
„Du wirst lachen. Ich komme um meine Vorführung herum.“ sagte Sandra triumphierend.
„Ach ne, wie das denn?“ fragte Svenja erstaunt. Sie blieb stehen und wartete auf Sandras Erklärung.
„Sie geht in Ruhestand. Sie hat sich die Frage nochmal von mir beantworten lassen, das war alles.“ erklärte Sandra kurz.
„So einfach, naja sie wird schon ihre Gründe haben. Vermutlich wollte sie an ihrem letzten Tag einfach nochmal ne gute Tat vollbringen oder sowas in der Art.“ entgegnete Svenja.
„Ich weiß nicht. Vielleicht schätzen wir sie auch einfach falsch ein. Sag mal weißt du eigentlich noch was von dem Thema mit dem sie dich drangsaliert hat?“ fragte Sandra.
„Hmmm….lass mich mal überlegen. Ich glaube ich kann dir immer noch die halbe französische Revolution runterbeten.“ gab sie schließlich zurück.
„Dann würde ich mal sagen ist die alte Schröder gar nicht mal so schlecht in dem gewesen was sie getan hat.“ erklärte Sandra lachend.
„Kein Plan.“ sagte Svenja und setzte sich wieder in Bewegung. Sandra folgte ihr.
Wenige Schritte später hatten sie das Gebäude verlassen und fanden sich in einem lärmenden Gewirr aus Stimmen und Lachen wieder. Der Pausenhof war gefüllt mit den Schülern, die zuvor an ihnen vorbei gerannt waren. Einige saßen auf den großen Steinstufen gegenüber des Haupteingangs, die wie die Plätze in einem Amphitheater angeordnet waren und unterhielten sich anscheinend. Sandra versuchte irgendwo Sarah zu sehen, aber konnte sie nicht erkennen.
„Hmmm…Sarah kann ich nicht sehen. Siehst du sie?“ fragte sie Svenja.
„Ne, am besten wir schauen mal da wo wir sonst immer zum Rauchen rumstehen, gut möglich, dass sie da rumsteht.“ gab Svenja zurück.
„Ach was ich kann sie auch nachher anrufen. Ich hab sie gestern eh erst gesehen. Geh du mal alleine.“ sagte Sandra und wollte gerade gehen.
„Ach was komm schon zur Feier des Tages, weil du dich mit der alten Schröder angelegt hast, kannste doch mitkommen auf nen Kaffee. Als ob Sarah das stören würde.“ entgegnete Svenja
„Aber…“ wollte Sandra einwerfen.
„Ach was aber hab dich nicht so.“ erwiderte Svenja beharrlich.
Sandra seufzte. „Na gut, ausnahmsweise.“
Neben den Steinstufen führte ein gepflasterter Weg zu einer Straße, diesen Weg hatte Svenja eingeschlagen. Danach war sie links der Straße gefolgt. Sandra kannte die Straße zwar und wusste wo sie endete, war sie jedoch nie entlang gegangen. Seltsamerweise verbrachte sie ihre Pause meist allein, statt sich mit ihrer besten Freundin zu unterhalten. Wenn sie so drüber nachdachte, kam es ihr ziemlich seltsam vor. Aber sich beim Rauchen außerhalb des Schulgeländes erwischen lassen, gefiel ihr dann noch weniger, als der Gedanke daran ihr Pause nicht mit Sarah zu verbringen, vor allem, weil ihr zeitgleich der Gedanke daran kam wie oft Sarah schon erwischt wurden war und dass sie genau wegen dieser Aktion von der Schule suspendiert wurde oder wie sie es nannte freigestellt wurde. Warum hatte sie sich überhaupt dazu eingelassen jetzt mitzukommen. Sie hätte die Zeit besser verbringen können. Sie hätte Kathi treffen können. Die sitzt bestimmt gelangweilt zu Hause und weiß nichts mit sich anzufangen. Sandra zog ihr Handy aus der Tasche und schrieb ihrer Freundin nochmals eine Whatsapp-Nachricht. Auf die letzte hatte sie immer noch keine Antwort. Sollte Kathi jetzt immer noch schlafen? Oder wollte sie einfach nicht antworten? Sie steckte das Handy wieder in die Tasche und folgte weiter Svenja. Vielleicht würde Sarah ja wissen ob was mit Kathi nicht stimmte.
Die beiden Mädchen waren kurz vor einer Kurve angelangt. Das andere Ende der Kurve war nicht einsehbar. Svenja schritt weiter und verschwand hinter der Kurve. Sarah war während sie nachgedacht hatte einige Schritte zurückgefallen und brauchte einen Moment länger als Svenja, konnte aber schon leise Wortfetzen aufschnappen. Anscheinend hatte Svenja Sarah gefunden.
Wenige Schritte später hatte sie die Kurve passiert und sah Svenja und Sarah rauchend auf einer Bank sitzen. Neben der Bank an einen Baum gelehnt, stand Kathi im Schatten. Sandras Herz machte einen Satz als sie Kathi erblickte.
„Na da biste ja endlich.“ sagte Svenja.
„Ja sorry, ich wollte einfach nicht so schnell.“ versuchte sich Sandra rauszureden.
„Passt schon.“ entgegnete Sarah knapp. „Schön, dass Svenja dich mit geschleift hat.“ setzte sie mit einem breiten Grinsen nach.
Sandra stand immer noch wie angewurzelt vor den beiden und war sich nicht sicher was sie als nächstes tun sollte. Sie malte sich in Gedanken aus, wie sie zu Kathi rennen, sie umarmen und küssen könnte und wie dann direkt im nächsten Moment irgendein dummer Kommentar von Svenja kommen würde. Das war also keine Option. Einfach doof hinter den dreien her trotten und nicht einmal Kathis Nähe genießen, deprimierend, aber augenscheinlich die sinnvollere Alternative.
