Die Geheimnisse der Kerkwald Geschwister (24)
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Kapitel 24: Viel Wind um Wind(eln)
Um 15 Uhr auf den Feldern vor Kleinfeldern
„Ihr habt es schon irgendwie schön hier …“, sagte ihr der Mann mit den ergrauten blonden Haaren und dem Dreitagebart, während er den Reisverschluss seiner wetterfesten Outdoorjacke zuzog.
„Ach Robert … lüg doch nicht!“, erwiderte Eva überzeugt, während sie über den Feldweg in Richtung der Windparkbaustelle gingen. Sie war grade in Richtung des schicken Neubauhauses des Enercon-Projektleiters der seit kurzem im Kleinfeldener Neubaugebiet wohnte gegangen, da hatte dieser sie angerufen und das Treffen – trotz des herannahenden Sturmes – nach draußen verlegt.
„Ich meine das durchaus ernst“, erwiderte der Mann: „Ich bin doch nicht wegen dem Windpark hergezogen! So viel commitment fordert mein Arbeitgeber nun wirklich nicht von mir! Weißt du … Hier bei euch auf dem Dorf, da …“, er stockte und suchte nach den richtigen Worten: „ … Kleinfeldern ist ein Dorf, selbst eure Kreisstadt ist eigentlich ein Dorf. Bis man mal in einer Stadt ist in der es eine Fußgängerzone gibt, eine Universität oder einen ICE-Bahnhof, da fährt man zwei Stunden. Ja, man kann schon sagen, dass Dörfer wie Kleinfeldern abgehängt sind vom Fortschritt. Vielleicht ist es genau das, was ich so an diesem Dorf mochte. Vor einem Jahr, als ich zum ersten Mal hier langgefahren bin, habe ich gedacht: Hier ist das Land noch so wie ich es von früher kenne. So wie ich aufgewachsen bin. Ich habe mir gedacht, so sollen auch meine Söhne aufwachsen!“
Eva rümpfte verächtlich die Nase: „Schönes Freilichtmuseum sind wir, hm? Ich wollte immer weg von hier, schon als Kind …“
„Warum bist du dann noch da?“, forderte Robert sie heraus.
Für Eva war es ein unwirkliches Gespräch. Die meisten Leute aus dem Dorf kannte sie, seit sie ein Kind war, spätestens seit ihrer Jugend. Die wenigen Zugezogenen meist auch schon ein Jahrzehnt. Robert hatte sie vor einer Viertelstunde das erste Mal getroffen und obwohl sie eigentlich mit ihm über – wie nannte man das nun – geschäftliches, vielmehr politisches, hatte sprechen wollen, waren die Gespräche schnell in eine persönliche, private Richtung abgedriftet. Robert hatte sie mit einer bemerkenswerten Offenheit empfangen und sie konnte nicht anders, als diese widerzuspiegeln. Sie hatten sich verabredet um über die Zukunft des Windparks zu sprechen. Damit sie aus seiner Hand erfahren konnte, was die realistischsten Optionen waren, was den Weiterbau beziehungsweise Stopp des Projektes anging. Natürlich wusste Eva, dass er bei weitem nicht die beste Informationsquelle war, immerhin war er als Projektleiter bei Enecron selbstverständlich außerordentlich parteiisch bei jenem Thema, aber was blieb ihr anderes übrig? Ansonsten könnte sie nur Herrn Knopp oder die anderen alten Hitzköpfe aus dem Gemeinderat fragen. Da war sie lieber zu Robert Herbrandt gegangen und hatte mit dieser Idee offenbar goldrichtig gelegen.
Warum war sie noch hier? Eva haderte mit sich und suchte nach einer guten Antwort: „Wegen meiner Familie?“, fragte sie, auch wenn eine Frage an dieser Stelle keinen Sinn ergab. Robert könnte ihr das jedenfalls nicht beantworten.
Der hochgewachsene, schlanke Mann Anfang Fünfzig duckte sich unter dem weiß-roten Absperrband am Rande der Baustelle hindurch und hielt es nach oben, sodass Eva darunter hindurchlaufen konnte. Der nicht abgebrannte Teil der Baumaterialien war mit einer großen weißen Plane bedeckt, die durch die Sturmböen laut flatterte, sodass Robert etwas lauter sprechen musste, damit Eva ihn noch verstehen konnte: „Die Polizei hat die Brandstelle bereits wieder freigegeben, auch wenn deren Ermittlungen noch andauern. Wir erhoffen uns aber wenig davon“, wechselte Robert das Thema, während er auf die verkohlten Reste zeigte: „Das hat vor allem Schlagzeilen gegeben, die bei uns hochgekocht sind und das Projekt noch einmal priorisiert haben, auch bei euch im Landesministerium. Sowohl in Hannover als auch in Magdeburg ging es um den Vorfall und nun darum, das Projekt fortzuführen. Mehr noch, wenn es bei euch nichts wird führen wir das Projekt zwei Kilometer weiter nördlich in Sachsen-Anhalt fort.“
Eva war sich unsicher, ob das, was Robert ihr grade eröffnete so stimmte, oder ob er nicht ein paar Details auslies. Doch eine bessere Informationsquelle hatte sie zur Zeit nicht: „Ist ja jetzt nicht mehr ,bei euch‘, sondern ,bei Uns‘!“, merkte sie an: „Das Angebot mit dem Platz im Gemeinderat steht noch, ich würde mich sehr freuen. Außerdem wohnst du doch jetzt auch hier!“
Robert räusperte sich und drehte sich wieder zu Eva hin, nachdem er eine Weile lang die Baustellenreste begutachtet hatte: „Was ich nur meine … ihr solltet als Gemeinde versuchen, von dem Windpark zu profitieren. Ich mein ich verstehe ja sogar, dass ihr dagegen seid, weil ihr eben keine Veränderung kennt …“, er brach den Satz ab, doch war bei dem Thema erkennbar emotional geworden: „Meine Güte, Eva! Alleine die Gewerbesteuereinnahmen!“
Eva notierte sich gedanklich, dem Thema ,Gewerbesteuereinnahmen‘ in Puncto Windpark auf den Grund zu gehen. Wie jeder im Dorf wusste sie, dass der Schlachthof zur Zeit der größte Gewerbesteuerzahler war. Der Windpark würde tonnenweise Strom produzieren, Aber kam das Kleinfeldern Zugute oder der Stadt, in der der Energiekonzern seinen Hauptsitz hatte?
