Die neue Mitschülerin (5)
Windelgeschichten.org präsentiert: Die neue Mitschülerin (5)
Kapitel 5: Eine Einladung und ein Zahnarztbesuch
„Hi Mama, bin zu Hause.“, rief Chris durch den Hausflur, als er nach dem Aufschließen der Haustür das Treppenhaus zur ersten Etage betrat. Im Erdgeschoss wohnten seine Großeltern mütterlicherseits, in den beiden Stockwerken darüber Chris mit seinen Eltern und seinem Bruder.
„Hallo mein Schatz, wie war’s in der Schule?“, begrüßte seine Mutter Karin ihn.
„Gut.“
„Wow, wenn du das erzählst, hab ich immer das Gefühl, dabei gewesen zu sein.“, konterte seine Mutter die sehr ausführliche Antwort.
„Haha. Es ist der zweite Tag im Schuljahr, was erwartest du?“
„Ja, da hast du wohl recht.“, erwiderte die Zweiundvierzigjährige.
„Wobei, eine Sache gibt es, über die ich reden muss“, beantwortete Chris die Ursprungsfrage nun ausführlicher: „Morgen Nachmittag würde eine Mitschülerin vorbeikommen. Wir machen ein Referat zusammen.“
„eS iSt dEr ZwEiTe TaG iM sChUlJaHr, WaS eRwArTeSt Du?“, äffte Karin ihren Sohn nach, der ihr mit einem „Boah Mama, du bist so uncool!“ ins Wort fiel, „aber im Ernst: So früh schon ein Referat?“
„Ja, in Informatik machen wir Referate zur Geschichte der Informatik. Über das Schuljahr verteilt. Das erste Referat ist schon in drei Wochen, und Anna meinte, dass wir das dann schon hinter uns haben.“ Chris gab sein Bestes, ihren Namen möglichst beiläufig zu erwähnen.
„Anna heißt sie also, so so. Der Name sagt mir gar nichts“, versuchte Karin gar nicht erst, ihre Neugier zu verbergen.
„Sie ist ja auch neu nach Kleifelden gezogen.“, erwiderte Chris in einem derartigen Tonfall, dass man nur den Eindruck gewinnen konnte, er hätte absolut kein Verständnis dafür, dass seine Mutter diese Tatsache nicht im Kopf parat hatte, die sie gerade das allererste Mal hörte.
Jetzt war es an Karin, mit „Haha“ zu reagieren. „Spaß beiseite, was sollte dagegen sprechen? Du solltest nur vorher nochmal ein bisschen aufräumen. Und vielleicht Staubsaugen.“
„Warst du eigentlich schon immer so? Oder ist das so eine Mama-Angewohnheit, die mit der ersten Schwangerschaft automatisch kommt?“, fragte Chris leicht genervt.
„Tja, mein Schatz.“, reagierte Karin auf mit die deutscheste Art und Weise, die man sich vorstellen kann.
„Kommt deine Mitschülerin denn nach der Schule direkt mit? Oder geht sie erst nach Hause?“, fragte sie weiter.
„Keine Ahnung“
„Dann klär das mal bitte ab. Ich kann gerne morgen für sie mitkochen, das muss ich nur wissen. Nicht, dass wir dann hungrig vom Tisch aufstehen.“, erklärte Karin den Grund für ihre Frage.
„Ja, Mama, mach ich.“, schloss Chris dieses Thema ab.
Anna fuhr mit dem Bus in die Stadt und war viel zu früh bei ihrem neuen Zahnarzt. Ihr Vater würde direkt von der Arbeit zur Praxis kommen, irgendwas von „noch nicht volljährig“ und „Unterschrift“ und „neuer Arzt“ hatte er gesagt, wo Anna schlecht gegenargumentieren konnte.
„Hallo Papa“ begrüßte sie ihn, als sie ihn auf die Praxis zukommen sah. Rudolf Schneefeld umarmte seine Tochter zur Begrüßung.
„Hallo Anna. Wir sollten hoch gehen, sonst kommen wir noch zu spät.“
„Papa, wir haben noch über zehn Minuten bis zum Termin.“, versuchte die Dunkelhaarige, ihren Vater etwas zu Bremsen.
