Leas verrückter Ferienausflug (6)
Windelgeschichten.org präsentiert: Leas verrückter Ferienausflug (6) – Teil 5
Kapitäl 8
Von Tröpfchen über Milch zu Apfelsaft…
Als ich die Augen aufschlug, blendete mich das grelle Licht.
„Alexa, Licht auf 10%!“, rief ich genervt.
Nichts passierte. Ach verdammt, meine Alexa war ja nicht mal ansatzweise in meiner Nähe! Ich lag ja im Gästebett von Tante Lonie!
Ein AirPod Pro hing mir noch im Ohr und spielte eine Sequenz aus Folge 29 „Geisterbeschwörung mit Hanni und Nanni“.
Panisch suchte ich im Bett nach dem Gegenstück, und nach rund 20 Minuten war es auch schon gefunden. Lilly war schon aufgestanden, weshalb auch das Licht brannte. Ein Blick auf die Uhr ließ mich erschaudern! Erst 6:30 Uhr!
So früh war ich ja noch nie wach gewesen!
Ich beschloss, durch den morgendlichen Harndrang getrieben das Bad aufzusuchen. Dort konnte man das gleichmäßige Geplätscher von Wassertröpfchen hören.
Verdammt!
Ich klopfte an die Tür und schrie: „Beeilung! Es ist dringend!“
Aber leider konnte mich das morgendliche Duschindividuum nicht hören.
Meine Augen schielten auf eine Topfpflanze in der Ecke…
Mein Gehirn sagte ‚Nein!‘. Meine Blase sagte ‚Doch!‘. Lange Rede, kurzer Sinn – die Blase siegte!
Nachdem ich sah, wie sich die Blätter der Pflanze senkten, beschloss ich wieder ins Zimmer zu wandern.
Lilly kam nach einer guten Viertelstunde zu mir ins Zimmer und wünschte mir einen guten Morgen: „Guten Morgen, Lea! Sag mal, wolltest du vorhin irgendetwas im Bad?“
„Ich? Ähm, nein! Ich wollte nur Wasser holen, um die Topfpflanze zu bewässern. Aber ich entschloss mich schließlich doch, dies in der Küche zu besorgen“, log ich.
„Hast du schon was von Ludwig gehört?“, fragte Lilly.
„Nö. Aber du weißt doch wie Jungs sind. Erst spucken sie große Töne und später schlafen sie bis halb zwölf!“
„Ach, meinst du wirklich?“
„Ja. Voll, oder? Hey, ich hab’ eine Idee! Weißt du zufällig, wo Ludwigs Zimmer liegt?“ Ich schmiedete bereits an einem tollen Plan…
„Klar. Ich hab mir seine ungefähren Koordinaten aufgeschrieben:
48° 44′ 4.7865″ N 7° 4′ 3.338″ O“, meinte Lilly enthusiastisch.
Ich holte mein GPS-Gerät, was ich praktischerweise mitgenommen hatte, aus meinem Koffer und führte uns damit zu Ludwigs Zimmer.
Vorsichtshalber zog Lilly einen Handschuh über und bewegte ihre Hand dramatisch langsam auf die Türklinke zu. Als wir sie aufstießen, schlug uns das blanke Entsetzen ins Gesicht.
Ich konnte gar nicht glauben, wie viel unnützes Zeug man auf so wenig Raum verteilen konnte. Mir kam der Gedanke, den Kärcher aus dem Schuppen zu holen…
Lilly wollte gerade einen ersten Schritt in diese Ausgeburt der Konsumhölle machen, als ich sie am Ärmel festhielt. Fast wäre sie in eine halbleere Müslischale getreten!
Erleichtert atmete Lilly auf, warf mir einen dankenden Blick zu und achtete nun noch mehr auf den Untergrund.
Doch selbst wenn sie in die Müslischale getreten wäre – Ein großes Dilemma wäre es nicht gewesen! Praktischerweise hatte Ludwig nämlich einige Zentimeter weiter rechts eine Packung Feuchttücher der Marke Pampers platziert.
Lilly deutete auf die Schüssel und hob diese auf. Nun ging sie mit der Müslischale, ein wachsames Auge auf weitere Tretmienen gerichtet, auf Ludwigs Bett zu und beobachtete ihren Cousin. Er atmete ruhig und schien sich in einem angenehmen Traum zu finden, zumindest lächelte er ziemlich zufrieden.