Evas Nicken deutete Robert als Zustimmung und schlug versöhnlichere Töne an: „Aber du hast ja Recht. Es ist auch unser Kleinfeldern, wenn man so will. Meine Jungs haben hier sogar schon Freunde gefunden. Mein jüngster, Fenix, versteht sich super mit deinem Jakob.“
Zu zweit gingen sie auf den bereits im Boden verankerten Windradrumpf zu, ein fünfzehn Meter hohes Stahlkonstrukt, dass in der Erde steckte wie ein abgeschnittener Baumstumpf. Eva lächelte, als Robert ihren jüngsten Sohn erwähnte: „Ach, ja … das ist auch für Jakob toll, endlich hat er einen Freund in seiner Klasse.“
Robert schloss die Einstiegsluke auf und sagte beiläufig: „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht für ihn ist, grade wegen der Sache mit seinen Windeln …“
Eva war froh, dass Robert vor ihr in durch die Luke stieg und nicht sehen konnte, wie sie in jenem Moment überrascht erstarrte und postwendend errötete: „Ähäm ja, das … das ist ein Dauerthema bei Jakob, dass er nicht …“, setzte sie unangenehm berührt an, sich zu erklären. Warum in Gottes Namen musste Robert ausgerechnet dieses Thema ansprechen? Sie folgte ihm durch die Einstiegsluke in das Innere des Windrates, wo es schlagartig windstill wurde und viel dunkler als draußen war. Aus dem Loch am oberen Ende des unfertigen Windradstumpfes schien Tageslicht wie aus einem großer Scheinwerfer auf sie herab und Roberts Stimme hallte von allen Seiten metallisch: „Sorry, das wa das erste, was Fenix mir von seinem neuen Freund erzählt hat … Du, keine Sorge. Ich weiß genau wie man sich da als Elternteil fühlt. Nach dem Tod seiner Mutter hat Fenix auch angefangen, wieder ins Bett zu machen. Es wurde so schlimm, dass ich ihm Windeln gekauft habe, weil er sonst keine Nacht mehr durchschlief. Mein zehnjähriger Sohn, wieder in Windeln. Ich habe mich gefühlt, als hätte ich als Vater versagt!“
Eva schluckte während Robert die stählerne Leiter im inneren des Windratstumpfes hochkletterte ohne in ihre Richtung zu schauen. Ein Bedrohliches Knarzen und Knacken hallte durch das innere des stählernen Monstrums, doch Robert zögerte nicht nach der nächsten dünnen Sprosse zu greifen.
„Ja …“, antwortete Eva etwas lauter, damit Robert sie noch verstehen konnte. Natürlich war es auch ihre Schuld. Damals war so viel los gewesen mit ihren Eltern und dem Schlachthof, dass ihr erst bei Jakobs Einschulung wieder bewusst geworden war, dass sie völlig vergessen hatte, sich um das Töpfchentraining ihres jüngsten Sohnes zu kümmern. Die Routine hatte sehr gut funktioniert: Wie Milch oder Brot hatten Pampers fest auf jedem Einkaufszettel gestanden und gewickelt wurde der Sechsjährige entweder von seiner elfjährigen Schwester oder vom Kindergarten, der sich zwar mit reichlich Druck dazu bereit erklärt hatte, das Windelkind aufzunehmen aber infolgedessen auch keinerlei Ambitionen im Bereich Sauberkeitserziehung gezeigt hatte. Auch sie hatte ihn nie wenigstens auch nur einmal gefragt, ob er mal aufs Klo gehen wöllte.
Auch jetzt war Jakob wieder so weit davon entfernt keine Windeln mehr zu brauchen wie seit Jahren nicht mehr. Und auch das musste wohl ihre Schuld sein?
„Da steckt man nicht drin …“, lavierte Robert bemüht um Auflockerung. Gleichzeitig legte er oben auf der Kanzel einen großen Hebel um und die Entlüftungsanlage sprang mit einem lauten Summen an: „Aber kaum sind wir umgezogen: Weg! Seit zwei Wochen ist mein Jüngster das Problem plötzlich wieder los. Ich sags ja, der Umzug hat ihm gutgetan!“
Robert kletterte die Leiter wieder herab während er weiterredete: „Aber weißt du, Nick, meinen Großen, den hab ich in dem Alter das erste Mal von der Polizei abholen müssen. Da wären mir Windeln allemal lieber gewesen.“
Eva warf Robert einen überraschten Blick zu.
„Das ist schon ein verrücktes Alter, mein Kleiner ist noch mit Zehn noch ganz ein Kind während Nick damals alles gegeben hat um so zu tun als würde er mich gar nicht kennen, als wäre er längst erwachsen“, befand Robert nachdenklich, nachdem er wieder auf dem Boden angekommen war und deutete in Richtung der Ausstiegsluke: „So, hier sind wir fertig“, wechselte er das Thema und warf die Luke zu: „Entschuldige den kleinen Ausflug, aber das musste ich noch schnell erledigen. Ja …“, er sah kurz suchend in die Ferne und stockte. Dann brach er seinen Satz ab und begann einen neuen: „Sagmal Eva … wo trefft ihr euch im Dorf eigentlich, wenn ihr euch unterhalten wollt? Gibt es hier ein Café, oder …“
Eva grinste den Großstädter amüsiert an: „Also das Wirtshaus hat nur Dienstags und am Wochenende auf. Hier trifft man sich vorm Hof oder Zuhause, verstehst du?“
Robert verschloss seine Jacke, während sie zu zweit den Feldweg in Richtung Dorf entlanggingen: „Ja irgendwo müssen wir uns doch noch über den Gemeinderat unterhalten …“, verteidigte er sich.
