Schicksalhafter Ferienbeginn (17)
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Kapitel 40: Sandras etwas anderer Ferienbeginn
Die Sonne schien durch das Fenster und ein sanfter Wind blies durch das Zimmer. Kathi machte die Augen auf und setzte sich auf. Sie war im Gästezimmer. Wie war sie hier hin gekommen? Was war gestern Abend passiert? Sie erinnerte sich langsam wieder. Ihre Mutter hatte einen Unfall. Einen tödlichen Unfall. Nein das konnte nicht sein. Nach ihrem Vater auch noch ihre Mutter. Was sollte aus ihr werden? Wo sollte sie bleiben? Wie sollte sie ohne ihre Mutter zurecht kommen? Ihr flossen wieder Tränen übers Gesicht und sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. Sie merkte gar nicht wie sich die Türe öffnete und jemand das Zimmer betrat. Sie merkte wie jemand sanft ihren Nacken kraulte und schreckte hoch. Sandra stand neben ihr und war ebenso erschrocken wie sie. Sie sagte nichts, sondern setzte sich einfach neben sie und umarmte sie und kraulte ihr weiter über den Kopf und den Nacken, während Kathi weiter weinte.
Kathi hatte jegliches Zeitgefühl verloren, sie wusste nicht ob es Minuten oder Stunden waren seitdem Sandra ihr Zimmer betreten hatte. Sie löste sich sanft aus der Umarmung und schaute ihrer Freundin in die Augen.
„Danke.“ sagte sie leise.
„Dafür brauchst du dich nicht bedanken, ist doch klar, dass ich für dich da bin.“ antwortete Sandra
„Was machst du eigentlich hier? Ist die Schule schon vorbei? Habe ich so lange geschlafen?“ fragte Kathi.
„Also es ist gerade mal 10:00. Meine Mutter hielt es für sinnvoll mich nach gestern von der Schule befreien zu lassen, also habe ich sozusagen Ferien und bin dann gleich mal über Nacht geblieben. Meine Mutter hat mir gestern Abend nachdem wir dich ins Bett gebracht haben noch ein paar Sachen vorbei gebracht.“ erklärte Sandra.
„Was ist gestern Abend eigentlich passiert?“ fragte Kathi.
„Deine Tante meinte es wäre eine Art Nervenzusammenbruch oder ein Schwächeanfall. Sie konnte es nicht genau sagen. Sie hat die halbe Nacht neben deinem Bett gehockt und dich nicht einen Augenblick aus den Augen gelassen. Ich habe mich in der Zeit um Sarah gekümmert und als sie ins Bett ist, habe ich mich hier neben dich gelegt. Wenn was passiert wäre, hätte ich deiner Tante Bescheid geben können. Aber sie konnte auch was Schlaf gebrauchen.“ erläuterte Sandra den Verlauf des Abends.
„Verstehe. Wo sind die beiden eigentlich und wie geht es ihnen?“ wollte Kathi wissen.
„Den beiden geht es den Umständen entsprechend. Ich würde mal sagen dir hat das Ganze mehr zugesetzt, verständlicherweise, wenn du mich fragst.“ antwortete Sandra.
„Kannst du dir vorstellen wie ich mich fühle? Nur im Entferntesten?“ fragte Kathi weiter.
„Naja ich kann es nur erahnen. Du hast vermutlich eine Mischung aus Trauer und Verzweiflung in dir und hast das Gefühl, dass deine Leben völlig aus den Fugen geraten ist und du nicht weißt wie es weiter gehen soll oder wird. Richtig?“ schlussfolgerte Sandra.
„Ziemlich passend, leider.“ seufzte Kathi.
„Willst du mitkommen und zumindest einen Kaffee trinken? Du kannst dich ja nicht ewig hier verkriechen, auch wenn dir danach zu Mute ist.“ fragte Sandra.
Kathi seufzte erneut: „Du gibst bestimmt keine Ruhe, wenn ich nicht mitkomme oder?“
„Du musst nicht mit kommen, wenn du nicht willst, aber ich hätte gerne nen Kaffee.“ sagte Sandra und stand auf. „Also kommst du mit?“ fragte sie während sie ihr die Hand hinhielt.
Sarah zündete sich gerade eine neue Zigarette an. Die letzte Nacht war gefühlt die schlimmste Nacht in der letzten Zeit. Selbst alle möglichen Träumen hätten dies nicht toppen können. Der Abend war schon furchtbar. Eigentlich war alles furchtbar wie sie feststellen musste. Sie zog an ihrer Zigarette und trank einen Schluck von ihrem Kaffee. Sie hörte wie sich die Haustüre öffnete. Kurze Zeit später stand auch schon ihre Mutter in der Küche.
„Morgen Sarah. Konntest du halbwegs schlafen?“ begrüßte sie ihre Tochter.
„Naja geschlafen habe ich, aber nicht gut.“ entgegnete Sarah.
„Wen wundert das.“ sagte ihre Mutter während sie sich einen Kaffee nahm und sich auf den Stuhl an der gegenüberliegenden Seite des Tisches setzte. „Hast du Kathi schon gesehen? Wie geht es ihr?“ fragte ihre Mutter besorgt.
„Sie war noch nicht unten. Sandra ist vor einer Weile nach oben. Ich denke mal, dass sie inzwischen wach sein wird, sonst wäre sie längst wieder hier.“ erklärte Sarah.
„Wie lange ist sie denn schon oben?“ fragte ihre Mutter.
„Du fragst Sachen. Ich würde sagen ich habe in der Zeit drei Tassen Kaffee getrunken. Ich würde mal schätzen ne Stunde oder so, genau kann ich es dir nicht sagen. Wie geht es jetzt eigentlich weiter?“ fragte Sarah
„Mit Kathi? Was glaubst du denn was passiert?“ entgegnete ihre Mutter.
„Klar. Muss sie jetzt weg oder wie?“ fragte Sarah besorgt.
„Sie hat niemanden außer uns. Wo sollte sie sonst hin? Du glaubst doch nicht, dass ich sie vor die Türe setzen werden.“ sagte ihre Mutter.
„Das wollte ich damit gar nicht sagen. Ich wollte doch nur wissen wie es jetzt weiter geht.“ verteidigte sich Sarah
„Weiter mit was?“ fragte Kathi, die plötzlich mit Sandra in der Küche aufgetaucht war. Kathi ging an den beiden vorbei und setzte sich auf die Bank und ließ außen einen Sitzplatz für Sandra frei, die sich gerade am Schrank mit den Tassen bediente und Kaffee in die Tasse füllte und sich dann neben Kathi setzte.
„Also mit was soll es weiter gehen?“ fragte Kathi nochmal.
„Es ging um dich Kathi.“ begann Sarahs Mutter zu erklären.
„Inwiefern? Wollt ihr mich vor die Türe setzen oder wie?“ fragte sie wieder den Tränen nahe.
„Ach wo denkst du hin. Ich war gerade dabei Sarah zu erklären, dass ich dich nicht vor die Türe setzen werde. Wie geht es dir eigentlich, also wegen deinem Zusammenbruch?“ fragte Helen weiter.
„Ein bisschen schlapp bin ich zwar noch und naja über den Rest reden wir einfach nicht.“ erwiderte Kathi.
Helen nickte und setzte wieder mit den Erklärungen fort: „Ich werde heute im Laufe des Tages einmal die Behörden kontaktieren und nachfragen was man in so einem Fall macht. Sandra kennst du die Büronummer von deinem Vater? Seine Meinung könnte auch hilfreich sein.“
„Klar ich schreib sie dir auf. Ähm doofe Frage. Wie lange kann ich eigentlich bleiben?“ antwortete Sandra.
„Mach dir da mal keine Gedanken. Du kannst erst mal solange bleiben wie du möchtest, zumindest wenn es nach mir geht. Was deine Mutter dazu sagt, weiß ich natürlich nicht.“ entgegnete sie Sandra.
„Ich lasse euch jetzt erst mal alleine. Wenn ihr mich braucht, ich bin im Wohnzimmer und kämpfe mit dem Behördendschungel. Du vergisst bitte nicht die Telefonnummer Sandra.“ sagte Helen, bevor sie den Raum verließ.
Die drei saßen noch eine Weile schweigend in der Küche. Sarah trank noch einen Kaffee und rauchte noch ein paar Zigaretten. Schließlich brach sie das Schweigen.
„Wie kommst du eigentlich darauf, dass wir dich vor die Türe setzen wollen?“ fragte sie Kathi.
„Ich habe gerade ein paar Wortfetzen gehört als wir im Flur standen.“ erklärte Kathi.
„Dann hast du aber etwas ganz gewaltig falsch verstanden. Ich habe nur gefragt wie es jetzt weiter geht. Für meine Mutter steht eigentlich fest, dass du hier bleibst.“ erwiderte Sarah
„Und wie siehst du das?“ fragte Kathi skeptisch.
„Warum sollte ich mich daran stören? Bist du bescheuert?“ entgegnete Sarah fassungslos.
„Hey Sarah jetzt komm mal runter. Nimm mal ein bisschen Rücksicht. Du darfst nicht vergessen, dass ihr beide gestern erfahren habt, dass Kathis Mutter tot ist.“ warf Sandra erbost ein.
„Schon gut, war doch gar nicht so gemeint.“ sagte Sarah kleinlaut.
„Ich glaube Sandra hat ein bisschen übertrieben.“ meldete sich Kathi zu Wort. „Ich dachte mir eigentlich schon, dass du kein Problem damit hast. Immerhin hast du auch nicht gezögert mich über die Ferien hier wohnen zu lassen. Ich wollte einfach nochmal eine kleine Bestätigung, mehr nicht.“
„Ach mach dir jetzt nicht so viele Gedanken Kathi. Mi casa es su casa. Ganz einfach. Außerdem kannst du weiterhin das Gästezimmer haben, so hat jeder seine Ruhe, wenn der andere mal nervt, also gibt es doch kein Problem.“ sagte Sarah und lächelte freundlich. „Habt ihr heute eigentlich noch was vor?“
„Im ist nicht nach großen Unternehmungen. Ich gehe gleich wieder ins Bett.“ entgegnete Kathi kurz.
„Hmmm…ja verständlich. Ich wollte jetzt auch nicht wirklich was unternehmen, ich dachte nur wir könnten uns hier irgendwie ablenken.“ erklärte Sarah.
„Ne lass mal ich will mich gerade wirklich nur verkriechen. Ich bin nur hier unten, weil Sandra meinte mich dazu überreden zu müssen.“ antwortete Kathi.
„Kann ich nachvollziehen. Das ist zwar ein schlechter Vergleich, aber mir ging es Sonntagabend nicht anders.“ sagte Sarah.
„Ja der Vergleich hinkt ein wenig.“ sagte Kathi. „Naja, ich bin wieder oben, bis später würde ich sagen.“ setzte sie nach und verließ den Raum, dicht gefolgt von Sandra.
Sarah schaute aus dem Fenster. Trotz ihrer doch geknickten Stimmung, wollte sie nicht den ganzen Tag im Haus verbringen. Sie griff nach ihrem Handy und schrieb Svenja nochmal eine Nachricht. Kurze Zeit später erhielt sie eine Antwort und verließ die Küche ebenfalls.
„Du hast dich ja echt schnell erholt.“ begrüßte Svenja sie, die bereits im Cafe saß.
Sarah schnappte sich den Stuhl, der auf der anderen Seite des kleinen Tisches stand und ließ sich in den Stuhl fallen wie ein Sack nasser Wäsche. „Naja wie mans nimmt.“ entgegnete sie ihrer Freundin.
„Wie meinst du das. Du siehst nicht so aus als ob du ernsthaft verletzt wärst. Sag mal weißt du eigentlich was mit Sandra ist? Die war doch gestern noch fit und heute ist sie nicht in der Schule. Sieht ihr gar nicht ähnlich.“ fragte sie Sarah aus.
„Sandra ist bei mir zu Hause.“ entgegnete sie kurz.
„Hä wie jetzt was macht sie denn da?“ fragte Svenja weiter.
Sarah merkte langsam, dass die Antworten sich in eine Richtung entwickelten, die ihr nicht gefielen. Noch zwei oder drei weitere Fragen und Svenja würde das mit Sandra und Kathi rauskriegen und das wollte sie eigentlich nicht unbedingt weitererzählen, das war die Aufgabe von Sandra und Kathi.
„Ähm sie war heute morgen da.“ korrigierte sich Sarah.
„Ja und warum? Das ergibt doch keinen Sinn.“ hakte Svenja nach.
„Meine Tante ist gestern tödlich verunglückt. Sie war heute morgen zur Beileidsbekundung da. Ich gehe davon aus, dass sie das auch etwas mitgenommen hat. Ich meine sie hätte erwähnt, dass sie von den restlichen Tagen befreit wurden wäre.“ erklärte Sarah.
„Ach du Scheiße. Dann auch mein Beileid.“ entgegnete Svenja
„Danke.“ gab Sarah kurz als Antwort zurück.
„Warum hat das denn Sandra mitgenommen? Kannte sie deine Tante näher?“ fragte Svenja weiter.
„Klar die haben sich immer mal wieder gesehen, daher kennt Sandra ja auch Kathi. Die waren ja immer mal wieder zu Besuch. Zumindest früher als Kathis Vater noch lebte.“ versuchte Sarah die Nachfragen zu beschwichtigen.
„Das heißt deine Cousine hat jetzt beide Elternteile verloren? Armes Ding, das wünscht man echt keinem in dem Alter.“ sagte Svenja.
„Sie schlägt sich recht tapfer würde ich sagen.“ entgegnete Sarah.
„Der Schein trügt manchmal. Tu mir bitte einen Gefallen und hab ein Auge auf sie.“ sagte Svenja sorgenvoll.
„Ja ich passe auf sie auf.“ erwiderte Sarah kurz.
Ihr Blick wanderte durch die Fußgängerzone in der sich das Cafe befand. Viele Menschen waren gerade nicht unterwegs. Viele würden noch auf der Arbeit sein oder zu Hause in einem Pool oder einem Freibad den warmen Tag genießen. Zwischen all den umher wandernden Menschen erblickte Sarah auch wieder diesen ruppigen Kerl von gestern. Dieses Mal lief er mit seinem Handy an ihr und Svenja vorbei, aber achtete anscheinend nicht auf seine Umgebung, also ähnlich wie gestern, setzte Sarah in Gedanken nach. Sie konnte einige Gesprächsfetzen mitbekommen.
„Mensch Leo was machst du denn? Wo? Bei der Schülerzeitung? Ok bin gleich da.“ sagte er recht panisch wirkend und verschwand dann nach und nach aus Sarahs Blickfeld. Irgendwie hätte sie ihm gerne die Meinung gegeigt, aber heute wäre sie weniger schlagkräftig gewesen als normalerweise.
„HALLO.“ brüllte Svenja sie schon gerade zu an.
Sarah zuckte etwas zusammen. „Wow was zum…? Svenja was sollte das?“ fragte Sarah böse.
„Der nette Herr hier hätte gerne deine Bestellung.“ erklärte sie und deutete auf den Kellner, der neben ihr stand. Es war natürlich der gleiche Kellner, der letzte Woche schon im Cafe war, als sie ebenfalls total in Gedanken versunken war und nicht auf ihn geachtet hatte.
„Ähm…Kaffee, schwarz und einen Aschenbecher.“ sagte Sarah freundlich.
„Gerne.“ entgegnete der Kellner und verschwand.
„Du scheinst auch mehr neben dir zu stehen als es den Anschein erweckt.“ sagte Svenja schließlich.
„Lass mich raten ich habe ihn fünf Minuten gekonnt ignoriert?“ fragte Sarah.
„Naja nicht fünf Minuten, aber bestimmt zwei Minuten, aber woher weißt du das?“ wollte Svenja wissen.
„Das passiert manchmal wenn ich ich mich auf etwas konzentriere, dann blende ich alles andere irgendwie aus. Ich habe gerade nochmal den Typen von gestern gesehen.“ antwortete Sarah.
„Mach das bitte nicht zu oft, da kriegt man ja richtig Angst, wenn du auf nichts reagierst. Welchen Typen meinst du, den den du gestern so zusammengestaucht hast?“ fragte Svenja neugierig.
„Klar welchen sonst. Trifft sich wohl mit irgendwem bei der Schülerzeitung, habe ich am Rande mitbekommen als er hier vorbei ist.“ erwiderte Sarah.
„Hmmm. Soweit ich weiß suchen die gerade wohl neue Leute. Vielleicht hat sich ein Freund von ihm beworben. Aber kann ich mir kaum vorstellen, eigentlich hängen, da nur irgendwelche Weiber an den PCs und tippen irgendwelchen Stuss, den sie dann Artikel nennen. Wenn ich das richtig mitbekommen habe, muss die „Chefredakteurin“ ausgewechselt werden. Die hat wohl die Schule gewechselt und ein zwei andere von den Schreiberlingen sind wohl auch nicht mehr an der Schule.“ erklärte Svenja
„Mir kams so vor als obs irgend ein Kerl gewesen sein muss. So kurz angebunden, wie er war, kann es nur ein ähnlicher Rüpel gewesen sein.“ entgegnete Sarah.
„Du und deine Vorurteile. Sag mal warum habe ich eigentlich in dem Käseblatt von Schülerzeitung schon lange nichts mehr über dich gelesen. Die haben doch mal ne Zeit lang allen möglichen Scheiß über dich gebracht.“ fragte Svenja.