Wenn ich nicht selbst dabei gewesen wäre, hätte ich mir nicht geglaubt, dass die nun folgenden Ereignisse tatsächlich stattgefunden hatten.
Denn auf einmal goss Lilly den kompletten Inhalt der Schüssel über Ludwigs Gesicht. Ludwigs erste Worte nach der Attacke waren: „Nein, Muh… Ich möchte keine Milch mehr!“
„Na, kleiner Cousin? Auch endlich wach?“, begrüßte Lilly ihn mysteriös-freundlich.
„Lass mich weiterschlafen, du Zicke! Und was ist eigentlich mit meinem Bett los? Du bist doof!“, quengelte Ludwig beleidigt.
Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, auch wenn mir das alles sehr surrealistisch vorkam.
Wie von einem Blitz getroffen, sprang Ludwig urplötzlich auf und ging schnurstracks ins Bad. Merkwürdigerweise nahm er die angebrochene Feuchttücherpackung mit.
„Komm, lass uns dieses Mienenfeld verlassen. Der Feind ist besiegt!“, rief ich aus und ging aus dem Zimmer. Gerade als mir Lilly folgen wollte, trat sie doch noch mal auf einen vertrockneten Käsetoast. Nun war das Dilemma groß, da die praktischen Feuchttücher von Pampers bei Ludwig im Bad lagen…
Während Lilly noch in der Küche beschäftigt war, saß ich schon am Frühstückstisch und fragte, ob wir noch Kekse hätten. Doch Lilly ignorierte die Frage gekonnt und brachte kurzerhand das vegetarische Frühstück. Ludwig stürmte leicht watschelnd die Treppe runter.
Tante Lonie, die gerade von einer Nachtschicht zurückgekehrt war, musste ihren Sohn selbstverständlich zurechtweisen: „Die Treppe wird anständig heruntergegangen! Hier wird nicht gerannt! Sonst gibt’s zwei Wochen nur noch Shorts!“
Mit hochrotem Kopf setzte sich Ludwig neben mich.
„Na, wie geht es dir heute, mein kleiner König?“, fragte Lilly ihn mit ungewöhnlich hoher und fürsorglicher Stimme.
„Meine Damen!“, sprach uns Ludwig abgehoben an, „Ich würde Ihnen heute dringendst empfehlen, nicht das neueste Cocktailkleid anzuziehen, sondern eher etwas, das zum Arbeiten taugt.“
Sowohl Lilly als auch ich sahen Ludwig anschließend irritiert an.
Nach wenigen Sekunden der Stille sagte Lilly erneut in dieser merkwürdigen fürsorglichen Art: „Aber natürlich, mein König…“
Es gab leckere Schnitten, Tomaten, Gurken und Kohlrabi. Ludwig griff direkt zur veganen Salami und verschlang diese ohne Weiteres.
„Iiiihhh! Was ist das denn für widerliches Zeugs?“, echauffierte er sich danach wutschnaubend.
„Lilly hatte heute beschlossen, uns mal ein vegetarisches Frühstück zu zaubern. Meckere doch nicht so rum! Immerhin hat sie sich damit sehr viel Mühe gegeben!“, zischte ich Ludwig zu und grinste danach Lilly an.
„Och, das ist doch nich so schlimm… Schau! Möchtest du nicht vielleicht ein Scheibchen Käse?“, bemitleidete Lilly ihren Cousin und legte ihm ein Stück Brot und eine Scheibe Käse in Smiley-Form auf den Teller. Ludwig beruhigte sich und trank schmollend von seinem Apfelsaft. Liebevoll schenkte ihm Lilly nach.
Ich aß still und beobachtete die Situation verwundert.
Der eigenartige Anblick wurde durch ein schrilles: „Gute Nacht, Kiddies!“ von Tante Lonie unterbrochen. „Und Luuudwiiiig… Denk dran!“, ergänzte sie noch und verschwand im selben Augenblick in ihr Schlafgemach.