„Sag mal was stehste eigentlich so doof da rum. Setz dich oder lehn dich an den Baum wie Kathi.“ sagte Svenja und deutete auf Kathi. „Das ist Sarah Cousine. Keinen Plan ob ihr euch kennt, hab sie gerade kennen gelernt.“
„Kathi kenne ich. Wir haben uns vor Kurzem kennen gelernt.“ gab Sandra zurück und ging rüber zu Kathi und lehnte sich ebenfalls an den Baum ohne Kathi zu nahe zu kommen, auch wenn es ihr bei der Freude sie so schnell wieder zu sehen schwer fiel.
„So und nu?“ fragte Svenja in die Gruppe.
„Ich dachte an Kaffee.“ entgegnete Sarah.
„Wie wäre es mit was zu essen? Ich hätte jetzt irgendwie Lust auf Pizza.“ sagte Svenja.
„Ist mir grad so gar nicht nach.“ meldete sich Kathi zu Wort.
„Muss ich auch nicht haben.“ kam von Sandra.
„Ich hätte schon Lust.“ antwortete Sarah.
„Na dann machen wir es doch ganz einfach. Sarah und ich gehen erstmal ne Pizza essen und ihr beiden könnt ja schon mal Kaffee trinken gehen oder sonst was machen. Wir treffen uns dann einfach später in der Stadt.“ schlug Svenja vor.
Es klopfte an der Türe zu ihrem Büro. Sie wunderte sich, denn sie erwartete keinen Besuch.
„Herein.“ entgegnete sie der verschlossenen Türe.
Ein Mann mit freundlichem Lächeln im Gesicht betrat das Büro. Sie musterte ihn kurz von unten bis oben. Er trug weiße Schuhe, eine blaue Jeans und einen Kittel. Definitiv ein Arzt dachte sie sich. Sie suchte ein Namensschild, fand aber keines. Entweder hatte er es abgenommen oder vergessen. In seinem Gesicht stand immer noch das Lächeln, das er schon beim betreten des Büros gehabt hatte. Sie betrachtete seine Augen, graublau, ein schöne Farbe wie sie feststellen musste, sie hatte etwas faszinierend Bekanntes an sich, so als ob sie die Augen schon einmal gesehen hätte. Die blonden Haare begannen an einigen Stellen bereits grau zu werden. Sie räusperte sich.
„Was kann ich für sie tun? Ich habe eigentlich keinen Besuch erwartet.“ fragte sie überrascht.
„Darf ich?“ fragte er freundlich und deutete auf den Stuhl.
„Ähm..Moment..lassen sie mich gerade einmal nachsehen was mein Terminkalender sagt“ sie kramte auf ihrem Schreibtisch herum und suchte nach ihrem Planer. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatte sie ihn gefunden und suchte nach dem nächsten Termin. Heute war anscheinend kein Termin mehr vereinbart, sie hatte also alle Zeit der Welt sich anzuhören was der Mann von ihr wollte. „Heute steht anscheinend nichts mehr an. Ich habe also Zeit für ihr Anliegen. Bitte setzen sie sich doch.“
Der Mann setzte sich auf den Stuhl und lehnte sich gemütlich zurück. „Also was führt sie zu mir?“ fragte sie ihn als er auf dem Stuhl saß.
„Ich habe heute meinen ersten Tag hier im Krankenhaus und habe mir sagen lassen, dass hier ein gewisse Helen Kraus arbeitet und ich hatte das dringende Bedürfnis sie zu sehen und da das hier augenscheinlich ihr Büro ist habe ich sie wohl auch gefunden. Du bist so schön wie damals weißt du das eigentlich.“ erwiderte er ihr freundlich.
Seine Antwort verwirrte sie. Sie betrachtete ihn eindringlich. Kannte sie ihn und wenn ja woher. An wen erinnerten sie die Augen. Irgendwo hatte sie die dort schon einmal gesehen. Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Es war Jahre her. Sie hatte sich gerade an der Universität eingeschrieben und traf in einem dieser unglaublich langweiligen, aber unerlässlichen Seminare, einen älteren Studenten. Sie freundeten sich schnell an, aber leider ging der Kontakt zu schnell verloren, nachdem sie in den Beruf eingestiegen war und sich um Sarah kümmern musste, da ihr Mann außer seiner Arbeit nichts anderes im Sinn hatte. Sie konnte es nicht glauben ihn jetzt urplötzlich wie aus dem nichts wieder zu sehen. „Stefan?“ fragte sie ungläubig. „Bist du das?“
„Ich dachte schon du kommst nie drauf.“ erwiderte er lachend.
„Was machst du hier?“ fragte sie erstaunt.
„Ich arbeite hier. Du hast anscheinend nicht mitbekommen, dass ein Platz für einen Jugendtherapeuten frei geworden ist oder?“ fragte Stefan.
„Doch das habe ich mitbekommen, aber mir hat niemand gesagt, dass er schon wieder neu besetzt wurde.“ erklärte Helen.
„Ich habe mich am Freitag ein mal herum führen lassen, da habe ich gesehen, dass hier anscheinend eine Neurologin Namens Helen Kraus tätig ist, da habe ich mir schon fast gedacht, dass du das bist, aber leider warst du da schon nicht mehr da. Du warst Freitag anscheinend sehr schnell weg nachdem eine junge Dame bei dir war. Deine Tochter nehme ich an?“ entgegnete er ihr.
„Meine Nichte. Sie ist gerade zu Besuch bei mir, weil meine Schwester wieder irgendein wichtiges Projekt betreut. Sie hat schon Ferien gehabt und deshalb ist sie bei mir untergekommen. Aber ich musste tatsächlich zu Hause etwas klären, deshalb bin ich am Freitag früher gegangen.“ fasste sie die Geschehnisse von Freitag kurz zusammen.
„Ärger mit deiner Tochter? Wie hieß sie noch gleich?“ fragte er.
„Sarah. Ja sie ist gerade in einem sagen wir mal schwierigen Alter. Sie wurde für die nächsten Wochen vom Unterricht freigestellt, weil sie beim Rauchen erwischt wurde. Der neue Rektor hatte wohl keine Lust sie als Dauergast zu haben.“ erklärte sie ihm.
