Jona
Windelgeschichten.org präsentiert: Jona
Hallo zusammen,
ich konnte es natürlich nicht sein lassen und habe eine neue Geschichte begonnen.
Ich möchte vorab aber eine kleine Warnung aussprechen…
Es wird zwar schlussendlich eine Windelgeschichte, ABER gerade der Anfang ist sehr düster und bestimmt nicht für jeden etwas.
Es werden teilweise ziemlich unschöne Themen wie Suizid und Depressionen thematisiert.
Wer sich jetzt noch nicht abgeschreckt fühlt oder sich trotz der Warnung an die Geschichte wagt, dem wünsche ich viel Spaß beim Lesen.
Lasst mich gerne in den Kommentaren wissen was ihr davon haltet.
LG R-ammstein (aka Timo)
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Kapitel 1: Vergangene Tage
Warum machte ich den Spaß überhaupt mit? Die letzten Monate waren alles andere als ideal verlaufen. Ach immer diese Untertreibungen. Scheiße trifft es einfach viel besser. Ja schlichtweg scheiße. Eigentlich hatte ich keine Lust mehr. Auf gar nichts. Schule, Freunde sofern man sie denn so bezeichnen konnte und mein gottverdammtes Leben. Meine Eltern und Natalie haben mir echt den Rest gegeben. Wenn Chris mich nicht irgendwie aufgefangen hätte, hätte ich es vermutlich schon längst zu Ende gebracht. Ich war müde und abgekämpft, ich wollte einfach nicht mehr. Chris merkte das natürlich, war ja klar. Wir hatten früher schon ein inniges Verhältnis, daran hatte sich nichts geändert. Natürlich hatte er auch gemerkt, dass es mir richtig dreckig ging. Aber mich jetzt deswegen zum Seelenklempner zu schicken? Fand ich doch etwas übertrieben, aber er ließ darüber einfach nicht mit sich verhandeln. Als ich vor etwa einer Woche eingezogen bin, hätte ich noch nicht gedacht, dass er alles zu gut in den Griff kriegen würde. In meinem Alter hatte er alles mögliche im Kopf nur eben nicht die Schule oder sonst irgendwas sinnvolles. Das hatte sich erst während seiner Ausbildung geändert. Inzwischen hatte er tatsächlich Karriere gemacht. Das hatte sowohl mich wie auch meine Eltern ziemlich beeindruckt. Mit 25 hatte er sozusagen das Ende der Karriereleiter erreicht. Das konnte ich von mir nicht behaupten. Ich durfte aber nächster Woche meine Ehrenrunde beginnen und das auch noch in einer neuen Schule. Gab es tolleres? Wohl kaum. Eigentlich hatte ich keine Lust darauf das Schuljahr zu wiederholen. Ich wiederhole ich hatte keine Lust auf gar nichts. Erst recht nicht mich am Freitagnachmittag mit dem Seelenklempner zu vergnügen. Ich wollte mich einfach nur verkriechen von allem und jedem.
Dr. Berger öffnete die Türe des Behandlungszimmers und riss mich aus meinen Gedanken.
„Du bist Jonathan?“ fragte er mich freundlich.
„Sagen sie einfach Jona. Aber ja der bin ich.“ bestätigte ich ihm.
