Die Geheimnisse der Kerkwald Geschwister (22)
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Kapitel 22
Schulpampers
Kleinfeldern, Montag, der 5. November 2012, 6:55 Uhr.
„Komm jetzt Jakob, sonst verpassen wir den Bus!“, ermahnte Robin ihren kleinen Bruder und nahm in sogleich an die Hand. Verschlafen stolperte der Zehnjährige in den kühlen, dunklen Morgen, der ihn und seine große Schwester vor der Haustüre erwartete. Jakob friemelte am Reißverschluss seiner Jacke herum im Versuch, sie zu schließen – es waren kaum mehr als ein Paar Grad über Null. Mit der anderen Hand winkte er seiner Mutter, die grade noch in der Haustüre stand und ihren beiden jüngeren Kindern hinterhersah.
Gestern war er erst eingeschlafen, als er kurz vor zehn zu seiner Schwester ins Bett gekrochen war, sodass an diesem frühen Morgen alles ein wenig unwirklich für den Fünftklässler wirkte.
Der Nebel, der über dem Dorf hing.
Die Pampers unter seiner Hose.
Zum ersten Mal seit der zweiten Klasse ging Jakob wieder in dicken Windeln, zugemacht mit zwei verbindlich wirkenden Klettstreifen anstatt nach belieben hoch- und runterziehbaren Drynites zur Schule. Klettklebestreifen die ihm unmissverständlich klar machten, dass seine Unterwäsche nicht zum runterziehen im Falle eines Toilettengangs gedacht war. Klar, Jakob wickelte sich seit mehr als einem Jahr selbst, zumindest hatte er es bis vor ein paar Tagen getan. Und auch die Klettstreifen der Pampers konnte man ohne größere Probleme auf- und wieder zumachen und so zumindest die Toilettenkabinen in der Schule nutzen. Theoretisch. Aber nichtmal im Traum wäre Jakob eingefallen, die stinkingen, ständig verstopften, faulig riechenden, dunklen Toilettenkabinen in der Schule aufzusuchen. Und ganz ehrlich, das war ja auch gar nicht der Plan.
Stattdessen hatte der Zehnjährige an diesem Morgen erneut erfahren, welche Vorzüge die seit gestern Abend neue Pampers-Situation mit sich brachte: Sämtliche nervige Regeln, die seinem Pipi-Problem galten, waren plötzlich außer Kraft: Das Verbot nach dem Abendessen noch etwas zu trinken, die Regel, dass in seiner Trinkflasche in der Schule immer nur Wasser war damit er nicht unnötig viel trank. Oder dass er beim Frühstück nicht zu viel trinken sollte, weil es für Jakob morgens immer schon besonders schwer gewesen war, trocken zu bleiben.
Doch seit gestern Abend war das alles plötzlich Vergangenheit. Für Jakob hatte ein neues Zeitalter begonnen: Plötzlich war es okay, wenn er, als er den Tatort-Anfang mitsah, noch einen großen, warmen Kakao trank, obwohl er schon in Schlafanzug und Nachtwindel steckte. In seiner Trinkflasche war heute Apfelsaft. Und statt Brötchen durfte er heute Morgen sogar, wie sonst nur am Wochenende, Cornflakes mit extra viel Milch essen.
Und das war richtig cool.
Seine Mutter musste hilflos mitansehen, wie all diese gut-etablierten Regeln gedehnt und gebrochen wurden, mal von ihm selber und mal von seiner großen Schwester.
Eben war es schon wieder passiert. Nach dem Frühstück im Hausflur. Sie waren spät dran und Jakob hatte grade vor dem Schuhregal gekniet und die Klettverschlüsse seiner Schuhe zugedrückt.
Da hatte seine Mutter, die den heutigen Vormittag überraschend frei hatte, ihn gefragt: „Jakob, willst du nicht nochmal schnell aufs Klo bevor ihr losgeht? Nach der ganzen Milch?“
Doch Robin griff schnell ein: „Mamaaaaa“, stöhnte sie genervt, in einem Tonfall, wie ihn nur pubertierende Töchter treffen können: „Ist doch egal jetzt, Jakob hat ne Pampers um!?“
Ein Tonfall, als würde Robin die Welt besser verstehen als ihre Mutter, weil sie langsam glaubte, über alles den Durchblick zu haben und weil ihre Mutter langsam alt wurde. Als würde sie ihrer Mutter die neueste Mode zum zehnten Mal erklären, so klang Robin in diesem Moment. Als wäre es völlig altmodisch und vorgestrig, einen Jungen wie Jakob aufs Klo zu bitten.
Er musste zugeben, dass er es sehr genoss, wie sich das Blatt gewendet hatte. Und so schulterte er zufrieden seinen Turnbeutel, während er zwischen seinen Beinen bei jedem Schritt die dicke, weiche Windel spürte. Trocken und warm kapselte sie ihn von der kalten Außenwelt ab und erinnerte den müden Zehnjährigen ein weiteres Mal daran, wie kuschelig Pampis eigentlich sein konnten. Müde folgte Jakob seiner großen Schwester zur Bushaltestelle, traf dort auf Fenix und Nick und war auf der morgendlichen Busfahrt ausgesprochen still.
Die meiste Zeit sah Jakob ruhig in den dunklen Wald auf der anderen Seite des Fensters und bekämpfte das schlechte Gewissen, dass ihn ergriffen hatte, als er realisiert hatte, dass er für heute keinerlei Hausaufgaben gemacht hatte. Hatte er ganz ehrlich einfach vergessen an diesem verrückten Wochenende und selbst dieser Montag fühlte sich noch nicht ganz normal an. Das fing schon damit an, dass David nicht mit im Bus saß und auch zu Hause noch nicht wach gewesen war, als sie losgegangen waren.