„Robert, das war eine Einladung!“, machte Eva klar: „Komm doch einfach zu uns mit, falls deine Jungs nicht auf dich warten. Ich muss eh noch kochen.“
Nick und Fenix schienen nicht auf ihren Vater zu warten, jedenfalls folgte Robert der zukünftigen Bürgermeisterin zu ihrem kleinen und bescheidenen, alten Haus. Robert hatte angedeutet, dass seine Frau, die gleichzeitig die Mutter zweier zehn und sechzehnjähriger Kinder gewesen sein musste, vor kurzem gestorben war und Eva fragte sich, ob er deswegen aus Hamburg weggezogen war. Mit einem Mal sah sie in Robert keinen politischen Gegner mehr, sondern empfand nicht mehr nur Sympathie, sondern auch Mitgefühl für ihn.
Ein paar der Sehenswürdigkeiten des Ortes streiften sie auf ihrem Weg, wie den Weiler, den Schlachthof und die Mehrzweckhalle. Erst jetzt wurde Eva bewusst, dass ihr Robert bereits bei der Veranstaltung zur Bürgerbeteiligung des Windparks vor ein paar Tagen aufgefallen war, wo er so souverän mit dem Staatsminister umgegangen war. Ob die beiden sich kannten?
Zuhause angekommen öffnete ihnen ein überraschter Jakob die Türe. Gespannt musste er die Treppe heruntergerannt sein, doch stand, kaum erblickte er den fremden Mann neben ihr, nervös hinter der Türe und überkreuzte zappelnd seine Beine. Kaum waren die Beiden eingetreten, stellte Jakob sich auf die Zehenspitzen und flüsterte zu ihr: „Mama, wer ist das?“
Der Junge schien plötzlich ganz unsicher. Eva tätschelte seinen Kopf und streichelte mit ihrer Hand beruhigend durch sein dichtes schwarzes Haar bevor sie ihm antwortete: „Das ist Robert Herbrandt, der Vater von Fenix!“, erklärte sie dem Jungen.
Das Misstrauen in Jakobs Gesichtszügen wechselte sofort zu dem für ihn typischen aufgeschlossenen Lächeln: „Oah cool! Wollt ihr mitessen? David und ich machen Kroketten!“, verkündete er stolz und drehte sich direkt wieder in Richtung Küche um. „Siehst du, so funktioniert das hier bei uns auf dem Dorf …“, wollte Eva sagen, da fiel ihr ihr Sohn ins Auge. An seinem Rücken hatte sich sein grüner Schlabberpullover verheddert und darunter lugte eine Windel auffällig aus seiner Hose herraus. Ein weißgrüner Ring schaute oberhalb der Jeans hervor, bedruckt in bunten Farben und an den Enden schon etwas ausgefranst vom langen Tragen. Er trug offenbar wieder eine Pampers statt seiner Sicherheitsdrynites. Seine Jeans reichte nur noch zu zwei Dritteln über den sehr deutlich konturierten Windelpo und schien von der dicken Pampers nach unten gedrückt zu werden! Peinlich berührt sah Eva zu ihrem Gast und musste entsetzt feststellen, dass dieser grade ebenfalls überrascht zu dem Zehnjährigen herübersah. Sie schämte sich für ihren Sohn.
Schnell ging sie zwei Schritte nach vorne, um ihn einzuholen und zog seinen Pullover wieder glatt. Rasch und unauffällig klopfte sie gegen seinen Popo und spürte, wie ihre Hand im prallen, schwammartigen Windelfließ unter seiner Hose einsank.
„Jaki, du bist ja pitschnass!“, tadelte sie empört und lauter als sie eigentlich wollte.
Jakob zuckte nur gleichgültig mit den Schultern und versuchte, sich von seiner Mutter loszureißen.
„Geh mal fix hoch, dich frischmachen“, wies sie ihn an.
„Moaaaaah“, grummelte Jakob genervt, doch mit einem Klapps auf seinen Rücken machte Eva deutlich, dass sie an diesem Punkt nicht mehr mit sich reden lies. Flink lief er zum Flur hinaus, als sie ihm noch hinterherrief: „Zieh dir doch mal wieder eine von deinen Sicherheitshosen an!“
Als er das hörte, drehte er sich wieder zu ihr um. Erst jetzt erkannte Eva, dass auch in seinem Schritt eine breite, kleinkindhafte Windelbeule von innen gegen seine Jeans drückte. Verdammt, jeder konnte sehen, dass ihr Zehnjähriger die Hosen gestrichen voll hatte! Besagter Zehnjährige verschränkte bockig die Arme: „Die hast du mir doch weggenommen!“, beschwerte er sich.
Eva lachte peinlich berührt und machte mit der rechten Hand eine Wischbewegung, als könnte sie ihren Sohn so zum Weggehen oder wenigstens Schweigen bringen. Das war ihr nun wirklich unangenehm: „Ich hab Robin doch gestern schon gesagt, dass du die Dinger wiederhaben kannst!“, stellte sie genervt klar: „Vor dem Abendessen, du weißt schon …“, fügte sie an, so als müsste sich Jakob mit dieser zusätzlichen Information schon daran erinnern.
„Hast du?“, fragte Jakob überrascht. Scheinbar hatte ihre Tochter vergessen, ihm Bescheid zu geben. Mit großen Augen sah Jakob sie an. Erstaunt, beinahe ein bisschen erschüttert. Eva wunderte sich, dass es ihn so sehr überraschte, dass sie am Ende doch nachgegeben hatte.
„Ja. Ihr habt doch gewonnen, was das angeht, das weißt du doch“, erklärte sie kurz angebunden, woraufhin sich Jakob tatsächlich in Bewegung setzte. „Sind im Schlafzimmer im Schrank, nimm sie dir ruhig“, rief sie ihrem Sohn erleichtert hinterher, als dieser endlich in den Flur verschwunden war, bevor sie sich wieder erleichtert Herrn Herbrandt zuwandte und mit einem erzwungenen Lacher versuchte, die Situation besser aussehen zu lassen als sie nunmal war.