„Gut, dann folge mir bitte.“ wies er mich an und führte mich in sein Behandlungszimmer. Ich hätte jetzt die typische Psychologeneinrichtung erwartet, die man aus dem Fernsehen kannte, aber zumindest die Couch auf der die Menschen immer von ihren Sorgen berichteten fehlten. Tatsächlich standen an der Seite nur zwei Sessel in rot, die ziemlich gemütlich aussahen. Wir hatten früher einmal ähnliche in unserem Wohnzimmer, die waren super bequem. An der rechten Seite stand Dr. Bergers Schreibtisch, der aus den ersten Blick fast wie geleckt aussah. Damit konnte sich mein Schreibtisch definitiv nicht messen. Dort herrschte immer Chaos gut aktuell vermutlich noch mehr als normalerweise, was durch den Umzug bedingt war. Besser aussehen als meiner tat er auch noch. Ich durfte mich mit meinem alten Schreibtisch von IKEA rumschlagen, während der Schreibtisch nach einer Maßanfertigung aussah. Ich erinnerte mich an unsere alte Virtrine im Wohnzimmer, wunderschönes Kirschholz. Der Schreibtisch von Dr. Berger war augenscheinlich ebenfalls aus Kirschholz wie die übrige Einrichtung. Hinter dem Schreibtisch stand in einem Regal penibel sortierte Fachliteratur. Freud und son Kram den man natürlich vom Hören Sagen kannte. In einer anderen Ecke war ein kleiner Tisch mit zwei kleinen Stühlen. Auf dem Tisch lagen leere Blätter und ein paar Stifte standen in einem Becher daneben. Vermutlich hatte er den Tisch für die Behandlung von jüngeren Kindern und ließ sich irgendwelche traumatischen Erlebnisse aufmalen. Ich war künstlerisch alles andere als begabt und hoffte dieser Kelch würde an mir vorbei gehen. Dr. Berger hatte sich schon auf den einen Sessel gesetzt und wartete anscheinend darauf, dass ich mich ebenfalls setzte. Wirklich motiviert war ich nicht, aber jetzt war ich nun mal hier. Wenn ich jetzt einfach verschwinden würde, dann würde mir Chris bestimmt die Hölle heiß machen. Das konnte ich jetzt definitiv nicht gebrauchen. Also setzte ich mich auf den Sessel, der sich gegenüber von Dr. Berger befand. Wie erwartet war er tatsächlich bequem. Ich muss zugeben in dem Moment wich sogar ein bisschen meine Anspannung.
„So Jona dein Bruder hat mir ja schon ein bisschen was erzählt. Ziemlich viel passiert in der letzten Zeit. Ich kann mir vorstellen, dass das alles andere als schön war.“ begann Dr. Berger das Gespräch.
Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte ihm ins Gesicht geschrien, dass einfach alles scheiße gelaufen ist, aber ich riss mich zusammen, auch wenn es mir schwer fiel.
„Können wir uns darauf einigen, dass es scheiße gelaufen ist?“ fragte ich ihn und versuchte nicht zu aggressiv zu wirken.
„Wenn du das möchtest. Was von dem was passiert ist, ist denn genau scheiße gelaufen?“ fragte er mich. Er konnte sich das doch denken. Chris hatte ihm bestimmt erzählt was alles passiert war. Musste ich jetzt wirklich nochmal damit anfangen? Was sollte das bringen?
„Alles!“ entgegnete ich mit einem frustrierten Unterton. Dr. Berger überlegte wohl gerade wie er weitermachen sollte. Er hatte wohl gemerkt, dass ich ein etwas schwierigerer Fall werden würde. Mein Arm fing an zu Jucken und ich fuhr mit der Hand über das Pflaster an meinem Unterarm. Irgendwie ärgerte ich mich, dass Chris das gesehen hatte. Hätte er mich mal machen lassen, dann hätte ich jetzt nicht den Seelenklempner an der Backe und hätte meine Ruhe.
„Hast du dich verletzt?“ fragte Dr. Berger, der erst jetzt das Pflaster bemerkt hatte.
„Hat mein Bruder wohl nicht erzählt oder?“ entgegnete ich ihm und wartete auf eine Reaktion.
„Doch er sprach davon. Aber ich höre das gerne von meinen Patienten und nicht von ihren Familienangehörigen. Du bist nicht der einzige, der auf solche Ideen kommt.“ antwortete er mir. Toll der Klassiker du bist nicht alleine. Was sollte jetzt noch folgen? Anderen geht es noch schlechter als dir?
„Möglich.“ war das einzige, das mir hierzu einfiel.
„Möchtest du mir sagen was dich von den ganzen Ereignissen am wenigsten aus der Bahn geworfen hat?“ fragte er mich. Die Frage überraschte mich tatsächlich. Ich hätte damit gerechnet, dass er beim schlimmsten Ereignis ansetzen würde. War das nur eine Taktik um mir Informationen zu entlocken? Ich überlegte was ich antworten sollte. Es gab vieles. Meine Eltern waren bestimmt das übelste natürlich gefolgt von Natalie. Darüber wollte ich definitiv nicht sprechen, noch nicht, wenn überhaupt irgendwann mal. Der Umzug naja war auch nicht toll. Ich hatte meine Freunde oder zumindest die Leute, die ich als solche bezeichnet hatte zurück gelassen. Während ich im Elend versank hatte sich keiner, aber ausnahmslos keiner bei mir gemeldet und mal gefragt wie es mir geht. Die hatten sich vermutlich regelmäßig die Kante gegeben und einen durchgezogen. Idioten. Warum hatte ich mich überhaupt mit ihnen abgegeben? Was blieb dann noch? Achja die Schule natürlich. Die war eigentlich die Folge von den anderen Dingen, aber was anderes wäre jetzt wohl kaum ein geeigneter Gesprächsstoff.