Ohne ganz zu verstehen, worum es ging hörte Jakob den beiden Jugendlichen halbinteressiert zu. Nick hatte seinem kleinen Bruder sein iPhone gegeben, sodass Fenix nun mit Kopfhörern im Ohr ein Motorcross-Spiel spielte und nichts mehr von den Geschehnissen um sich herum mitbekam.
„Er … er hat angefangen!“, verteidigte Nick sich nervös. Klang wie wenn sich ein Grundschüler verteidigte, fand Jakob.
„Ja für dich ist dabei vielleicht ja auch nichts dabei“, antwortete Robin. Jakob fand, dass seine Schwester klang als wäre sie sauer auf Nick. Müde legte er seinen Kopf auf dem Arm ab und begann, den Jugendlichen zuzuhören.
„Robin, du verstehst das nicht“, legte Nick nach: „Dave …“, wollte er noch sagen, da schnitt Robin ihm das Wort ab: „Nein, du verstehst es nicht! Das hier ist nicht Hamburg, wir …“
„Ey zum fick ist das hier die übelste Provinz ja I know Miss Perfect!“, raunte Nick in einer beachtlich tiefen Stimme. Seine Gesichtszüge bebten und seine sonst oft so zugekniffenen Augen waren ganz groß.
Ein Bildwechsel auf dem Smartphone in Fenix Händen lenkte Jakob kurz ab: „Game Over“ stand in Buchstaben, die aussahen wie Holzbretter auf dem kleinen Bildschirm. Doch nur für den Bruchteil einer Sekunde, denn mit geübtem Fingertippen drückte Fenix die Werbung weg und startete das Level erneut. Ein Führerloses Dirtbike fuhr eine Holzrampe herunter, dann fiel ein Strichmännchen vom Himmel herab und landete auf dem Motorrad. Jetzt wurden auch die Steuerelemente angezeigt, welche im wesentlichen aus Gas, Bremse und Vor- sowie Zurücklehnen bestanden.
Den Sprung über die erste Rampe meisterte Fenix mit einem Salto und Jakob fand, dass es echt cool aussah.
„Fuck Nick, du hast sein verdammtes Leben zerstört!“, antwortete Robin. Sie schrie nicht, sondern sie sprach langsam. Seine Schwester schrie eigentlich nie.
„Was …“, setzte Jakob schüchtern und verschlafen an. Sein Mund klebte noch von der Nacht. Hatte er heute morgen überhaupt die Zähne geputzt? Ihm wurde bewusst, dass er heute morgen gar nicht im Bad gewesen war, Robin hatte ihn wieder auf dem Spielzeugteppich in seinem Kinderzimmer gewickelt, bevor sie losgegangen waren.
„Was ist denn passiert?“, fragte er erstaunt und ein bisschen ängstlich: „Wegen dem Bürgermeister?“, fragte er, um nicht wie ein ahnungsloses kleines Kind zu wirken.
Seine große Schwester wechselte einen unmissverständlichen „Sei still“-Blick mit ihm. Jakob schluckte.
Plötzlich sah Nick zu ihm und Jakob erkannte, dass seine Augen feucht waren. Es sah aus, als würde er gleich heulen. Ein so großer Junge wie Nick, heulen!
Nick setzt grade an, etwas zu sagen, da fuhr Robin plötzlich schnell dazwischen: „Lass in der Pause weiterreden, okay? Nicht … hier.“
Den Rest der Fahrt sah Jakob lieber weiter Fenix beim Handyspielen zu während sich der warme, gemütliche Mantel der Schläfrigkeit wieder über den Zehnjährigen senkte.
Eine Stunde später auf dem Schulhof des Anne-Frank-Gymnasiums Hemmingen:
Der Moment, an dem Jakob an diesem Morgen schließlich wach geworden war, war erst mehr als eine Stunde später gekommen. Da war die Vorpause bereits zu Ende gewesen und die gesamte 5e hatte sich vor der Turnhalle zum Warten eingefunden.
Obwohl es schon acht Uhr war, war es noch dunkel, sodass nur die brummende Neonlampe vor der Turnhalle den Platz mit ihrem kalten weißen Licht erhellte.
Es war so kalt dass der Atem der Kinder Dampfschwaden in der Luft formte. Jakob saß auf einer eiskalten, steinernen Tischtennisplatte und wippte mit seinen Beinen in der Luft. Seine Windel bildete eine warme Isolierschicht, sodass er die Kälte nur an seinen Oberschenkeln spürte.
Im Gegensatz zu ihm war Fenix seit sie aus dem Bus gestiegen waren ungeachtet der frühen Stunde schon hellwach und versuchte seinen Freund aufzumuntern: „Ist doch cool, dass wir jetzt Sport haben!“
Jakob nickte.
„Was machst du heute nach der Schule?“, fragte Fenix.
„Weiß noch nicht“, zuckte der Zehnjährige mit den Schultern.
„Wollen wir spielen?“, fragte Fenix.
Jakob überlegte: „Weiß nicht … glaube …“
„Ja … oder Nein?“, drängelte Fenix und wippte mit seinem Oberköprer vor und zurück.
Jakob rollte mit den Augen und griff nach seiner Trinkflasche. Eigentlich wollte er Fenix fragen, ob er wusste, was mit Nick und David am Wochenende passiert war.