„Hä? An was sollst du denken, Ludwig?“, hakte ich nach, neugierig wie immer. Ludwig wurde rot und schwieg in sein Käsebrot hinein. Plötzlich setzte sich Lilly neben Ludwig und strich ihm über die Schulter. „Alles gut, kleiner König! Uns kannst du doch alles erzählen!“
Doch Ludwig blieb seinem Schweigegelübde treu…
Nach einer längeren stillen Phase, die nur von Schmatzgeräuschen durchzogen war, fing Lilly an, das Geschirr abzuräumen. Ludwig entschwand schweigend in sein Zimmer. Auch Lilly und ich brachen nun auf, um uns für den Tag bereit zu machen…
Kapitäl 9
Ludwigs verrückter Überraschungsausflug
Im Gästezimmer angekommen, öffnete ich meinen Koffer, den ich immer noch nicht ausgeräumt hatte, und überlegte fieberhaft, was ich nun anziehen sollte. Schlussendlich nahm ich mein nigelnagelneues hellblaues Cocktailkleid und hielt es vor mich, um zu schauen wie es mir stand.
„Ludwig meinte doch eher Sachen, die auch schmutzig werden dürfen!“, mischte sich Lilly von der Ecke aus ein.
„Ich weiß! Aber ich habe so etwas leider nicht mitgenommen!“, erwiderte ich etwas beleidigt.
Kurz darauf knallte etwas Gelbes gegen meinen Kopf. „Das sollte dir passen“, kommentierte Lilly das Geworfene. Nach dem ich das Kleidungstück näher betrachtet hatte, konnte ich erkennen, dass es dieselbe Latzhose wie die von Lilly war, aber eben in Gelb.
„Diesen Fummel soll ich anziehen? Ist das dein Ernst? Wenn davon ein Bild auf Insta landet, kann ich mir nächstes Schuljahr gleich eine Papiertüte über den Kopf ziehen!“, schrie ich fast schon spöttisch. Sie warf mir einen LGBTQ+-Anstecker zu.
„Ja gut. Damit geht das natürlich klar…“, gab ich geschlagen von mir.
„Außerdem: Wer sollte außer dir Insta-Storys machen außer dir? Etwa Ludwig? Der kleine Hosenscheißer hat doch wahrscheinlich noch nicht mal ein Handy! Und wenn, dann sicher so eins für Babys!“
Lilly brachte mich zum Schmunzeln. „Haha, du hast recht! Ludwig darf sowas noch gar nich!“ Immer noch etwas widerwillig probierte ich jetzt Lillys gelbe Latzhose mit Bauchtasche an. Ein bisschen musste mir Lilly helfen, die Träger zu positionieren.
„Und? Passt sie dir?“, wollte Lilly wissen.
„Ja, geht so…“, log ich. Insgeheim fand ich sie nämlich überraschend bequem. Nur am Po war sie mir ein bisschen zu luftig. Mit dieser Latzhose am Körper fühlte ich mich auf einmal ganz anders. Sie gab mir ein merkwürdiges Gefühl von Sicherheit, dass ich so schon lange nicht mehr gespürt hatte.
Lilly hatte sich ihre rote Latzhose von gestern schon rausgelegt und verschwand damit rasch auf die Toilette. Ich ging schon einmal nach unten und begann einige Schnitten für den Ausflug zu machen. Dabei dachte ich mir, es wäre doch lustig, Schnitten zu präparieren, die vegetarisch sind und welche mit echtem Fleisch. Und die beiden dürfen dann raten, welche welche sind. Währenddessen setzte ich ein bösartiges Lächeln auf (Muhahahaha!).
Hatschi! Jetzt hatte ich doch glatt niesen müssen… Was ein unpassender Moment! Und dazu noch mitten in Ludwigs Schnitte!
Aber zurück zu meinen Schnitten: Ich verpackte die Schnitten in Alufolie und legte sie in meinen großen, geräumigen pinken Rucksack mit einem Einhorn-Anhänger dran.
Überraschend kam Ludwig in die Küche. Ich stellte fest, dass er auch wieder eine Latzhose aus Jeansstoff trug. Seine war jedoch blau!
„Hey, du bist schon fertig? Wo ist denn Lilly?“, fragte er.
„Lilly? Ach, die ist noch im Bad!“
„Hab ich‘s mir doch gedacht. Ich müsste da nämlich auch echt mal dringend rein!“
„Habt ihr denn nur eine Toilette im ganzen Haus?“, fragte ich neugierig.
„Mmmh…. es gibt noch ein Gästeklo gleich neben der Küche. Aber das ist mir nicht geräumig genug! “
Ha, was der für komische Ansprüche an Badezimmer stellte! Geräumigkeit war mir schon immer egal gewesen. Und dann auch noch bei einem Jungen? Pah!