Kurz vor 16 Uhr im Haus der Familie Kerkwald
Auf ihrem Kopfhörerstöpsel pfiff FloRida mit „Whistle“ und gut gelaunt pfiff Robin mit, während sie die Treppenstufen hochstieg. Aus der Küche roch es appetitlich nach, sie hatte sich bereits erkundigt, Kroketten mit Gulasch aus der Dose, was – das hatte sie überrascht – eine Idee von David und Jakob gewesen war. Erstens, weil sie Dave heute nicht unbedingt in der Küche erwartet hatte – eigentlich hatte sie ihn nirgendwo erwartet. Und dass er mit seinem kleinen Bruder etwas anderes als streiten tat, das erwartete sie noch viel weniger. Doch die Szene, die sich ihr eben eröffnet hatte, als sie endlich zu Hause angekommen war und als erstes die Küche betreten hatte, war auch ansonsten nicht grade gewöhnlich gewesen. Am Esstisch hatten ihre Mutter und Nicks Vater gesessen während ein paar Meter weiter Dave in grauer Jogginghose und ausgeleiertem Tshirt am Herd stand und Gulasch in einem Topf umrührte. Ob Dave überhaupt wusste, dass das Nicks Vater war, der da grade auf ihrer Eckbank saß?
Freudig überrascht, sich heute nicht um das Essen kümmern zu müssen war Robin noch im Türrahmen stehend umgekehrt bevor sie irgendjemand bemerken und zu irgendetwas verpflichten konnte. Schnell schrieb sie Franzi eine SMS bezüglich des unerwarteten Hausgastes, bevor sie die Türklinke zum Zimmer ihres kleinen Bruders herunterdrückte und den warmen, von der tiefstehenden Sonne in ein oranges Licht getauchten Raum betrat. Unbekümmert und in sein Spiel versunken kniete er auf seinem Spielzeugteppich während im Hintergrund eine Fünf Freunde Kassette lief deren Inhalt der Zehnjährige mittlerweile eigentlich auswendig können müsste.
Daher machte sich Robin auch keine Mühe, die Kassettenspieler erst einmal zu pausieren, bevor sie den kleinen Jungen ansprach: „Na du?“, fragte sie liebevoll während sie mit einer Hand durch seine dunklen Haare kraulte.
„Hii, auch endlich Schule aus?“, lächelte Jakob fröhlich zurück.
„Ehrlich Brudi, acht Stunden sind scheiße, glaub mir!“, beschwerte sie sich etwas übertrieben, während sie sich neben ihren kleinen Bruder kniete. Selbst jetzt war sie noch nicht auf Augenhöhe mit ihm, aber konnte ihm wenigstens richtig ins Gesicht schauen.
„Und bei dir so?“, fragte sie.
Jakob zog einen Schmollmund: „Nicht so gut …“, gab er zu.
„Ohhhh, was‘ denn los?“, lächelte Robin ihren kleinen Bruder aufmunternd an
„Egaal …“, antwortete er.
Robin kannte ihren kleinen Bruder gut genug, um an dieser Stelle lieber das Thema zu wechseln: „Und, was baust du schönes?“
Jakob zuckte mit den Schultern: „Gar nix so richtig. Mama hat mich hochgeschickt damit ich mir ne frische Windel anziehe …“
Schon als sie eben das Zimmer betreten hatte, waren ihr die ausgefransten weißen Bündchen seiner Pampers aufgefallen, die hinten aus Jakobs Hosenbund herausschauten. Sie war sich ziemlich sicher, dass er noch die Windel von heute Morgen anhatte.
„Aber …?“, fragte sie.
„Ich hab lieber auf dich gewartet“, grinste Jakob.
Da konnte Robin nicht anders, als verlegen zu kichern: „Bärchen, steckst du etwa immer noch in deiner vollen Schulpampi?!“, tadelte sie ihren Bruder gespielt empört.
Jakob verteidigte sich kichernd und hielt seine Hände vor die Pampersbeule in seinem Schritt: „Ja und? Bis jetzt hat sich niemand beschwert!“
„Auch Mama nicht?“, fragte Robin mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Pfff“, kicherte Jakob immer noch: „Doooch … Schon. Aber sonst keiner, ehrlich!“
„Dave?“, legte sie nach.
„Der zählt nicht!“
Sie verdrehte amüsiert die Augen und beide lachten einen Moment miteinander. „Hats denn gut funktioniert mit den Pampis in der Schule?“, fragte sie, als sich beide wieder etwas beruhigt hatten.
Anstatt einer Antwort stand Jakob auf und lupfte seinen Pullover, sodass die riesige Auswölbung, die seine Pampers zwischen seinen Beinen verursachte, sichtbar wurde: „Guck mal, wie nass ich jetzt bin!“, prahlte er während er mit der Hand die pralle Windelbeule zusammenquetschte. Robin hörte ein leises Schmatzgeräusch. Jaki war so süß, wie er die Hosen voll hatte wie ein Kleinkind und auch noch gradezu stolz darauf war!
„Hätte ich Drynites, ich hätte gleich zwei von denen durchgestrullert, so viel ist heute in die Hose gegangen!“, setze Jakob albern einen drauf. Und füge dann noch staunend ein gerauntes: „Ehrlich!“ hinzu.
Bei so viel Ehrlichkeit musste Robin schmunzeln. Gleichzeitig viel ihr ein Stein vom Herzen: In der Schule hatte niemand die Pampers ihres fast elfjährigen Bruders bemerkt. Die Pampers, die er im Grunde genommen nur trug, weil sie ihn belogen hatte und so getan hatte, als hätte seine Mutter ihm die unauffälligen aber ebenso wenig saugfähigen Drynites weiterhin verboten. Aber: Nach einem Schultag in Pampers schien auch Jakob zu der Erkenntnis gelangt zu sein, dass die Pampers in der Schule eine super Idee waren. Aufmunternd klopfte Robin dem kleinen Jungen auf seinen klitschnassen, dicken Windelpo: „Aber dann wollen wir dich jetzt mal langsam frisch machen, oder was meinst du, Bärchen?“
Bärchen schüttelte mit dem Kopf und presste die Lippen aufeinander um nicht schon wieder zu kichern.