„Das klingt aber nicht gut. Kommt sie denn mit dem Stoff zurecht oder gibt es da auch Probleme?“ fragte er neugierig.
„Das ist ja das absurde an der Sache. Das Kind hat seit Jahren einen Schnitt von 1,0 und macht dann so einen Mist. Ich kann mir das manchmal auch nicht erklären.“ sagte sie.
„Die beginnt ja noch dir und deinem Mann Konkurrenz zu machen. Wenn ich mich recht erinnere seid ihr beiden doch ähnlich gut durch eure Studiengänge gekommen. Er ist doch Anwalt oder habe ich da was falsches im Kopf?“ fragte er weiter.
„Ja er ist Anwalt, aber ich bin seit Jahren geschieden. Er hat anscheinend seine Arbeit geheiratet und ich und Sarah standen immer eine Stelle dahinter, irgendwann wurde mir das zu bunt. Wie sieht es eigentlich bei dir mit Familie aus? Als wir zuletzt miteinander gesprochen haben warst du doch auch schon Vater.“ erwiderte sie.
„Das stimmt. Ich habe zwei Kinder. Thomas und Leonie. Thomas ist 16, also genauso alt wie Sarah und Leonie ist 12. Ich bin mit den beiden vorletzte Woche hierher gezogen, nachdem ich die Stelle bekommen habe.“ berichtete er.
„Und deine Frau?“ fragte sie.
„Ach die. Die hat sich mit irgendeinem Tanzlehrer ins Ausland verzogen. Ein Arzt war anscheinend nicht spannend genug. Ich habe seit Jahren nichts von ihr gehört. Ist vielleicht auch besser so. Das letzte Mal Kontakt zu ihr hatte ich, nachdem ich sie dazu gebracht habe die Scheidungspapiere zu unterzeichnen. Ich sag dir das war ein Aufwand sie zu finden. Seit dem ist sie aber wieder in der Versenkung verschwunden. Ich bin froh, dass die Kinder von der ganzen Sache nicht viel mitbekommen haben.“ erzählte Stefan.
„Sie ist einfach sang und klanglos verschwunden und hat dich mit den Kindern alleine gelassen? Was ist das denn für eine Art?“ fragte Helen entsetzt
„Frag mich nicht. Meine Ex meinte anscheinend sie müsste noch was von der Welt sehen. Ich bin froh, dass ich mich nicht mehr damit rum schlagen muss und dass eines meiner Kinder inzwischen alt genug ist, dass ich mich auch wieder ein bisschen mehr um meine Arbeit kümmern kann.“ erwiderte er.
„Das kann ich mir denken. Ich habe auch nur halbtags gearbeitet als Sarah noch jünger war. Eigentlich war sie schon pflegeleicht, bis auf den ein oder anderen Ausreißer, den Teenager mal haben versteht sich.“ gab sie lachend zurück.
„Da sagst du was, die können einen richtig fertig machen.“ er lachte ebenfalls. „Ach sag mal, wenn du heute sowieso keine Termine mehr hast, warum gehen wir dann nicht einfach zusammen was essen? Was hältst du davon? Wir können ja noch ein wenig über die alten Zeiten plaudern oder über die Sinnlosigkeit eines Teenagerlebens philosophieren.“ bat er ihr an.
„Das klingt ja fast wie ein Date.“ bemerkte sie.
„Sollte auch eins werden.“ entgegnete er. „Also?“
„Lass mich hier alles ausschalten und dann verziehen wir uns.“ gab sie freudig zurück.
Kathi und Sandra hatten sich inzwischen in das Cafe gesetzt in dem sie sich in der Woche zuvor das erste Mal nach langer Zeit wieder begegnet waren. Nachdem die beiden ihre Bestellung aufgegeben hatten, ergriff Sandra das Wort.
„Warum hast du mir eigentlich nicht geantwortet?“ fragte sie.
„Weil Sarah auf die Idee kam ich solle dich überraschen. Hat doch auch geklappt oder nicht?“ antwortete sie.
„Ja schon, aber was wäre gewesen, wenn Svenja ohne mich aufgetaucht wäre?“ fragte Sandra weiter.
„Dann hätten Sarah oder ich dich schon angerufen und du wärst nachgekommen.“ gab sie grinsend zurück.
„Ja wäre ich dann tatsächlich.“ erwiderte Sandra kurz. „Ich bin froh, dass wir die Gruppe gerade so einfach getrennt bekommen haben. Weißt du ich muss jetzt nicht vor Svenja…du weißt schon.“
„Mach dir deswegen mal keinen Kopf. Ich muss das auch nicht in die breite Menge hinausposaunen. Muss halt nicht jeder wissen, auch wenn es nicht Schlimmes ist.“ erklärte Kathi.
„Gut, dass wir da einer Meinung sind.“ entgegnete Sandra.
„Hast du eigentlich mit Sarah über gestern gesprochen?“ fragte Sandra.
„Ne sie hat kein Wort drüber verloren. Aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass sie inzwischen bei DEM Thema an Klarheit gewinnt.“ berichtete Kathi
„Wie kommst du drauf?“ fragte Sandra.
„Sie hat sich in ner Community angemeldet und nen Großeinkauf gemacht.“ erklärte sie Sandra.
„Ernsthaft? Was hat sie denn gesagt als du sie drauf angesprochen hast?“ fragte Sandra neugierig.
„Lässt sich schwer einschätzen. Ich bin der Ansicht, sie will sich das alles noch nicht so wirklich eingestehen, obwohl es meiner Meinung nach offensichtlich ist, dass sie daran Gefallen gefunden hat.“ erläuterte Kathi.
„Naja irgendwo verständlich findest du nicht?“ fragte Sandra.
„Ja schon, aber ich habe das Gefühl, sie macht es sich unnötig kompliziert.“ antwortete Kathi.
„Sie wäre nicht Sarah, wenn sie es nicht kompliziert machen würde.“ entgegnete Sandra und lachte laut.
„Stimmt wohl. Sag mal ein ganz anderes Thema. Soll ich nachher nochmal mit zu dir kommen oder lynchen mich dann deine Eltern?“ fragte Kathi.
