Finja und Liane (2)
Windelgeschichten.org präsentiert: Finja und Liane (2)
Finja verplappert sich
Dass die Schularbeiterin leider nicht alles, sondern nur die Hälfte identifizieren kann, reicht schon aus, um den Inhaber an die Seite nehmen zu können, wenn sie wüsste, wer das ist. Sie schließt den Text nach dieser fragwürdigen Übersetzung sicherheitshalber weg, um sich und den anonymen Inhaber zu schützen! Währenddessen behält Finja die „fast 36 jährige“ Arbeitskraft als sehr bodenständigen, hilfsbereiten und ehrlichen Menschen in Erinnerung. Sie hofft, dass ihr Geheimnis keine schlechten Folgen hat und geschützt aufbewahrt wird. Sich auf den Unterricht zu konzentrieren, fällt ihr schwer. Ihre Gedanken sind nur bei Liane und ihren echt langen Haaren, die sie zu einem festen Zopf bindet! Gerade in Mathe, wo ihre Note sowieso schon grenzwertig ist, muss sie öfters ermahnt werden, besser auf zu passen.
Liane ist hinter den Unterrichtskulissen völlig baff, nachdem sie dieses Blatt genauer unter die Lupe nahm und dafür sorgen muss, dass es kein Unbefugter sieht. Bevor sie es ansprechen kann, muss sie warten, bis sie die Mädchen durch das Abgeben sämtlicher Leih-Wäsche nochmal trifft. ,,Stopp! Wartet alle mal bitte kurz, ich habe bei euch noch was offen,“ hört Finja die Erwachsene alle nochmal zurück rufen, sobald sie gemeinsam mit den anderen wieder in den Unterricht will. Ihr wird langsam mulmig, da es um ihren Text gehen könnte. ,,Ich will niemanden bloßstellen, habe am Montag jedoch etwas sehr ernstes gefunden, was man lieber nicht jedem erzählt und überlege seit dem, wem dieser besagte Text gehört,“ fast Liane sich so kurz wie möglich. ,,Mein…ups!,“ verplappert Finja sich. ,,Oh, das war jetzt dämlich,“ schießt ihr durch den Kopf, während sie sich die Hand vor dem Mund hält. Aber es ist zu spät für die Achtklässlerin. ,,Alles klar! Die anderen 24 Mädchen können zurück in ihre Klassenräume. Du bleibst bitte noch in meiner Obhut,“ wird die Jugendliche mit rot/blonden, lockigen Haaren und leuchtend hellgrünen Augen von Liane rausgepickt.
,,Es hat geklingelt, ich verpasse Englisch,“ beschwert sie sich. ,,Das nützt alles nichts! Gerade wenn du Englisch hast, ist es besser, unter meiner Aufsicht zu bleiben, als wenn du nach dieser Aktion nur noch ausgelacht und angefeindet wirst,“ versucht Liane, ihr etliche Grausamkeiten anderer zu ersparen. ,,Wo genau finde ich denn deinen Klassenraum? Damit du nichts verpasst, möchte ich gerne deinen Lehrer kontaktieren und dir deine Schulaufgaben runterbringen,“ versucht die Schutz&-Fürsorgeperson sich zu erkundigen. ,,Meine Klassenstufe ist im Obergeschoss da, wo die 8 steht,“ wirkt Finja sichtlich nervös und ängstlich. ,,Ich bitte dich darum, brav hier zu bleiben und keine Angst, ich will dich mit diesem Umstand auf keinen Fall ärgern, sondern dich wirklich nur vor Bosheiten schützen,“ versucht Liane ihr in aller Ruhe die Sorgen zu nehmen.
Die verantwortungsbewusste Schulhelferin beeilt sich nach oben und klopft bei der 8. Klasse an. Sobald sie von den Schülern und dem Englischlehrer herein gerufen wird erklärt sie vorsichtig:,,Entschuldigung für die Unterbrechung! Falls Sie eine Schülerin vermissen, kann ich Sie beruhigen, dass ich sie an die Seite nehmen musste! Ich bräuchte einmal das Unterrichtsmaterial von ihr, damit sie ihre Aufgaben erledigen kann und nicht in Verzug gerät,“ begründet Liane die Störung. ,,Ja, die liegen dort auf Tisch 7,“ antwortet der Englischlehrer und lässt die neue Arbeitskraft alles von Finja zusammen packen und mit in den Schutzbereich nehmen. Gleich nach dem Liane mit dem Schulranzen zurück kommt, stürzt die Jugendliche sich auf das Wesentliche. Sie konzentriert sich darauf, mit einem Übersetzungsduden, Englisch-Gramathik-Büchern und Zeitschriften auf Englisch neue Wörter und Sätze zu lernen.