Mit etwas mehr Nachdruck klapste sie ihm erneut auf den Pamperspopo: „Hopp! Sonst kriegst du vor dem Essen unter Garantie wieder Ärger von Mama!“
„Moaaaah“, rollte Jakob mit den Augen, doch kniete sich auf seinen Spielteppich, schob genug Legosteine beiseite, dass er sich auf den Rücken legen konnte und schien darauf zu warten, dass sie den Rest der Arbeit übernahm. Routiniert öffnete Robin den deutlich unter Spannung stehenden Knopf seiner dunkelblauen Jeanshose bevor sie mit etwas Gegendruck den Reisverschluss öffnen musste. Eine durch und durch aufgedunsene und gelblich angelaufene Pampers kam zum Vorschein. Wie konnte nur irgendwer auf die Idee kommen und diesen Jungen in dünne Trainingswindeln stecken?
„Hui, war wirklich gut mit der Pampi …“, sagte sie leise, während sie Jakobs Hose bis zu seinen Schienbeinen herunterzog
„Mhm“, summte Jakob eine einsilbige Antwort und schien ein bisschen ungeduldig zu sein. Natürlich, es war mitten am Tag, er wollte sicherlich lieber spielen als für einen Windelwechsel stillliegen – das kannte sie schon zur Genüge von früher.
„Ich mach ja schon!“, signalisierte Robin, stand aus der Hocke auf und öffnete Jakobs Windelschublade. Ein unerwarteter Anblick erwischte sie unvorbereitet!
Nachdem Jakob nun wieder so unbekümmert in seine Hosen strullerte wie zuletzt zu Kindergartenzeiten war die Schublade in den letzten Tagen immer leerer geworden nachdem eine Pampers nach der nächsten vollgepinkelt in seinem Windelmülleimer gelandet war. Das hatte sie erwartet. Völlig aus dem Nichts lag nun aber ein Duzend hellblauer Drynites in seiner Schublade. Mit militärisch angehauchtem Tarnmuster oder mit aufgedruckten Skateboards und E-Gittarren. Verdammt, die musste wohl ihre Mutter wieder in die Schublade einsortiert haben! Hoffentlich hatte Jakob sie noch nicht entdeckt.
Eilig nahm Robin eine ordentliche Pampers die Cremedose und eine Feuchttuchpackung aus der Schublade und schob sie ein bisschen stärker als sonst zu bevor sie sich in einer fließenden Bewegung wieder vor ihren kleinen Bruder kniete.
Sie wollte grade die Klebestreifen seiner klitschnassen Pampers öffnen, da hob Jakob seinen Kopf: „Eigentlich würde ich auch mal gerne wieder versuchen aufs Klo zu gehen … doof das Mama mir die Drynites weggenommen hat.“
„Hmmm … ja … Ich fürchte, da musst du jetzt erst einmal durch … Ich mein, dafür sind die Pampis eben besser, wenn du mal wieder NICHT aufs Klo gehst …“, antwortete sie in dem beruhigenden Tonfall, den sie so gut beherrschte.
Plötzlich machte Jakob einen unerwarteten Ruck und richtete seinen Oberkörper auf. Seine Miene hatte sich verdunkelt und er war sichtlich aufgeregt: „Robin, warum lügst du?“
„Bärch… was?“
„In meiner Schublade liegen 10 Drynites oder so, wir könnten doch eine davon nehmen.“
Ertappt blickte sie in Jakobs dunkelbraune Augen. Sie nickte stumm und stand auf um eine der viel zu dünnen Hochziehwindeln aus der Schublade zu nehmen.
„Glaubst du, die hat Mama da reingelegt?“
Robin drehte sich mitsamt Drynites in der Hand wieder zu ihrem Bruder und runzelte die Stirn. Das war keine clevere Frage … nicht, dass …
„Das ist doch voll sinnlos, dass sie das jetzt macht nachdem ich schon mit Pampers in der Schule war!“
Robin nickte eilig.
„Man!“, ärgerte sich Jakob und stand auf. Er stemmte seine Hände in die Hüften während seine schwere Pampers zwischen seinen Beinen hin und her wackelte. An seinen Knöcheln hing immer noch die Jeanshose: „Man, du hast schon wieder gelogen!“
Jakob war aufgebracht. Ihr kleiner Bruder war regelrecht wütend auf sie: „Mama hat mir erzählt, dass sie dir schon gestern gesagt hat, dass ich wieder Drynites haben darf! Und du … du … hast einfach gelogen! Wegen dir bin ich heute in ner Pampers zur Schule gegangen! Warum lügst du? Schon wieder?
Jakob schlug nach ihr.
Instinktiv wich sie aus. Jakob schlug noch mal, doch Robin wich nicht mehr aus.
„Ich … ich …“ schluchzte die Fünfzehnjährige.
Jakob schlug noch einmal in die Luft, doch dann schien ihm der Ärger auszugehen. Er umarmte seine große Schwester und schrie, von ihrer Brust gedämpft: „Raaaah“
Robin atmete tief durch und glitt auf den Boden. Keiner der beiden Geschwister löste die Umarmung, sodass Jakob nun seitlich auf Robins Schoß saß. Mit den Füßen verhedderte er sich in der heruntergelassenen Hose, sodass Robin ihn festhalten musste, damit er nicht umfiel.
„Es tut mir leid, Bärchen. Gestern … als ich mit Mama verhandelt habe wegen deiner Windeln, damit du keinen Ärger mehr bekommst, da hat sie mir auch gesagt, dass du deine Pipihosen … Drynites wieder haben darfst. Aber als du mich gefragt hast, da habe ich dich angelogen … weil … weil …“
Jakob sah nicht zu ihr, sondern mit einem stummen, nachdenklichen Blick zum gegenüberliegenden Fenster hinaus wo auf der Koppel hinter den Weidezäunen neben einem halbfertigen Windrad grade die Sonne im Feld versank.