Fenix aber nicht:„Du bist gar nicht Jakob!“, befand er lachend: „Du bist Neinkob, deshalb willst du heute nicht spielen!“
Jetzt musste Jakob kichern und fühlte sich herausgefordert: „Und du bist auch nur Fenix weil Felix grade aus war als du geboren wurdest“
„Halt warte Mal!“, fiel Fenix aufgeregt ein: „Neinkob bist du am Gegenteiltag!!“
In diesem Moment konnte Jakob nicht anders, als laut loszulachen. Während er noch dabei war, Apfelsaft aus seiner Trinkflasche zu saugen, prustete er los. Erschrocken versuchte der Fünftklässler, den Saft in seinem Mund noch schnell herunterzuschlucken, doch da schoss er auch schon durch seine Nase nach draußen. Die dunkelblaue Trinkflasche fiel aus seiner Hand und knallte auf den Asphalt während Jakob immer noch gegen das Lachen ankämpfte und gleichzeitig zu Husten begann. In seiner Pampers wurde es schlagartig heiß, doch das bemerkte er nichtmal. Er sprang von der Tischtennisplatte runter während er hustete, Fenix lachte und sich die halbe Klasse zu den beiden umdrehte. Irgendein Idiot feixte: „Jakob ist so dumm, der kann nichtmal trinken!“, doch das bekamen die beiden Freunde gar nicht mit.
„Alles okay?“, fragte Feinx, als Jakob aufgehört hatte zu Husten.
Der Angesprochene räusperte sich, verschnaufte kurz, dann hockte er sich hin um nach seiner Trinkflasche zu greifen. Sofort prasselte weiteres heißes Pipi in seine Windel doch erst jetzt nahm der Zehnjährige Notiz davon, wie wohlig warm es dabei zwischen seinen Beinen grade wurde. Erleichtert atmete Jakob aus und griff in Zeitlupengeschwindigkeit nach der Trinkflasche, die unter der Steinplatte vor ihm lag. Für einen Moment lang blendete er das Gebrüll der anderen Schüler aus und war in seiner eigenen Welt. Deutlich spürte er, wie das Vorderteil seiner Pampers sich schwammartig vollsog und gleichzeitig frisches Pipi in den Mittelteil der Windel zwischen seinen Beinen ronn. Die Kälte des frühen Morgens um Jakob herum wich den Eindrücken der heißnassen Windel an seinem Po. Niemand bekam mit, was der Zehn-, fast Elfjährige unter der Tischtennisplatte tat, nur Fenix beugte sich irgendwann zu seinem Freund herunter: „Kommst du jetzt? Herr Zern ist da und …“
Ertappt sah Jakob seinen Freund an.
„Machst du dir grade in die Hose?“, flüsterte Fenix überrascht, als er Jakob sah.
Dessen Pipifluss stockte als er abrupt aufsprang: „Nein!“, verteidigte er sich
Doch Fenix legte seinen Kopf schief und grinste skeptisch.
Jakob verschränkte defensiv die Arme: „Ja und?“, fragte er, während er erneut in seine Pampers tröpfelte, kaum stand er wieder eine Sekunde lang still.
Fenix nervte ihn grade, fand Jakob. Konnte er nicht einfach nichts sagen jetzt? Doch während die anderen Schüler sich bereits durch die Turnhallentür drängten, wanderte Jakobs Blick unweigerlich erneut in die Ferne und das Tröpfeln wich wieder einem reißenden Strom. Erst jetzt realisierte Jakob, wie dolle er pullern musste und wieviel noch kommen sollte. Versucht unauffällig spreizte er leicht seine Beine auseinander, ging mit dem Po ein wenig, nur ein ganzkleinwenig nach hinten und war froh, eine dicke Pampers zu tragen.
Fenix stand ihm lässig gegenüber, vergrub die Hände in seinen Jackentaschen und grinste ihn wissend an. Jakob verfluchte seinen Freund dafür.
„Braucht ihr eine Extraeinladung?“, ermahnte ihr Sportlehrer die letzten beiden auf dem Schulhof verbliebenen Jungen nicht viel später, sodass Jakob eilig wieder Rucksack und Sporttasche schulterte und zur Turnhallenumkleide rannte während zwischen seinen Beinen noch nicht-aufgesaugtes Pipi in seiner Pampers hin- und herschwappte.
In der Jungsumkleide der alten Turnhalle herrschte helles, lautes Stimmengewirr. Zögerlich trat Fenix ein und suchte bereits mit den Augen nach einem Bankplatz für die beiden, als Jakob sich an ihm vorbeidrängelte und schnurstracks auf die Toilette zuging.
Ausgerechnet Jakob, ausgerechnet jetzt.
Aber natürlich war Fenix der Einzige, der wusste, dass Jakob dort eigentlich nichts zu suchen hatte.
Jakob knipste die alte Glühlampe an und ein mechanisch schleifender Lüfter lief an. Wirklich hell wurde es dadurch nicht in dem kleinen Raum und eigentlich fand er es hier auch ein bisschen gruselig. Aber daran hatte sich Jakob schon gewöhnt.
Als erstes klappte er die Klobrille herunter und setzte sich darauf.
Fühlte plötzlich wieder das warme, vollgesogene Windelfließ an seinem Po: Achja.
Unbeirrt zog er sich zuerst seine kuschelige, von innen gefütterte, jedoch enge Jeans aus und anschließend den schlabbrigen Pullover. Es war eines der Outfits, die Robin und sie gestern durch sorgfältiges, analytisches Ausprobieren zusammengestellt hatten.
Sonntag, der 4. November
Zur Mittageszeit, einige Stunden bevor Robin ihrer Mutter die ,bedingungslose Windelerlaubnis‘ abringen sollte und Eva ihrem Sohn plötzlich wieder Drynites erlauben würde. Eine Information, zu der Robin ihren kleinen Bruder anschließend belogen hatte.
Angefangen hatte alles mit der Pampers, die Robin ihm nach dem Frühstück angezogen hatte sowie mit der Frage, wie sie es anstellen konnten, dass Jakob einen Schultag in Windeln unbeschadet überstand.
Robins anfängliche Vermutung, dass die saugfähigen Pampers ohne Wechsel einen ganzen Schultag überstehen würden ohne auszulaufen hatte sich am Nachmittag schließlich bestätigt. Jakob hatte das ohnehin gewusst, sagte er ihr dann noch.