,,Nach der vorletzten Pause bist du bitte wieder bei mir! Es ist wichtig, zu spüren, warum in der heutigen Situation für dich der geschützte Rahmen besser ist als sonst,“ nähert Liane sich langsam der Erklärung. Finja wird zwischendurch von ihren gleichaltrigen Mitmenschen gefragt, warum sie nicht bei denen sein kann. ,,Mir passierte etwas Unnormales, mehr traue ich mich nicht, dazu zu sagen!,“ antwortet Finja, sobald sie sich von ihnen verabschiedet und mutterseelen allein zurück in die verkitschten Räume muss. ,,Ich wusste keinen fließenden Satz auf Englisch. Aber trotzdem bekommt selbst der unwissenste Mensch irgendwann alles raus, was wichtig ist. Ich konnte den halben Text identifizieren! Du willst wie eine Zweijährige behandelt werden, wünschst dir Babyspielzeug, ein Gitterbett, einen Wickeltisch, Kinderwagen, Schnuller, Nuckelflaschen und möchtest zurück in Windeln. Du machst wieder in die Hose… oder so ähnlich. Weiter wusste ich den Inhalt jetzt nicht!,“ zeigt Liane der Jugendlichen auf.
,,Solche Sätze sind deswegen sehr gefährlich, weil dieses Thema gesellschaftlich kaum bis gar nicht akzeptiert wird und wir schnell in Teufels Küche kommen, wenn das jemand Falsches erfährt. Die meisten Menschen reagieren auf eine Offenbarung so derart fies, dass wir nie wieder froh sind! Ich hoffe, dass du meinen Schutzinstinkt jetzt besser verstehen kannst, auch wenn es blöd ist, gerade mal nicht bei deinen Mitschülern sitzen zu können,“ begründet Liane ihre Vorsichtsmaßnahmen sehr ernst, bevor Finja weiter ihre Aufgaben fortsetzt. Während sie sich auf das Schulfach konzentriert, entwirft Liane in ihrer Büro-Ecke einen Text für eine schriftliche Einverständnis-Erklärung mit Unterschrifts-Optionen für einen Erziehungsberechtigten, Klassenlehrer und die Schülerin selbst.
Sobald der Text passt, unterbricht die Schutz&-Fürsorgeperson das Mädchen beim Lernen und verkündet ihr, dass sie etwas für sie erstellt hat. Finja versteht, dass sie sich das bitte gründlich durchlesen sollte und mit Unterschrift eines Elternteils, ihres Klassenlehrers so wie ihrer eigenen Bestätigung zurück bringen möge. Außerdem belehrt Liane ihr Gegenüber, dass dies jederzeit wieder eingestellt werden kann und die Erwachsene nichts ohne allseitiges Einverständnis vollziehen wird. Ihr ist eine Rückmeldung deshalb wichtig, falls dieser Wunsch bei dem Mädchen wirklich ernst sei. ,,Und wenn wir das einfach heimlich ausleben, da dies mein Körper ist und ich selber entscheiden will?,“ hinterfragt Finja die Regelung, ihre Eltern und den Klassenlehrer mit einzubeziehen.
,,So lange du noch nicht volljährig bist, bleibt es schwierig, so etwas mit jemand anderem ohne Rücksprache mit deinen Verantwortlichen aus zu leben, da dieses Thema viel zu sensibel ist und riesen Ärger auf uns zukommt. Hättest du jemand Gleichaltriges gefunden, wäre es gesetzlich viel einfacher, als wenn jemand unterhalb der Jahrtausendwende entstanden ist. Wir müssen uns an Regeln halten! Ohne jemanden zu involvieren, darf ich nicht nachhelfen, bis du 18 wirst! Es sei denn, deine Angehörigen und dein Klassenlehrer halten dich für reif genug, über deinen Körper samt deines Bedürfnisses selber zu bestimmen und erklären sich durch eine Unterschrifft ausdrücklich einverstanden,“ bleibt Liane bei ihrem Prinzip.