„Warum lügst du mich an, damit ich Pampers in der Schule trage?“, fragte Jakob ganz leise, beinahe flüsternd.
„Jaki, weißt du, wie traurig du immer geschaut hast, wenn du in deine Drynites gepullert hast? Wenn dir ein kleiner Unfall passiert ist? Wenn du Pampis trägst, bist du nie so traurig! “
Ihr kleiner Bruder überlegte kurz, dann nickte er: „Ich mag die Pampers halt voll“, gab er zu.
„Siehst du? Und wir hatten doch einen guten Plan, was deine Schulpampers angeht. Hätte ich dir erzählt, dass Mama dir die Drynites wiedergegeben hat, dann hätten wir den gar nicht ausprobiert …“
Wieder nickte er: „Ja, hätten wir echt nicht.“
„Siehst du … und hättest du heute ne Pipihose angehabt, Jaki …“, sie strich mit zwei Fingern sanft über seine durchnässte Windel: „ … das wär doch wieder nur schief gegangen, hast du doch eben selber gesagt. Die Pipihosen halten das nicht mehr so aus wie früher, wenn du gar nicht aufs Klo gehst, Bärchen. Guck doch, wie nass du jetzt bist …“
„Das hättest du mir doch auch gestern sagen können, dann hätten wir …“, blieb Jakob hartnäckig.
Ihr fiel sofort ein gutes Gegenargument ein, sie musste nicht einmal kurz nachdenken: „Und hättest du dann auf mich gehört und wärst heute trotzdem mit Pampi in die Schule gegangen?“
Jakob grummelte unzufrieden: „Neee … aber …“
„Aber was, Bärchen?“, fragte sie, während sie beruhigend über Jakobs Kopf streichelte. Seine Atmung verlangsamte sich und sie konnte förmlich spüren, wie sein Groll langsam verflog. Eigentlich konnte sie jetzt erleichtert sein. Ihr Bruder hatte die Lüge herausgefunden, sie hatte also nichts mehr zu befürchten. Und er sah ein, dass die Pampers das beste für ihn gewesen waren.
Aber da fehlte noch etwas.
Die ganze Wahrheit.
Robin biss sich auf die Lippe.
„Ich hab dich nicht nur deshalb angelogen“, platzte es aus ihr heraus: „Nicht nur, weil ich grade wirklich denke, dass das mit den Pampers grade besser für dich ist. Sondern ich … ich mag es grade selbst sehr, dass du wieder mein kleines Windelkind bist. Das ist einfach wie früher, Bärchen. Wenn ich dich frischmache … Ich wollte einfach nicht, dass du, wenn du Drynites hast, wieder versuchst aufs Klo zu gehen.“
Dann war es kurz still.
„Würde ich nicht! Ich liebe meine Pampers. Es ist auch voll auch voll cool, da reinzumachen! Ehrlich! Fühl mal, wie warm die Pampi ist. Die ist den ganzen Tag so warm. Das ist wunderbar! Und mit jedem Mal, dass ich reinstrullere, wird sie wärmer und … toller, weißt du? Die werden weicher, kuscheliger und dicker. Und wenn die immer dicker werden dann ist da einfach immer mehr Zeug was kuschelig und weich und warm sein kann … Selbst wenn ich … wenn ich nicht mehr in die Hose machen würde, also gar nicht mehr – ich glaube, ich würde niemandem davon erzählen, damit ich weiter meine Pampers haben darf!“
Beide Geschwister waren erschrocken von ihrer eigenen Ehrlichkeit. Es waren Gedanken, die sie selbst noch nie ausgesprochen hatten, von denen sie sich gar nicht so richtig selbst bewusst gewesen waren.
„Also … du willst, dass ich Pampers trage und ich will Pampers tragen … das ist dumm, dass wir uns deswegen streiten“, fasste Jakob zusammen und hatte seinen Kopf wieder so gedreht, dass er zu ihr sehen konnte.
Sie stoß eine Mischung aus einem einzelnen Lachen und einem Seufzer aus.
„Ich will trotzdem eine Wiedergutmachung“, sagte er dann.
„Mhm …“, summte Robin wohlwollend: „Was denn, Bärchen?“
Alles was er wollte.
„Die Drynites in meinem Schrank …“, sagte er langsam. Seinen Lippen entsprang ein spitzbübisches Grinsen: „… morgen in der Schule sollst du mal eine tragen! Acht bis 15 Jahre steht auf der Packung, die passen dir also auch noch. Wenn du mich anlügst damit ich eine Pampers anziehe zur Schule, dann sollst du als Wiedergutmachung auch mal eine Windel tragen in der Schule!“
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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Ach was für eine coole Idee, dass Robin das machen muss. Da bin ich jetzt aber sehr gespannt, wie es weiter geht.
Im übrigen dieses orange Licht, das habe ich auch so schön in Erinnerung, gerade auf dem Land macht das so eine besondere Stimmung. Wieder sehr schön rübergebracht und auch mal die Eltern in Szene gesetzt.
Wenn man so viele Charaktefe in einer Geschichte berücksichtigen muss, ist das wirklich aufwendig und du machst das richtig große klasse!
Ich mag gar nicht so lange warten, bis der nächste Teil kommt.
Ja, mit den ganzen Charakteren … das bin ich irgendwie selber Schuld xD Ständig fällt mir eine neues Nebendetail und neue Charaktere ein. Es macht auch einfach sehr viel Spaß, neue Charaktere zu beschreiben und einzuführen oder bestehende Charaktere mit Hintergrundstory zu versehen und dadurch naja, weitere Personen einzuführen. Ich mein, Kleinfeldern ist ein Dorf und ein paar hundert Personen gibt es da ja schon – also braucht es in meine Geschichte ein gutes Paar Duzend 😀 Was soll ich sagen, mein Notizbuch ist an der Stelle mittlerweile ziemlich lang, aber trotzdem habe ich im nächsten Kapitel schon wieder neue Personen eingeführt.