„Und ich habe gehört, Mama Lonie soll dort wirklich immer ganze Berge versenken“, ergänzte er. Das klang schon mehr nach einem Argument. Ich räumte meinen Rucksack nochmal um und legte die Schnitten nochmals auf den Tresen.
Auf einmal ging die Tür direkt neben der Küche auf. In diesem Moment wehte mir ein Duft entgegen, wie ich ihn mir in meinen schlimmsten Träumen noch nicht gerochen hatte! Ich meine, durch den Türspalt gesehen zu haben, wie eine grüne Wolke in Form eines Totenkopfes aus der Toilette aufstieg. Aber tatsächlich lächelte mir nur Tante Lonie zu. Sie trug heute eine grüne Arbeitslatzhose, wo ich doch zugeben musste, dass diese ihr sehr stand. So schnell wie sie erschienen war, entschwand sie auch wieder. Ludwig holte mich aus meiner Trance indem er fragte: „Welche Schnitten sind denn jetzt für mich?“
Ich deutete ganz trocken auf die mit meiner Spezialzutat. „Schau. Ich hab‘ sie sogar farblich markiert!“
Tatsächlich hatte die Alufolie überraschend eine blaue Färbung eingenommen, die ich mir nicht mit Logik erklären konnte. Wahrscheinlich Magie oder sowas…
Nachdem Lilly kam und wir beide nochmal auf die Toilette im oberen Stockwerk gegangen waren, folgten wir Lillys Cousin nach draußen. Er führte uns zum Fahrradkeller und schloss ihn auf. Zu sehen waren nun 2 Fahrräder: Das eine war ein typisches Jungenrad, wie es wohl jeder Dreizehnjährige besaß. Allerdings mit einem sehr merkwürdigen Detail. Es waren tatsächlich noch Stützräder angebracht! Und die Fahrradklingel war eine Hupe in Quitscheentchen-Form!
Das andere Fahrrad war ein Stückchen größer und schien Lonie zu gehören. Ich schmunzelte, als mir auffiel, dass auf dem Gepäckträger ein sehr großer Kindersitz angebracht war. Lilly kam sofort die springende Idee!
‚Nur zwei Fahrräder. Aber drei Personen… Was machen wir da jetzt nur?‘, dachte ich mir.
Lilly jedoch hatte bereits die zündende Idee. „Ludwig? Komm doch mal her!“, sprach sie ihren Cousin liebevoll an.
„Was gibt’s denn?“, fragte er neugierig und ging auf sie zu.
„Weißt du was? Du darfst bei mir hinten drauf mitfahren!“, überraschte sie ihn.
Ludwig, der nun sichtlich schockiert war, war drauf und dran die Flucht zu ergreifen. Lilly aber hielt ihn fest und zerrte ihn dominant zum Fahrrad. Währenddessen konnte ich mir den Sitz beim anderen Fahrrad bequem einstellen. Als dies erledigt war, konnte ich nun dem Spielfilm ‚Lilly und der kleine Ludwig vs. Das Fahrrad‘ zusehen.
Lilly packte Ludwig an der Hüfte, wobei sie ein sehr erstauntes Gesicht machte, das ich mir überhaupt nicht erklären konnte. Sie setzte ihn in den Kindersitz, wogegen er sich zu wehren versuchte, was ich zugegebenermaßen ziemlich niedlich fand. Glücklicherweise war Lilly stärker als ein durchschnittlicher Junge ihres Alters und schaffte es mühelos ihn hochzuheben. Letztendlich legte sie ihm den Sicherheitsgurt im Schritt an, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass sie dafür überraschend lang brauchte.
Als es endlich losging, fing Ludwig an, mit seinen Beinen zu strampeln, wahrscheinlich, weil er etwas knatschig geworden war. Jedoch hörte er nach kurzer Zeit damit auf, um stattdessen ein sehr irritiertes Gesicht zu machen, was mich wiederum auch sehr wunderte. Was war denn mit den beiden Verrückten heute nur los!
Nach einiger Zeit schrie er auf einmal: „Rechts!“ – auf eine sehr arische Weise
und wir beide folgten seiner Anweisung. Das ging die ganze Fahrt so weiter, bis wir nach einer geschlagenen Dreiviertelstunde an einem Ort ankamen, den ich so nicht erwartet hätte. Womit ich meinerseits schließlich ein ziemlich dummes Gesicht machte…
Autor: Der_Tobias (eingesandt via E-Mail)
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