„Puh schwierig.“ antwortete ich und tat so als würde ich überlegen.
„Lass dir Zeit.“ sagte Dr. Berger und richtete seine Brille.
„Ich glaube die Sache mit der Schule.“ sagte ich frei heraus und hoffte, dass sich das nicht in die Länge ziehen würde.
„Dachte ich mir schon.“ sagte Dr. Berger. Ach wirklich das konntest du dir denken? Warum fragst du dann so blöd nach. Ich merkte wie sich meine Finger schon zu einer Faust ballen wollten, aber ich versuchte Ruhe zu bewahren.
„Nächste Woche geht es wieder los oder?“ fragte Dr. Berger.
„Ja scheint so. Wirklich Lust habe ich keine. Ehrenrunde, sie wissen schon.“ antwortete ich.
„Ja ist nicht schön, aber es gibt Schlimmeres als das. Ich habe auch mal wiederholen dürfen.“ erklärte er mir. Was war das jetzt für ne Aktion? Sollte mich das jetzt aufheitern oder motivieren? Er wusste doch genau, dass ich definitiv größere Probleme hatte als die gottverdammte Schule. Wollte er mich so aus der Reserve locken oder wie?
„Mal schauen was das gibt und wie lange ich mir das antue.“ sagte ich.
„Wie lief es denn vor der ganzen Scheiße, wie du es nennst?“ fragte er mich.
„War ganz in Ordnung, nicht übermäßig gut, aber ich hab mich halt irgendwie durchgeschlagen. Was bringt es ihnen das zu fragen?“ entgegnete ich ihm.
„Lass das mal meine Sorge sein.“ kam von ihm als Antwort. Idiotisches Fachchinesisch oder wie? Warum wollte er mir nicht sagen was er damit bezweckte? Wirklich weitergekommen waren wir durch die paar Fragen bestimmt nicht.
„Ich weiß nicht was das hier bringen soll. Sie haben doch alle Infos von meinem Bruder und fragen mich hier dämlich aus. Sie könnten auch einfach zum Punkt kommen und mich nach den wirklichen Problemen fragen.“ forderte ich ihn auf.
„Das bringt erst etwas wenn du selbst darüber sprechen willst.“ erklärte er mir ruhig. Konnte ich den Idioten durch nichts aus der Ruhe bringen oder wie? Irgendwie machte mich diese Art immer aggressiver, keine Ahnung warum, aber es störte mich irgendwie, dass er mit dieser Gelassenheit reagierte.
„Und wenn ich gar nicht darüber sprechen möchte?“ fragte ihn trotzig. Das konnte er doch nicht einfach auf sich sitzen lassen, ich musste ihn damit doch irgendwie aus der Fassung bringen.
„Das kommt mit der Zeit warte ab.“ entgegnete er gelassen. Was stimmte mit dem Typen nicht? Es konnte doch nicht sein, dass er auf alles so gelassen reagierte. Das konnte einfach nicht wahr sein.
„Glauben sie doch selbst nicht. Als ob ich hier irgendwann von meinen Eltern und meiner Freundin erzähle, können sie knicken!“ schrie ich ihn an.
„Ich würde sagen du hast gerade von beiden gesprochen.“ antwortete er immer noch gelassen auf meinen Ausraster. Erst jetzt bemerkte ich, dass er Recht hatte. War das seine Absicht? Da hätte man auch früher drauf kommen können. Blöde Psychospielchen. Das kotzte mich an. Mein Arm juckte wieder und ich fuhr über das Pflaster.
„Wie hieß deine Freundin eigentlich?“ fragte Dr. Berger wie aus dem nichts. Glaubte er wirklich er würde eine Antwort bekommen? Bestimmt nicht.