Da stand er grade bei sich im Zimmer, hatte die Hände in die Hüften gestemmt und beteuerte beleidigt: „Sag ich doch! Ich hab die voll oft so lange angehabt früher!“
Robin verdrehte die Augen, doch lies sich von ihrem Schützling nicht provozieren. Kichernd und verständnisvoll antwortete sie ihm: „Weiß ich doch genauso gut wie du, Bärchen. Das Problem ist nur, dass jetzt jeder sehen kann, dass du ne randvolle Pampi anhast!“, machte sie ihm klar.
Da hatte Jakob verlegen den Kopf gesenkt und betreten auf die unverkennbare Windelbeule in seinem Schritt geschaut. Die Pampers plusterte seinen gesamten vorderen Schrittbereich dick aus und drückte sich zwischen seinen Oberschenkeln deutlich auf beiden Seiten der Mittelnaht seiner Hose vorbei. Das sah auch Jakob.
Was er hingegen nicht sah, war sein Windelpo. Die runde Wölbung in seiner Hose, die so weit nach unten reichte, dass sie ein Plateau unterhalb seines Pos erzeugte und dadurch seine Hose so weit nach unten zerrte, dass die Pampers oberhalb der nach unten gerutschten Gürtellinie herauslugte.
So würde morgen wirklich jeder bemerken, dass Jakob noch Windeln trug. Sie musste etwas tun, dachte Robin und wurde erneut sauer auf ihre Mutter, die ihm das Ganze ja erst eingebrockt hatte mit ihrer bescheuerten Strafe. Doch irgendwie fand sie auch, dass Jakob süß aussah, wie er so dastand. Mit erkennbar, ja unleugbar voller Hose und doch auf trotzige Art beleidigt davon, dass sie ihn darauf aufmerksam gemacht hatte. Als wäre das das Problem und nicht seine klitschnasse Pipipampi. Wie ein Kleinkind, dachte Robin schmunzelnd und wuschelte ihrem Bruder durch die strubbeligen schwarzen Haare: „Ach Bärchen …“ seufzte sie: „Bleib mal kurz hier, ich hab eine Idee!“
Nun, fast vierundzwanzig Stunden später, trug Jakob das Ergebnis von Robins Ideen:
Einen grünen Pullover, der ihm zwei Nummern zu groß war. Was eigentlich ganz cool war, denn dadurch trug er nun erstmals Kleidung, die auch David in der Fünften Klasse getragen hatte. Auf dem einfarbigen Pulli prangte groß „Download“ in Graffitischrift und verglichen mit Rennbooten oder Traktoren war das durchaus mal ein Fortschritt, fand Jakob. Der Clou lag jedoch nicht im Aufdruck von Jakobs neuen Pullover sondern vielmehr in der Tatsache, dass er weit genug über Jakobs Hintern reichte, um seinen Windelpo halbwegs zu verdecken. Den Rest würde dann seine Jacke kaschieren.
Auch mit Davids alten Hosen aus derselben Zeit hatten sie experimentiert, jedoch bemerkten die beiden Geschwister schnell, das es besser war, wenn die Pampers von Jakobs Jeans straff in Position gehalten wurden und nicht locker herumbummelten wie Morgens in seinem Schlafanzug.
Das letzte neue Outfitbestandteil, was gleichzeitig das Einzige war, dass Jakob in diesem Moment in der Toilettenkabine der Umkleide noch anhatte, nachdem er sich dem schlabbrigen Pullover und der kuscheligen Jeans entledigt hatte, war gänzlich untypisch für den Zehnjährigen.
Eine Unterhose!
Ausgerechnet jetzt.
Zu Kindergartenzeiten war auch Jakob selbst nicht auf die Idee gekommen, nach Unterhosen zu verlangen. Zu Grundschulzeiten hatte er sie sich dann gewünscht, auch damals wegen den Momenten in der Umkleide und wie die anderen Kinder manchmal lachten, wenn sie beim Umziehen seine pipigetränkten Drynites sahen.
Bettelnd erklärte Jakob seiner Mama sein Problem und Eva willigte – das war selten – ein. Jakob bekam Unterhosen wie ein großer Junge, selbst wenn er darunter weiterhin Hochziehwindeln trug.
Doch zwei Kleidungsschichten herunterzuschieben, wenn er Mal wieder Last-Minute auf Toilette rannte, entpuppte sich als deutlich schwieriger als eine Einzelne. Nicht einmal eine Woche durfte Jakob seine Unterhosen behalten bis Eva bemerkte, dass diese dazu führten dass Jakob es deutlich seltener zum Klo schaffte als zuvor. Zugegebenermaßen, Jakob war, jetzt wo er Unterhosen hatte, sicherlich auch ein wenig zu nachlässig geworden.
Ab sofort hieß es, Unterhosen könne er bekommen, wenn er endlich keine Windeln mehr brauchte, sagte seine Mama.
Noch eine Regel, die plötzlich nicht mehr galt. Jakob war soweit vom trockensein entfernt, wie zuletzt in Kindergartentagen und trotzdem trug er über seiner Pampers eine leuchtend rote Unterhose.
Hätte die Unterhose den Zweck gehabt, Jakobs Windel zu verbergen, er hätte sie sofort ausziehen können. Nachdem seine Pampers trotz der frühen Stunde bereits eine mehr als ordentliche Ladung abbekommen hatte, quoll sie an sämtlichen Rändern unverkennbar hervor. Aber das tat sie selbst in trockenem Zustand schon. Nur an einer Seite nicht, und darum ging es: Robin hatte, als sie ihren kleinen Schützling heute morgen sorgfältig gewickelt hatte, das Unterhemd von oben in die Unterhose hineingeschoben und dort saß es selbst jetzt noch fest und stramm. Und verhinderte so, und das war wirklich wichtig, dass die Bündchen von Jakobs saugfähiger Kleinkindunterwäsche oben aus seiner Hose hervorlugen konnten, egal was heute noch passieren würde.