Jaaa, oder? Ich hatte ja in einem anderen Kommentar zum letzten Kapitel gespoilert, dass eine weitere Person „in Windeln landen würde“ im nächsten Kapitel. Aber dass es Robin ist, das hat bestimmt niemand erwartet! 😀 Mal schauen, wie es ihr gefallen wird 😉
giaci9 ich danke dir für die schöne Geschichte und hoffe dass du es schaffst noch ein paar Teile zu schreiben von mir 5⭐
Hi! Neue Teile schaffe ich auf jeden Fall, versprochen. Kann nur immer mal wieder etwas dauern – Momentan siehts aber gut aus für Kapitel 25 😉
Deine Story ist so krass gut bitte schreib sie zu Ende. Ja?
Ein perfektes Ende ist mir noch nicht eingefallen aber bisher hat sich ja immer alles gut ergeben 😅
Hallo Giaci! Ich hatte wirklich erst mit einem Wochenend Release gerechnet, umso mehr freut mich das ich nun schon am 24 den Release haben konnte. Passt aber auch zu dem Teil der Geschichte weil 24 Teil… Du weißt schon.. ach man ich hör ja schon auf..
Robert schloss die Einstiegsluke auf und sagte beiläufig: „Ich kann mir vorstellen, dass das nicht leicht für ihn ist, grade wegen der Sache mit seinen Windeln …“
Eva war froh, dass Robert vor ihr in durch die Luke stieg und nicht sehen konnte, wie sie in jenem Moment überrascht erstarrte und postwendend errötete: „Ähäm ja, das … das ist ein Dauerthema bei Jakob, dass er nicht …“,
Ich kann die Situation wirklich so gut nachvollziehen, als Elternteil ist man stehts den kritischen Augen der Menschen um sich ausgesetzt und möchte so natürlich immer einen gerade zu perfekten Eindruck von sich und eben auch der Familie vermitteln. Ich denke Eva muss wirklich lernen sich nicht nur daran zu orientieren.
Nach dem Tod seiner Mutter hat Fenix auch angefangen, wieder ins Bett zu machen. Es wurde so schlimm, dass ich ihm Windeln gekauft habe, weil er sonst keine Nacht mehr durchschlief. Mein zehnjähriger Sohn, wieder in Windeln. Ich habe mich gefühlt, als hätte ich als Vater versagt!“
Ich habe ehrlich gesagt schon mit so etwas gerechnet als du das Thema damals in den früheren Kapiteln angeschnitten hattest, aber das jetzt so schwarz auf weiß da stehen zu haben ist ja noch mal was anderes. Das ist wohl die zweite Geschichte in der die Hauptprotagonisten vom Leben gezeichnet worden sind, man erinnere sich nur an Felix welcher im Tank mit ebenso unschönen Erlebnissen konfrontiert wurde! Ich finde es aber auch ganz toll das du solche Elemente mit einbaust da sie einfach zum Leben dazu gehören.
„Ja …“, antwortete Eva etwas lauter, damit Robert sie noch verstehen konnte. Natürlich war es auch ihre Schuld. Damals war so viel los gewesen mit ihren Eltern und dem Schlachthof, dass ihr erst bei Jakobs Einschulung wieder bewusst geworden war, dass sie völlig vergessen hatte, sich um das Töpfchentraining ihres jüngsten Sohnes zu kümmern. Die Routine hatte sehr gut funktioniert: Wie Milch oder Brot hatten Pampers fest auf jedem Einkaufszettel gestanden und gewickelt wurde der Sechsjährige entweder von seiner elfjährigen Schwester oder vom Kindergarten, der sich zwar mit reichlich Druck dazu bereit erklärt hatte, das Windelkind aufzunehmen aber infolgedessen auch keinerlei Ambitionen im Bereich Sauberkeitserziehung gezeigt hatte. Auch sie hatte ihn nie wenigstens auch nur einmal gefragt, ob er mal aufs Klo gehen wöllte.
Auch jetzt war Jakob wieder so weit davon entfernt keine Windeln mehr zu brauchen wie seit Jahren nicht mehr. Und auch das musste wohl ihre Schuld sein?
Naja Eva wird Jakob wohl nicht egal gewesen sein aber ja es war verdammt noch mal deine Schuld! Du hättest dich definitiv um den 6 Jährigen kümmern müssen und nicht die 11 jährige Robin! Aber bei so viel Stress ist es schwer den Überblick zu behalten, schon klar.
Peinlich berührt sah Eva zu ihrem Gast und musste entsetzt feststellen, dass dieser grade ebenfalls überrascht zu dem Zehnjährigen herübersah. Sie schämte sich für ihren Sohn.
Verständlich aber trotzdem… Es ist dein Sohn! Da hast du ihn zu unterstützen und dich nicht für ihn zu schämen man! (Frau!!)
Flink lief er zum Flur hinaus, als sie ihm noch hinterherrief: „Zieh dir doch mal wieder eine von deinen Sicherheitshosen an!“
Ähm, ja das wird jetzt unangenehm für Robin..
Ein unerwarteter Anblick erwischte sie unvorbereitet!
Nachdem Jakob nun wieder so unbekümmert in seine Hosen strullerte wie zuletzt zu Kindergartenzeiten war die Schublade in den letzten Tagen immer leerer geworden nachdem eine Pampers nach der nächsten vollgepinkelt in seinem Windelmülleimer gelandet war. Das hatte sie erwartet. Völlig aus dem Nichts lag nun aber ein Duzend hellblauer Drynites in seiner Schublade. Mit militärisch angehauchtem Tarnmuster oder mit aufgedruckten Skateboards und E-Gittarren. Verdammt, die musste wohl ihre Mutter wieder in die Schublade einsortiert haben! Hoffentlich hatte Jakob sie noch nicht entdeckt.
Ja liebe Robin…. wie erklärst du Jakob das jetzt?
„Eigentlich würde ich auch mal gerne wieder versuchen aufs Klo zu gehen … doof das Mama mir die Drynites weggenommen hat.“
„Hmmm … ja … Ich fürchte, da musst du jetzt erst einmal durch … Ich mein, dafür sind die Pampis eben besser, wenn du mal wieder NICHT aufs Klo gehst …“, antwortete sie in dem beruhigenden Tonfall, den sie so gut beherrschte.