„Meine Mutter ist sogar recht angetan von dir, sollte also kein Problem darstellen.“ gab Sandra zurück.
„Und was sag dein Vater?“ fragte Kathi.
„Mein Vater hat in der Regel die gleiche Meinung wie meiner Mutter. Eigentlich ist sie zu Hause der Boss, aber verrate es keinem sonst nimmt man ihn nachher nicht mehr ernst.“ kicherte Sandra
„Warum sollte man ihn deswegen nicht ernst nehmen?“ fragte Kathi
„Mein Vater ist Anwalt für Familienrecht. Das heißt der streitet mit allerhand Ehepartnern, Eltern und was weiß ich vor Gericht, aber zu Hause geht er jedem Streit aus dem Weg und überlässt meiner Mutter das Ruder.“ erklärte Sandra.
„Moment da gibt es doch ein alten Spruch. Hinter jedem starken Mann steht eine noch stärkere Frau.“ kommentierte Kathi die Erzählung.
Beide fingen an zu lachen.
„So bist du soweit?“ fragte Svenja ungeduldig.
„Moment.“ antwortete Sarah knapp. Sie wollte zwar auch langsam einen Kaffee trinken, konnte sich aber vorstellen, dass Sandra und Kathi die Zeit alleine dennoch genießen würden, also versuchte sie irgendwie Zeit zu schinden.
„Och Mensch Sarah. Mach hinne verdammt. Ich will endlich Kaffee.“ ermahnte sie Svenja.
„Ja ist ja gut.“ entgegnete Sarah und steckte sich das letzte Stück ihrer Pizza in den Mund und schluckte es schnellstmöglich herunter. „So nun zufrieden?“ fragte sie genervt.
„Klar.“ sagte Svenja während sie einem der Kellner zeigte, dass sie beiden zahlen wollten.
Wenige Augenblicke am der Kellner, fragte die üblichen Floskeln ob alles geschmeckt hatte und ließ sich das Essen bezahlen. Dann verließen beide das Lokal.
„Das du aber au immer so hetzen musst.“ beschwerte sich Sarah während die beiden den Weg in Richtung Cafe einschlugen.
„Ach ich hetze? Ich wusste gar nicht, dass du so sehr trödeln kannst.“ moserte Svenja.
„Ich bin halt im Ferienmodus, sorry.“ erwiderte Sarah.
„Wieso eigentlich?“ fragte Svenja.
„Ach die alte Schröder hat mich beim Rauchen erwischt und mich zum Rektor geschickt, der hat mich wegen der Häufung der Vorfälle mal eben suspendiert.“ erklärte Sarah.
„Mensch du musst echt mal was besser aufpassen. Irgendwann werfen sie dich wirklich noch von der Schule.“ antwortete Svenja.
Sarah schaute zu Svenja rüber als sie plötzlich sah, dass sich Svenjas Mund weit öffnete. Sie hörte nur noch ein: „Achtu….“ dann merkte sie wie sie unsanft gerammt wurde und auf den Boden fiel.
Kapitel 39: Schicksalsschlag
Sarah sah alles ein wenig verschwommen.
„Hey du blöde Ziege pass doch besser auf.“ hörte sie vor sich.
Langsam wurde ihr Blick wieder klar. Vor ihr war der komische Typ mit der schwarzen Lederjacke, der ihr schon vorher in der Stadt aufgefallen war. Sie war anscheinend mit ihm zusammengestoßen.
„Hallo, hörst du mich?“ fragte der Typ langsam.
„Ja, was ist denn?“ fragte Sarah genervt.
„Du sollst besser aufpassen wo du hinläuft Ziege!“ sagte er lauter.
Das erste mal dachte sie noch sie hätte sich verhört, aber der Typ meinte wirklich sie hier beleidigen zu müssen. Sie hatte nur einen Moment nicht aufgepasst und war mit ihm zusammengestoßen, Shit happens, da braucht man nicht gleich nen Aufstand zu machen. Sie musterte ihn von oben bis unten. Anscheinend irgendeine Art von Punk oder so. Schwarze Haare. Blaue Augen, bleiches Gesicht, irgendein Band T-Shirt einer Band, die sie nicht kannte und vermutlich auch nicht kennen lernen wollte, auch wenn sie selbst gerne etwas Rockiges hörte, kaputte Jeanshose und schwere schwarze Schuhe mit offenen Schnürrsenkeln. Das er nicht über seine eigenen Füße fiel war anscheinend nur der Kürze der Schnürrsenkel geschuldet. Gegönnt hätte Sarah es dem Typen in diesem Moment. So ungehobelt wie der sich verhielt hatte er vermutlich so einiges verdient.
„Was is jetz mit dir?“ fragte der Typ erneut.
„Was soll mit mir sein?“ fragte Sarah patzig zurück.
„Anscheinend haste ja keine Augen im Kopf, sonst wärste net in mich rein gerannt. Wie wärs mit ner Entschuldigung?“ fragte er frech grinsend.
„Die kannste dir sonst wo hin stecken, Freundchen. Wenn du meinst mich hier beleidigen zu müssen. Geh besser bevor ich mich vergesse.“ entgegnete Sarah wütend.
„Hey Sarah jetzt komm mal runter.“ sagte Svenja, die immer noch neben ihr stand.
„Deine Freundin war wohl zu lang in ner Sonne was?“ fragte der Typ Svenja.
Sarah wollte sich gerade einschalten, aber Svenja kam ihr zuvor.
„Ich glaube der Zusammenstoß war für sie einfach unangenehmer, als für dich. Die kommt schon noch runter. Am besten ignorieren und einfach dabei belassen.“ erklärte sie dem Typen.
„Na wenn du meinst. Ich habe eh besseres zu tun, als mich mit solchen wie ihr zu streiten.“ sagte der Typ und ließ Sarah und Svenja links liegen und schritt weiter die Straße entlang in Richtung Schule. Wenige Momente später war er aus ihrem Blickfeld verschwunden.