„Jona, ich kann verstehen wenn du nicht darüber sprechen willst, aber das was du mit deinem Arm gemacht hast, ist bestimmt nicht die Lösung mit der du glücklich wirst.“ entgegnete er mir. Die Gelassenheit war ein wenig gewichen. Ich konnte nicht sagen ob es Besorgnis oder etwas anderes war. Es war aber auch egal. Ich war davon überzeugt, dass ich es einfach so machen würde wie Natalie. Ganz bestimmt. Wer wollte mich aufhalten? Dieser Typ? Bestimmt nicht. Sie hatte auch keiner aufgehalten. Keiner hatte es geahnt, plötzlich war sie weg. Für immer und ewig. Das schmerzte. Ich vermisste sie. Tierisch sogar. Warum hatte sie mich nicht um Hilfe gebeten? Wir hätten bestimmt eine Lösung gefunden, aber nein, sie hatte den einfachen und schnellen Weg genommen. Warum? Ich verstand es bis heute nicht. Wenn das mit meinen Eltern nicht passiert wäre und mit ihr, dann wäre mein Arm bestimmt nicht verletzt. Jetzt war er es. Fühlte ich mich damit wirklich besser? Ich wusste es inzwischen gar nicht mehr. Warum zweifelte ich plötzlich? War das seine Schuld? Wie konnte das sein, dass er meine Gedanken einfach umdrehte und mich zum Nachdenken anregte.
„Jona?“ sprach er mich an. Erst da bemerkte ich, dass ich tief in Gedanken versunken war.
„Ähm…ja.“ antwortete ich unsicher.
„Du wolltest mir den Namen deiner Freundin nennen glaube ich.“ sagte Dr. Berger.
„Ähm…wollte ich?“ fragte ich ihn. Was war mit meiner Aggression gegen ihn geschehen, sie war wie weggeblasen. Was hatte dieser Typ in den paar Minuten mit mir angestellt? Ich verstand die Welt schon lange nicht mehr, aber jetzt zweifelte ich schon an mir selbst.
„Natalie.“ sagte ich. Es war raus ich hatte ihren Namen gesagt. Ich wusste noch noch nicht wo das alles hinführen würde.
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Es war ein typischer Spätsommertag. Ich streifte nach dem Termin mit Dr. Berger durch die Stadt. Wenn ich den Kopf dafür gehabt hätte, dann hätte ich mich bestimmt in ein Cafe im Stadtzentrum gesetzt und einen Kaffee getrunken, aber seit den Ereignissen der Vergangenheit igelte ich mich tatsächlich die meiste Zeit ein. Chris war die einzige Person mit der ich überhaupt sprach und dann nur das Nötigste. Es war ein kleiner, aber wirklich nur ein kleiner Lichtblick gewesen als ich bei ihm eingezogen war. Naja es reichte gerade so für ein eigenes Zimmer, ein kleiner Trost, wenn man daran denkt was ich verloren hatte. Er wusste nicht wie schlecht es mir wirklich ging, das glaubte ich zumindest. Die Nächte waren definitiv viel zu kurz in letzter Zeit und ich hatte mich mehr als einmal in den Schlaf geweint. Warum konnte er mir nicht einfach meinen Frieden gönnen? Ich verstand es nicht. Es wäre kurz und weitestgehend schmerzlos gewesen, ganz bestimmt. Wäre er nicht nach Hause gekommen, wäre ich jetzt bei Natalie und hätte meinen Frieden. Warum hatte ich es nicht durchgezogen? Ich hatte die Gelegenheit. Eigentlich hielt mich hier nichts mehr. Ich streifte ziellos weiter durch die Stadt. Die Fußgängerzone der Stadt war gut besucht. Anscheinend waren die meisten aus dem Urlaub zurück. Viele Jugendliche in meine Alter genossen die letzten Tage der Ferien. Sie lachten und hatten Spaß. Ihnen war bestimmt noch nichts schlimmes im Leben passiert. Die würden sich noch wundern, wenn das Leben ihnen irgendwann mal einen mächtigen Schlag in die Fresse verpasste. Das konnte das Leben gut, das hatte ich selbst am eigenen Leib zu spüren bekommen.