„Ach keine Ahnung. Zwischendrin ist immer mal einer von denen zu mir gekommen und wollte meine Meinung zu irgendwas wissen, aber wirklich viel Futter haben die nicht bekommen.“ antwortete Sarah.
„Naja kommt vielleicht noch. Nächstes Schuljahr sind wir immerhin endlich in der Oberstufe. Das heißt wir können endlich zum Rauchen vom Schulgelände.“ warf Svenja freudig ein.
„Stimmt nächstes Schuljahr wird alles anders, definitiv.“ entgegnete Sarah und dachte nochmals kurz an die letzten Tage zurück, während der Kellner die Getränke und den Aschenbecher brachte.
Die Mittagssonne war am Fenster des Gästezimmers vorbeigezogen. Sandra lag seit Stunden neben Kathi und hatte sie ihren Arm um sie gelegt. Sie wollte sie einfach nicht alleine lassen, auch wenn sie gerade schlief. Sie hatte sich nachdem sie wieder in das Gästezimmer gegangen waren, zwar tapfer gehalten, aber irgendwann kamen ihr doch wieder Tränen in die Augen und Verzweiflung machte sich breit. Sandra hatte sie so gut getröstet wie sie konnte schließlich war sie eingeschlafen und atmete seit Stunden leise vor sich hin. Sandra merkte, dass das ständige Liegen sie auch langsam müde machte. Sie schloss die Augen und döste ein wenig vor sich hin, wirklichen Schlaf fand sie jedoch nicht. Im Dämmerzustand streichelte sie mit der Hand auf der sie lag ein wenig über Kathis Rücken und versuchte sie nicht zu wecken. Sie strich langsam von oben nach unten und dann von unten nach oben und meinte, dass sich Kathis Atem weiter beruhigte. Anscheinend schienen ihre Streicheleinheiten Wirkung zu zeigen. Bei einem Mal ging Sandras Hand ein wenig weiter nach unten und berührte Kathis Windel. Sie dachte daran wie sie gestern Abend zusammengebrochen war. Sandra war in dem Moment mehr als erschrocken und umso froher als sie später bei ihr im Zimmer schlafen durfte. Kathi bewegte sich ein wenig und Sandra zog ihren Arm sanft beiseite um sie nicht in ihren Bewegungen zu behindern.
„Warum nimmst du deinen Arm weg?“ fragte Kathi leise und verschlafen.
„Seit wann bist du denn wach?“ entgegnete Sandra.
„Schon ein bisschen. Ich fand das schön wie du über meinen Rücken gestrichen hast. Warum hast du aufgehört?“ fragte sie weiter und drehte sich zu Sandra.
„Ich war in Gedanken versunken, da habe ich aufgehört.“ antwortete Sandra.
„Das mit meinem Rücken kannst du gerne öfter machen. An was hast du gedacht? War es was Schönes?“ fragte Kathi
„Leider nicht. Ich habe daran gedacht wie du gestern zusammen gebrochen bist. Ich habe mir echt Sorgen gemacht.“ sagte Sandra.
Kathi nickte nur.
„Wann bist du eigentlich genau wach geworden?“ fragte Sandra.
„Ich glaube als du an die Windel gestoßen bist.“ erwiderte Kathi. „Da fällt mir gerade ein, die muss ja jetzt schon Ewigkeiten halten. Das muss noch die von gestern Vormittag sein.“
Kathi griff panisch unter sich um herauszufinden ob sie inzwischen ausgelaufen war und wunderte sich als sie keine nassen Flecken fand. „Das kann doch gar nicht sein. Die müsste längst ausgelaufen sein. Das ist mir zu hoch.“ stammelte sie vor sich hin.
Sandra rückte ein wenig näher an Kathi heran, die sich inzwischen hingesetzt hatte. Dann nahm sie ihre Freundin in den Arm und zog sie mit Leichtigkeit an sich. Kathi ließ das über sich ergehen und wehrte sich nicht. Sandra bewegte ihre Lippen an Kathis Ohr und flüsterte ihr ins Ohr: „Das ist nicht die von gestern Vormittag.“
„Wie jetzt? Hat meine Tante etwa?“ fragte Kathi erschrocken und stieß Sandra etwas von sich weg und schaute ihr direkt in die Augen.
„Nein. Ich war das. War das ein Fehler?“ entgegnete Sandra
Kathi atmete geradezu erleichtert auf. „Nein, nein alles gut, aber das kannst du gerne wiederholen, wenn du möchtest und dann will ich das auch mitbekommen.“ sagte sie Sandra und grinste frech und warf sich gegen sie, sodass sie umfiel und gab ihr einen Kuss.
„Dann erstmal mein Beileid.“ hörte sie die Stimme am anderen Ende des Telefons sagen.
„Danke Karl. Ich wollte dich auch eigentlich anrufen, aber ich habe so viel mit den Behörden zu telefonieren, dass ich das ganz vergessen habe. Woher wusstest du, dass es Monika ist?“ fragte Helen.
„Kombiniert und ein bisschen telefoniert. Ich habe das mit dem Unglück gesehen und mir dann die Infos von den Behörden geben lassen.“ erklärte er.
„Hätte ich mir denken können. Aber das ist doch bestimmt nicht der einzige Grund für den Anruf oder?“ fragte sie.
„Natürlich nicht wo denkst du hin. Ich wollte auch nachfragen ob du klarkommst oder ob du Hilfe brauchst? Überleg doch mal du hast jetzt neben Sarah auch noch ein weiteres Kind, ein traumatisiertes noch dazu, im Haus. Da wäre es doch eigentlich eine wunderbare Idee Sarah auf dieses Internat zu schicken, dann kannst du dich in aller Ruhe um Kathi kümmern. Na das ist doch eine gute Idee oder?“ fragte er mit ruhiger Stimme.
„Das ist doch nicht dein verdammter Ernst. Sarah hat dich ganz eindeutig klar gemacht was sie davon hält und ich halte da genauso wenig von.“ erwiderte Helen.
„Merkst du denn nicht, dass sie dich absolut um den Finger gewickelt hat und dir auf der Nase rumtanzt? Du bist mit ihr in Wahrheit nur noch überfordert, wie willst du dich denn mit ihr im Haus noch um Kathi kümmern? Das kann doch gar nicht funktionieren.“ erklärte er weiter.
„Was ich kann und nicht entscheide immer noch ich. Einen schönen Tag noch.“ dann legte sie auf ohne, dass er sich verabschieden konnte.
Karl schob seinen schweren mit schwarzem Leder bezogenen Bürostuhl etwas von dem nahezu monströsen Schreibtisch weg und drehte sich um 180° und schaute aus dem Panoramafenster seines Büros. Warum wollte seine Ex-Frau einfach nicht einsehen, dass seine Methoden der Problemlösung die besseren, wenn nicht sogar die besten, sind. Er tippte mit den Fingern etwas auf der Lehne herum und überlegte wie er sie doch noch überzeugen konnte. Er dachte eine geraume Weile nach und schließlich fand er eine für sich passende Lösung. Der drehte sich wieder zum Schreibtisch zurück und drückte den Rufknopf für seine Sekretärin. Die daraufhin erschien.
„Ah Frau Müller, das ging aber schon mal schneller.“ fuhr er seine junge Sekretärin, die etwa Mitte zwanzig war an.
„Entschuldigung ich war gerade noch dabei ein Honorar zu kassieren.“ sagte sie mit einem leicht unsicheren Unterton.
„Na dann will ich nichts gesagt haben. Schriftsatz.“ setzte er nach und fing an ihr ein entsprechendes Schriftstück zu diktieren. Frau Müller schrieb alles schnell mit und ihre Augen wurden beim schreiben immer größer und sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er das gerade wirklich diktierte. Schließlich war er fertig.
„Das tippen sie bitte heute noch ab und sorgen dafür, dass das bei Gericht eingeht und dass es spätestens morgen bei den betreffenden Personen zugestellt wird. Zudem benötige ich die Akten der Fälle Schmidt und Schulz, das ebenfalls heute.“ sagte er nach dem Diktat.
Frau Müller stand auf und ging langsam in Richtung Türe. Als sie gerade die Klingel ergriff, sagte ihr Chef noch: „Achja und wenn davon vor morgen jemand erfährt, dann waren sie die längste Zeit meine Sekretärin.“ Frau Müller schluckte und machte sich an die Arbeit.
Kapitel 41: Wie du mir so ich dir!
Sarah hatte sich am späten Nachmittag von Svenja verabschiedet und war nach Hause gegangen. Abends hatte sie nochmals die Gelegenheit gehabt mit Kathi und Sandra zu sprechen, auch wenn beide eher wortkarg waren, was bei Sandra anscheinend an zu wenig Schlaf lag, das merkte Sarah ihr an, auch wenn Sandra es nie zugegeben hätte. Sie hoffte, dass ihr beste Freundin in dieser Nacht mehr Schlaf finden würde. Kathi war körperlich anscheinend wieder fit, zumindest schien es so. Sarah wollte sich gar nicht ausmalen was für eine Kluft sie tief in sich versteckte. Ihre Mutter hatte den ganzen Tag über mit allerlei Behörden gesprochen und die wichtigsten Behörden davon in Kenntnis gesetzt, dass Kathi bei ihnen war, so brauchte zumindest niemand nach ihr zu suchen und anscheinend schien auch niemand irgendein Problem damit zu haben, dass sie vorerst bleiben würde. Mit Sandras Vater hatte sie leider noch nicht sprechen können, da er anscheinend einen Gerichtstermin hatte, der längere Zeit gedauert hatte und abends wollte Helen ihn auch nicht mehr stören, auch wenn sie ihn ohne Probleme hätte anrufen können.
Nach einem kleinen Abendessen waren Kathi und Sandra schnell wieder verschwunden. Auch Sarah merkte, dass die letzte Nacht wohl wieder zu kurz war und ging kurz nach den beiden ebenfalls in ihr Zimmer und legte sich ins Bett. Kurze Zeit später war sie eingeschlafen.
Sarah spürte plötzlich warme Sonnenstrahlen auf ihrem Gesicht und schlug die Augen auf. Sie lag auf der Liege im Garten. Sie trug ihre Sonnenbrille, sodass die Sonnenstrahlen sie nicht blendeten. Es war ein angenehmer sonniger Sommertag, so wie so ziemlich jeder Tag in der aktuellen Jahreszeit. Die paar Regentage, die es bislang gegeben hatte, waren nicht der Rede wert. Sie stellte ihre Füße links und rechts der Liege auf den Boden und setze sich auf. Alles schien normal zu sein. Eigentlich zu normal. So langsam entwickelte sie ein Gespür dafür ob sie träumte oder nicht. Sie war sich sicher, dass sie wieder in einem ihrer Träume gefangen war. Sie blickte auf ihre Hände. Alles war normal wie immer. Also war sie wieder die Ältere. Na toll, dachte sie sich in freudiger Erwartung sich selbst wieder begegnen zu werden. Die jüngere Sarah ließ sich Zeit und tauchte nicht auf. Irgendwie war Sarah eigentlich auch nicht danach sie zu suchen. Sie lehnte sich wieder zurück und sonnte sich wieder. Rechts von ihr stand ein Tisch auf dem ihre Zigaretten lagen. Sie griff danach und zündete sich eine davon an. Sie wunderte sich mit jeder Minute, die verstrich, dass keine andere Sarah auftauchte. Musste sie sich Sorgen machen? Was ein Schwachsinn, dachte sie direkt im nächsten Moment, also ob man sich sorgen um ein Wesen in seinem Kopf machen müsste. Sie wollte einfach warten und nichts tun, einfach das hier und jetzt genießen und alles schlechte für einen Augenblick vergessen. Sie drückte die Zigarette aus und schloss die Augen. Ohne es zu merken döste sie ein.
„Schön oder?“ fragte sie eine Stimme links neben ihr. Kurz darauf hörte Sarah ein Feuerzeug. Sie öffnete ihr linkes Auge und blickte zur Seite. Dort saß auf einer plötzlich neben ihr stehenden Liege ihr jüngeres Ich. Ausnahmsweise wirkte es dieses Mal erstaunlich freundlich im Vergleich zu sonst. Die Strahlen der Sonne verloren etwas von ihrer Intensität, sodass Sarah nun auch ohne Sonnenbrille etwas sehen konnte ohne geblendet zu werden. Sie richtete sich auf und setzte sich auf die Liege und blickte auf ihr jüngeres Ich.
„Du hast dir heute aber verdammt viel Zeit gelassen oder?“ fragte die Ältere.
„Ach komm sei ehrlich irgendwie hast du mich vermisst sei ehrlich.“ sagte die Jüngere.
„Naja ich glaube mit Vermissen übertreibst du ein bisschen findest du nicht? Kannst du mir mal sagen warum ich jetzt wieder die normale Sarah bin und nicht die neunjährige Sarah? Und seit wann bist du so freundlich verrate mir das mal.“ entgegnete sie der Jüngeren.
„Hey Moment mal. Ich war in der Vergangenheit vielleicht nicht der umgänglichste Teil deiner Persönlichkeit, aber lassen wir das gerade einfach mal nicht Thema sein ja.“ erklärte die Jüngere.
„Du machst es dir recht einfach. Du warst schon ein ganz schönes Biest, wenn ich das mal so sagen darf und das ist noch eine sehr humane Beschreibung und du hast mir immer noch nicht gesagt was der Quatsch mit dem Rollentausch zu sagen hat.“ erwiderte die Ältere
„Ja wie gesagt, lassen wir das gerade einmal bitte Vergangenheit sein und der Rollentausch, der ist mehr oder weniger auf meinen Mist gewachsen.“ erklärte sie weiter.
„Also hast du mich doch weiter verarscht oder was? Das war so klar.“ sagte die Ältere wütend.
„So jetzt komm bitte erstmal runter ja. Ich bin nicht hier um mit dir zu streiten. Was habe ich dir immer wieder gesagt? Denk mal nach.“ erwiderte die jüngere Sarah ruhig. Sie lag immer noch auf der Liege und rauchte genüsslich eine Zigarette.
„Das war ziemlich viel. Ziemlich viel Fieses und Gemeines.“ antwortete Sarah.
„Das meine ich doch nicht. Was ist das einzige, dass dir egal welche Sarah du getroffen hast, gesagt wurde?“ fragte die jüngere Sarah weiter.
„Betrachte es aus einem anderen Blickwinkel.“ murmelte die Ältere.
„Bitte?“ hakte die Jüngere nach.
„Betrachte es aus einem anderen Blickwinkel.“ sagte die Ältere lauter.
Die jüngere Sarah nickte, dann begann auch schon ihre Silhouette zu verschwimmen. Sarah meinte noch, dass ihr jüngeres Ich etwas sagen wollte, aber sie verstand es nicht. Sie merkte wie sie unsanft wach gerüttelt wurde.
Mit verschlafenen Augen schaute sie ihre Mutter an. Sie sah sauer und besorgt zu gleich aus.
„Morgen oder besser gesagt Mittag. Sei so gut und komm runter. Wir müssen reden, es ist wichtig.“ sagte sie und ging zur Zimmertüre.
Sarah schluckte. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
„Weißt du was die Aufregung soll Kathi?“ fragte Sandra während sie ein wenig unruhig auf der Bank hin und her rutschte.
„Ne keine Ahnung was mit ihr los ist. So kenne ich sie gar nicht. Irgendwas muss passiert sein, sonst würden wir nicht hier sitzen. Mich wundert es, dass sie Sarah auch mit dazu holt. Wir haben entweder alle irgendwas angestellt oder keiner von uns.“ schlussfolgerte Kathi.
„Ich wüsste nicht was ich gemac….“ Sandra brach mitten im Satz ab als plötzlich die Türe aufsprang und Helen hereinkam.
„Sarah komm jetzt!“ rief sie nach oben. Kurz darauf trabte Sarah auch schon die Treppe herunter und setzte sich zu den anderen beiden an den Tisch. Keine der drei traute sich ein Wort zu sagen.
Helen lief vor der Spüle auf und ab so als ob sie noch überlegen sollte wie sie das was sie sagen wollte, in Wort fassen wollte. Sie hielt an, wollte ansetzen und ging nochmal ein paar Schritte. Die drei Mädchen konnten ihre Anspannung förmlich im Raum spüren.
„Mensch Mama was ist denn los?“ fragte Sarah immer noch etwas verschlafen.
Ihre Mutter schaute sie kurz böse an und Sarah hatte kurz das Gefühl, dass sie jeden Moment von einem wilden Raubtier gefressen werden würde, aber es kam anders, die Gesichtszüge ihrer Mutter entspannten sich wieder. Sie nahm etwas von der Anrichte und setzte sich zu den Mädchen an den Tisch.
„Entschuldigt bitte.“ sagte Helen schließlich. „Ich habe mich einfach nur geärgert.“
„Über uns?“ fragte Kathi.
„Nicht über euch, aber es hat mit euch zu tun. Hier am besten schaut ihr selbst.“ sagte sie und legte einen Brief auf den Tisch. Sarah, Kathi und Sandra rückten nahe zusammen um den Brief zeitgleich lesen zu können. Mit jeder Zeile wirkten ihre Blicke schockierter und ungläubiger. Schließlich waren alle mit dem Brief durch.
„Das ist ein schlechter Scherz oder?“ fragte Sarah während sie sich eine ihrer Zigaretten anzündete.
„Er will das alleinige Sorgerecht für mich und die Vormundschaft für Kathi? Was soll der Scheiß? Kathi sag doch auch mal was dazu!“ keifte Sarah weiter.