„Was sollte das denn Svenja?“ fragte Sarah verärgert.
„Das müsste ich dich fragen. Der Typ war zwar nicht nett, aber so anfahren musst du ihn ja auch nicht. Ich habe dich ja noch warnen wollen.“ entgegnete Svenja
„Hat ja wunderbar geklappt. Verdammt mein Schädel dröhnt ich glaube mit dem Kaffee wird nichts mehr.“ erklärte Sarah
„Muss ich mir Sorgen machen? Was ist eigentlich mit Kathi willste die einfach sitzen lassen?“ fragte Svenja besorgt und zu gleich vorwurfsvoll.
„Ach die…die wollte noch irgendwas mit Sandra bei ihr zu Hause machen. Hat sie heute morgen berichtet, fragt mich nicht was, irgendwas was mich langweilt. Lass die beiden mal machen. Sagst du den beiden, dass ich nicht mehr mitkomme?“ erklärte Sarah
„Klar wenn du meinst. Den Kaffee holen wir aber nach.“ sagte Svenja.
„Sicher. Wir sehen uns die Tage würde ich sagen.“ verabschiedete sich Sarah
„Worauf du Gift nehmen kannst.“ entgegnete Svenja und setzte sich dann in Bewegung Richtung Cafe.
Sarah machte sich inzwischen auf den Heimweg. Ihre Kopfschmerzen wollten nicht besser werden, sondern wurden eher schlimmer wie sie meinte. Nicht, dass ihr wirklich noch irgendetwas Schlimmeres passiert war, aber den Gedanken verwarf sie gleich wieder. Einfach mal auf den Kopf gefallen bringt halt Kopfschmerzen mit sich – Punkt. Sie trottete weiter den Weg nach Hause und hatte schlussendlich die Haustüre erreicht. Sie schloss auf und suchte zu aller erst einmal nach einer Kopfschmerztablette im Arzneimittelvorrat und legte sich dann auf die Couch. Kurze Zeit später war sie bereits eingeschlafen.
„Eigentlich schon doof, dass Sarah vorhin schon nach Hause ist findest du nicht?“ fragte Kathi plötzlich während sie mit Sandra vor ihrer Haustüre stand. Die beiden hatten sich vor einiger Zeit schon von Svenja verabschiedet. Sarah hatte für einen entsprechenden Vorwand gesorgt, daher hatte Svenja augenscheinlich keinen Verdacht geschöpft. Danach waren die beiden noch ein wenig durch die Gegend geschlendert und hatten das Wetter genossen, bis sie sich schließlich dazu entschieden hatten den Heimweh zu Sandra anzutreten.
„Hmmm…weiß nicht. Ich bin eigentlich für jeden Moment dankbar den ich mit dir alleine verbringen kann.“ erwiderte Sandra
„Klar ich weiß was du meinst. Ich hoffe ihr geht’s gut.“ sagte Kathi bedrückt.
„Hey die kriegt nichts so schnell kaputt, sollte dir doch auch klar sein.“ entgegnete sie lachend.
„Bestimmt.“ seufzte Kathi.
Sandra schloss die Türe auf und beide gingen ins Haus.
„Hallo!“ rief Sandra als sie eintraten.
„Hallo.“ kam aus der Küche zurück und kurze Zeit später kam schon Sandras Mutter aus der Küche.
„Ah mit Besuch im Schlepptau wie ich sehe. Hallo Kathi.“ begrüßte sie die beiden freundlich.
„Ja hat sich so ergeben, Mama, das war echt nicht geplant.“ verteidigte sich Sandra
„Ich hab doch gar nichts gesagt. Wie lange bleibst du Kathi?“ fragte Sabine.
„Öhm…keine Ahnung ich dachte eigentlich, dass ich zum Abendessen wieder zu Hause bin oder so.“ antwortete Kathi.
„Ist doch gerade nicht so wichtig Mama.“ warf Sandra ein.
„Für dich vielleicht nicht, aber wenn ich nachher wieder ne Portion mehr kochen muss, wäre es schon schön das zu wissen. Ich gehe wieder in die Küche. Ihr geht nach oben?“ fragte sie ihre Tochter.
„Naja eigentlich wollten wir uns im Garten sonnen.“ entgegnete Sandra.
„Dann tut euch keinen Zwang an. Ich bringe euch gleich kalte Getränke nach draußen.“ sagte Sabine während sie schon wieder in der Küche verschwand.
„Danke.“ riefen ihr beide Mädchen nach und gingen durch die Hintertüre in den Garten.
Sarah wachte immer noch mit einem dumpfen Gefühl im Kopf auf. Ihre Kopfschmerzen waren verschwunden. Sie tastete ihren Hinterkopf ab und merkte, dass sich dort langsam eine Beule bildete. Was für ein Idiot, dachte sie sich als sie sich an den Typen erinnerte, der sie umgerannt hatte. Sie verwarf ihre Gedanken aber gleich wieder, was sollte sie sich mit so jemandem beschäftigen. Sie richtete sich auf und lehnte sich mit dem Rücken an die Rückseite der Couch.
Sie schaute auf die Uhr an der Wand gegenüber. Es war inzwischen fast 17:00. Sie war um 13:30 nach Hause gekommen also hatte sie die letzten drei Stunden geschlafen. Anscheinend hatte sie keinen wahnwitzigen Traum gehabt oder war das hier wieder nur ein Traum? Sie konnte es nicht sagen. Einfach abwarten was passiert, es wird sich schon zeigen ob das wieder ein Traum ist oder nicht. Sie beugte sich vor und griff nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher an. Ob nun Traum oder Realität ein wenig Fernsehen würde ihr die Wartezeit angenehmer gestalten.
Sie zappte durch die verschiedenen Programme und fand nichts Interessantes. Sie war auf einem Nachrichtensender stehen geblieben. Die Nachrichten begangen gerade. Sie erwartete wieder nur irgendwelche sinnlosen Berichte, die sie nicht interessieren würden, entschied sich aber in Ermangelung eines Ersatzes zunächst einmal zu schauen was in der Welt alles vorgefallen war. Das Programm wurde plötzlich von Breaking News unterbrochen. Da ist wohl doch was passiert. Ein Bild mit einem Reporter wurde eingeblendet. Anscheinend befand er sich irgendwo in der Wüste.