Durch dieses Wissen beruhigt zog Jakob sich seine leuchtend blaue Nylonshorts über die halbnasse Pampers, streifte sein Trikot über, schlüpfte in seine Turnschuhe und verließ mitsamt Turnbeutel und Rucksack die Toilettenkabine wieder.
Die Umkleide war schon fast leer, als er sie wieder betrat, nur Fenix war grade damit beschäftigt, sein Shirt überzustreifen. Ein schwarzes Trikot mit roten Ärmeln, Hamburger FC St. Pauli.
„Ach, so machst du das also!“, raunte Fenix, als sie zu zweit die Umkleide verließen und durch die dunklen Gänge in Richtung Turnhalle liefen. Offenkundig meinte er damit Jakobs Trick, sich in der Toilette umzuziehen, damit die anderen Kinder seine Windeln nicht sehen würden.
„Jap, schon seit ich hier auf der Schule bin“, antwortete Jakob stolz, zwinkerte seinem Freund zu und sprintete in die Turnhalle. Seine Tagpampers – vielmehr Schulpampers – hatte er da schon wieder vergessen.
„Schulpampers“ f (meist Singular)
Die Windel, die Jakob als Gymnasiast versteckt während seines Schultages trug.
„Jakob, hast du deine Schulpampers schon an?“
oder auch:
„Bärchen, steckst du etwa immer noch in deiner vollen Schulpampi?!“
Jakobs Windeln hatten viele Namen. Die Drynites nannte die Familie zur Unterscheidung von den Windeln, die das Nesthäkchen zu Kindergartenzeiten getragen hatte anfangs „Pipihose“ und später, als Jakob tatsächlich anfing, öfter aufs Klo zu gehen als sich in die Hosen zu pinkeln, „Sicherheitshose“.
Die Windeln, die er zur selben Zeit Nachts noch tragen musste, wurden zur Unterscheidung hingegen nur noch als„Pampers“, oder, je nachdem, wer von ihnen sprach „Pampi“ bezeichnet. Es gab Nachtpampers und Sicherheitshosen am Tag. Seit dem letzten Wochenende gab es in Jakobs persönlichem Windelvokabular wieder das Wort „Tagpampers“ und seit heute plötzlich ein Neues: „Schulpampers“.
Neunzig Minuten später, halb zehn im großen offenen Treppenhaus des Gymnasiums:
„Und?“, fragte Robin gespannt, als sie Nick zwischen den anderen Zehntklässlern auf dem Gang entdeckte. Vor wenigen Minuten hatte die Pausenklingel geläutet und nun waren die Gänge verstopft mit Schülern auf dem Weg zum Schulhof.
„Not great, not terrible“, antwortete Nick und verzog die Mundwinkel. Mit einer ruckartigen Bewegung der linken Schulter verschob er seinen lässig geschulterten Rucksack wieder auf seinen Rücken und nickte der neben ihr gehenden Franzi freundschaftlich zu.
Sie waren ja doch alle ihm selben Boot, mehr oder weniger. Musste auch Robin sich eingestehen.
„Lass erstmal Schulhof, oder?“, schlug Franzi vor.
Der großgewachsene Sechzehnjährige nickte und Robin sagte erstmal gar nichts.
Sie wollten die Aula grade durch die Türen in Richtung Schulhof verlassen, da begrüßte ein anderer Zehntklässler Nick. Robin kannte ihn von den Kleinfeldener Scheunenparties, Basti. Oder war der nicht in der Elften?
„Heee, Nick!“, grinste er und lud zu einem überschwänglichen Handschlag an den Nick erwiderte, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Robin wunderte sich, woher sich die beiden kannten. Wusste Nick, dass Basti …
„Na, wie geht’s meiner Lieblinsschwuchtel??“, lachte Basti im selben freundlichen Tonfall, doch Nicks Meine verfinsterte sich sofort. Er kniff die Augen zusammen und drehte sich nach rechts, offenkundig um den Ausgang auf der anderen Seite der Aula anzusteuern. Robin wurde klar, dass die beiden sich gar nicht kannten und Basti ihn nur durch seine vorgespielte Freundlichkeit verarscht hatte.
„Hm?“, bohrte Basti nach: „Hats dir die Sprache verschlagen?“
„Oh Gott“, flüsterte Robin schockiert zu Franzi. Neben Basti stand zusätzlich zu einem weiteren Kerl auch Alex, von dem Robin besonders enttäuscht war, immerhin waren David und er seit Kindergartentagen gute Freunde. Das war also Nicks Definition von ,Not Great, Not terrible‘ …
Als Basti realisierte, dass Nick ihm versuchte auszuweichen, ging er einen Schritt auf ihn zu und legte nach: „Jo du linke Zecke, sag schon … wie schmeckt der Cock vom Kerkwald ??“
Obwohl Robins Beschützerinstinkt schon immer sehr auf ihren kleinen Bruder ausgerichtet war und wenig auf den großen, starken David, überkam sie der Instinkt, ihre Hände zu Fäusten zu ballen. Oder Basti anzuschreien. Und Alex, natürlich. Für eine Sekundenbruchteil schäumte sie vor Wut.
Nick drehte sich langsam zu Basti um und in seinem erstaunten Gesicht konnte Robin ablesen, dass der blonde Teenager sich grade fragte, ob Basti das wirklich so gesagt hatte.
Hatte er.
„Bist du mächtig dran interessiert, hm?“, raunte Nick zurück. Der Rucksack auf seiner Schulter rutschte durch seine abrupte Bewegung herunter und wurde nur durch sein Handgelenk davon abgehalten, zu Boden zu Fallen. Robin meinte, ein Funkeln in seinen Augen zu sehen. Nick schob seinen Unterkiefer nach vorne und lies seine Tasche nun achtlos auf die Fliesen gleiten.