„Was soll ich sagen? Ich bin alles andere als begeistert, reicht dir das als Kommentar? Außerdem würde das meiner Mutter gehörig gegen den Strich gehen.“ entgegnete sie Sarah.
„Dann sind wir immerhin schon drei. Also was machen wir jetzt?“ fragte Sarah ihre Mutter.
„Ich rufe jetzt Jochen an und sage ihm er soll schnellstmöglich herkommen. Ihr frühstückt erstmal oder geht wieder ins Bett, aber ich brauche euch später nochmal.“ sagte sie und schnappte sich das Telefon und ging ins Wohnzimmer.
„Frühstück?“ fragte Sarah in die Runde.
Es tutete und tutete. Endlich wurde abgehoben.
„Schneider und Partner. Wie kann ich ihnen helfen?“ fragte eine junge Frauenstimme am anderen Ende.
„Guten Tag. Kraus mein Name, ich muss dringend Herrn Schneider sprechen.“ sagte Helen.
„Einen Moment bitte.“ sagte die junge Frau am anderen Ende und schon hing sie in der Warteschleife. Kurze Zeit später meldete sich eine männliche stimme am anderen Ende.
„Schneider, wie kann ich ihnen helfen?“ fragte Jochen.
„Jochen ich bin’s Helen.“ begrüßte sie ihn.
„Oh Helen du? Was kann ich für dich tun?“ fragte er nochmals.
„Ich brauche deine Hilfe. Du musst bitte schnellstmöglich her kommen. Mein Ex scheint komplett am Rad zu drehen. Er hat bei Gericht das alleinige Sorgerecht für Sarah und die Vormundschaft für Kathi beantragt. Ich hatte den Wisch heute in der Post.“ erklärte sie ihm.
„Ach du scheiße. Lass mich mal in meinen Kalender schauen.“ antwortete er und fing an seinen Kalender durchzusehen. „Ok du hast Glück ich habe heute keine Termine mehr. Ich mache mich sofort auf den Weg. Wir sehen uns später.“
Bevor Helen sich verabschieden konnte, hatte er schon aufgelegt. Etwa eine halbe Stunde später klingelte es an der Türe. Sie ging zur Türe, aber es war nicht Jochen, sondern nur der Paketbote, der ein gefühlt riesiges Paket vor der Türe abgestellt hatte. Man merkte, dass er mit dem Paket zu kämpfen gehabt hatte.
„Guten Tag, einmal eine Lieferung für Sarah Kraus. Eine Unterschrift bitte.“ sagte er kurz und verschwand direkt wieder nachdem Helen ihm die gewünschte Unterschrift gegeben hatte. Sie versuchte gar nicht erst das Paket zu haben, sondern zog es in dem Flur und rief nach Sarah.
Diese kam wenige Sekunden später aus der Küche.
„Hier bin ich. Ist was passiert?“ fragte sie verwundert.
Ihre Mutter deutete auf das Paket. „Ähm kann es sein, dass du beim Onlineshopping übertrieben hast?“ fragte sie erstaunt.
„Ach du scheiße. Ich wusste nicht, dass das so groß werden würde. Das krieg ich niemals nach oben.“ antwortete Sarah.
„Dann musst du das eben hier auspacken und den Inhalt einzeln nach oben bringen, ganz einfach. Ich möchte, dass das Paket heute Abend verschwunden ist.“ ermahnte sie ihre Tochter.
„Klar kein Problem, aber ich kann das nicht aus packen wenn Jochen hier ist. Da sind….“ Sarah brach ab, irgendwie war es ihr doch ein wenig peinlich den Inhalt vor ihrer Mutter zu erwähnen.
„Ich kanns mir denken, alles gut, aber schieb das Ding irgendwo an Seite. Ist eigentlich der komplette Inhalt für dich alleine? Hast du da jetzt endlich deine Klarheit gewonnen?“ fragte ihre Mutter neugierig.
„Nein da ist auch Kram für Kathi mit drin. Sie hat wohl Nachschubprobleme und hat direkt was mitbestellt. Das Geld wollte sie mir eigentlich gestern überweisen, aber das ist in dem ganzen Stress komplett untergegangen und die Klarheit habe ich leider immer noch nicht.“ erklärte sie ihrer Mutter. Danach schob sie das Paket in den kleinen Gang, der in den Garten führte. Als sie gerade mit dem Paket fertig war, klingelte es erneut an der Türe. Da Sarahs Mutter noch an der Türe stand, öffnete sie sofort die Türe. Dieses Mal war es tatsächlich der erwartete Besuch.
„Ah Jochen. Gut, dass du kommst.“ begrüßte ihn Helen.
„Keine Ursache. Es ging leider nicht schneller, hast du hier schon an der Türe mit den Hufen gescharrt oder warum hast du mir so schnell aufmachen können?“ fragte er und betrat den Flur.
„Nein. Wir haben ein etwas größeres Paket bekommen, ich habe erst später damit gerechnet. Sarah war so frei und hat es beiseite geschoben.“ erklärte sie während sie in Richtung des Pakets deutete.
„Ah ich verstehe. Hallo Sarah. Ist ja schon ne Weile her, dass wir uns gesehen haben. Alles gut?“ fragte Jochen freundlich.
„Hi grüß dich. Naja den Umständen entsprechend würde ich sagen, aber ich denke Kathi geht es weitaus schlimmer als mir.“ entgegnete sie ihm.
„Das kann ich mir vorstellen. Wo ist sie eigentlich?“ fragte Jochen.
„Die sollte mit deiner Tochter noch in der Küche sein. Da wollte ich jetzt sowieso mit dir hin.“ warf Helen ein.
„Klar gerne nach dir.“ sagte er und folgte ihr kurz darauf in die Küche. Sarah folgte den beiden ebenfalls.
Frau Müller saß wieder an ihrem Schreibtisch am Empfang der Rechtsanwaltskanzlei. Am liebsten hätte sie heute morgen gar nicht erst angefangen zu arbeiten. Was ihr Chef sich gestern erlaubt hatte, missfiel ihr ungemein. Leider konnte sie sich schon denken, dass er vermutlich mit seinem Antrag zum alleinigen Sorgerecht für seine Tochter und der Vormundschaft für seine Nichte Erfolg haben würde. Wenn es ums Geschäft ging, war er nahezu ein Gott, sie hatte es bislang noch nicht mitbekommen, dass er in der Vergangenheit einen Fall verloren hatte, auch wenn er sich nun aus seinem eigentlichen Fachgebiet herauswagte, standen die Chance für die Gegenseite jedoch mehr schlecht als recht. Sie hatte seine Tochter nur ein paar Mal am Telefon gehört, aber irgendwie tat sie ihr schon Leid. Die Anrufe in der Kanzlei hatten irgendwann urplötzlich aufgehört. Vermutlich wollte ihr Chef einfach nicht, dass seine Tochter seine Telefonleitung mit irgendwelchem Kinderkram blockierte. Normalerweise waren Eltern doch immer für ihre Kinder erreichbar, aber bei ihren Chef schien diese Regel nicht zu gelten. Sie wurde durch ein plötzliches Klingeln aus den Gedanken gerissen. Ihr Chef verlangte schon wieder nach ihr. Na super genau das was sie jetzt brauchte. Widerwillige erhob sie sich und betrat sein Büro.
„Herr Kraus, was kann ich für die tun?“ fragte sie mit gekünstelter Freundlichkeit, die sie vor Jahren perfektioniert hatte um sich nicht irgendwelche Kommentare von ihm gefallen lassen zu müssen.
„Frau Müller, schnell wie eh und je.“ antwortete er ihr.
„Natürlich, versteht sich von selbst.“ entgegnete sie ihm und setzte noch ein „du ignorantes Arschloch hinterher“.
„Sehr schön. Ich habe mal wieder eine sehr spezielle Aufgabe für sie, die natürlich nur sie erfüllen können. Ich verlasse mich auf sie.“ setzte er an.
Das verhieß nichts Gutes. Sie wusste, dass diese Spezialaufgaben immer etwas höchst Grenzwertiges beinhalteten. Nicht illegal versteht sich, aber mindestens in der Grauzone und moralisch zu tiefst verwerflich. Ihre Nackenhaare richteten sich auf, sie war extrem angespannt, aber versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
„Naja ihr Schweigen nehme ich mal an, ergibt sich dadurch, dass sie ganz gespannt darauf sind was sie denn für mich erledigen dürfen.“ sprach er weiter.
„Natürlich, selbstverständlich.“ sagte sie mit einem leicht unsicheren Unterton.
Er schaute sie kurz verwundert an, aber erklärte dann trotzdem weiter: „Sie müssen in der gestrigen Angelegenheit noch etwas für mich erledigen. Ein Schreiben und zwei Telefonate. Das Schreiben ist ganz einfach, da brauchen sie sich nichts zu notieren. Nehmen sie sich bitte diesen Umschlag hier vor mir. Dort finden sie zwei Dokumente. Bei einem ist die Unterschrift gefälscht, bei dem anderen Dokument handelt es sich um ein Dokument mit der Originalunterschrift. Ich möchte, dass dieser Umschlag diskret zur Polizei gebracht wird. Wenn sie den Umschlag dorthin gebracht haben, rufen sie die Dienststelle an und informieren sie diese darüber. Machen sie den Beamten klar, dass das Subjekt äußert gefährlich ist und es am besten morgen dazu befragt werden sollte. Diesen Anruf machen sie selbstverständlich nicht von hier aus. Suchen sie sich die nächstbeste Telefonzelle oder sonst was. Soweit klar?“
„Ja verstanden. Muss ich wissen um welche Dokumente es sich handelt?“ fragte sie nervös.
„Das ist für die nicht von Belang. Sie müssen nur so viel wissen. Das gefälschte Dokument ist ein Zeugnis. Das andere Dokument ist kein Zeugnis und die Unterschrift ist echt. Die Fälschung wurde von der Person angefertigt, der das Zeugnis gehört, mehr hat sie nicht zu interessieren.“ erklärte er weiter.
„Verstanden und was ist mit dem zweiten Anruf?“ fragte sie um das Thema zu wechseln.
„Ah der zweite Anruf natürlich. Sie sind aber auch eine ganz Clevere. Deshalb arbeite ich so gerne mit ihnen zusammen. Der zweite Anruf den machen sie natürlich beim Jugendamt und erzählen dort von den kriminellen Machenschaften meiner Tochter und dass ihre Mutter nicht in der Lage ist das Kind zu bändigen. Die sollen am besten auch morgen mal bei ihr vorbeischauen. Verstanden?“ erklärte er weiter.
„Ja, aber…“ setzte sie an.
„Ach vergessen sie mal das aber. Glauben sie mir, diese zusätzliche Arbeit lasse ich mir einiges kosten.“ versuchte er sie umzustimmen. „Schauen sie mal hier. Ein Vögelchen hat mit gezwitschert, dass sie in den nächsten zwei Monaten einen großen Bonus erhalten werden. Ich habe auch gehört, dass der Bonus als Vorschuss ausgezahlt wird. Ich habe den Vorschuss bereits hier.“ erklärte er und legte einen kleinen, aber dicken Umschlag auf den größeren Umschlag.
„Also sind wir im Geschäft?“ fragte er abschließend.
Die drei betraten nacheinander die Küche. Sandra und Kathi saßen wie erwartet noch in der Küche und hatten sich kaum gerührt.
„Na ihr beiden.“ begrüße sie Jochen.
„Hallo.“ sagte Kathi.
„Hallo Papa.“ begrüßte Sandra ihn freudestrahlend.
„Na Sandra wie lebt es sich in deinem vorübergehenden Quartier?“ fragte er während er sich setzte.
„Ganz gut. Warum fragst du? Jetzt sag mir nicht, dass Mama will, dass ich wieder nach Hause komme?“ fragte sie etwas aufgebracht.
„Ach wo denkst du hin. Helen wird dich schon raus werfen, wenn du sie nervst. Ich denke aktuell ist es ganz gut, dass du für deine Freundin da bist, wir legen dir da keine Steine in den Weg.“ entgegnete er. „Aber ich denke nächste Woche solltest du vielleicht schon mal wieder zu Hause auftauchen oder meinst du nicht?“ setzte er hinterher.
„Mal schauen wie sich das die Woche noch entwickelt, aber ich denke Kathi kommt nächste Woche ohne mich zurecht oder Kathi?“ fragte Sandra die wortkarge Kathi.
„Ich denke schon.“ sagte sie kleinlaut.
Sarah hatte sich in der Zwischenzeit wieder auf ihrem Platz gesetzt. Sarah Mutter war dabei Kaffee zu kochen, als die Maschine lief setzte sie sich neben Sarah.
„Ist das in Ordnung, wenn die Kinder hier bleiben?“ fragte sie Jochen.
„Naja es geht immerhin um zwei von ihnen und von meiner Tochter erwarte ich einfach mal, dass sie über alles was jetzt besprochen wird nichts ausplaudert.“ antwortete und schaute Sandra mit einem ernsten Blick an.
„Gut, dann geb ich dir jetzt erstmal den Wisch vom Gericht.“ sagte Helen und reichte ihm die beiden Schreiben.
Jochen las die beiden Schreiben eine geraume Weile Zeile für Zeile durch und schüttelte teilweise den Kopf. Als er fertig war sagte er: „Da hat dein feiner Ex sich aber einigen Scheiß zusammengereimt, wenn du mich fragst.“
„Klar sehe ich auch so, aber haben wir irgendwas zu befürchten?“ fragte Helen.
„Nun ja ein paar Dinge erschließen sich mir hier noch nicht so ganz, da müsstet ihr mich mal aufklären. Hier wird auf eine Schulakte verwiesen, was hat es damit auf sich?“ fragte Jochen.
Sarah schluckte bei der Frage. „Ist das wirklich so wichtig?“ fragte sie nervös.
„Absolut. Die Akte könnte wichtige Informationen enthalten, die die Anschludigungen hier bekräftigen oder widerlegen. Wenn ich euch helfen soll, dann muss ich alles wissen, sonst ist das so wie wenn wir blind in Richtung einer Klippe laufen.“ erklärte er Sarah.
„Nun ja…“ setzte Sarah an. „Das ist eine etwas längere Geschichte.“
„Nur zu ich habe genügend Zeit mitgebracht.“ erwiderte Jochen, daraufhin begann Sarah über alle Vorfälle zu berichten und ließ auch die Vereinbarung nicht aus. Während Sarahs Erzählung wurden Sandras Augen teilweise groß vor Erstaunen, da sie nun endlich verstand warum ihre beste Freundin nicht von der Schule geflogen war, wenn sie irgendwelchen Mist gemacht hatte.
„Puh. Das ist aber schon eine ziemlich grenzwertige Nummer, die ihr da gefahren seid.“ stellte Jochen fest, als Sarah mit ihrer Erklärung fertig war.
„Schon klar. Warum glaubst du habe ich diese Vereinbarung aufgelöst?“ entgegnete Sarah.
„Ich verstehe. Jetzt verstehe ich auch warum dein Ex auf dieses Internat pocht. Er geht davon aus, dass sie früher oder später sowieso von der Schule fliegt. Die Akte könnte ein Problem werden. Du bist zwar die Musterschülerin schlechthin, aber dein nennen wir es mal aufmüpfiges Verhalten in der Vergangenheit könnte dem Gericht zu denken geben. Außerdem haben wir da noch die unter den Teppich gekehrte Urkundenfälschung, also die gefälschte Unterschrift unter dem Zeugnis.“ erklärte er den dreien weiter.
„Ach das ist doch gefühlt schon ewig her.“ warf Sarah ein.
„Naja so einfach ist das nicht. Es gibt Straftaten, die nach einer gewissen Zeit nicht mehr zur Anklage gebracht werden können, aber bei der Urkundenfälschung trifft das nicht zu. Es kann durchaus sein, dass man dich im Zuge des Sorgerechtsstreits dafür zur Verantwortung zieht, aber das wäre ein gesondertes Verfahren. Aber leider spricht es nicht für dich, sondern gegen dich. Also ich sehe das bei dir schon kritisch ob wir das so einfach durch kriegen.“ erklärte er weiter.
„Na toll, also war jetzt alles umsonst oder wie?“ fragte Sarah, während sich Tränen in ihren Augen bildeten.
„Nein, nein, aber wir müssen das Gericht davon überzeugen, dass die Überforderung deiner Mutter, die hier genannt wird nicht der Grund für dein Verhalten ist. Von der Vereinbarung habt ihr beiden gewusst oder?“ fragte er Helen.
„Nicht nur gewusst, sondern auch mit unterschrieben und beide zugestimmt als Sarah die Vereinbarung ohne unser Wissen aufgelöst hat.“ erklärte Helen.
„Das ist gut, das ist sehr gut. Wir werden uns also auf den Standpunkt stellen, dass Sarah ihr Handeln in der Vergangenheit zum Denken bewegt hat und, dass sie solche Methoden gar nicht gebrauchen möchte, das könnte wieder einen Pluspunkt für uns geben.“ erwiderte Jochen.
„Beruhigend, kann mir jetzt auch mal wer sagen was mit mir ist?“ fragte Kathi, die sich bislang zurückgehalten hatte.
„Ah ja natürlich. Helen weißt du zufälligerweise ob deine Schwester irgendwelche Vorkehrungen für den Fall ihres Todes getroffen hat?“ fragte Jochen.
