Der Schlüssel zur Veränderung
Windelgeschichten.org präsentiert: Der Schlüssel zur Veränderung
„Warum? Warum nur ich?“, ich vergrabe schluchzend mein Tränen- und Rotzverschmiertes Gesicht in meinem Kissen, so wie inzwischen fast jeden Tag. Ich habe mich bäuchlings auf mein Bett geworfen und hoffe einfach, dass dieser Schmerz bald endet.
„Du bist ein hässlicher, dummer Spast. “ Die Worte meiner Klassenkameraden hallen Ohrenbetäubend in meinem Kopf hin und her, wie ein Kontinente vernichtender Orkan, der nicht zu stoppen ist.
Seit mehreren Jahren geht das schon so und es wird immer schlimmer.
„Ignorier sie doch einfach“ heißt es dann immer von den Erwachsenen, aber die verstehen es einfach nicht. Manchmal versuch ich es ein paar Tage lang zu ignorieren, auszuhalten, wenn mich wieder einer als dumm bezeichnet. Aber ich halte das einfach nicht aus. Jedes Mal bricht es irgendwann wieder aus mir heraus; Die Trauer und Wut sammelt sich immer mehr an, bis ich unkontrolliert meine Gefühle rausschreie und wieder vor allen anfange zu heulen. Irgendetwas in mir ist dann so aufgewühlt, dass ich es einfach nicht zurückhalten kann, selbst wenn ich es noch so unbedingt will. Und natürlich stachelt das meine Klassenkameraden an weiterzumachen. Nur für einen weiteren bösen Lacher, der mein Herz zerreißt.
„Ist alles okay Mika? Du bist so schnell nach oben gegangen. Du hast nicht mal hallo gesagt“, das ist meine Mama. Die hat auch schon versucht, mir zu helfen, aber das war alles sinnlos. Selbst wenn es mal für eine Weile hilft, meine Mobber machen dann nur noch stärker weiter.
„J-ja“, ich schluchze; „Es p-passt schon. A-Alles in O-O-Ordnung“
Ich spüre den besorgten Blick meiner Mama, aber ich halte mein Gesicht im Kissen vergraben. Wenn ich jetzt meiner Mama ins Gesicht sehen würde, würde ich nur noch stärker losheulen und das kann ich gar nicht gebrauchen.
„Du weißt, dass du ein toller Junge bist. Hör doch nicht auf die anderen.“
Da war es schon wieder; Diese Erwartung an mich, das alles einfach zu ignorieren, aber es geht nicht. Mein Kopf pocht und ich bin einfach nur erschöpft.
„Du bist super kreativ und du bist ein schlaues Kerlchen. Du wirst bestimmt bald Freunde finden.“
Es ist ja nicht so, dass ich gar keine Freunde hab. Da gibt es Tim, meinen besten und einzigen Freund. Aber selbst der geht mir in der Schule so gut wie möglich aus dem Weg, um nicht selbst gemobbt zu werden. Um aus der Schusslinie zu kommen, sozusagen. Ich kann ihn ja verstehen; ich würde auch gern aus der Schusslinie bleiben.
Ich bin halt anders als die anderen. Ich kann es selbst nicht erklären, warum. Ich bin’s halt. Ich will ja so sein wie die anderen, aber ich kann’s einfach nicht. Schon mein ganzes Leben bin ich so und ich hasse mich inzwischen selbst dafür.
Meine Mama klopft und streichelt mir aufmunternd auf den Rücken, aber das bringt nicht viel.
„Ruh dich etwas aus und ich geb dir bescheid, wenn es Abendessen gibt.“, sagt meine sie beruhigend und streicht mir meine Haare hinters Ohr.
Ich nicke nur schluchzend „Mhm“ und ich höre, wie meine Mama behutsam meine Zimmertür schließt.
Langsam versiegen meine Tränen und ich schluchze weniger, dafür werden aber meine Kopfschmerzen nicht besser. Sie pochen weiter, während ein warmer Nachmittagssonnenstrahl meinen Rücken wärmt. Das fühlt sich gut an und langsam sinke ich in einen angenehmen Schlaf.
„Wach auf Mika, es gibt Abendessen“
Ich blicke Schlaftrunken auf und merke, dass mir ein Faden Sabber an meiner rechten Backe runterfließt.
„Was?“
„Es gibt gleich Abendessen, Mika.“, meine Mutter lächelt mich sanft an, aber die Besorgnis in ihren Augen ist unübersehbar.
Ich wische den Sabber mit dem langen linken Ärmel meines gelben Pinguin-T-Shirts von meiner Backe über mein halbes Gesicht ab und reibe mir die leicht geröteten Augen, als ich mich aufsetze.
„Ich komme gleich, Mama.“, sage ich gähnend und ziehe mir noch leicht benebelt meine Hausschuhe an. Vor meinem Fenster steht die Sonne schon sehr tief am Horizont und färbt den Himmel in wunderschöne Farben.
Mein Magen fängt an zu grummeln und ich steh auf und geh langsam die Treppe unseres Reihenhauses herunter in’s Esszimmer. Es duftet schon nach Nudeln mit Bolognesesoße. Eins meiner Lieblingsessen.
Aber als ich schon zugreifen möchte, stoppt mich meine Mama; „Warte Schatz, zieh erstmal dein T-Shirt aus, ich will nicht, dass es voller Flecken wird. Und dann zieh deinen Latz an.“
„Muss das sein Mama?“ frag ich leicht genervt. Meine Mama kann es einfach nicht lassen. Immernoch muss ich daheim dieses blöde Lätzchen tragen, wenn ich irgendwas esse womit ich mich vollkleckern könnte, dabei bin ich doch schon zehn Jahre alt.