Ich fasse es nicht, Robin lernt echt nicht dazu…
Plötzlich machte Jakob einen unerwarteten Ruck und richtete seinen Oberkörper auf. Seine Miene hatte sich verdunkelt und er war sichtlich aufgeregt: „Robin, warum lügst du?“
Gute Frage Jakob!
„Die Drynites in meinem Schrank …“, sagte er langsam. Seinen Lippen entsprang ein spitzbübisches Grinsen: „… morgen in der Schule sollst du mal eine tragen! Acht bis 15 Jahre steht auf der Packung, die passen dir also auch noch. Wenn du mich anlügst damit ich eine Pampers anziehe zur Schule, dann sollst du als Wiedergutmachung auch mal eine Windel tragen in der Schule!“
Sowas nenn ich mal Karma vom feinsten!
Sehr schöner teil Giaci aber das bin ich ja auch schon gewohnt von dir! Magst du mir mal den Discord Link geben?
Hi Toasty,
Super super vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar! 😊Macht immer super viel Spaß sowas zu lesen und ist eine tolle Motivation und gleichzeitig auch immer eine Inspiration, weil es zeigt, was bei den Lesern so ankommt.
Endlich sagt es einer mal so deutlich, Danke!! Da sieht Eva, dass ihr Sohn mit einem dicken Windelpo und offensichtlich aus der Hose herausschauender Pampers rumläuft nachdem er aus der Schule zurückgekommen ist und ihr erster Gedanke ist „Oh nein, was soll nur mein Besuch dazu sagen?“ anstatt „Oh Gott, hoffentlich haben Jakobs Mitschüler nichts davon mitbekommen, das wäre so schlimm für meinen Sohn!“ – Sie denkt da ganz klar an sich und nicht an ihren Sohn. Das ist natürlich In-Character, aber schon auch einfach mies. Gut, dass Jakob eine liebe große Schwester hat, auch wenn …
Gleichzeitig will ich aber auch betonen, dass Robin ihrem Bruder dann wirklich reinen Wein eingeschenkt hat – sogar an einem Punkt, wo eine Halbwahrheit sicherlich gereicht hat. Sie war völlig offen und ehrlich mit ihm. Ich würde sagen, sie hat dazugelernt. Trotzdem hat sie das Karma berechtigt hat getroffen, wie du sagst. Als Bewohner von Kleinfeldern sollte man mittlerweile wissen: Vor Jakob muss man sich in Acht nehmen! Erst überführt er Robin und Franzi des Vandalismussen, dann bricht er beim Bürgermeister ein, dann findet er heraus dass der Sohn vom Bürgermeister ein Brandstifter ist und jetzt auch noch das … Jakob kriegt zwar im Matheunterricht nichts hin und macht noch in die Hose, aber hallo, der hat es Faustdick hinter den Ohren! 😀 In einem anderen Forum hat einer der Leser meiner Geschichte Jakob ein Aufmerksamkeitsdefizit „diagnostiziert“ – das finde ich als Autor sehr schlüssig an dieser Stelle. 😀
P.S.: Als ich letztes Kapitel gesagt habe, dass bald eine weitere Person in Windeln landen würde, hättest du geglaubt, dass es Robin ist? 😀
P.S.: Als ich letztes Kapitel gesagt habe, dass bald eine weitere Person in Windeln landen würde, hättest du geglaubt, dass es Robin ist?
Ne das hätte ich echt nicht erwartet, ich habe wie schon bereits erwähnt eher mit Fenix gerechnet.
Auch ich verfolge diese Geschichte seit Beginn und wollte mich als Teil der stillen Leser mal zu Wort melden.Es ist erstunlich, wie du jedes Kapitel mit einer fesselnden Handlung füllst. Es ist eine der wenigen Geschichten, die nicht gestellt oder gekünstelt wirkt.
Das erstmal in Kurzform von mir.
Umso mehr Dank dafür, dass du trotzdem kommentiert hast! 🙂 Ich kenne das selbst von mir: Ich schreibe wesentlich seltener Kommentare als ich eigentlich „müsste“ … 😀
Lieber giaci9,
ich muss ehrlich sagen ich bin von all deinen Geschichten mehr als nur begeistert. Aktuell lese ich gerade die Geschichte „die Verwandlung“ und wie alle anderen berührt mich diese auch tief. Wie du vielleicht mitbekommen hast habe ich auch hier kurz mein Glück am schreiben probiert doch irgendetwas stellst du mit deinen Charakteren an, dass sie einfach nur Lebensecht wirken.
Auch wenn ich die Vorherigen doch sehr mochte ist die Dynamik zwischen Finn und Yannik aktuell einfach nur fantastisch. Ich weiß wirklich nicht wie du so schreiben kannst.
Gerade wollte ich mal in die, von dir im 2. Kapitel angekündigte, Playlist hineinhören doch leider scheint der Link nicht zu funktionieren. Könntest du mir da vielleicht weiterhelfen?
Ich freue mich sehr auf deine Antwort und vielleicht kannst du mir ja auch mal ein paar Tipps fürs schreiben geben.
Nochmal tiefen Respekt für die Geschichten!!!
LG
Sunfox
PS: Meine Mailadresse lautet reginald.martina@gmx.at
Hi,
Freut mich, dass dir „Die Verwandlung“ gefällt. Ich überlege ab und zu, ob ich davon eine Fortsetzung schreibe. Aber ich will nichts versprechen, von daher sage ich jetzt lieber nichts 😀
Lebensechte Charaktere entstehen vorallem durch Beschreibungen und möglichst viele Details – vorallem auch die, die nicht zu einer klassischen Windelgeschichte gehören, also sozusagen der Hintergrund. Vielleicht habe ich dafür aber auch einfach nur ein besonderes Talent xD
Die Playlist findest du zum Beispiel hier: https://www.youtube.com/playlist?list=PL9OWLPjdfFAydHhkFJGugD7lN-Q22E2KT 😀