„Keine Ahnung. Ich weiß nur sie hat nie viel von meinem Ex gehalten. Sarah wird das bestätigen und Kathi auch. Sie würde sich im Grab umdrehen, wenn sie wüsste, dass Kathi unter seine Obhut gestellt werden soll.“ erklärte Helen.
„Gut, das könnte der einfachere der beiden Fälle werden. Ich habe da auch noch eine andere Idee. Es gäbe noch die Möglichkeit einen Gegenantrag zu stellen. Aber dafür muss ich von euch wissen ob ihr das wollt und ich bitte euch nehmt mir das jetzt nicht übel wenn ich das nicht mal drei Tage nach dem Tod von Kathis Mutter anspreche.“ entgegnete Jochen.
„Was genau meinst du Jochen?“ fragte Helen verwundert.
Kapitel 42: The day after tomorrow
„Ich rede von Adoption.“ sagte Jochen kurz.
„Adoption?“ fragten alle vier gleichzeitig.
„Ganz ruhig ich habe doch gesagt ihr sollt mir das nicht übel nehmen. Ich weiß, dass es verdammt früh ist über sowas zu sprechen, aber das könntet ihr zumindest versuchen. Ich übertreibe jetzt einmal, bitte nehmt mich nicht so ernst: Das arme traumatisierte Mädchen ohne Familie hat nur noch ihre Tante und diese ist auch noch so gnädig und nimmt sie nicht nur als Mündel auf, sondern erklärt sich gleich auch noch bereit sie zu adoptieren und integriert sie damit vollständig in ihre Familie und sorgt auch noch dafür, dass sie nicht alleine ist und eine Schwester bekommt und dazu noch ein paar Tränen und den unbedingten Wunsch hier bleiben zu wollen und dann sollte das mit der Vormundschaft von deinem Ex sowas von in Schall und Rauch untergehen. Wie gesagt das war jetzt sehr kurz und überspitzt vorgetragen, daran müsste ich bis zum Termin noch etwas arbeiten. Aber das funktioniert nur, wenn ihr das so auch machen wollt.“ erklärte Jochen seinen Plan.
„Uff…da überrollst du uns jetzt ja nahezu mit.“ antwortete Helen. „Kann ich dich und Sandra mal kurz ins Wohnzimmer schicken um das mit den beiden alleine zu besprechen?“
„Natürlich. Sandra kommst du?“ sagte er kurz, während er sich erhob und schon Richtung Türe ging.
„Klar Moment.“ gab Sandra zurück, gab Kathi noch einen Kuss und verließ mit ihrem Vater die Küche.
Die drei nahmen erstmal einen großzügigen Schluck aus ihre Kaffeetassen und Sarah zündete sich eine Zigarette an. Danach herrschte einen Moment betretenes Schweigen, das schließlich von Kathi gebrochen wurde: „Das ist sein Plan? Ernsthaft?“
„Er hat doch schon gesagt, dass er es nicht böse meint und es eigentlich noch zu früh dafür ist. Wäre das denn etwas, das du in Betracht ziehen würdest oder bist du absolut dagegen?“ fragte Helen.
„Das geht mir alles zu schnell.“ antwortete Kathi und Tränen bildeten sich in ihren Augen. Sarah, die immer noch neben ihr saß rückte ein Stück näher an sie heran und nahm sie in den Arm und redete beruhigend auf sie ein: „Hey, alles gut. Wir wissen alle, dass das alles verdammt schnell hintereinander kommt und dass wir dir hier viel abverlangen an Entscheidungen, die keiner treffen möchte. So oder so sind wir für dich da in Ordnung?“ Kathi schaute Sarah verwundert an, während immer noch ein paar Tränen den Weg aus ihren Augen fanden. Seit wann war Sarah auf einmal so einfühlsam. Das sah ihr eigentlich nicht ähnlich, zumindest nicht, wenn sie die letzten Tage in Erinnerung hatte, aber vielleicht waren das auch Nachwirkungen, die mit dem Tod ihrer Mutter zu tun hatten. Sie löste sich sanft von Sarah. „Danke.“ sagte sie leise. Sarah nickte nur stumm zurück.
Sarahs Mutter wartete immer noch auf eine Antwort von Kathi.
„Kathi? Gehts wieder?“ fragte sie freundlich.
„Es geht, wie gesagt es geht alles so schnell und ist einfach zu viel, was passiert.“ entgegnete sie knapp.
„Ich weiß, dass es viel ist, aber ich brauche leider immer noch eine Antwort auf die Frage ob das mit der Adoption eine Option für die wäre oder nicht?“ fragte Helen nochmals.
Kathi lehnte sich zurück, schloss die Augen und ließ ihre Gedanken kreisen. Sie wusste nicht wie lange sie die Augen geschlossen hatte. Als sie die Augen wieder öffnete, starrte sie in zwei immer noch ratlose Gesichter. Sie atmete tief durch und teilte den beiden schließlich ihre Entscheidung mit: „Ich bin einverstanden.“
„Sehr gut. Sarah?“ fragte Helen.
„Ja?“ fragte Sarah zurück.
„Was ist mit dir? Ist das auch für dich in Ordnung oder nicht?“ fragte ihre Mutter klarer.
„Einverstanden.“ kam kurz als Antwort.
„Also haben wir dreimal ein Ja, dann lassen wir die beiden nicht mehr warten. Kathi bist du so gut und sagst ihnen Bescheid, dass wir fertig sind?“ erwiderte Helen.
Mit zittrigen Händen wählte Frau Müller die Telefonnummer. Warum machte sie das überhaupt mit. Ihr verdammter Chef hatte aber auch nicht besseres zu tun als sie in einen Kleinkrieg hineinzuziehen und sie durfte die Drecksarbeit machen wie immer. Natürlich konnte sie es sich nehmen lassen einen Blick in den verschlossenen Umschlag zu werfen. Wie er gesagt hatte befand sich darin ein Zeugnis, ein Zeugnis seiner Tochter und ein Schriftstück, dass von seiner Exfrau unterschrieben war. Sie verglich kurz die Unterschriften und konnte schnell die offensichtliche Fälschung, die er angesprochen hatte, entlarven. Kein normaler Mensch würde seine eigene Tochter ans Messer liefern, aber dieser Mistkerl machte es ohne mit der Wimper zu zucken. Möglicherweise hatte er im Laufe der Jahre seine Seele durch seinen Job verloren oder er war schon immer so. Das Problem, egal was er tat, er kam damit durch, sie hoffte insgeheim, dass er dieses Mal keinen Erfolg haben würde. Sie drückte die letzte Taste auf dem Nummernblock der Telefonzelle und wartete auf ein Freizeichen, das wenige Sekunden später ertönte.
„Guten Tag Kommissar Schmitz am Apparat, wie kann ich ihnen helfen?“ sagte sie Stimme am anderen Ende des Telefons.
„Guten Tag. Ich habe ihnen gerade einen Umschlag zukommen lassen. Darin befindet sich ein Nachweis über eine Urkundenfälschung. Bitte gehen sie dieser Sache schnellstmöglich nach. Die schuldige Person ist die Person, deren Name auf dem Zeugnis steht.“ erklärte Frau Müller kurz mit verstellter Stimme.
„Und mit wem spreche ich und wie sind sie an diese Informationen gelangt?“ fragte der Kommissar weiter.
„Das ist nicht wichtig. Bitte kümmern sie sich schnell darum bevor noch mehr passiert. Die Täterin ist unberechenbar.“ sagte sie und legte auf.
Puh. Der erste Anruf war erledigt. Besonders gut fühlte sie sich nicht. Sie hoffte, dass ihr Hinweis im Sande verlaufen würde und gar nicht ernst genommen würde. Sie suchte in ihrem Handy nach der nächsten Nummer, die sie brauchte. Sie wählte wieder die Nummer auf dem Nummernblock und wartete erneut auf das Freizeichen. Auch dieses Mal kam es schnell und am anderen Ende meldete sich eine Frauenstimme.
„Guten Tag, Maier Jugenamt.“ begrüßte sie die Stimme kühl.
Frau Müller schluckte kurz und verstellte wieder ihre Stimme: „Ich muss ihnen einen Fall von Vernachlässigung melden. Es handelt sich dabei um Sarah Kraus. Das Kind ist außer Kontrolle. Seine Mutter kümmert sich kein bisschen darum, dass das Kind nicht auf die schiefe Bahn gerät. Ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass sogar die Polizei gegen das Kind ermittelt.“
„Das klingt ernst. Sie sind?“ fragte Frau Maier.
„Ich möchte lieber nicht erkannt werden. Ich kenne das Kind und fürchte mich vor einem Racheakt.“ erklärte Frau Müller.
„Wir werden das schnellstmöglich prüfen, versprochen. Haben sie zufälligerweise den Wohnort?“ fragte Frau Maier.
„Das ist die Lindenstraße. Hausnummer 11, hier in der Stadt. Danke, dass sie sich darum kümmern.“ sagte Frau Müller und legte auf um weitere Rückfragen zu vermeiden.
Danach verließ sie mit einem nicht weniger beklommenen Gefühl die Telefonzelle in Richtung Kanzlei.
Frau Maier schaute gerade durch die Akten, die sie sich nach dem Telefonat mit der ihr unbekannten Frau herausgesucht hatte. Zwei Akten lagen auf ihrem Tisch eine mit dem Namen Sarah Kraus und eine mit dem Namen Kathrina Jansen. Sie schaute beide Akten durch. Keinerlei Auffälligkeiten. Seltsam dachte sie sich, aber sie nahm Meldungen aus der Bevölkerung ernst, auch wenn die Aktenlage nicht darauf schließen ließ, dass etwas nicht stimmte. Sie nahm sich nochmals die Akte Jansen zur Hand. Die Akte hatte nur einen Vermerk „Mutter verstorben, Nichte vorübergehend bei Tante untergebracht. Telefonisch mitgeteilt durch die Tante.“. Also eine überforderte Mutter, eine unberechenbare Tochter und auch noch ein vermutlich traumatisiertes Kind im Haus. Das gibt nichts Gutes, das war Frau Maier klar. Sie fuhr mit der Maus über den Bildschirm und suchte in ihrem Telefonbuch einige Nummern. Zuerst ihr Vorgesetzter, absichern ist immer besser. Sie wählte seine Nummer.
„Silke was gibt’s?“ fragte ihr Vorgesetzter kurze Zeit später.
„Hallo Frank. Ich habe gerade einen komischen Anruf bekommen. Anscheinend überforderte Mutter und vernachlässigtes Kind. Die Akten sind absolut unauffällig.“ erklärte sie ihm.
„Akten? Ich dachte ein Kind?“ fragte er verwundert.
„Ähm anscheinend hat die Mutter die Nichte vor ein paar Tagen aufgenommen, weil die Mutter verstorben ist, ich habe eine Notiz in der Akte, das wars und die andere ist blitzeblank das ergibt doch keinen Sinn und anscheinend soll auch die Polizei ermitteln. Das wüssten wir doch.“ berichtete sie ihm.
„Hmmm, das ist wirklich seltsam, aber vielleicht ist es einfach noch niemandem aufgefallen. Hast du mal nen Namen für mich?“ fragte er.
„Klar der Name der Tochter ist Sarah Kraus. Mutter Helen Kraus, Vater Karl Kraus.“ gab sie ihm kurz durch.
„Hmmmm. Akademikerfamilie. Noch ungewöhnlicher, dass da was im Argen liegen sollte. Hat sich der Anrufer näher geäußert?“ fragte er weiter.
„Nein leider nicht. Ich könnte natürlich mal bei der Polizei nachfragen ob die was haben. Wenn die wirklich was haben, dann könnte ich mir vorstellen, dass da was dran ist und würde dem gerne nachgehen.“ erklärte sie ihm.
„Bis wir von denen irgendwas brauchbares kriegen, kann sonst was passiert sein. Mach doch morgen einfach mal einen Überraschungsbesuch, dann wirst du bestimmt feststellen, dass alles in Ordnung ist. Du kannst ja vorsorglich schon mal im Krankenhaus wegen einem Gutachten für die beiden Kinder anfragen, wenn sich das dann erledigt, kannst du das immer noch absagen. Ich muss jetzt weitermachen. Halt mich einfach auf dem Laufenden, was sich da ergibt in Ordnung?“ verabschiedete er sich von ihr und legte auf bevor sie etwas antworten konnte.
„Na gut also eben ein Überraschungsbesuch. Naja dann rufe ich mal diesen Arzt an.“ sagte sie zu sich selbst und wählte die Nummer des Krankenhauses. Es dauerte ein wenig, aber dann antwortete eine abgehetzte Männerstimme: „Hallo Dr. Kramer hier. Was kann ich für sie tun?“
„Maier Jugendamt. Sind sie derjenige der Gutachten für uns erstellt?“ fragte sie.
„Ja das gehört mit zu meinen Aufgaben, aber bislang bin ich noch nicht dazu gekommen eines anzufertigen. Sie müssen wissen ich habe erst vor kurzem hier angefangen.“ erklärte Dr. Kramer.
„Ich wusste gar nicht, dass wir einen neuen Arzt für Gutachten haben. Können sie kurzfristig zwei Namen auf ihre Liste setzen?“ fragte sie ihn.
„Ja, aber bitte seien sie so gut und schicken sie mir die per Mail ich war schon im Begriff nach Hause zu gehen. Ich schaue mir die Mail schnellstmöglich an, aber es kann sein, dass das erst übermorgen ist. Morgen habe ich meinen freien Tag.“ erklärte er ihr.
„Klar mache ich, die Mail habe ich schon gefunden. Ich wünsche einen schönen Feierabend.“ erwiderte Frau Maier.
„Danke gleichfalls.“ verabschiedete sich Dr. Kramer.
Frau Maier tippte noch schnell die Mail mit den beiden Namen und begann dann sich anderen Aufgaben zu widmen.
Kathi hatte in der Zwischenzeit Sandra und Jochen wieder in die Küche geholt. In großer Runde saßen sie nun zu fünft wieder zusammen.
„Also habt ihr euch überlegt ob ihr das machen wollt?“ fragte Jochen.
„Wir machen es so wie du gesagt hast.“ entgegnete Helen.
Jochen blickte zu Kathi. Sie sagte nichts, aber nickte ihm zustimmend zu.
„Sehr schön. Ich würde sagen ich gehe kurz mal ans Auto und hole meinen Laptop. Den Antrag machen wir jetzt gleich schon fertig. Ich fahren den gleich persönlich zum Gericht. Zudem beantrage ich, dass alles zusammen verhandelt wird, dann brauchen wir nur einmal zu Gericht. Zudem werde ich mit euch noch eine Stellungnahme erarbeiten, die wir ebenfalls dem Gericht zukommen lassen. Ich bin gleich wieder da.“ erklärte er das weitere Vorgehen und verließ kurz das Haus und kam ein paar Minuten später mit seinem Laptop wieder.
„So dann brauche ich erstmal Internet, Sarah du hast doch bestimmt euren WLAN Schlüssel oder?“ fragte er Sarah.
„Klar. Hier.“ antwortete sie und hielt ihm ihr Handy hin auf dem der Schlüssel zusehen war.
„Danke.“ sagte er und tippte den Schlüssel ein.
„Den musst du mir bitte bei Gelegenheit auch noch geben.“ warf Kathi ein.
„Kriegst du später, versprochen.“ erwiderte Sarah kurz.
„So den Antrag habe ich. Ich glaube Sarah und Sandra brauchen wir gerade nicht mehr.“ sagte er.
„Na gut. Mädels ihr habts gehört. Ihr könnt euch ja um das Paket kümmern.“ warf Helen ein.
„Ähm…schlechter Plan.“ warf Sarah ein und deutete auf Jochen.
„Ach warum. Wir drei gehen ins Wohnzimmer und du und Sandra ihr schiebt das Paket einfach hier rein und packt das hier aus und verstaut alles. Problem gelöst.“ entgegnete Helen.
„Na gut von mir aus.“ sagte Sarah leicht genervt. „Komm Sandra wir schieben das Ding schon mal hier rein.“
Helen stand kurz auf um Sarah raus zulassen und Sarah und Sandra begannen mit den Kampf mit dem Paket aufzunehmen. Die anderen drei begaben sich derweil ins Wohnzimmer und konnten mit ansehen wie sich Sarah und Sandra mit dem Paket abrackerten. Fünf Minuten später waren beide mit dem Paket in der Küche verschwunden und hatten die Türe geschlossen.
„So ein Scheiß. Kathi hätte mich echt mal vorwarnen können, dass das so groß wird.“ beschwerte sich Sarah.
„Was hast du überhaupt bestellt, wenn ich fragen darf?“ fragte Sandra.
„Na was wird das wohl sein, wenn dein Vater das nicht sehen soll?“ fragte Sarah
„Verstehe. Ist das alles für dich oder wie jetzt?“ fragte Sandra weiter.
„Ne Kathi hat auch noch reichlich mitbestellt. Anscheinend sind ihre Vorräte langsam erschöpft. Ich frage mich wie sie klar gekommen wäre, wenn das nicht raus gekommen wäre?“ antwortete Sarah
„Naja ich gehe mal davon aus, dann hätte sie die hauptsächlich nachts getragen, damit wäre der Verbrauch geringer ausgefallen, ganz einfach.“ schlussfolgerte Sandra.
„Möglich. Aber früher oder später hätte sie das Problem gehabt, da bin ich mir sicher.“ entgegnete Sarah.
„Möglich. Weißt du was für wen ist und was wo hin soll?“ fragte Sandra.