Der Boden der Fußgängerzone wandelte sich langsam in eine Straße. Die großzügigen Pflastersteine, die noch nicht sehr alt sein konnten verschwanden und gingen in Asphalt über. Anscheinend war das die Hauptverkehrsstraße der Stadt. Viele Fahrzeuge waren unterwegs. Ich ging weiter. Weiter nach Hause. Oder besser gesagt zu dem Ort, der so etwas wie ein zu Hause sein sollte, aber das würde er vermutlich niemals werden. Chris konnte sich bemühen wie er wollte. Er konnte einfach nicht das ersetzen was ich verloren hatte. Bei aller Liebe und allem Verständnis, das er aufbrachte er konnte die innere Leere die mich langsam von innen zu verschlingen drohte nicht aufhalten. Es war nur eine Frage der Zeit bis sie sich über die letzten schönen Erinnerungen ausgebreitet hatte und mir dann definitiv gar nichts blieb als es zu beenden. Ich dachte über das Gespräch mit Dr. Berger nach. Er hatte mich wirklich zum Reden gebracht. Ich glaube das erste Mal, dass ich seit Wochen oder Monaten überhaupt einmal über Natalie gesprochen hatte. Selbst Chris gegenüber hatte ich sie nie erwähnt. Die beiden waren sich leider nie begegnet. Der hätte sie bestimmt gemocht.
Ich erreichte das Sechsparteienhaus in dem Chris seine Dreizimmerwohnung bewohnte. Es lag eher außerhalb des Zentrums, Chris versuchte trotz eines entsprechenden Gehalts möglichst sparsam zu leben. Die Wohnung war nicht unglaublich groß. Für ihn alleine reichte sie definitiv aus, aber ob sie auf Dauer für uns beide ausreichen würde, war fraglich. Ich steckte den Schlüssel in das Schloss, drehte ihn herum und ging langsam die Treppen nach oben in den zweiten Stock. Die Wohnungstüre schloss ich ebenfalls auf. Es war zweimal abgeschlossen, ein Zeichen dafür, dass Chris nicht zu Hause war. Ich betrat die Wohnung und schaute in der Küche ob Chris mir eine Nachricht oder sowas hinterlassen hatte. Tatsächlich hatte er einen kleinen Zettel auf den Tisch gelegt. Er wollte anscheinend Pizza holen. Eigentlich war Pizza eines meiner Lieblingsgerichte. Chris wusste das natürlich, aber wirklich großen Hunger verspürte ich letzter Zeit nicht. Es reichte gerade so um nicht vom Fleisch zu fallen, aber naja ich funktionierte halt. Mal mehr mal weniger gut. Ich verzog mich in mein Zimmer. Viel war nicht darin. Chris hatte hauptsächlich improvisiert. Viel war mir nicht geblieben. Die Möbel hatte Chris auf die Schnelle organisiert von Freunden und Bekannten sonst hätte ich gar nicht erst einziehen können. Er meinte ich solle mich erst etwas einleben und dann würden wir mir neue Sachen kaufen. Als ob das etwas ändern würde. Die Erinnerungsstücke, die ich irgendwann mal hatte würde es mir nicht ersetzen. Ich setze mich auf mein Bett. Von meinem Schreibtisch aus blickten mich Natalie und meine Eltern an. Es waren die einzigen Bilder aus besseren Tagen, die ich auf meinem Handy gehabt hatte. Von Natalie hatte ich noch ein Bild in meinem Portemonnaie. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis sie jeden Tag bei mir zu haben auch wenn das Bild sie nicht ersetzen konnte.
Ich legte mich auf mein Bett und starrte an das Fußende. Mein letztes Erinnerungsstück an bessere Tage schaute mich mit traurigen Augen an. Es war Kuscheltier. Ein Bär um genau zu sein. Meine Eltern hatten ihn mir zu meinem fünften Geburtstag geschenkt. Ich hatte ihn über all die Jahre aufgehoben. Eigentlich war ich mit siebzehn oder besser fast achtzehn definitiv zu alt für ein Kuscheltier, aber ich war froh, dass ich ihn hatte. Ich nahm ihn in den Arm und drückte ihn fest an mich. Ich roch immer noch die Mischung aus Rauch und Löschwasser an ihm. Sein Fell war ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurden. An einigen Stellen war es etwas angekokelt und die Füllung drohte an manchen Stellen aus ihm herauszuplatzen. Eigentlich hätte ich ihn mal flicken sollen, aber wenn ich in einem noch schlechter war als künstlerischer Betätigung, dann in Handarbeit. Ich drückte den Bären fest an mich. Es war irgendwie tröstend aber zugleich auch unendlich traurig. Ich glaube einige Tränen liefen über meine Wange während ich mit dem Bären kuschelte.