Kurze Zeit später blendete der Nachrichtensender den Namen und den Ort an dem er sich befand ein. Riad. Wo war nochmal Riad? Sarah überlegte. Riad war die Hauptstadt von Saudi-Arabien. Da wird sich bestimmt irgendwer in die Luft gesprengt haben oder sowas. Was interessiert mich denn Saudi-Arabien. Als ob jemand…. Sie unterbrach ihren Gedanken. Sie schaute nur noch gebannt auf den Fernseher und verfolgt jede Einzelheit der Sendung.
<Nachrichtensprecher> Weiß man schon Genaueres über den Hergang wie es zu dem Unglück kam?
<Reporter> Laut den zuständigen Behörden war ein plötzlich aufkommender Sandsturm die Ursache.
<Nachrichtensprecher> Was man schon Näheres zu den Opferzahlen?
<Reporter> Laut unseren Informationen sind nur die Insassen des Hubschraubers ums Leben gekommen. Also der Pilot und die beiden Passagiere.
<Nachrichtensprecher> Warum ist der Hubschrauber überhaupt gestartet.
<Reporter> Der Flugplatz hat uns mitgeteilt, dass der Hubschrauber sich einen Neubau aus der Luft ansehen wollte. Anscheinend hat der Sandsturm den Piloten überrascht und er konnte nicht mehr laden.
<Nachrichtensprecher> Kommen wir nochmal zu den Opfern. Sind die Identitäten bekannt?
<Reporter> Da der Flug von der Baufirma durchgeführt wurde sind die Namen selbstverständlich bekannt, aber wir können diese gerade noch nicht nennen, da dies örtlichen Behörden uns dies untersagt haben. Aber wir können so viel sagen, dass eine deutsche Architektin bei dem Absturz ums Leben gekommen ist. Sie ist letzte Woche hier angekommen um den Neubau, der besichtigt wurde zu vollenden.
<Nachrichtensprecher> Vielen Dank für die Informationen. Wir halten sie in dieser Sache selbstverständlich auf dem Laufenden und nun zum Wetter.
Sarah schaute weiterhin gebannt auf den Fernseher, achtete aber nicht mehr auf das Programm. Sie saß einfach nur starr auf der Couch. Sie wünschte sich gerade nichts sehnlicher als aufzuwachen. Völlig benommen von der Nachrichtensendung erhob sie sich und ging in die Küche. Sie brauchte ein Zigarette. Sie zückte auf dem Weg in die Küche ihr Handy und wählte eine Nummer. Während sich das Gespräch aufbaute, sammelten sich schon Tränen in ihren Augen.
Der Mittag und der Nachmittag waren im Flug vergangen während Helen und Stefan sich über die letzten Jahre unterhalten hatten. Natürlich blieben auch ihre Kinder bei dem Gespräch nicht unberücksichtigt. Plötzlich wurde die Zweisamkeit jedoch vom Klingeln von Helens Handy unterbrochen. Sie kramte ihr Handy aus der Tasche und sah, dass es Sarah war, die sie versuchte zu erreichen. Sie drückte sie weg.
„Was wichtiges?“ fragte Stefan
„Nur Sarah. Die möchte vermutlich nur wissen wo ich bin. Die kommt schon alleine klar.“ antwortete Helen während ihr Handy ein zweites Mal klingelte. Es war erneut Sarah.
„Bist du dir sicher? Vielleicht solltest du dran gehen.“ erwiderte Stefan.
Helen nahm das Gespräch an.
„Hallo Sarah, was gibt’s denn?“ fragte sie ihre Tochter.
„Mama…“ hörte sie ihre völlige aufgelöste Tochter am anderen Ende.
„Ist was passiert? Alles in Ordnung?“ fragte Sarahs Mutter sorgenvoll, als sie merkte, dass ihre Tochter kaum ein Wort herauskriegte.
„Mama komm schnell.“ kam aus dem Mund der völlig aufgelösten Sarah.
„Ist dir was passiert? Ist Kathi was passiert?“ fragte ihre Mutter weiter.
„Nein, komm einfach schnell, bitte.“ sagte Sarah nochmals.
„Gut ich bin in 10 Minuten da.“ sagte sie und legte auf.
„Stefan, ich muss los. Keine Ahnung was passiert ist, aber irgendwas stimmt bei mir zu Hause nicht.“ erklärte sie ihrem Freund die Situation.
„Dafür habe ich vollstes Verständnis. Ich kümmere mich um das Bezahlen, fahr du ruhig nach Hause. Das nächste Essen geht dann auf dich.“ erklärte er ihr.
„Danke. Es war ein sehr schöner Nachmittag. Es hat mich wirklich gefreut dich wieder zu sehen, bitte entschuldige, wenn ich jetzt überhastet aufbreche.“ sagte sie.
„Alles gut.“ antwortete er und kramte in seiner Tasche herum und holte ein kleines Kärtchen raus und gab es ihr. „Hier bitteschön. Falls dir mal wieder nach einem netten Nachmittag ist. Ein Essen habe ich ja noch gut.“ setzte er lächelnd nach.
„Danke und auf wiedersehen.“ sagte Helen und verließ blitzschnell das Lokal.
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Sarah saß immer noch völlig aufgelöst in der Küche und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Ihr Hände zitterten. Sie hörte wie jemand den Schlüssel der Haustüre umdrehte. Wenige Sekunden später stand ihre Mutter in der Küche und sah Sarah wie ein Häufchen Elend vor sich.
„Hey, was ist denn los?“ fragte sie besorgt und kam langsam auf ihre Tochter zu und setzte sich neben sie auf die Bank.
„Mama…es…“ Sarah fand keine Worte.
„Hey, schhhhhhh. Ganz ruhig.“ versuchte sie ihre Tochter zu beruhigen und legte ihren Arm um sie.