„Keine Ahnung. Wir bringen alles erst mal in mein Zimmer und dann machen wir die Aufteilung später. Ganz einfach.“ erwiderte Sarah und begann in der Besteckschublade nach einer Schere zu suchen, die sie dann auch fand. Stolz präsentierte sie ihren Fund und begann damit das Paket zu öffnen. Nachdem alles Klebeband gelöst war klappten beide den Deckel des Pakets auf.
„Wow das ist üppig würde ich sagen. Also wenn ich Spaß an dem ganzen Kram hätte, dann würde ich jetzt tatsächlich neidisch werden.“ merkte Sandra an als sie die oberste Schicht betrachtete.
„Ernsthaft?“ fragte Sarah erstaunt.
„Ein bisschen vielleicht. Aber ich muss sagen Kathi hat echt Geschmack.“ entgegnete Sandra
„Wie kommst du denn jetzt darauf?“ fragte Sarah.
„Naja ganz einfach. Ich kann mir verdammt gut vorstellen, dass du einfach wahllos irgendwelche Sachen in deinen Einkaufswagen gepackt hast und Kathi hat dann im Nachhinein daran rumgebastelt und das alles optimiert. Ist doch so oder nicht?“ stellte Sandra fest.
„Ach komm das hat Kathi dir verraten oder?“ fragte Sarah aufgebracht.
„Na klar was denkst du denn. Wir mussten uns ja auch mal über irgendwas anderes unterhalten als den Scheiß der hier gerade abgeht. Aber sie wollte mir nicht verraten was sie dir in den Einkaufswagen gelegt hat.“ erklärte Sandra.
„Na toll also immer wenn ich irgendwas Dummes im Bezug auf Windeln mache, erzählt Kathi dir das oder wie?“ fragte Sarah weiter.
„Ach nein wo denkst du hin. Wir sind da beiläufig drauf gekommen. Die meiste Zeit spricht sie eigentlich gar nicht. Ich bin froh, dass ich sie halbwegs vom Weinen abgehalten bekomme, aber auch das gelingt nicht immer. Glaub mir sie wirkt zwar gefasst und recht normal, aber ich spüre, dass es ihr eigentlich alles andere als gut geht.“ erklärte Sandra ernst.
„Vielleicht war der Schwächeanfall doch was Ernsteres?“ fragte Sarah.
„Ich weiß es nicht, aber bitte tu mir einen Gefallen.“ sagte Sandra ernst.
„Was denn?“ fragte Sarah.
„Pass gut auf sie auf wenn ich nicht mehr die ganze Zeit bei ihr bin, versprich mir das.“ entgegnete Sandra.
„Klar mach ich. Wir sollten jetzt aber mal anfangen das Zeug hoch zu schaffen.“ antwortete Sarah und nahm sich die ersten Windelpackungen und trat den Weg in ihr Zimmer an.
„So dann fangen wir mal an. Ich brauche bitte deine Daten Kathi. Am besten trägst du gerade mal alles ein.“ sagte Jochen und schob ihr den Laptop hin.
„Ok wo genau?“ fragte Kathi unsicher.
„Hier.“ antwortete er und deutete mit dem Finger auf die entsprechenden Zeilen.
Kathi nickte und fing an die Zeilen auszufüllen.
„Muss ich noch irgendwas beachten?“ fragte Helen.
„Eigentlich nicht. Wenn dein Ex nicht noch versucht irgendwas anderes anzustellen, sehe ich eigentlich gute Chancen, dass wir mit allem durchkommen.“ erläuterte Jochen.
„Bist du sicher, dass das mit der Schulakte kein Problem gibt?“ fragte sie unsicher.
„Die Akte ist jetzt nicht unbedingt förderlich für alles, aber das kriegen wir schon irgendwie erklärt. Notfalls argumentieren wir mit Unterforderung oder sowas. Ich würde das Ding gerne einmal sehen, kannst du die Schule anrufen und eine Kopie anfordern? Dann weiß ich worauf wir uns einstellen müssen.“ erklärte er weiter.
„So ich glaube ich bin fertig.“ meldete sich Kathi zu Wort.
„Sehr schön. Lass mich mal sehen.“ sagte Jochen und kontrollierte ob alles vollständig war. „Ok sieht gut aus. Helen jetzt bist du dran.“ setzte er nach und schob Helen den Laptop hin. „Ihr habt doch einen Drucker nehme ich an. Kann ich ohne weiteres darauf den Antrag drucken?“ fragte er Helen.
„Gute Frage. Kathi geh mal bitte Sarah wegen dem Drucker fragen.“ entgegnete sie und Kathi ging in Richtung Küche um Sarah zu suchen.
Sarah kam gerade als Kathi die Küche betrat wieder nach unten. „Schon fertig mit den beiden?“ fragte sie Kathi als sie bemerkte, dass sie in der Küche stand.
„Naja so halb. Funktioniert euer Drucker?“ fragte Kathi.
„Klar sicher. Der ist im WLAN verbunden, sollte also zu finden sein. Der steht in meinem Zimmer. Am besten sagt ihr mir Bescheid wenn ihr was druckt, dann hole ich das. Ich habe die Lieferung jetzt erstmal bei mir untergebracht. Wir kümmern uns später darum.“ antwortete Sarah.
„Das hat keine Eile. Wo hast du eigentlich Sandra gelassen?“ fragte Kathi.
„Die kommt gleich runter.“ erwiderte Sarah kurz.
„Ich glaube ich sollte mal wieder rüber bevor man mich vermisst.“ sagte Kathi und ging wieder zurück ins Wohnzimmer.
„Der Drucker funktioniert und sollte im WLAN zu finden sein. Braucht ihr mich noch?“ fragte Kathi.
„Erstmal nicht. Wir sagen dann Bescheid wenn noch was ist.“ sagte Jochen und entließ Kathi damit aus dem Gespräch.
Kathi atmete auf und setzte sich zu Sarah in die Küche und wartete auf Sandra.
Der restliche Tag verlief ereignislos. Jochen meldete sich kurze Zeit nachdem Kathi in die Küche gegangen war, dass jemand den Ausdruck holen sollte, was Sarah dann erledigte. Er blieb noch eine Weile im Wohnzimmer mit Helen und verabschiedete sich gegen späten Nachmittag von allen. Sarah, Sandra und Kathi machten sich nach dem Abendessen daran die Lieferung aufzuteilen.
„Tada.“ sagte Sarah als die drei ihr Zimmer betraten.
Kathi staunte nicht schlecht als sie den Inhalt des Pakets fein säuberlich aufeinander gestapelt vor Sarahs Bett und darauf vorfand. Sie machte es sich mit Sandra auf Sarahs Couch bequem, während Sarah mit ihrem Stuhl Vorlieb nehmen musste.
„Das nächste Mal hilfst du aber entweder beim Tragen oder warnst mich vor.“ beschwerte sich Sarah nochmals bei Kathi.
„Du alleine hast doch schon gefühlt Massen bestellt. Meine zusätzlichen Sachen sind da kaum ins Gewicht gefallen.“ erwiderte Kathi.
„Das sehen wir gleich mal. Sandra, du erhältst nun die wunderbare Aufgabe das zu sortieren. Ich sage den Namen und dann wird gesagt wems gehört. Kathis Sachen stellst du einfach vor die Türe und meine irgendwo in die Ecke vom Bett oder so.“ erklärte Sarah das geplante Vorgehen.
„Wenn du meinst.“ entgegnete Sandra und stellte sich neben den Stapel.
„Ähm kann ich noch ne vielleicht doofe Frage stellen bevor wir anfangen?“ fragte Sarah.
„Klar.“ sagten Kathi und Sandra gleichzeitig und mussten anfangen zu lachen.
„Wenn ich gleich die Namen sage, ihr wisst dann welche ich meine oder?“ fragte sie etwas unsicher.
„Ich denke ich sollte alles kennen.“ antwortete Kathi.
„So wie ich das sehe, kenne ich auch so ziemlich alles.“ antwortete Sandra.
„Du kennst die Namen Sandra?“ fragte Sarah erstaunt.
„Ähm klar. Hat Kathi dir nicht erzählt, dass ich mir auch mal was Buntes zwischendrin gönne als Abwechslung zu dem tristen einfarbigen Zeug, das ich sonst so habe?“ entgegnete Sandra
„Nein das wäre mir neu. Hätte mir aber auch mal vorher jemand sagen können.“ erwiderte Sarah frustriert.
„Sorry ist irgendwie untergegangen bei dem ganzen Trubel. Außerdem haben wir uns seitdem Kathi das weiß nur einmal gesehen und beim Treffen mit Svenja wäre das wohl der unpassendste Moment gewesen oder nicht?“ verteidigte sich Sandra.
„Schon gut, hast ja Recht.“ sagte Sarah. „So dann fangen wir mal an.“
Sarah nahm sich die Rechnung und fing an vorzulesen:
„Rearz Princess. Zwei Mal, also wahrscheinlich eine für jeden.“ sagte Sarah.
Kathi nickte. Sandra schnappte sich eine der Packungen und stellte sie in die Nähe der Türe.
„Rearz Barnyard. Ebenfalls zwei Mal.“ fuhr Sarah fort und wieder stellte Sandra eine der Packungen beiseite. Das ganze ging noch eine ganze Weile so bis sich der Stapel nahezu halbiert hatte. Neben den Packungen blieben jetzt für Sarah nur noch ein paar Bodys in allen möglichen Farben und mit allen möglichen Mustern, unter anderem auch einer mit dem geliebten Prinzessinnenmotiv auf ihrem Bett zurück.
„So ich glaube das wars.“ sagte Sarah erschöpft.
„Noch nicht ganz.“ schaltete sich Sandra ein.
„Wie jetzt?“ was fehlt denn noch? Ich habe doch alles vorgelesen und es war da.“ erwiderte Sarah verwirrt.
„Ähm…nun ja deine Liste stimmt nicht.“ antwortete Sandra.
„Wieso sollte sie nicht stimmen, kannst du mir das erklären?“ fragte Sarah
„Willst du Kathi oder soll ich?“ fragte Sandra
„Mach du ruhig.“ sagte Kathi.
„Ich habe ein wenig daran rumgebastelt.“ erklärte Sandra.
„Wie rumgebastelt? Vorallem wann und was?“ fragte Sarah aufgebracht.
„Ganz ruhig, lass mich fertig erklären.“ entgegnete Sandra.
„Ich höre.“ antwortete Sarah genervt.
„Also ich habe dir doch mit dem Paket geholfen.“ fing Sandra an.
„Ja und weiter.“ warf Sarah ein.
„Nun unterbrich mich nicht nach jedem Satz, sonst brauchen wir Tage bis wir fertig sind. Also wie gesagt ich habe dir mit dem Paket geholfen. Nun ja Kathi hat mir ja nicht verraten was drin ist außer einer Sache und die sollte ich unbedingt unauffällig verschwinden lassen und die Rechnung ändern, also habe ich den Bestandteil der Lieferung verschwinden lassen und die Rechnung als ich vorhin noch hier oben war durch ein wenig knicken so kopiert, dass das Fehlen des Gegenstands nicht auffällt.“ erklärte Sandra fertig.
„Und was bringt euch das Ganze jetzt? Wollt ihr mir einfach nur verarschen oder wie?“ fragte Sarah.
„Nein wo denkst du hin. Ich hatte einfach die Hoffnung, dass es dir nicht auffällt was ich alles so in den Einkaufswagen gelegt habe und, dass es dir erst recht nicht auffällt wenn was fehlt. Das sollte jetzt eigentlich so ne Art Überraschung werden, wenn du verstehst was ich meine.“ erklärte Kathi.
„Ähm ihr wisst aber schon, dass ich das Zeug selbst gekauft habe oder?“ fragte Sarah die beiden.
„Kathis Anteil inklusive dem Geld für die Überraschung haben wir gestern an dich überwiesen als wir in Kathis Zimmer waren.“ warf Sandra ein.
„Ok hast du dir deinen Anteil ausgerechnet oder wie?“ fragte Sarah weiter.
„Klar keine große Sache und dann noch ein bisschen was drauf rechnen kriege ich gerade noch hin und du kannst es ja gerne nachrechnen um es zu überprüfen, wenn was fehlen sollte kriegst du das selbstverständlich noch von mir.“ antwortete Kathi.
„Ja aber warum der ganze Aufwand? Wir haben doch gerade eigentlich größere Probleme als sowas.“ stellte Sarah fest.
„Als ich meinen Plan gefasst habe, gabs die Probleme noch nicht und du warst alles andere als glücklich nach dem Treffen mit deinem Vater, da dachte ich einfach es wäre irgendwie cool dir noch ein kleines Geschenk zur Aufheiterung zu machen. Da hat sich die Bestellung einfach angeboten, du hast ja eh nicht wirklich drauf geschaut was ich da alles rein gepackt habe und auch noch Sachen für mich rein getan habe, standen die Chancen gut, dass du zusätzliche Sachen sowieso nicht bemerkst.“ erklärte Kathi weiter.
„Ja aber spätestens beim Auspacken hätte ich die Sachen ja finden können.“ warf Sarah ein.
„Klar die Gefahr bestand natürlich, aber deshalb habe ich Sandra gesagt was sie aus dem Paket verschwinden lassen soll, wenn sie uns zufälligerweise beim Auspacken hilft. Ich selbst wusste ja was ich verschwinden lassen muss.“ erwiderte Kathi.
„Verstehe. Interessant und das hast du trotz dem ganzen Trubel nicht vergessen oder wie?“ fragte Sarah.
„Naja fast hätte ich es vergessen. Als ich mich gestern von dem ganzen Scheiß ablenken wollte, ist es mir wieder eingefallen, da habe ich Sandra von meinem Plan erzählt. War eine schöne Abwechslung zu dem was aktuell sonst so auf der Tagesordnung steht.“ sagte Kathi.
„Ok dann spannt mich nicht auf die Folter. Was ist es?“ fragte Sarah.
„Augen zu.“ sagte Sandra und Sarah schloss ihre Augen. Kurze Zeit später hatte sie eine rechteckige Verpackung in den Händen.
Kapitel 43: Wenn der Staatsdienst dreimal klingelt
„Kann ich schauen?“ fragte Sarah unsicher.
„Klar.“ sagten beide Mädchen wieder lachend.
Sarah öffnete die Augen und fand ein kleines durchsichtiges Kästchen mit zwei Schnullern in ihrer Hand. Einer davon war der Schnuller, den sie vor kurzem bei Kathi gesehen hatte, das andere Motiv kannte sie noch nicht, hatte aber auch Ähnlichkeit mit dem Prinzessinenmotiv des Bodys. Sarah betrachtete die Schnuller wie im Bann.
„Ich dachte mir einfach mal, dass sie die gefallen könnten.“ warf Kathi ein.
Sarah nickte nur langsam und sagte nichts.
Sarah, Kathi und Sandra hatten sich kurz nach der Übergabe von Sarahs Geschenk getrennt, da bei allen langsam die Müdigkeit eingesetzt hatte. Sarah hatte nur noch schnell ihr Bett freigeräumt und sich dann hingelegt und war dann sehr schnell eingeschlafen.
Verschlafen griff Sarah nach ihrem Handy und schaute auf die Uhr. Es war inzwischen Vormittag wie sie feststellte und setzte sich auf die Bettkante. Zeit für Kaffee und eine Zigarette dachte sie sich und begab sich auf schnellstem Weg in die Küche.
„Morgen oder so. Gut geschlafen?“ fragte ihre Mutter erstaunt als Sarah die Küche betrat.
„Hi. Joa ganz gut würde ich sagen. Schlafen die anderen noch?“ fragte Sarah.
„Die sind oben in Kathis Zimmer. Kathi meinte es ginge ihr nicht so gut, sie wollte sich nochmal hinlegen.“ erklärte ihre Mutter.
„Verständlich bei all dem Trubel, wenn du mich fragst.“ erwiderte Sarah.
„Anscheinend fühlt sie sich irgendwie krank, also nichts wegen der Sache mit ihrer Mutter.“ entgegnete ihre Mutter.
„Dann hoffe ich mal, dass sich das schnell wieder gibt.“ sagte Sarah während sie sich ihre Zigarette anzündete. „Sag mal ist alles in Ordnung? Du wirkst ein wenig nervös oder meine ich das nur?“ fragte Sarah ihre Mutter.
„Scheiße…merkt man das echt?“ entgegnete sie.
„Naja vielleicht ein bisschen. Ist noch irgendwas passiert was mich beunruhigen sollte?“ fragte Sarah.
„Nein überhaupt nicht. Weißt du ich erwarte gleich noch Besuch.“ erklärte Helen.
„Und deshalb bist du nervös?“ bohrte Sarah nach.
„Ach weißt du ich habe einen alten Bekannten wiedergetroffen. Er hat bei mir im Krankenhaus angefangen. An dem Tag an dem das mit deiner Tante passiert ist und du mich angerufen hast, war ich gerade mit ihm Essen.“ erläuterte Helen.
„Und ist doch kein Grund nervös zu werden. Oder hast du etwa vor ihm einen Antrag zu machen?“ fragte Sarah scherzhaft.
„Nein wo denkst du hin. Wobei ganz abgeneigt wäre ich bestimmt nicht.“ entgegnete Helen.
Sarah fing an zu Husten weil ihr der Rauch ihrer Zigarette im Hals stecken geblieben war. Sie brauchte ein paar Augenblicke bis sie wieder etwas sagen konnte: „Was?“ fragte sie erstaunt.