„Nick!“, rief Franziska angstvoll und machte einen halben Schritt nach vorne. Sie schien ihn zurückhalten zu wollen!
Doch durch Nick ging ein Ruck und er sah zu seiner Freundin hinüber. Franzi sagte gar nichts. Und Robin sah nur zu.
„Wichser“ nuschelte Nick, so wie es nur ein Norddeutscher konnte und drehte sich abermals um. Schleifte seinen Rucksack hinter sich bevor er ihn mit einem erneuten Ruck schulterte: „Kommt“, sagte er kalt und drückte die Hallentür so rabiat auf, dass sie trotz Rückstellmechanismus mit einem lauten Krach gegen die Fassade links des Ausgangs prallte.
„Fuuuck ey“, fluch-flüsterte Franzi mit entsetzten, großen Augen und offenem Mund.
„Scheiß Fascho“, raunte Nick und spuckte auf den Boden. Robin erkannte ihn für einen Moment nicht wieder.
„Fascho … was !?“, fragte Robin verwirrt, als sie Nick und Franzi nach draußen folgte. Sie war Fünfzehn, schmiss den Haushalt in manchen Wochen mehr als sonst jemand in ihrer Familie, war quasi Ersatzmutter für ihren kleinen Bruder, aber was Nick mit ,Fascho‘ meinte, das wusste sie nicht.
Nick sah verächtlich über seine Schulter in Richtung Schulgebäude und schien grade etwas sagen zu wollen, da wurden die drei verstörten Teenager ein weiteres Mal überrascht.
Aus Richtung Turnhalle kamen zwei kleine Jungen mit roten Köpfen und verschwitzten Haaren auf sie zugelaufen. Fenix schien das Ziel vorzugeben und rannte gradewegs auf sie zu und Jakob hinterher. Trotz der Kälte waren ihre Jacken geöffnet sodass sie im Wind flatterten und ihre im Verhältnis zur Körpergröße riesigen Schulranzen sprangen auf ihren Rücken hin- und her.
„Du hast noch mein Trinken!“, rief Fenix seinem großen Bruder in seiner hellen Jungenstimme zu, da war er noch einige Meter von den Dreien entfernt. Augenblicklich änderte sich die Stimmung in der Gruppe, es war, als hätte das Ankommen der beiden Kinder die vergangenen Minuten sowie die ganze Geschichte mit Dave und Nick ungeschehen gemacht. Zumindest taten sie alle unabgesprochen so.
Nick lächelte auf eine Art, die Robin so gar nicht von ihm kannte. Plötzlich wirkte er regelrecht nahbar! „Stimmt, Zwerg!“, schien er sich zu erinnern, und setzte seinen dunkelblauen, schäbigen Rucksack, der den ganzen Tag nichts außer einem stetigen Auf und Ab mitzumachen schien, ein weiteres Mal ab.
„Frucht-Tiger, boaaah!“, leuchteten Jakobs Augen, noch bevor Fenix besagte Plastikflasche in die Hand nehmen konnte: „Du hast eben was von meiner Schorle abbekommen, dann darf ich jetzt auch!“, befand er.
Voller Begeisterung griff Jakob nach der Flasche voll roter Zuckerflüssigkeit, kaum hatte Nick sie in seiner Tasche offenbart.
„Heeee“, rief Fenix prompt empört und versuchte, seinem Freund die Flasche wegzureißen: „Aber das ist meine! Ich darf trotzdem zuerst!“
Und für einen kurzen Moment wirkte es, als würden die Kleinfeldener Probleme nur aus zwei aufgedrehten Kindern bestehen, die sich nicht einigen konnten, wer zuerst von ihrer Limonade trinken durfte.
Robin sah, dass selbst Nick kurz aufatmete. Er hatte wieder sein Grinsen auf den Lippen. Kein Lächeln, sondern sein gewohnt-unnahbares an-mir-perlt-alles-ab-Grinsen
So lässig wie man nur sein konnte, wenn sich um einen herum zwei Zehnjährige lautstark stritten, gestikulierte er mit seiner rechten Hand und zwinkerte ihr zu. Er zeigte zuerst auf Robin, dann auf sich selbst und wackelte dann mit dem Handgelenk, so dass es wie eine Frage wirkte. ,Du oder Ich?‘, schien er zu fragen. Seine rechte Hand steckte wieder lässig in seine Hosentasche und irgendwann, Robin hatte keine Ahnung wann und mit welcher magischen, unsichtbaren Bewegung, hatte er seinen Rucksack wieder geschultert. Mit der Oberlippe blies er eine seiner dunkelblonden Haarsträhnen zur Seite.
Einen kurzen Moment sah Nick ihr erwartungsvoll in die Augen und wartete beinahe geduldig auf eine Reaktion ihrerseits auf seine nonverbale Frage, wer von den Beiden nun den jeweiligen kleinen Bruder zurückpfeifen und ermahnen sollte.
Robin hatte natürlich verstanden, was Nick von ihr wollte, doch war außerstande, ihm zu antworten. Er war süß, aufregend … aus tiefstem Herzen verfluchte sie ihn dafür, dass er schwul war.
Fenix hatte die Flasche grade wieder den Händen seines Freundes entrissen, da drehte sich Nick zu dem kleinen Jungen, der ihm nichtmal bis zur Brust ging, um, und entnahm die Flasche von oben mühelos seinen Händen.
„Eyyyy!“, protestierte der Zehnjährige lautstark und versuchte spielerisch, sich seinem großen Bruder zur Wehr zu setzen.
„Sei froh, dass ich dir das Zeug überhaupt besorge!“, lachte Nick, doch da kam Jakob seinem Freund bereits zur Hilfe. Aus Kontrahenten um den ersten Schluck aus der Fruchttiger-Flasche waren mit dem Eingreifen von Nick augenblicklich Kumpanen geworden.