Sarah wischte sich die neu entstandenen Tränen aus dem Gesicht und versuchte nochmals zu erklären was passiert war: „Es ist etwas Furchtbares passiert.“ sagte sie mit zittriger Stimme.
„Hast du etwas getan? Hat Kathi was getan? Ist irgendwem von euch etwas passiert, hat sich wer verletzt?“ fragte ihre Mutter.
Sarah schüttelte den Kopf.
„Das ist doch schon mal gut. So wie du aussiehst dachte ich jetzt schon jemand ist gestorben oder so.“ erwiderte ihre Mutter.
„Ja genau.“ gab Sarah weinend zurück. „Es ist jemand gestorben.“
„Was? Wer?“ fragte ihre Mutter entsetzt.
„Tante Monika.“ antwortete Sarah.
„Meine Schwester? Nein, das wüsste ich doch. Du musst dich irren.“ entgegnete sie ihrer Tochter
„Ich bin mir sicher. Ich habe gerade einen Bericht im Fernsehen gesehen. Eine Architektin aus Deutschland ist in Saudi-Arabien mit einem Hubschrauber abgestürzt und sie ist erst letzte Woche dort angekommen.“ erklärte Sarah aufgelöst.
„Das könnte doch jeder sein.“ entgegnete ihre Mutter unsicher.
„Möglich, aber das sind mir zu viele Zufälle.“ erwiderte Sarah, die sich durch die Umarmung ihrer Mutter langsam beruhigte.
„Pass mal auf ich telefoniere mal ein bisschen herum und dann kann ich dich bestimmt beruhigen.“ sagte ihre Mutter und schnappte sich das Telefon und verließ das Zimmer.
Sarah konnte das Gespräch nicht mit verfolgen, wollte sie auch gar nicht. Sie zündete sich noch eine Zigarette an. Nach einer halben Stunde kehrte ihre Mutter zurück und setzte sich auf den Platz gegenüber von ihr. Sie sagte kein Wort. Sarah konnte jedoch sehen, dass sie geweint hatte.
„Mama?“ fragte Sarah unsicher.
„Ja.“ antwortete sie ihr kurz.
„Konntest du was herausfinden?“ fragte Sarah weiter.
„Ja. Sie ist es. Sie ist bei dem Hubschrauberabsturz gestorben.“ sagte sie knapp während sich wieder Tränen in ihren Augen bildeten. Durch die Bestätigung fing Sarah auch wieder an zu weinen. Die beiden saßen eine geraume Weile schweigend und weinend in der Küche bis Sarahs Mutter schließlich das Wort ergriff: „Sag mal wo ist eigentlich Kathi? Weiß sie schon was davon?“
Ihr Telefon klingelte. Sie nahm ab.
„Helen. Was kann ich für dich tun?“ fragte Sabine.
„Hallo Sabine. Ist Kathi noch bei euch?“ sagte sie mit zitternder Stimme.
„Klar, die sitzt immer noch mit Sandra im Garten. Warum fragst du?“ fragte Sabine weiter.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?“ fragte Helen.
„Sicher.“ entgegnete Sabine.
„Bring sie bitte schnellstmöglich nach Hause. Bitte achte darauf, dass du kein Radio im Auto laufen lässt.“ erklärte Helen.
„Ähm ja klar, aber warum das mit dem Radio?“ fragte Sabine.
„Sie soll keine Nachrichten hören, nicht bevor sie nicht hier ist. Ihre Mutter ist tödlich verunglückt.“ erklärte sie ihrer Gesprächspartnerin.
„Deine Schwester, tot? Oh mein Gott, wie furchtbar. Mein Beileid.“ entgegnete Sabine betroffen.
„Danke. Bring sie bitte nur schnell her ja.“ sagte Helen.
„Klar, unverzüglich. Was ist mit Sandra? Die wird mitkommen wollen.“ ergänzte Sabine.
„Lass sie ruhig mitkommen. Bis gleich.“ beendete Helen das Gespräch.
Sabine stütze sich auf der Ablagefläche ab. Sie brauchte einen Moment um zur Ruhe zu kommen. Sie wollte sich vor Kathi nichts anmerken lassen. Sie atmete ein paar Mal tief durch und ging dann zu den Mädchen in den Garten. Auf dem Weg hörte sie die beiden lachen. Es war eine Schande, dass ihre Freude in Kürze vorbei sein würde. Sie öffnete die Hintertüre und betrat den Garten.
„Ähm….“ war das Einzige, das sie herausbringen konnte als sie ihre Tochter auf ihrer Freundin liegend vorfand.
Sandra schreckte hoch und fiel fast von Kathi herunter.
„Mama musst du mich so erschrecken.“ beschwerte sich Sandra.
„Entschuldige bitte.“ entgegnete ihre Mutter ruhig und gelassen.
Sandra kletterte von der Liege, auf der Kathi lag herunter und setzte sich auf die zweite Liege.
„Was gibt’s denn?“ fragte Sandra.
„Helen hat gerade angerufen. Ich soll Kathi nach Hause bringen.“ erklärte sie ruhig.
„Jetzt schon. Es ist doch noch so früh.“ beklagte sich Sandra.
„Ich kanns leider nicht ändern. Du kannst aber gerne mitkommen, wenn du möchtest.“ sagte ihre Mutter.
„Och das ist voll doof. Vielleicht sollte ich nochmal mit Helen sprechen?“ fragte Sandra.
„NEIN.“ erwiderte Sabine laut.
„Warum bist du denn jetzt so aggressiv?“ fragte Sandra.
„Ähm…ach Helen hatte schon wieder Stress, deshalb ist das mit dem Überreden gerade nicht möglich.“ erläuterte sie.
„Hat mein Onkel schon wieder Stress geschoben?“ fragte Kathi.
„Ich weiß es leider nicht und jetzt bitte keine weiteren Diskussionen mehr, hopp ins Auto.“ sagte sie bestimmt und ging ins Haus um die Schlüssel zu holen.