„Ach jetzt stell dich nicht so an. Ich war doch jetzt lange genug alleine. Wenn sich da was ergeben sollte, wäre ich nicht abgeneigt, nicht mehr und nicht weniger.“ antwortete ihr Mutter.
„Ja schon gut. Mich wundert das nur, dass das so plötzlich kommt. Wann soll denn dein Besuch kommen?“ fragte Sarah neugierig.
„Gegen zwei. Aber untersteh dich und häng die ganze Zeit hier rum. Das kannst du schön knicken.“ ermahnte ihre Mutter sie.
„Jaja schon gut. Aber mal schauen darf ich wohl oder?“ fragte Sarah.
„Ja, aber mehr nicht verstanden.“ sagte ihre Mutter.
„Ja schon klar.“ antwortete Sarah, holte sich eine Tasse Kaffee und setzte sich wieder auf ihren Platz. Sie schaute auf die Uhr. Seltsamerweise wirkte sie auf einmal verschwommen. War sie nicht ganz wach? Sie rieb sich die Augen. Die Uhr war wieder normal zu erkennen. Es war inzwischen 12:30. Einen Moment Zeit war ja noch bis zum Eintreffen des Besuchs ihrer Mutter. Also dann doch noch ein kleines Frühstück, dachte sie sich und schmierte sich ein paar Brote, während ihre Mutter noch ein wenig mit Aufräumen im Wohnzimmer beschäftigt war. Sarah saß eine geraume Weile in der Küche, als es plötzlich an der Türe klingelte. Sarah schaute auf die Uhr und stellte fest, dass sich der Besuch ihrer Mutter einer der überpünktlichen Art war. Gespannt wartete Sarah darauf, dass der Besucher endlich die Küche betreten würde. Die Klinke zur Küchentüre wurde nach unten gedrückt.
Leider wurden Sarahs Vorstellung jäh enttäuscht, denn ihre Mutter betrat die Küche anscheinend nicht mit ihrer Verabredung, sondern hatte zwei Polizisten im Schlepptau.
„Guten Tag.“ begrüßten die beiden Sarah, die immer noch verwirrt ihren Blick zwischen den beiden hin und her wandern ließ, während sie sich gegenüber von Sarah an den Tisch setzten.
Sarahs Mutter setzte sich neben Sarah.
„Sie sind Sarah Kraus?“ fragte der eine Polizist Sarah.
„Ja bin ich und sie sind?“ fragte Sarah unsicher.
„Kommissar Schmitz.“ stellte sich der Polizist vor. Sein Kollege war anscheinend die wortkarge Variante und holte eine Mappe hervor.
„Und sie wollen zu mir oder wie?“ fragte Sarah weiter.
„Genau.“ antwortete Kommissar Schmitz.
„Sarah was hat das zu bedeuten?“ fragte ihre Mutter besorgt.
„Ich habe keine Ahnung, ich wüsste nicht was die Polizei von mir möchte.“ entgegnete sie ihrer Mutter und schaute Kommissar Schmitz fragend an.
„Wir sind hier um das zu klären.“ begann Kommissar Schmitz beschwichtigend. „Wir haben einen Hinweis auf eine Straftat erhalten und gehen dieser gerade nach. Wir sind hier um ihre Tochter als Verdächtige zu vernehmen. Sie kann natürlich zu allen Punkten schweigen sofern sie sich selbst belasten würde und sie können jederzeit einen Anwalt hinzuziehen.“ erklärte Kommissar Schmitz weiter.
„Was wird meiner Tochter denn vorgeworfen?“ fragte Helen.
„Es geht um eine Urkundenfälschung.“ antwortete Kommissar Schmitz und ließ sich von seinem Kollegen zwei Dokumente geben. „Um genauer zu werden geht es um diese Dokumente hier.“ setzte er nach und legte den beiden die Dokumente vor.
Sarah und ihre Mutter schauten sich die beiden Dokumente an. Es handelte sich um das Zeugnis mit der gefälschten Unterschrift und um eine Seite mit einer Unterschrift von Sarahs Mutter.
„Woher haben sie die Dokumente?“ fragte Sarah.
„Eine Frau hat sich anonym bei uns gemeldet und gesagt sie hätte uns Beweise zukommen lassen und wir sollten das überprüfen.“ erklärte Kommissar Schmitz weiter. „Möchten sie sich dazu äußern ob die Unterschrift gefälscht wurde?“ fragte Schmitz weiter.
Sarah schaute ihre Mutter fragend an und hoffte in ihrem Gesicht eine Antwort darauf zu finden ob sie darauf antworten sollte oder nicht.
Frau Maier fuhr gut gelaunt durch die Stadt und wollte ihren Überraschungsbesuch wie gestern geplant durchführen. Sie hatte sich die Akten heute nochmals angesehen und immer noch keinen Hinweis darauf gefunden, dass bei der Familie irgendetwas im Argen liegen könnte. Sie bog gerade in die Lindenstraße ein und suchte die Hausnummer der Familie Kraus. Zu ihrer Überraschung parkte gerade ein Fahrzeug der Polizei vor dem Haus. Frau Maier parkte hinter dem Fahrzeug und ihr kamen wieder Gedanken an das gestrige Telefonat in den Sinn. Anscheinend hatte die Anruferin mit ihrem Tipp doch recht gehabt. Sie wollte nicht vorschnell urteilen. Erstmal eine Übersicht verschaffen und dann weitersehen. Sie stieg aus und ging zur Haustüre und klingelte. Sie wartete einen Moment bis ihr eine Frau mittleren Alters die Türe öffnete.
„Guten Tag, wie kann ich ihnen helfen?“ fragte die Frau.
„Guten Tag, mein Name ist Maier ich komme vom Jugendamt. Sie sind Frau Kraus?“ stellte sie sich vor.
„Ja bin ich. Jugendamt? Was möchte das Jugendamt von mir?“ fragte Helen.
„Ich gehe einem Hinweis nach. Kann ich rein kommen?“ fragte Frau Maier.
„Schön und gut Frau Maier, aber ich glaube das ist gerade unpassend. Wie sie vielleicht gesehen haben, haben wir bereits Besuch.“ erklärte sie und deutete auf das Auto der Polizei.
„Dann sind die Herren tatsächlich bei ihnen. Das macht die Sache noch interessanter. Ich möchte sie nochmals bitten mich herein zu lassen.“ sagte Frau Maier mit Nachdruck.
„Na gut. Kommen sie rein.“ antwortete Helen und ließ sie eintreten.
„Warten sie bitte einen Moment ich muss erst mal Bescheid sagen, dass sie hier sind.“ sagte Helen und ließ Frau Maier im Flur stehen und eilte in die Küche.
„Ähm…Herr Schmitz anscheinend haben wir auch das Jugendamt zu Besuch. Wie lange brauchen wir hier noch?“ fragte Helen den Kommissar.
„Das lässt sich schwer beurteilen.“ antwortete der Kommissar. „Aber…“ begann er und wurde von einem erneuten Klingeln der Haustüre unterbrochen.
Helen schnaubte und eilte wieder zur Türe und öffnete diese. Vor der Türe stand Stefan. Sie konnte ihm nur ein knappes Lächeln entgegen bringen. „Stefan, dich habe ich jetzt total vergessen.“ begrüßte sie ihn.
„Hallo Helen. Wie vergessen? Habt ihr die Polizei hier oder wie?“ fragte er und konnte auch Frau Maier hinter Helen erkennen. „Und wer ist diese Dame?“ fragte er weiter.
Frau Maier drängte sich an Helen vorbei und stellte sich vor: „Maier Jugendamt.“ sagte sie knapp.
„Jugendamt und Polizei? Was ist hier los?“ fragte Stefan.
„Wer sind sie eigentlich?“ fragte Frau Maier und hatte bereits einen kleinen Notizblock gezückt.
„Kramer. Dr. Stefan Kramer.“ stellte er sich vor.
„Moment. Sind sie der Psychologe, der die Gutachten erstellt? Dann sind sie wegen der Gutachten für die beiden Mädchen hier?“ fragte Frau Maier.
„Wir haben gestern miteinander gesprochen und sie wollen ein Gutachten von der Tochter von Frau Kraus?“ entgegnete Stefan.
„Für die Tochter und die Nichte.“ ergänzte Frau Maier.
„Das Gutachten kann ich ihnen nicht erstellen. Ich bin aus privaten Gründen hier. Sie müssen sich jemand anderen suchen.“ wies er sie ab.
„Private Gründe?“ fragte Frau Maier.
Stefan kam gar nicht mehr dazu darauf zu antworten, denn im Haus wurde gerade laut geschrien. Alle Beteiligten eilten schnellsten in die Küche um zu erfahren was los war.
Sandra stand völlig außer Atem und panisch in der Küche. Sarah und die beiden Polizisten schauten sie sichtlich verwirrt an. Zeitgleich stürmten drei weitere Personen in die Küche.
Helen war die erste, die das Wort ergriff: „Sandra! Was ist los?“
„Kathi. Sie wacht nicht mehr auf und ist total heiß.“ erklärte Sandra panisch.
Helen musste jetzt die Qual der Wahl treffen. Sie konnte Sarah schlecht mit den ganzen Gestalten alleine lassen und vor allem wollte sie am liebsten alle loswerden. Es gab jetzt Wichtigeres als gefälschte Zeugnisse und das Jugendamt.
„Stefan. Geh mit Sandra und schau dir Kathi bitte an. Ich muss hier noch was regeln.“ sagte sie an Stefan gerichtet.
„Natürlich.“ antwortete er und eilte mit Sandra nach oben.
„Meine Herren von der Polizei. Ich darf sie bitten zu gehen. Bitte nennen sie mir einen Termin, wann meine Tochter auf dem Präsidium erscheinen soll, dann holen wir die Aussage nach. Das gleiche gilt auch für sie Frau Maier. Ich muss mich jetzt um meine Nichte kümmern. Melden sie sich bei mir wegen einem Termin und dann sehen wir weiter.“ erklärte sie allen Anwesenden.
Die beiden Polizisten ließen sich damit recht schnell abwimmeln und verließen das Haus. Frau Maier war da hartnäckiger. „Also bei allem Verständnis Frau Kraus. Ich kann ihnen ja nicht einfach einen Termin geben, sonst sieht hier ja alles wie geleckt aus wenn ich komme.“ erläuterte sie Sarah und Helen.
„Frau Maier, wenn sie nicht augenblicklich verschwinden und an einem anderen Tag angekündigt hier auftauchen, dann hört mein Chef von mir. Noch weitere Bemerkungen notwendig? Nein, dann wünsche ich ihnen einen schönen Tag“ erwiderte Helen und deutete in Richtung Türe.
Frau Maier ging zur Tür und verabschiedete sich mit einem: „Bis zum nächsten Mal Frau Kraus.“
Helen eilte nachdem alle ungebetenen Gäste aus dem Haus geschmissen waren nach oben. In Kathis Zimmer angekommen, fragte sie erst mal nach der Lage: „Stefan kannst du schon was sagen?“ fragte sie panisch.
„Sie reagiert nicht und ist glühend heiß. Ich würde sagen sie sollte ins Krankenhaus.“ antwortete er.
„Dann lass uns am besten keine Zeit verlieren.“ sagte Helen.
„Gut wir nehmen mein Auto. Ich bringe dich nachher zurück.“ entgegnete Stefan und schnappte sich Kathi und eilte mit Helen nach unten und nach draußen. Kurze Zeit später konnten Sarah und Sandra ein schnell wegfahrendes Auto hören.
Hellen und Stefan rasten fast ins Krankenhaus. Leider setzte langsam die erste Welle des Feierabendverkehrs ein, wodurch ihr Vorankommen immer wieder verzögert wurde. Das einzig beruhigende war die Tatsache, dass das Krankenhaus nicht sehr weit entfernt war.
„Ok pass auf.“ sagte Stefan während er sich weiter durch den Verkehr kämpfte. „Ich schmeiße dich an der Notaufnahme raus, du schnappst dir Kathi und gehst rein. Ich parke mein Auto dann eben schnell auf meinem Parkplatz.“
Helen konnte kaum klar denken. Der Mittag und Nachmittag waren zu ereignisreich gewesen.
„Helen? Ist das jetzt ein guter Vorschlag?“ fragte Stefan nochmals, da er keine Antwort erhielt.
„Ähm. Ja klar.“ entgegnete Helen, war mit den Gedanken aber ganz wo anders.
Das Krankenhaus kam langsam in das Blickfeld der beiden. Stefan kämpfte sich hupend durch die Straßen und erreichte schließlich die Notaufnahme des Krankenhauses.
„Ok schnapp dir Kathi und rein mit euch. Ich finde dich gleich schon.“ sagte Stefan zu Helen.
Helen nickte, sprang aus dem Fahrzeug, öffnete die hintere Türe und hob Kathi so gut es eben ging hoch und begann sie in Richtung Eingang zu tragen. Das Auto setzte sich hinter ihr in Bewegung, aber das sah Helen nicht, sondern kämpfte sich weiter in Richtung Eingang. Glücklicherweise geriet sie in das Blickfelds eines kräftigen Krankenpflegers, der sich eigentlich gerade eine kurze Pause genehmigen wollte. Statt sich seine Zigarette anzuzünden, eilte er zu Helen.
„Guten Tag. Kann ich ihnen helfen?“ fragte er freundlich.
„Sie muss schnell rein. Sie glüht und reagiert nicht.“ erklärte Helen kurz.
„Lassen sie mich mal machen.“ erwiderte er und schnappte sich Kathi. Er konnte sie mühelos tragen und eilte mit ihr Richtung Eingang. Helen folgte ihm mit etwas Abstand und erreichte kurz nach ihm den Empfang.
„Guten Tag…Frau Kraus?“ begrüßte sie die Dame am Empfang.
„Keine Zeit. Meine Nichte.“ sagte Helen außer Atem und deutete auf den Pfleger der vor ihr lief. Der Pfleger brachte Kathi in eines der Behandlungszimmer der Notaufnahme und legte sie auf die Liege, die immer Zimmer stand.
„Bitteschön. Ich hole den Arzt. Warten sie hier.“ sagte er und verschwand aus dem Raum.
Helen legte ihre Hand auf Kathis Stirn. Sie war immer noch glühend heiß und immer noch nicht bei Bewusstsein. Wie konnte es nur sein, dass sie selbst Medizinerin war und nicht in der Lage war irgendetwas für ihre Nichte zu tun. Sie hörte die Türe hinter sich und drehte sich um. Ein Mann mit weißem Kittel in fortgeschrittenen Alter betrat den Raum, gefolgt von dem Pfleger. Helen kannte ihn. Dr. Erik Schröder, der Leiter der Notaufnahme. Sie hatte zwar wenig mit ihm zu tun, aber immer wenn sein Name viel, dann wurde eigentlich immer nur Gutes berichtet.
„Guten Tag. Moment mal? Sind sie nicht Frau Kraus?“ fragte Dr. Schröder verblüfft.
„Ja bin ich. Dr. Schröder meine Nichte hat das Bewusstsein verloren und anscheinend hohes Fieber.“ erklärte ihm Helen kurz.
„Verstehe.“ entgegnete Dr. Schröder kurz und ging zu der Liege. Er stellte einige kleinere Untersuchungen an. „Hmmmm…“ sagte er immer wieder.
„Und Dr. Schröder? Was hat sie?“ fragte Helen verzweifelt.
„Ich kann aktuell nichts feststellen. Ich werde einige Untersuchungen machen müssen. Gibt es irgendwelche Allergien oder andere Vorerkrankungen?“ fragte der Arzt.
„Heute morgen fühlte sie sich unwohl, mehr weiß ich nicht. Die letzten Tage war alles in Ordnung. Über Vorerkrankungen kann ich ihnen nichts sagen und fragen kann ich auch niemanden, aber wenn es etwas Ernstes wäre, dann hätte man mir das bestimmt schon mal gesagt.“ erklärte Helen.
„Verstehe. Holen sie bitte etwas um das Mädchen zu kühlen.“ sagte der Arzt dem Pfleger und wendete sich dann an Helen: „Sie können hier gerade nichts tun. Gehen sie bitte zu Schwester Heike und geben ihr alle Daten der Patientin.“
„Herr Kollege…“ setzte Helen an.
„Ich verstehe ihre Sorgen Frau Kollegin. Sie können hier nicht viel tun. Sie ist bei mir in guten Händen.“ sagte der kurz. Helen zögerte kurz, machte sich dann aber doch auf den Weg zum Empfang.
„Frau Kraus.“ begrüßte sie Schwester Heike.
„Hallo.“ entgegnete Helen etwas geknickt.
„Was war das gerade für ein Aufruhr?“ fragte die Schwester.
„Meine Nichte hat hohes Fieber und das Bewusstsein verloren.“ erklärte Helen.
„Oh Gott.“ antwortete die Schwester entsetzt. „Ist sie schon im Behandlungszimmer?“ fragte sie weiter.
„Dr. Schröder hat mich gerade mehr oder weniger rausgeworfen und hierhin geschickt, damit ich ihre Daten hier abgebe.“ erwiderte Helen.