Kaum geriet Nick auch nur in den Hauch einer Bedrängnis, warf er die rote Flasche weiter zu Robin die es trotz ihrer Überraschung schaffte, diese noch in der Luft zu fangen. Die beiden Jungen kicherten aufgeregt, Franzi johlte, ja sogar Nick.
Kaum hatten die beiden Kinder sie umzingelt, passte Robin die Flasche ohne Vorwarnung weiter zu Franzi.
„Maaaannoooo!“, meckerte Jakob und sah sie spielerisch-böse an während Fenix schon zu Franzi, die eillig ein paar Meter rückwärtsjoggte, lief.
„Da ist sooo viel Zucker drin, das ist gar nichts für Kinder!“, rief Franzi, ohne auf das Etikett zu sehen. Als würde das die beiden Jungen abhalten.
Fenix griff nach der Flasche.
„Außerdem gehört das bestimmt zu Nestlé!“, bekräftigte sie ihren Standpunkt, doch da riss ihr der blonde Junge die Flasche ganz ungeachtet ihrer Argumente schon aus den Händen. Eillig zog er die Kappe ab, die weiß-gott-wohin verschwand und saugte einen großen Schluck bevor Jakob angerannt kam und ihm die Flasche, nun ohne jegliche Gegenwehr, aus der Hand riss: „Lass mich auch mal!“, bettelte er.
„Maaaann Franz … das wäre so lustig geworden …“, zwinkerte Nick seiner Freundin zu: „Wir hätten die ganze Pause so weiter machen können!“
„Boaaah“, meckerte Jakob, während er seinen Saftmund an seinem Jackenärmel abwischte und stemmte seine Hände in die Hüften als wäre er sauer auf die Jugendlichen, was in Wahrheit aber eigentlich nur süß aussah, fand Robin. Die Gruppe, die sich eigentlich für eine ganz andere Diskussion auf dem Schulhof getroffen hatte und die infolge der Trinkflaschen-Werfaktion etwas auseinandergefasert war, rückte wieder zusammen.
Und die beiden Jungen dachten nicht daran zu gehen, nun da ihnen einmal die Aufmerksamkeit der Jugendlichen zuteilgeworden war. Als Jakob wieder bei ihr stand, schnappte sich die Fünfzehnjährige ihren Schützling kurz, griff unter seine Jacke und zog, das hatte sie schon machen wollen seitdem er am Pausenanfang zu ihnen gelaufen war, seinen grünen Pullover wieder glatt. Irgendwann, bestimmt beim Umziehen nach dem Sportunterricht musste sich der Saum von Jakobs Pulli verheddert haben, sodass er an seinem Rücken nicht bis zum Hosenbund reichte.
Erschrocken sah ihr Bruder sie an: „Hat …“, setzte er an.
„Keine Sorge, Bärchen“, säuselte Robin, während sie den Pulli in Position brachte: „Nur dein Unterhemd. Man hat nur dein Unterhemd gesehen.“
Robin war grade noch in die Interaktion mit ihrem kleinen Bruder vertieft, da riss Nick sie aus den Gedanken: „So Leute. Was ich eigentlich mit euch bereden wollte …“, leitete er ein: „Die künftige Frau Bürgermeisterin hat meinem Dad gestern eine SMS geschrieben“, erzählte er und machte eine ausschweifende Handbewegung. Robin schob Jakob beiseite und richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihren Kumpel. Franzi auch.
Nick zog sein iPhone aus seiner Hosentasche, entsperrte es mit einer Wischbewegung und las Evas Nachricht vor: „Hallo Robert. Super, jemanden wie dich in unserem Dorf zu haben. Wenn du willst, kann ich dich demnächst gerne einmal in das Dorfleben einführen. Schützenverein, Maigesellschaft, du weißt schon.“
Franzi kicherte.
Nick las weiter: „Aber das mit dem Windpark muss aufhören. Hat schon genug Wunden aufgerissen. Nach dem Abschluss der Branduntersuchung kann die Gemeinde einen Baustopp erwirken. Können wir uns morgen darüber unterhalten? Ich kann mir jederzeit Zeit für dich nehmen.“
Robin sah ihre Freunde verwundert an und brauchte einen Moment, um zu verarbeiten, was sie grade gehört hatte: „Also Mama will …?“, wollte sie Fragen
„Robin, deine Mutter will den Windpark genauso beerdigen wie der Knopp!“, fauchte Franzi wütend.
„Aber …“, Robin fühlte sich von Franzi in die Defensive gedrängt: „Sie … Sie … Sie hat doch gesagt, die Gemeinde, nicht sie selbst …“
„Rob … Deine Mutter ist dann die Gemeinde!“, stöhnte Franzi. Nick legte ihr eine Hand auf die Schulter und bremste sie.
„Hey, was Franzi sagen will …“, fasste er zusammen: „Wir wollen doch alle, dass diese Kampagne gegen den Windpark aufhört. Und bevor Eva da jetzt Fakten erzeugt und sich in Positionen begibt, aus denen sie nachher nicht mehr herauskommt, denken wir das … das wir sie überzeugen sollten, für den Windpark zu sein …“
Robin sah ihren neuen Freund skeptisch an und erkannte ihn nicht so recht wieder. War das derselbe Jugendliche, der vor ein paar Minuten noch mit Basti aufeinandergeprallt war?
Franzi wollte etwas sagen, aber Nick schnitt ihr das Wort ab: „Wir sind alle für den Windpark, oder?“, fragte er.
Robin nickte zögerlich. Eigentlich war ihr das schnurz-piep-egal.