Ich war wohl eingeschlafen. Ich wurde wachgerüttelt. Ich öffnete müde ein Auge. Chris war zurück und stand neben meinem Bett und lächelte mich freundlich an.
„Hey Jona aufwachen.“ sagte er.
„Was?“ fragte ich verwirrt.
Chris beugte sich nach unten und war jetzt mit mir auf Augenhöhe. Ich drehte mich nochmal um. Warum sollte ich auch aufstehen?
„Jona, ich hab Pizza mitgebracht. Komm steh auf und iss zumindest ein bisschen.“ versuchte er mich zu mich zu überzeugen.
„Hab keinen Hunger.“ nuschelte ich müde vor mich hin.
„Jona.“ wiederholte er nochmal. Er gab nicht locker.
„Na gut.“ gab ich schließlich nach. Wir war nicht nach streiten, ich hatte schon genug andere Dinge im Kopf. Müde richtete ich mich auf und schaute Chris an.
„Hast du geschlafen?“ fragte er mich.
„Kann sein.“ entgegnete ich immer noch verschlafen. Chris stand auf und ging zur Türe, anstatt mein Zimmer zu verlassen, blieb er stehen und wartete. Er wartete anscheinend darauf, dass ich wirklich aufstand. Ich ließ meine Füße langsam auf den Boden gleiten und stand langsam auf. Ich ließ mir bewusst viel Zeit, aber Chris schien das nicht zu stören. Ich streckte mich und Chris öffnete die Türe und verließ mein Zimmer. Jetzt hätte ich eigentlich die Möglichkeit mich nochmal hinzulegen, aber vermutlich würde er mich wieder wecken, jeder Zweifel war da ausgeschlossen. Ich verließ mein Zimmer ebenfalls und folgte Chris in die Küche.
Autor: Timo (eingesandt via E-Mail)
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Verdammt, eigentlich wollte ich fünf Sterne geben, aber hab versehentlich auf vier gedrückt.
Ich muss sagen, ich bin begeistert.
Nicht wegen der Grammatik, die ist ziemlich mies.
Aber vom Inhalt.
Selten, dass ich an einer Story kleben bleibe, wie bei der hier.
Ganz große Klasse!
Richtig, richtig gut gemacht und gelungen.
Ich bin sehr gespannt, wie es mit Jona weitergeht.
Freue mich definitiv auf die nächsten Teile!
@Mahlzeit: Den Stern Abzug ist doch ein wunderbarer Ausgleich für meine Misshandlung der Grammatik. Du darfst gerne gespannt bleiben, auch hier habe ich natürlich ein paar Überraschungen parat, aber da verrate ich mal nicht zu viel.
So depremierend wie im Vorwort erwähnt, wurde es dann doch nicht. Klar eine ziemlich traurige Geschichtsbeginn, aber dennoch lesenswert. Bon auf den nächsten Teil schon gespannt! Schreib bald weiter.
Rettet euch leute! Die Katastrophe ist da!
Mahlzeit hat einen Positiven Kommentar hinterlassen
na prost mahlzeit
Wenn es jemand schafft, den ultimativen Hater rumzukriegen, dann kann es nur der Geschichtengrossmeister Timo sein 😉
Ich kann nur sagen Vorbild, nicht konkurrent, mit R-ammstein kann keiner mithalten…
Wenn es angebracht ist, ist es eine Selbstverständlichkeit! Ist es nur in den seltensten Fällen….
@Burli: Naja es wird noch übler, aber dann auch irgendwie wieder sowas wie gut, ich bin noch nicht am Ende der Story angelangt. Die wird auch kürzer als die letzte sein.
@köftespieß in windeln: Also ich habe schon öfters positive Kommentare von Mahlzeit bekommen, auch wenn das durchaus schwierig zu bewerkstelligen ist.
Btw Teil 2 ist eingesendet.