„Dann machen sie sich keine Sorgen. Wenn Dr. Schröder die Untersuchungen macht, dann wird alles wieder gut.“ sprach sie ihr beruhigend zu und reichte ihr ein Klemmbrett. „Hier. Lenken sie sich ein bisschen mit dem Papierkram ab.“
Helen nickte und begann den Aufnahmebogen auszufüllen. Kurze Zeit später hatte sie den Bogen wieder bei Schwester Heike abgegeben und wartete im Wartebereich der Notaufnahme auf Neuigkeiten. Sie blickte in Richtung Eingang zur Notaufnahme als gerade Stefan die Notaufnahme betrat. Glücklicherweise sah er Helen sofort und kam zu ihr.
„Und wissen sie schon was Kathi hat?“ fragte er.
„Nein, Dr. Schröder untersucht sie gerade und hat mich zum Warten verdonnert.“ erklärte Helen.
„Vernünftig von ihm.“ antwortete Stefan.
„Warum das denn?“ fragte sie geschockt.
„Überleg doch mal. Würdest du nach einem Unfall von Sarah im OP stehen und sie operieren? Eher nicht. Du stehst doch wohl mehr als neben dir. Das habe ich schon im Auto gemerkt.“ erklärte er ihr.
„Ja aber glaubst du es ist schön hier einfach zum Warten verdonnert zu sein?“ fragte Helen ihn frustriert.
„Natürlich nicht. Aber etwas anderes kannst du nicht tun.“ sagte er und nahm sich ihre Hände und umschloss sie mit seinen Händen. Helen lächelte schwach.
„Willst du mir zur Ablenkung erzählen was heute Vormittag bei dir los war?“ fragte Stefan.
„Nicht hier und jetzt. Später vielleicht.“ blockte Helen ab.
Bevor Stefan etwas antworten konnte, kam Schwester Heike zu den beiden.
„Sie können jetzt nochmal zu Dr. Schröder.“ sagte sie kurz.
„Wissen sie schon irgendwas?“ fragte Helen besorgt.
„Nein der Doktor hat mir nur gesagt sie sollen nochmal zu ihm.“ entgegnete die Schwester.
Helen ging mit Stefan in Richtung des Behandlungszimmers. Dort angekommen, fand sie es jedoch leer vor und befürchtete das Schlimmste. Die Minuten, die sie dort warten musste, kamen ihr wie Stunden vor, wenn nicht sogar noch länger. Endlich öffnete sich die Türe und Dr. Schröder betrat das Zimmer.
„So Frau Kraus.“ begrüßte er sie nochmals.
„Wo ist sie? Was hat sie?“ fragte Helen besorgt.
„Wir haben sie gerade auf die Intensivstation gebracht. Sie ist immer noch nicht bei Bewusstsein, atmet aber selbstständig und das Fieber kriegen wir vermutlich unter Kontrolle. Leider wissen wir noch nicht was sie hat, es laufen noch ein paar Tests, die in den nächsten Stunden hoffentlich eine Antwort bringen.“ erklärte er.
„Das klingt doch gut Helen.“ schaltete sich Stefan ein.
„Durchaus. Sie sind der Ehemann von Frau Kraus?“ fragte Dr. Schröder.
„Nein, wo denken sie hin. Sie ist eine alte Freundin von mir und seit kurzem auch wieder eine Kollegin. Ich bin der neue Psychologe hier im Krankenhaus.“ erwiderte Stefan.
„Ah verstehe. Ähm Frau Kraus, ist es in Ordnung, wenn der Kollege das weitere Gespräch mitbekommt?“ fragte Dr. Schröder.
„Ich wüsste jetzt gerade nichts was dagegen spricht. Müssen wir noch was klären?“ fragte sie den Arzt.
„Da gibt es noch eine Sache. Ihre Nichte hatte eine Windel an als sie hier eingeliefert wurde. Ich sehe in dem Aufnahmebogen nichts von Inkontinenz oder Bettnässen.“ erklärte Dr. Schröder
„Ach das habe ich ganz vergessen. Ich meine meine Schwester hätte mal erwähnt, dass sie Bettnässerin ist.“ erklärte Helen.
„Wissen sie ob es dazu einmal Behandlungen gab?“ fragte Dr. Schröder.
„Leider nicht, aber darum können wir uns auch noch kümmern, wenn sie wieder fit ist oder?“ fragte Helen.
„Natürlich, ich wollte das nur noch abklären bevor sie gehen..“ sagte Dr. Schröder.
„Natürlich. Sie melden sich bitte wenn es etwas neues gibt und wir zu ihr können.“ bat Helen.
„Selbstverständlich.“ verabschiedete sich Dr. Schröder von den beiden und Helen machte sich mit Stefan auf den Weg nach Hause.
„Glaubst du sie stirbt?“ fragte Sandra plötzlich.
„Ich weiß nicht wie ernst es ist Sandra.“ erwiderte Sarah knapp.
Die beiden hatten sich in die Küche gesetzt um sich von dem Schock zu erholen. Sie hatten eine Weile schweigend am Tisch gesessen und kein Wort miteinander gesprochen.
„Was war hier gerade los?“ fragte Sandra.
„Das interessiert dich jetzt?“ erwiderte Sarah.
„Kathi kann ich jetzt wohl kaum helfen und bevor ich hier nur warten muss, kann ich dich auch das fragen.“ erklärte Sadra.
„Stimmt wohl. Naja was soll ich sagen. Besuch von der Polizei wegen meinem gefälschten Zeugnis, Besuch vom Jugendamt und anscheinend vom neuen Freund meiner Mutter.“ berichtete Sarah knapp.
„Bist du sicher, dass das der neue Freund deiner Mutter ist?“ fragte Sandra.
„Naja sie scheint dem nicht abgeneigt zu sein, hat sie mir selbst gesagt.“ antwortete Sarah.
„Wann hatte sie den letzten Freund?“ fragte Sandra weiter.
„Ihr letzter Partner war mein Vater, danach hat sich anscheinend nichts ergeben.“ sagte Sarah.
„Das hätte ich jetzt nicht gedacht. Hast du damit ein Problem?“ fragte Sandra weiter.
„Das ist mir gerade ziemlich egal. Ich habe ihn nicht mal eine Minute gesehen und dann war er mit meiner Mutter und Kathi auch schon wieder weg.“ entgegnete Sarah und zündete sich noch eine Zigarette an.
„Klar ich weiß was du meinst. Das mit der Polizei und dem Jugendamt ist schon seltsam. Wie kommen die jetzt urplötzlich darauf dich wegen einer gefälschten Unterschrift dran kriegen zu wollen? Die müssen die Info ja von irgendwem haben, der dir mächtig ans Bein pinkeln will. Das wären mir alles zu viele Zufälle wenn du mich fragst.“ stellte Sandra fest.
„Jetzt wo du es sagst. Eigentlich sind das zu viele Zufälle auf einmal. Aber wer könnte denn irgendetwas gegen mich haben?“ entgegnete sie Sandra.
„Hmmm. Wenn ich so drüber nachdenke, dann solltest du dich nicht fragen wer etwas gegen dich hat, sondern wer davon profitieren würde, wenn die Polizei gegen dich ermittelt und wenn gleichzeitig auch nach das Jugendamt was davon mitbekommt. Also wer profitiert am meisten davon?“ fragte Sandra.
„Du meinst doch nicht etwa….“ setzte Sarah an.
„Natürlich genau denjenigen meine ich.“ erklärte Sandra.
Kapitel 44: Absonderliche Theorien
Sarah wollte gerade auf Sandras Theorie antworten, als beide die Haustüre hörten und sofort dorthin eilten. Helen hatte nicht einmal die Gelegenheit das Haus betreten, da fragten beide schon im Chor: „Wo ist Kathi?“
„Dürfen wir erst reinkommen?“ fragte Helen zurück und betrat, gefolgt von Stefan das Haus. Sarah beäugte den Gast kritischer als beim letzten Mal, stellte aber auf den ersten Blick nichts fest, das sie wirklich an ihm stören könnte. Vom Alter her war er vermutlich etwa im gleichen Alter wie ihr Vater, vielleicht ein wenig älter, aber nicht viel älter. Ihre Mutter riss sie aus den Gedanken.
„Wollt ihr jetzt ewig hier rum stehen. Husch in die Küche.“ befahl sie den beiden Mädchen.
„Welche davon ist Sarah? Vermutlich diejenige, die mich so kritisch angeschaut hat oder?“ fragte Stefan.
„Na da hat sie ja einen verdammt guten ersten Eindruck hinterlassen. Aber ja das ist sie.“ erklärte Helen.
„Ach ich lasse mich davon nicht verunsichern.“ entgegnete Stefan.
„Beruhigend. Ähm..ja vielleicht sollten wir mal zu den beiden in die Küche.“ erwiderte Helen und ging Richtung Küchentüre und öffnete diese. In der Küche schauten zwei gespannte und besorgte Gesichter in ihre Richtung. Sie ging an den beiden vorbei in Richtung Arbeitsplatte und bereitete eine Kanne Kaffee vor.
„Was ist nun?“ fragte Sarah nervös.
„Warte noch einen kleinen Moment ich bin gleich fertig.“ erklärte Helen.
„Es sieht recht gut aus.“ schaltete sich Stefan ein, der sich inzwischen auf die Bank gesetzt hatte.
„Woher wollen sie das wissen? Sind sie Arzt?“ fragte Sandra patzig.
„Ja das bin ich tatsächlich. Aber kein normaler Arzt, sondern Psychologe, aber während des Studiums habe ich selbstverständlich auch einiges zur Allgemeinmedizin gelernt und verstehe was meine Kollegen sagen.“ antwortete Stefan.
„Sie waren dabei als Kathi untersucht wurde?“ fragte Sandra weiter.
„Nicht während der Untersuchung, aber danach war ich bei dem Gespräch dabei. Dich scheint das mehr zu interessieren als Sarah oder meine ich das nur?“ erklärte er.
„Ich…nun…möglich.“ stotterte Sandra.
Helen hatte sich inzwischen auf den Stuhl am Tisch gesetzt und schaltete sich nun ebenfalls ein: „Nun Sandra und Kathi sind recht gut befreundet.“ versuchte sie die Situation zu entspannen.
„Genau.“ warf Sandra ein.
„Dann mach dir um deine Freundin mal keine Sorgen Sandra. Sie ist zwar bewusstlos, aber atmetet alleine und das Fieber kriegen die Ärzte im Krankenhaus unter Kontrolle.“ erläuterte Stefan.
„Und mehr ist nicht raus gekommen?“ fragte Sarah kritisch.
„Nein. Leider nicht.“ seufzte Helen. „Ach ich habe übrigens ganz vergessen, den netten Herrn neben mir vorzustellen. Das Ist Stefan. Ich habe früher einmal mehr oder weniger mit ihm zusammen studiert und vor kurzem hat er im Krankenhaus angefangen und eigentlich sollte er heute nur zum Kaffee kommen.“ setzte sie nach.
„Ich bin Sarah, aber das wussten sie ja anscheinend schon und das ist meine beste Freundin Sandra.“ stellte Sarah sie und Sandra vor.
„Ja das wusste ich schon. Ihr könnt auch aufhören mich mit sie anzusprechen. Da komme ich mir einfach tierisch alt vor. Stefan ist vollkommen in Ordnung.“ entgegnete Stefan den beiden.
„Wie lange ist Kathi jetzt weg?“ fragte Sarah.
„Ich weiß es nicht.“ erwiderte ihre Mutter.
„Ähm…Helen…da ist noch was das ich fragen muss.“ stotterte Sandra.
„Ja? Was denn?“ entgegnete Helen.
„Ähm…wie soll ich das fragen. Weißt du Kathi hat ja geschlafen und…“ sie brach ab.
Stefan hatte Sandra aufmerksam zugehört und wendete sich seinerseits an Helen.
„Ich glaube ich weiß was sie meint. Warte ich flüsterte es dir ins Ohr.“ sagte er und stand auf und flüsterte dann: „Ich glaube sie meint die Sache mit dem Bettnässen.“
Helen musste ein bisschen kichern.
„Hey was ist denn jetzt so lustig?“ fragte Sarah
„Ach Mädels entspannt euch. Stefan hat im Krankenhaus was mitbekommen und bei Sandras Rumgedruckse nur eine vermutlich zutreffende Schlussfolgerung getroffen.“ erklärte sie den beiden.
„Weiß er etwa das…?“ wollte Sandra gerade fragen als Sarah ihr mit dem Ellenbogen in die Seite haute. „Autsch, was soll das denn?“ fragte Sandra gereizt.
„Du hättest schon wieder alles ausgeplaudert.“ warf Sarah Sandra vor.
„Bestimmt nicht.“ erwiderte Sandra.
„RUHE!“ brüllte Helen beide an, wie sie es sonst nie tat. Beide fuhren vor Schreck zusammen, blieben starr sitzen und machten keinen Mucks mehr. „Sarah du entschuldigst dich bei Sandra verstanden?“ setzte sie nach.
„Tschuldigung.“ sagte Sarah kleinlaut.
„Schon gut.“ erwiderte Sandra.
„So sehr schön. Also Sandra du wolltest doch bestimmt fragen ob im Krankenhaus aufgefallen ist, dass Kathi eine Windel wegen ihrem Bettnässen trägt oder?“ fragte Helen.
Sandra war im ersten Moment ein wenig perplex und konnte gar nicht wirklich antworten.
„Vermutlich war das genau das was sie gemeint hat.“ warf Sarah ein. „Ich wollte einfach nicht, dass Sandra das einfach vor unserem Besuch ausplaudert. Das ist ja auch total peinlich oder Sandra?“ fragte Sarah und hoffte Sandra würde mitspielen.
„Ähm…ja…genau das ist peinlich, aber wir mögen Kathi trotzdem und deshalb verraten wir das auch keinem.“ ergänzte Sandra.
„Das ist wirklich sehr lobenswert von euch.“ sagte Stefan. „Ich habe das auch nur durch Zufall mitbekommen, den Rest habe ich mir gedacht.“ erklärte er den beiden. „Und keine Sorge, ich verrate das schon keinem, versprochen.“ setzte er nach.
„Danke, beruhigend.“ entgegnete Sarah erleichtert. Glücklicherweise hatte ihre Mutter trotz der ganzen Panik im Krankenhaus es doch noch geschafft Kathis Vorliebe geheim zu halten. Immerhin etwas gutes, auch wenn sie jetzt vor dem neuen Freund ihrer Mutter, oder was immer Stefan sein sollte jetzt als windeltragende Bettnässerin geoutet war.
„Ähm…Mädels, tut ihr mir bitte einen Gefallen?“ fragte Helen.
„Klar was denn?“ erwiderte Sarah.
„Naja es sind zwei Gefallen. Bitte seid so gut und räumt oben etwas auf, ich weiß ja, dass Kathi und du es nicht so mit der Ordnung habt, denn ich würde mich ganz gerne morgen noch mal mit der unglaublich charmanten Tante vom Jugendamt treffen und dann sollte es hier schon ein wenig naja ansehnlich aussehen, vor allem in deinem und in Kathis Zimmer.“ erklärte sie den beiden.
„Kriegen wir hin. Was noch?“ antwortete Sarah.
„Achja der zweite Gefallen. Sandra kannst du deinen Vater anrufen und fragen ob der dich später abholen kann? Ich würde ganz gerne die Sache mit der Polizei mit ihm besprechen.“ entgegnete Helen.
„Klar mache ich, aber ganz ehrlich ich würde gerne noch hier bleiben.“ antwortete Sandra.
„Normalerweise hätte ich damit kein Problem, aber wegen der Sache mit dem Jugendamt wäre es mir ganz recht, wenn morgen nur Sarah hier ist.“ erklärte Helen Sandra.
„Außerdem hast du morgen doch bestimmt Schule und Sarah bestimmt auch. Da seht ihr euch ja wieder.“ warf Stefan ein.
„Ähm…die beiden sind gerade von der Schule befreit, gute Noten und der Tod meiner Schwester.“ wiegelte Helen ab.
„Achso verstehe.“ antwortete Stefan.
„Also Mädels ab nach oben.“ forderte Helen die beiden auf, die sich dann etwas schleppend und widerwillig auf den Weg nach oben machten.
„Willst du deiner Mutter eigentlich nichts von meiner Theorie erzählen?“ fragte Sandra auf dem Weg nach oben.
„Doch aber ihr Besuch muss ja nicht alles mitkriegen. Das mit Kathis Windeln hat mir persönlich eigentlich schon gereicht, dir etwa nicht?“ entgegnete Sarah.
„Doch schon, aber war doch jetzt halb so wild.“ antwortete Sandra.
„Naja ich kann mir Schöneres vorstellen. Außerdem hat er doch bestimmt die ganzen tollen bunten Windeln von gestern Abend gesehen oder?“ fragte Sarah weiter.
„Nein keine Sorge. Die haben wir gestern in den Schrank geräumt, die konnte er gar nicht sehen.“ erklärte Sandra.
„Na dann müssen wir bei Kathi im Zimmer wohl nicht viel aufräumen würde ich sagen.“ bemerkte Sarah.
„Wie jetzt, deine Mutter hat doch gesagt…“ setzte Sandra an.
„Ich weiß was sie gesagt hat und auch was sie damit gemeint hat. Du vergisst, dass sie das große Paket gestern auch gesehen hat. Der Inhalt wird jetzt ihrer Meinung nach irgendwo rumstehen. In Kathis Zimmer hat sie einfach nicht drauf geachtet und ich nun ja bin manchmal eben wirklich kein Freund von Ordnung wie du weißt, deshalb lautet die Aussage auch nicht räumt auf, sondern sorgt dafür, dass die Tante morgen keine Windeln sieht, ist doch klar und vor Stefan kann sie jetzt ja schlecht noch mich zur Bettnässerin machen und dich am besten direkt gleich mit, also hat sie es einfach anders gesagt.“ erklärte Sarah.