Nick redete weiter als hätte er überhaupt nicht auf ihre Antwort gewartet: „Genau. Und ohne unsere Aktion wäre Eva auch gar nicht in der Position, das Thema zu Entscheiden. Ohne dich, Robin. Und ohne Jakob. Ohne die Überwachungsaufnahmen, die dein Bruder geklaut hat, wäre sie nie zur Kandidatin geworden. Was haben wir davon, dass wir das so mitmachen? Das Geheimnis mittragen?“
Robin schluckte und sah zu ihrem Bruder, der mit Nicks Bruder etwas entfernt unweit der Bäume stand. Fenix saß auf einer der Bänke und aß grade sein Pausenbrot während Jakob einfach so dastand und nachdenklich ins Nichts starrte. Während sie zu ihm rübersah, drückte Jakob leicht seine Oberschenkel auseinander und frohr plötzlich ein, scheinbar mitten in der Bewegung. Kein Zweifel: Er pieselte grade in seine Pampi – für Außenstehende war es kaum erkennbar, doch für Robin war Jakobs Körperhaltung absolut eindeutig. Vermutlich war er bis jetzt noch trocken gewesen und genau dafür waren seine Windeln schließlich …
„Robin?“, holte Nick sie aus ihrem Gedanken als würde er sie nach einem Tauchgang aus dem Wasser ziehen.
„Hm?“, fragte sie abwesend.
„Wir sollten deine Mutter davon überzeugen, sich für den Windpark einzusetzen. Als Gegenleistung dafür, dass wir sie zur Bürgermeisterkandidatin haben werden lassen.“
Mit einem Mal wurde Robin ihr Dilemma bewusst: Oh Gott. Wie sollte sie ihren Freunden erklären, dass sie ihren Verhandlungsspielraum schon dafür verbraucht hatte, dass ihr kleiner Bruder wieder Pampers tragen durfte anstatt ihn jetzt dafür zu nutzen, dass der Kleinfeldener Windpark doch noch Realität würde?
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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einfach nur super geschrieben, Vielen Dank
Immer wieder sehr sehr gerne! Und jetzt hoffe ich auf viele spannende Kommentare … 😀
Hast du schön gemacht freue mich schon auf den nächsten Teil
Immer eine große freude geschichten von dir zu lesen
Giaci kann es sein das Kapitel 22 etwas kürzer als alle bisherigen Kapitel ist?
Aber nun zum wichtigen.. nämlich deinem wunderschönen Kapitel!
Ich finde deine Dynamik die du so mühelos nieder schreibst sehr beeindruckend Giaci. Die Parteien sind hier auf den ersten Blick schwaz und weiß. Nick, der David auf eine so böse Art weh getan hat, Robin welche ihre Bedürfnisse über die von Jakob stellt, Jakob der es genießt wieder wie früher Pampis tragen zu dürfen, aber gleichzeitig auch wieder der große sein will. Und dann noch Eva welche vor einer großen Aufgabe steht.
Aber ich bin sicher das es nicht ganz so einfach ist!
Giaci ich verneige mich erneut vor deiner wunderbaren Art dieser Geschichte Leben einzuhauchen
Hey, vielen Dank mal wieder für deinen Kommentar! 😀
Schön, dass du die Dynamik so erkennst. Ich will wirklich, dass alle Figuren – zumindest alle wichtigeren Figuren soweit in ihrem Handeln vielschichtig bleiben. Alle denken mehr oder weniger sie wären die Guten, würden das richtige tun – und eigentlich tun sie es ja auch meistens. Trotzdem haben alle irgendwie ihre eigenen Interessen und Ziele. Robin ist ja eigentlich eine super liebe Schwester für ihren kleinen Bruder und kümmert sich super um ihn aber jetzt, wie du sagst, belügt sie ihn schon zum zweiten Mal. Echt gemein.
Und David ist, wenn man Jakob fragt, ein totales Arschloch! Aber trotzdem haben wir grade alle Mitleid mit ihm, oder? 🙂
Eine Anmerkung habe ich aber doch: Ich weiß nicht, ob du etwas falsch verstanden hast, Nick hat David auf jeden Fall nicht weh getan! Im Gegenteil, alle Anderen tun Dave grade weh. Ich glaube, was da vorgefallen ist muss ich nochmal genauer erklären in einem der nächsten Kapitel. Bisher war es ja nur Bestandteil der Nebenhandlung. 😀
Hallo giaci!
Bisher habe ich es so verstanden das Nick wohl etwas gemacht hat was wie schon Robin angemerkt hat, sein Leben zerstört hat.
,,Fuck Nick, du hast sein verdammtes Leben zerstört!“
Aber es kann auch sein dass das wohl nur eine Schnellreaktion von Nick war. Aber ja, Robin hat Jakob jetzt schon 2 mal belogen. Giaci kann es sein das dieser Vorfall, welcher damals im ersten Kapitel angesprochen wurde, mit Robin zu tun hat?
lg und hoffentlich bis bald
Wieder mal ein richtig guter Teil, bei dem der Teil, als Nick homophob beleidigt wird, heraussticht.
„Wichser“ nuschelte Nick, so wie es nur ein Norddeutscher konnte. <- Ich knie vor diesem Satz nieder 😉 .
Der Nachteil ist nur, dass es jetzt zu einigen krassen atmosphärischen Sprüngen kommt. Ich sehe, dass du das auch gemerkt hast und Sachen eingebaut hast, um das zu lindern, aber ganz weg ist es nicht. Bleibt aber trotzdem eine super Geschichte!
Hi Winger,
Vielen Dank für dein Lob, es bedeutet mir sehr viel! 😀
Mit dem Sprüngen hast du absolut recht. Da habe ich nach der Szene erstmal die Aktion mit der Trinkflasche eingebaut, bevor ich die Jugendlichen über den Windpark reden lassen habe. Würde ich nicht immer in Episoden schreiben und veröffentlichen hätte ich vermutlich nach der Szene in der Aula das Kapitel beendet, dann wäre der Sprung weniger auffällig gewesen. 😀 Aber das episodische Schreiben macht mir einfach mehr Spaß.