Die Fahrt der drei war erstaunlich ruhig verlaufen. Keiner hatte ein Wort von sich gegeben. Gestern war Sandras Mutter definitiv gesprächiger musste Kathi feststellen. Vielleicht war heute einfach nicht ihr Tag. Sie wollte aber auch keine Radio hören und wirkte sehr gereizt als Sandra es einschalten wollte. Sie hatte Sandra dann im weiteren Verlauf der Fahrt davon abgehalten das Radio nochmals einzuschalten. Die Fahrt dauerte sowieso nicht so lange. Kathi lehnte sich zurück und schloss die Augen irgendwie war sie müde und sie konnte gar nicht sagen warum. Heute würde sie wahrscheinlich früh ins Bett gehen. Irgendwie war sie froh, dass sie schon so früh nach Hause kam, wollte es Sandra gegenüber nicht erwähnen. Wenig später waren sie schon angekommen und stiegen aus.
„Ihr kommt noch mit rein?“ fragte Kathi verwundert als Sandra und ihre Mutter ausstiegen.
„Ähm…ja klar, deine Tante wollte nochmal mit mir sprechen.“ erklärte Sabine.
„Na dann können wir uns ja nochmal nach oben verziehen.“ sagte Sandra freudestrahlend.
„Ja klar.“ entgegnete Kathi.
„Stimmt was nicht?“ fragte Sandra.
„Alles gut, bin nur ein wenig müde.“ sagte Kathi.
„Na dann.“ sagte Sandra.
Kathi klingelte und kurze Zeit später öffnete ihre Tante die Türe. Kathi erschreckte als sie ihre Tante sah. Sie musste die letzten Stunden durch geweint haben und kam ihr verdammt blass vor.
„Kathi. Komm rein.“ sagte sie und ließ alle eintreten und schloss danach die Türe.
Sie ging an ihren Gästen vorbei und deutete an, dass sie ihr in die Küche folgen sollten.
In der Küche fanden sie Sarah immer noch am Küchentisch sitzen. Sie sah ähnlich furchtbar aus wie ihre Mutter. Der Aschenbecher vor ihr zeigte, dass sie eine geraume Weile hier gesessen habe musste und anscheinend eine Zigarette nach der anderen geraucht haben musste. Was auch immer passiert war, musste verdammt ernst sein, das war allen Anwesenden klar.
„Kathi. Setzt du dich mal bitte?“ sagte Sarahs Mutter.
„Klar.“ sagte Kathi und setzte sich auf den äußeren Platz der Bank.
„Hey lass mich mal zwischen dich und Sarah.“ sagte Sandra und erntete böse Blicke ihrer Mutter und von Sarahs Mutter. Kathi stand nochmal auf und ließ Sandra auf den Platz neben ihr. Helen nahm sich einen Stuhl und setzte sich zu Kathi gewandt an den Tisch und nahm ihre Hände in ihre eigen Hände und ließ sie auf ihrem Schoß nieder. Kathi merkte, dass die Hände feucht wurden und zitterten.
„Haben wir irgendwas falsch gemacht?“ fragte Kathi und schaute unsicher zu Sarah und zu Sandra und wieder zu ihrer Tante.
„Nein, ihr habt nichts getan.“ sagte ihre Tante leise und fing wieder an zu weinen.
„Was ist dann hier los?“ fragte Kathi unsicher.
„Kathi…“ setzte Helen an, aber brach wieder ab. Kathi merkte, dass das Zittern der Hände zunahm, irgendwas stimmte ganz und gar nicht das war Kathi klar. „Kathi es geht um deine Mutter.“ sagte ihre Tante erneut.
„J…a….“ entgegnete Kathi langsam und beunruhigt. Sie merkte, dass ihr Herz schneller schlug.
„Kathi, deine Mutter hatte einen Unfall.“ erklärte ihre Tante.
In Kathis Augen bildeten sich Tränen.
„Wie geht es ihr. Sie wird doch wieder gesund?“ fragte sie aufgebracht.
Das langsame Schütteln, das ihre Tante ihr entgegnete reichte um die Antwort auf diese Fragen zu beantworten. Sie merkte nur noch wie sie zusammensackte und dann alles schwarz wurde.
Autor: Timo (eingesandt via E-Mail)
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Diesen Plottwist hätte ich jetzt echt nicht erwartet.
Nette Geschichte! Was mich aber stört, ist dass die Protagonisten ständig Zigaretten rauchen. Angesichts der Menge an Kippen, deren giftigen Qualm die beiden Starkraucher in deiner Story inhalieren, müssten ihre Lungen bereits kohlrabenschwarz sein…
Ja den ein oder anderen Plottwist habe ich mir dann doch nicht nehmen lassen, der ist schon was übler geworden.
Zum Zigarettenkonsum: Jeder hat seine Laster.
Ich verstehe es absolut nicht, wieso kommen deine Storys plötzlich nicht mehr an?
Die Geschichte ist super!
Und mit so einem Kapitelende habe ich definitiv nicht gerechnet…
Hallo,
sollte es Probleme geben so schreibt es uns Bitte.
Ihr könnt auch ein Ticket eröffnen unter Folgenden Link:
https://windelweb.org/helpdesk/
Gruß
Lukas
TEAM Windelweb
Es ist ein richtig schöne Geschichte die Du Dir da ausgedacht hast! Ich musste bei dem Teil über die Nachrichten im Fernseh sogar mit meinen Tränchen kämpfen. Daher hab ich diesen Abschnitt als anrührend empfunden! Schade das dies ein trauriges Kapittel geworden ist. Ich bin gespannt wie es weiter geht!
Die Kapitel 40-44 habe ich gerade eingesendet. Nächste Woche kommen dann die nächste Fuhre.
Ein paar gibt es noch zum Lesen.
das mit dem rauchen in der geschichte finde ich auch nicht so toll.
ich hätte gedacht mit dem windeln verliert sahra die lust auf das rauchen.
ansonsten fine ich die geschichte super.
swb
süsses windel baby
anmerkung
hatte keine lust die umschalttaste zu betätigen.