„Hast du denn schon einen Plan wo du die lagern willst?“ fragte Sandra.
„Ach lass das mal meine Sorge sein. Du gehst in Kathis Zimmer und telefonierst mit deinem Vater und schaust mal ob da noch irgendwas rum liegt was da nicht sein sollte und machst das Bett ein wenig ordentlich. Ich kümmere mich in der Zeit um meine Windeln. Wenn du fertig bist, kommst du rüber, dann reden wir nochmal darüber ob das mit deiner Theorie überhaupt möglich sein kann.“ erklärte Sarah und ging weiter in ihre Zimmer und ließ Sandra im Flur neben der Türe zu Kathis Zimmer stehen. Sie schüttelte wortlos den Kopf und betrat Kathis Zimmer. Das Bett war ein wenig chaotisch. Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt wie eilig der Aufbruch zum Krankenhaus gewesen war, kam Sandra in den Sinn. Sie griff in ihre Tasche und holte ihr Handy heraus und suchte die Nummer von ihrem Vater. Nach kurzer Zeit hatte die Nummer gefunden und startete den Anruf. Zuerst tat sich nichts, dann erhielt sie schließlich ein Freizeichen und ihr Vater war am anderen Ende zu hören.
„Hallo Engelchen. Du weißt doch, dass ich bei der Arbeit bin. Ist es wichtig?“ begrüßte ihr Vater sie.
„Hallo Papa. Ja ich glaube schon, dass es wichtig ist.“ begrüßte ihn Sandra.
„Na was ist den los?“ fragte ihr Vater.
„Kathi ist im Krankenhaus.“ antwortete Sandra
„Warum das denn?“ fragte ihr Vater besorgt.
„Sie hat hohes Fieber und das Bewusstsein verloren. Helen hat sie vorhin ins Krankenhaus gebracht.“ sagte sie.
„Geht es ihr denn gut?“ fragte ihr Vater weiter.
„Den Umständen entsprechend würde ich sagen. Viel hat Helen nicht darüber erzählt. Anscheinend ist das Fieber im Griff, aber sie ist weiterhin bewusstlos und soweit ich weiß auf der Intensivstation, also kann ich sie nicht mal besuchen.“ erklärte Sandra.
„Das ist natürlich richtig blöd. Willst du denn noch bei Sarah bleiben?“ fragte ihr Vater.
„Würde ich, aber Helen möchte, dass du mich abholst.“ antwortete Sandra.
„Das kann doch auch Mama machen.“ erwiderte ihr Vater.
„Nein kann sie nicht. Ich war ja noch nicht fertig. Es gibt noch ein paar andere Probleme, bei denen dein Rat benötigt wird.“ entgegnete Sandra.
„Jetzt lass dir nicht alles aus der Nase ziehen, was ist denn noch passiert?“ fragte Jochen mit Nachdruck.
„Sarah hatte heute Besuch von der Polizei wegen ihrem gefälschten Zeugnis und das Jugendamt war auch da.“ erklärte Sandra.
„Verdammt. Wie können die denn plötzlich davon wissen?“ fragte Jochen.
„Ich habe da so einen Verdacht, aber das sage ich dir später. Komm einfach gegen Abend vorbei.“ sagte Sandra.
„Mache ich. Ich habe gleich noch einen Termin, ich muss weitermachen. Bis später.“ entgegnete Jochen.
„Ok bis später.“ verabschiedete sich Sandra von ihrem Vater und machte sich dann auf daran noch ein wenig Ordnung zu schaffen.
„Willst du mir jetzt wo die beiden weg sind erzählen was hier gerade los war?“ fragte Stefan.
„Ganz ehrlich? Genau das frage ich mich auch. Erst kommt die Polizei vorbei und dann das Jugendamt. Ich habe keine Ahnung wieso beide ausgerechnet am gleichen Tag kommen. Ich muss mal gerade versuchen das Jugendamt zu erreichen, dann können wir weiter reden. Ich möchte diese unschöne Angelegenheit morgen geklärt haben.“ erklärte Helen und schnappte sich das Telefon.
„Alles gut, ich laufe nicht weg.“ entgegnete Stefan.
Helen suchte mit ihrem Handy die Telefonnummer des Jugendamts und versuchte ihr Glück. Tatsächlich hob jemand ab.
„Guten Tag, wie kann ich ihnen helfen?“ fragte eine schon älter klingende Frau am anderen Ende der Leitung.
„Guten Tag. Mein Name ist Helen Kraus und ich hatte heute Mittag Besuch von Frau Maier, könnten sie mich mit ihr verbinden?“ fragte Helen.
„Tut mir leid Frau Kraus. Frau Maier ist nicht mehr im Haus.“ entgegnete die Dame
„Verdammt. Können sie mich mit jemand anderem verbinden? Frau Maier wollte wohl einen Überraschungsbesuch machen und ich musste sie raus werfen, weil meine Nichte ins Krankenhaus musste. Ich würde den Termin natürlich gerne schnellstmöglich nachholen, am besten morgen schon. Wer kann mir da weiterhelfen?“ erklärte Helen die Situation
„Ich kann mal versuchen ob ich den Vorgesetzten von Frau Maier erreichen kann. Der kann ihnen bestimmt weiterhelfen.“ entgegnete die Stimme am anderen Ende.
„Dann machen sie das bitte.“ erwiderte Helen.
„Einen Moment.“ sagte sie und schon erklang in Helens Ohr die typische Wartemelodie, die man in jedem Amt zu hören bekam. Nach einer gefühlten Ewigkeit der ungewollten musikalischen Berieselung meldete sich schließlich eine rauchrig klingende Männerstimme: „Schäfer. Guten Tag Frau Kraus. Die Kollegin hat mir schon erzählt, dass bei ihnen anscheinend etwas Trubel war.“
„Guten Tag Herr Schäfer. Ich hoffe ich habe bei der Kollegin keinen schlechten Eindruck hinterlassen? Falls doch werde ich mich selbstverständlich bei ihr entschuldigen.“ begrüßte ihn Helen.
„Frau Maier hat nur erzählt, dass sie sie recht direkt aus ihrem Haus befördert haben, einen Grund dafür kenne ich nicht.“ entgegnete Herr Schäfer.
„Wie sie vielleicht wissen, habe ich meine Nichte gerade in meiner Obhut. Leider musste ich sie kurzfristig ins Krankenhaus bringen, da sie starkes Fieber bekam und das Bewusstsein verloren hat. Dann habe ich alle Leute einfach vor die Türe gesetzt, also die Polizei und Frau Maier.“ schilderte Helen.
„Verständlich wenn sie mich fragen. Darf ich fragen was die Polizei bei ihnen wollte?“ fragte Herr Schäfer.
„Es ging um meine Tochter. Genaueres kann ich möglicherweise Frau Maier berichten, aber ich möchte mich dazu heute Abend erst einmal beraten lassen ob das sinnvoll ist.“ erklärte Helen.
„Verstehe. Aber das ist doch bestimmt nicht der Grund für ihren Anruf oder?“ fragte Herr Schäfer.
„Eigentlich wollte ich einen neuen Termin mit Frau Maier vereinbaren, gerne schon morgen wenn das geht.“ entgegnete Helen.
„Sie haben Glück. Ich kann auf den Kalender von Frau Maier zugreifen. Warten sie kurz ich schaue einmal nach ob morgen noch etwas frei ist. Ja sieht gut aus morgen hat sie keinen Termin. Wann soll ich den eintragen?“ fragte er.
„Ich denke morgen Mittag ist gut so um 13:00.“ antwortete Helen.
„Vermerke ich. Kann ich ihnen sonst noch weiterhelfen?“ fragte er.
„Nein, danke das war alles. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag.“ entgegnete Helen.
„Danke gleichfalls.“ verabschiedete sich Herr Schäfer.
„Puh. Wenigstens etwas scheint zu funktionieren.“ kommentierte Helen das Gespräch.
„Du meinst weil die Dame vom Jugendamt morgen nochmal kommt?“ fragte Stefan.
„Ja. Ich werde mich nachher noch mit Sandras Vater beratschlagen wegen der Geschichte mit der Polizei.“ erklärte Helen.
„Möchtest du mir nicht erklären was überhaupt los war?“ fragte Stefan.
„Das ist alles etwas kompliziert.“ sagte sie und setzte sich wieder nachdem sie Stefan und sich einen Kaffee eingeschenkt hatte.
„Ich habe Zeit.“ warf Stefan ein.
„Also lass mich überlegen wo ich anfange. Achja fangen wir einfach damit an. Sarah war eigentlich früher ziemlich unauffällig, aber ich würde mal sagen ab der Scheidung naja ist sie irgendwie ein wenig aus der Bahn geraten.“ erklärte Helen.
„So kam sie mir aber nicht wirklich vor.“ kommentiere Stefan.
„Also nicht im Bezug auf Schulnoten oder sowas, sondern sie hat sich halt weniger an Regeln gehalten und hat gemacht was sie wollte. Ihre Akte in der Schule mit dem was sie so gemacht hat ist ziemlich dick.“ erklärte Helen weiter.
„Dann wundert es mich eigentlich, dass sie noch nicht von der Schule geflogen ist, die kennen da doch eigentlich eher weniger Gnade bei Störenfrieden.“ warf Stefan ein.
„Nun ja…da gab es einen kleinen Deal. Sie fliegt nicht, weil sie ziemlich gut ist, die Schule macht nicht und sie versucht halt nicht zu auffällig zu sein. Hat eigentlich ganz gut funktioniert. Das letzte größere was vorgefallen ist, war die Fälschung einer Zeugnisunterschrift. Das war ziemlich unnötig. Fälscht die Unterschrift unter einem Zeugnis mit dem Schnitt von 1,0. Da muss man erstmal drauf kommen.“ erläuterte Helen.
„Und wegen dem Zeugnis kommt jetzt die Polizei? Dann müssen die da aber irgendwie eine Info bekommen haben. Es können ja nicht viele Leute darüber Bescheid wissen.“ entgegnete Stefan.
„Lass mich mal überlegen. Es wissen davon Sarah, das war ja auch ihre Idee, der Rektor, Jochen, das ist Sandras Vater, Sandra, Kathi, mein Ex und ich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass einer von denen irgendwas ausgeplaudert hat.“ schilderte Helen.
„Was ist mit deinem Ex hätte er keinen Grund dazu?“ fragte Stefan.
„Das sieht ihm eigentlich nicht ähnlich. Wobei ich habe gerade schon ziemlichen Stress mit ihm.“ entgegnete Helen.
„Inwiefern?“ fragte Stefan.
„Ach das habe ich dir ja gar nicht erzählt. Ich habe gerade einen kleinen Sorgerechtsstreit mit ihm. Er meint nach dem Tod meiner Schwester kriege ich das mit Sarah und Kathi nicht wirklich hin.“ erklärte sie ihm.
„Also ich würde jetzt einfach mal vermuten, dass er irgendwie versucht dich möglichst schlecht da stehen zu lassen. Da würde sich so ein Vorgehen meiner Ansicht nach schon anbieten, findest du nicht?“ erwiderte Stefan.
„Ich weiß nicht, eigentlich kann ich mir das absolut nicht vorstellen.“ wiegelte Helen ab. „Lass uns am besten über irgendwas anderes reden, ich habe damit schon genug um die Ohren.“
Sandra hatte zusammen mit Sarah ihre Windellieferung nahezu unsichtbar verstaut. Leider hatte Sarah keinerlei Platz mehr in ihren Schränken, sodass beide sich dazu entschlossen hatten die Windeln unter Sarahs Bett zu lagern. Nachdem hatten sich beide noch in Sarahs Zimmer weiter über Kathi und ihre Theorien unterhalten. Die Zeit verging gefühlt wie im Flug irgendwann wurde es draußen dunkler und schließlich hörten beide die Türklingel.
„Das müsste dein Vater sein.“ sagte Sarah.
Sandra schaute auf ihre Uhr und antwortete: „Wahrscheinlich.“
„Hast du eigentlich schon gepackt?“ fragte Sarah.
„Naja da gibt es ja nicht viel zu packen. So lange war ich jetzt auch nicht hier.“ erwiderte Sandra.
„Sollen wir deinen Kram schon mit runter nehmen oder willst du den später holen?“ fragte Sarh weiter.
„Ach den nehme ich einfach jetzt schon mit. Ich gehe einfach gerade rüber und sammel die paar Sachen zusammen. Du kannst ja schon nach unten gehen.“ sagte Sandra und verließ Sarahs Zimmer. Sarah verließ ebenfalls ihr Zimmer und ging in die Küche. Wie zu erwarten, war tatsächlich Jochen gekommen. Stefan war anscheinend schon vorher gegangen.
„Ah hallo Sarah.“ begrüßte sie Jochen. „Wir haben einfach schon ohne dich angefangen.“
„Merke ich. Gibt es irgendwas, das ich wissen müsste?“ fragte Sarah während sie sich setzte und eine Zigarette anzündete.
„Also ich denke das mit dem Jugendamt kriegt ihr ohne weiteres alleine geregelt. Macht der guten Dame einfach klar, dass sie einfach zu einem ungünstigen Zeitpunkt aufgetaucht ist.“ erklärte Jochen.
„Und was ist mit der Sache mit der Polizei?“ fragte Sarah.
„Ich bin mir nicht sicher. Eigentlich passiert da nicht viel, wenn du denen sagst, dass du die Unterschrift gefälscht hast, aber das ist natürlich ein gefundenes Fressen für deinen Vater, wenn die Sorgerechtsverhandlung ist.“ erklärte Jochen.
Gerade in diesem Moment betrat Sandra mit ihren Sachen die Küche. Sie stellte ihre Sachen beseite und begrüßte ihren Vater: „Hallo Papa.“
„Hallo Engelchen. Du hast schon gepackt?“ entgegnete Jochen.
„Naja war ja nicht viel zu packen. Ihr seid gerade dabei über das Vorgehen zu sprechen?“ fragte Sandra.
„Da gab es nicht viel zu reden. Mich interessiert viel mehr was du mir am Telefon nicht sagen wolltest.“ erwiderte ihr Vater.
Sandra setzte sich und begann ihre Theorie zu erklären: „Also ich behaupte einmal, dass es doch höchst unwahrscheinlich ist, dass Polizei und Jugendamt an einem Tag auftauchen. Das bedeutet irgendjemand hat die beiden bewusst auf Sarah und Helen angesetzt. Derjenige erhofft sich dadurch einen Vorteil und mir fällt nur einer ein, der dadurch einen Vorteil kriegen würde und dass ist derjenige, der das Sorgerecht haben möchte, also Karl.“ erklärte Sandra.
„Sandra das würde er nicht machen.“ warf Sarah ein.
„Ganz abwegig ist die Theorie nicht Sarah.“ sagte Jochen.
„Hat nicht irgendwer von denen gesagt eine Frau hätte sich gemeldet? Damit fällt mein Ex wohl weg oder?“ fragte Helen.
„Möglich oder er hat jemand anderen die Drecksarbeit machen lassen.“ erklärte Jochen.
„Ich traue es ihm einfach nicht zu.“ sagte Sarah.
„Ich denke du solltest die Möglichkeit nicht außer Acht lassen Sarah.“ erklärte Jochen.
„Das kann ich einfach nicht. Mir ist das zu doof, darüber zu philosophieren. Ich denke wir sind mit dem Wichtigsten durch oder?“ fragte Sarah.
„Ich denke schon. Ich werde noch ein paar kleinere Dinge mit deiner Mutter besprechen, aber dich brauchen wir gerade nicht mehr.“ antwortete Jochen.
„Dann gehe ich jetzt nach oben. Sandra ich melde mich morgen bei dir. Kommt gleich gut nach Hause.“ sagte Sarah und verließ die Küche.
In ihrem Zimmer angekommen, warf sie sich auf ihr Bett. Sie war durch die Erlebnisse des Tages etwas mitgenommen, ließ es sich aber nicht von den anderen anmerken. Es dauerte nicht lange und sie war eingeschlafen.
Autor: Timo (eingesandt via E-Mail)
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Puh, unglaublich lamg geworden, dieser Teil.
Aber so mag ich das.
Es gibt unglaublich viele Fehler, und damit meine ich nicht die der Kommasetzung, sondern Flüchtigkeitsfehler, die nicht hätten sein müssen.
Ansonsten, dennoch sehr gut geworden.
Das die Geschichte eine solche Wendung genommen hat, hätte ich nie erwartet. Auch nichtcdas der Vater von Sarah so mieß sein kann. Die Storry könnte das ‚ware‘ Leben nicht besser schreiben! Ich hoffe sehr das Sarah und Ihre Familie wieder vereint sein können und der Vater von Sarah eine ordentlicht vor die Badehose bekomm! Freu mich schon auf die Fortstzung.
Wider einmal eine tolle Geschichte freue mich schohn auf den nächsten Teil
Wahnsinn, die Geschichte sehr interessant, so wie das Leben einem spielen kann. Die Aktion von dem Vater finde ich hinterhältig, den er will ja seine Tochter nicht, sondern nur seine Exfrau damit fertig machen, hoffentlich nimmt das alles ein gutes Ende und der Vater bekommt solche Probleme das er seine Zulassung entzogen bekommt und selbst Probleme mit der Polizei wegen seiner Aktion.