Finja liest sich die Erklärung durch und setzt schon mal ihre eigene Unterschrift. Anschließend verabschiedet sie sich zum Hauswirtschaftsunterricht und packt den Zettel in die Schultasche, bevor sie zu ihren Klassenkameraden in die Schulküche geht. Sobald die Schutzperson allein ist, reinigt sie alle Sitzmöbel und den Tisch. Es beschäftigt sie sehr, ob Finja den Segen ihrer Eltern und des Klassenlehrers bekommt. Nach Schulschluss fährt Finja mit dem Zettel zum Unterschreiben nach Hause und hofft sehr auf ein Einverständnis. Die Jugendliche hält es für unsagbar wichtig, herauszufinden, ob es was für sie wäre, sich wie zu fasst vergessenen Zeiten wieder als kleines Kind zu fühlen, oder ihr dies nach wenigen Minuten so lästig werden würde, dass sie diese Idee von allein verwirft.
Doch es dauert wie so oft schon, bis nach 21:00Uhr, eh sie den wichtigen Zettel mit der Überschrift „Fürsorge-Aufgaben nur mit allseitigem Einverständnis“ ihren Eltern zeigen kann. ,,Wir sind damit einverstanden, dass unser(e) Tochter bzw. Sohn ab dem Jugendeintritt über ihren bzw. seinen Körper samt der Bedürfnisse selber bestimmt. Wir halten die/den Jugendliche(n) für reif genug, dass sie bzw. er ganz genau, weiß, wie weit sie/er gehen will und was sie/er tut. Unterschrift: Eltern, Klassenlehrer, Schüler!“ Auch wenn Finja schon ihre Unterschrift gesetzt hat, zählt das allein noch lange nicht. Die Eltern und der Klassenlehrer könnten ihr in jedem Augenblick einen Strich durch die Rechnung machen und es verbieten!
,,Finja ist im Unterricht und bekommt nicht mit, dass Liane und ihre Eltern sich untereinander vorstellen und sich erstmal gekannt werden muss, bevor überhaupt irgendwas entschieden wird!“ Liane stellt höflich und sachlich ihre Arbeit vor, dass sie seit Montag, den 06.03. zur Schutz&-Fürsorgeperson dieser Schule ernannt wurde. Sie zeigt alle Räumlichkeiten, die sie gestalten durfte, inklusive Arbeitsvertrag und erklärt sogar, dass sie vor der Corona-Sperre in der nahegelegenen Disko am Dj-Pult unterwegs war. ,,Ach die Person sind Sie? Ihr Gesicht kommt uns doch ziemlich bekannt vor. Jetzt wissen wir es wieder!,“ ordnet Familie Morgenrot die Schularbeiterin ein. Nachdem alles Wichtige mit der neuen Schul-Arbeitskraft besprochen wurde, überreicht sie den anderen Erwachsenen Finja´s englisch beschriebene Blatt mit der Bitte, die Bedürfnisse der Jugendlichen vertraulich und behutsam zu behandeln.
,,Das ist ja unglaublich! Sie wirkt doch sonst immer so stolz auf jedes kleine Stückchen, was sie älter wird und wir ihr dann an Freiheiten einräumen,“ reagiert das Ehepaar ungläubig, nachdem der gesamte Inhalt unter die Lupe genommen wurde. ,,Ja, das merkt ihr ehrlich gesagt niemand an, aber sie hat es eben nun mal geäußert. Glücklicherweise ist sie in Englisch sehr geschickt, damit das wohl nicht jeder erkennt, sonst wäre sie sicherlich das Gespött unzähliger Mitmenschen. Selbst jemand wie ich, der mit Englisch gar nichts zu tun hat, konnte durch Recherchen immerhin den halben Text identifizieren. Auch das ist nicht ganz ungefährlich! Es braucht nur einmal in falsche Hände kommen, schon sind wir gesellschaftlich sowas von unten durch, dass wir nie wieder froh werden! Ich glaube auch nicht, dass sich in naher Zukunft am Ansehen unserer Zielgruppe etwas ändern wird. Aus diesem Grund nahm ich Finja gestern im Englisch-Unterricht in Obhut. Meine Arbeit samt dieser Extra-Räume ist nicht umsonst,“ rät Liane den Eltern der Inhaberin ausdrücklich zur Diskretion.