„Aber wir müssen noch den Patientenbogen ausfüllen und und und.“, ließ er dies nicht zu. Die beiden betraten das Gebäude, gingen in den ersten Stock und betraten die Praxis von Herrn Dr. Faßmuth. Den Bogen für neue Patienten auszufüllen nahm natürlich nicht so viel Zeit in Anspruch, wie Annas Vater angesetzt hatte. Anna konnte sich ein „Hab’s dir ja gesagt“ nicht verkneifen, ebenso wenig, wie nach diesem Satz ihrem Vater die Zunge rauszustrecken.
„War der zweite Tag an der neuen Schule genauso gut wie der erste?“, wollte der Sechsundvierzigjährige wissen.
„Ja, ich glaube, ich habe schnell Anschluss gefunden. Wenn der Umzug schon sein musste, war er vom Timing her perfekt. Weil ja auch alle Klassen in meinem Jahrgang aufgelöst wurden, verstehst du?“, beantwortete die Fünfzehnjährige die Frage ihres Vaters. Sie fuhr fort: „Da fällt mir ein: Ich halte in drei Wochen ein Referat mit einem Mitschüler zusammen. Wir wollen uns morgen Nachmittag bei ihm treffen und daran arbeiten. Ist das ok?“
„Ich könnte zwar deine Hilfe beim Aufräumen brauchen, aber ok, Schule geht vor.“, seufzte Rudolf, woraufhin Anna sich innerlich freute, dem Saubermachen zu entgehen.
„Cool. Ich dachte mir halt, wenn Jan uns schon mal besuchen kommt, kann ich wenigstens das ganze Wochenende da sein.“, gab Anna ihr Ausredenrepertoire weiter preis.
„Da hast du auch wieder Recht.“, gab ihr Vater zu.
Nach dem Arzttermin fing Rudolf schon an, zu erzählen, wo er das Auto geparkt hat, als seine Tochter ihn daran erinnerte, dass sie sich mit Freundinnen verabredet hatte. „Stimmt ja.“, lautete die Reaktion Rudolfs. „Du weißt, dass Mama und ich heute Abend essen sind? Auch wenn wir das nicht kontrollieren können, sei bitte gegen 20 Uhr spätestens zu Hause, ja?“
Das hatte Anna bereits vergessen: „Oh, danke für die Erinnerung. Und ja, ich gebe mir Mühe.“, woraufhin die beiden sich verabschiedeten.
Anna holte ihr Handy hervor und sah eine Nachricht von Pia: „Hey, sorry, der Bus hat Verspätung. Wird etwa 5 Minuten später“ stand dort mit einem traurigen Smiley geschrieben. „Alles klar, kein Problem, ich muss sowieso noch den Weg vom Zahnarzt zum Rathaus finden. Bis gleich.“ antwortete Anna. Sie öffnete ihre Lieblingsapp zum Erkunden und fasste den Plan, noch ein paar Pokémon auf dem Weg zum Rathaus zu fangen. „Das Rathaus hat ja bestimmt einen Pokestop oder eine Arena“, dachte sie und tatsächlich wurde sie relativ schnell fündig. Auch wenn sie wegen des Spielens langsamer ging als üblich, war sie mehr als rechtzeitig am Rathaus, um pünktlich auf ihre verspäteten Freundinnen zu treffen.
Autor: Theseus (eingesandt via E-Mail)
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sehr schön geschrieben, aber bisschen zu kurz
Ich weiß, dass die ersten Teile ein wenig kurz sind. In einigen Kapiteln steigt die durchschnittliche Länge auf etwa das Doppelte 😉
Vielen Dank für diesen 5. Teil. Mir gefällt sehr, wie du die Geschichte langsam aufbaust, die Charaktere formst und in einen sehr lebensnahen Kontext stellst. Auch dein hervorragend lesbarer Schreibstil in fehlerfreiem Deutsch macht mir Spaß. Ich bin echt gespannt auf jeden neuen Teil und freue mich, wenn ich wieder einen entdecken kann.
Danke, schön, dass dir die Geschichte gefällt 🙂
Hey, die Geschichte liest sich bisher wirklich toll. Neugierig warte ich darauf wo, wie, und bei wem das Thema Windeln zuschlägt. Spannend fände ich es wenn der Zahnarzt und ihre Zahnspange etwas damit zu tun hätten.
Freue mich auf die Fortsetzung