,,Sie arbeiten sehr ehrlich, gewissenhaft, geradeaus und diskret. Wir glauben, dass unsere Tochter genau weiß, was sie will und was nicht und bei Ihnen gut aufgehoben ist. Wir sind damit einverstanden, dass jemand ab dem Jugendeintritt selber entscheidet, mit wem er oder sie seine bzw. ihre Bedürfnisse teilt und den eigenen Körper anvertraut,“ teilen die Eheleute Morgenrot mit und setzen ihre Unterschrift so wie sehr großes Vertrauen in Liane Uhlbrecht, dass sie nicht einfach irgendwas gegen den Willen anderer vollzieht. ,,Ich danke Ihnen recht herzlich für Ihr Vertrauen. Ab welchem Zeitpunkt wird Ihre Tochter denn jugendlich?,“ will die Schularbeiterin sich absichern. ,,Das ist sie schon seit Juni letzten Jahres. Vorher erlauben wir sowas nicht!“ setzen die Eltern sie in Kenntnis. ,,Das ist für mich selbstverständlich,“ schließt Liane Uhlbrecht das Gespräch mit den Eheleuten ab und verabschiedet sich von denen.
Finja geht während der Pause in die Schutzräume, um die gute Nachtricht zu erhalten, dass sie dem Ausleben gerade eben einen Schritt näher kommt, indem sie das Einverständnis ihrer Eltern hat. Jetzt fehlt nur noch die Unterschrift ihres Klassenlehrers, bis Finja durch ist und so behandelt werden kann, wie sie es gerne möchte! Allerdings muss sie den Erwachsenen hoch und heilig versprechen, dass sie ganz genau aufpasst, wem sie ihre spezielle Seite anvertraut und wieviel davon. Dafür hat Liane jetzt extra eine Position eingenommen samt geschützter Räume, die nicht jeder betreten darf! Der Klassenlehrer begibt sich nach dem Gespräch zwischen Eltern und Schularbeiterin höchst persönlich während der 2. Pause in die mittleren Kellerräume und erklärt sich ebenfalls einverstanden. ,,Finja! Ich hoffe, dass du reif genug bist und dir die Tragweite bewusst wird, sich jemand anderem anzuvertrauen. Pass auf dich auf und mache das nirgends, wo du dir unsicher bist. Bleibe selbstbewusst, stelle ganz klar, was du möchtest und was nicht und bleib dabei!,“ ermahnt er die Schülerin, bevor er ihr grünes Licht gibt.
,,Nein, keine Angst! Ich ließ noch nie etwas Ungewolltes über mich ergehen. Das habe ich von meinen Angehörigen so gelernt. Mädchen sind für mich bislang immer in Ordnung gewesen. Bei einem Jungen hätte ich Zweifel! Liane ist ja zum Glück ein Mädchen,“ bleibt Finja selbstbewusst. ,,Das finde ich sehr gut,“ lobt der Klassenlehrer sie und vervollständigt das allseitige Einverständnis. ,,Herzlichen Glückwunsch, du hast es geschafft! Du darfst jetzt so sein und auch so behandelt werden, wie du möchtest. Wir können jederzeit loslegen, wenn du was brauchst!,“ gratuliert Liane ihrem ersten Schützling, dass die Jugendliche sich durchgesetzt hat. ,,Danke sehr, ich freue mich so, möchte dich vorher aber gerne noch ein bisschen besser kennen. Du bist ja heute erst den 5. Tag da,“ erwidert Finja ihr zurück. ,,Das finde ich völlig in Ordnung und würde es genauso machen!,“ zeigt Liane Verständnis.
Autor: Aufzugstinker (eingesandt via E-Mail)
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Ich finde es nicht so schlimm das Deine Geschichte geteilt wurde. Tut dem Inhalt keinen Abbruch. Fallts es möglich ist, baue ein paar Absätze ein, die hervorheben wer gerade was sagt. In dem Teil ist das alles in einander über gegangen und ich kahm beim lesen etwas aus demKonzept. Freu mich auf den nächsten Abschnitt!