„Ja, das muss sein großer. Du weißt doch, dass du dich sonst wieder vollkleckerst.“, ihre Worte waren freundlich, aber bestimmt. Ich hab keine Lust, darüber weiter zu diskutieren, es hat sowieso keinen Sinn. Außerdem hat sie ja auch irgendwie recht; ich klecker wirklich viel und bin sehr tollpatschig. Das ist wieder so etwas, was bei mir anders ist, als bei den anderen. Die brauchen sicherlich kein Lätzchen mehr, um sich nicht vollzukleckerm.
Trotz meines Lätzchens schlag ich ordentlich zu und es schmeckt mir wunderbar. Danach zeigt sich, dass es eine gute Entscheidung war, das Lätzchen zu tragen; Es ist komplett rot verschmiert, so wie wohl auch mein Gesicht, denn meine Mama schickt mich gleich ins Bad, um mein Gesicht zu waschen.
Ich schau mich im Spiegel an. Ich seh glatt ein paar Jahre jünger aus, so verschmiert ist mein Gesicht. Ich muss irgendwie lächeln, weil damals war alles irgendwie noch schöner. Zwar war Papa schon fort, aber den kannte ich nie so wirklich. Er ist gestorben, als ich zwei war, hat uns aber genug Geld gelassen, dass meine Mama nicht so viel arbeiten muss und sich um mich kümmern kann. Opa war aber noch da und in der Schule wurde ich noch nicht geärgert. Jetzt fühlt es sich komisch an, mir die Soße aus dem Gesicht zu waschen, also bring ich es schnell hinter mich und wisch ein Mal schnell mit einem nassen Waschlappen über mein Gesicht.
„Ist das etwa schon alles, mein Drecksspatz?“, fragt Mama spielerisch und ich muss lächeln, als ich versuche kichernd in mein Zimmer zu flüchten. Mama fängt mich aber ein und ich lass mir von ihr widerwillig mein Gesicht mit Feuchttüchern sauberrubbeln.
„So mein großer, jetzt wird es aber Zeit für deine Hausaufgaben. Die machst du noch bitte und danach kannst du noch etwas spielen bis zum Schlafen gehen“, meint meine Mama liebevoll und ich füge mich, obwohl ich lieber gleich spielen will.
„Blöde Hausaufgaben und blöde Schule“, murmle ich vor mich hin, während ich mit meinen Beinen wippe. Ich versuche mich zu, konzentrieren, aber meine Gedanken haben etwas anderes vor. Ich schaue verträumt aus dem Fenster, vor dem gerade die letzten Sonnenstrahlen des Tages verschwinden und die laue sternenklare Nacht hereinbricht.
Als ich merke, dass ich schon wieder in meinen Gedanken versunken bin, kommt meine Mama in mein Zimmer.
„Mika mein großer, es ist Zeit schlafen zu gehen.“
„Aber Mama, ich will noch etwas spielen.“, sage ich betrübt.
„Es ist schon längst Schlafenszeit. Also komm schon. Schlafanzug an und dann ab ins Bett.“
Ich seufze, aber weiß, dass das wieder eine Situation ist, in der es sinnlos ist, mit meiner Mama zu diskutieren. Ich klappe meine Hausaufgaben zu, obwohl ich kaum mehr als das Datum und die Buchseite aufgeschrieben hab. Das wird bestimmt wieder Ärger geben mit Frau Dietrich, aber das bin ich schon irgendwie gewohnt.
Ich nehm meinen Lieblingsschlafanzug von dem Holzhocker neben meinem Bett und zieh mich um. Es handelt sich um einen dünnen hellblauen Schlafanzug mit Cartoonfiguren drauf. Genauer gesagt um Bluey und seine Freunde. Ich weiß, das ist ziemlich kindisch, dass mir mit zehn noch eine Serie für Dreijährige gefällt, aber ich mag es halt einfach.
Als meine Mama mich liebevoll zudeckt, fühl ich mich sehr wohl, aber als sie das Licht aus macht und meine Zimmertür schließt, kommen mir wieder die Gedanken an meine Mitschüler und dass ich, wenn ich jetzt schlafe, wieder gleich Schule hab und dann geht es wieder weiter mit dem Mobbing. Meine Gedanken rasen und ich kann ewig nicht einschlafen, aber irgendwann übermannt mich doch die Müdigkeit und ich falle in einen unruhigen Schlaf.
Ich schrecke hoch. Wo bin ich? Ach ja, in meinem Bett.
Ich atme erschrocken durch. Ich hatte einen komischen Traum. Mein Opa Günther stand vor mir und hat gesagt, dass er mich lieb hat und es jetzt Zeit ist. Aber Zeit wofür?
Tränen fließen, ich kann es wieder mal nicht zurückhalten. Diesmal will ich es nichtmal zurückhalten. Opa ist vor drei Jahren gestorben und jeden Tag vermiss ich ihn. Er war der einzige, der mich wirklich so verstanden hat, wie ich bin und nicht ändern wollte. Mama liebt mich zwar auch, aber selbst die versucht mich zu verändern, zum Beispiel, dass sie mich zur Kinderpsychologin geschickt hat. Das hätte Opa nicht gemacht. Okay, bei Frau Dr. Mirner ist es jetzt nicht schlimm, aber die will immer so komisches Zeug wissen und die hat mir diese Tabletten verschrieben, welche mir helfen sollen, mich besser zu konzentrieren. Das tun sie nicht wirklich gut, aber es ist immerhin besser, als ganz ohne.
Ach Opa, was würdest du nur sagen, wenn du wüsstest, wie es mir jetzt geht?
Ich denk an den Traum zurück „Es ist Zeit, Mika!“
„Wofür denn Zeit, Opa?“, frage ich flüsternd Richtung Zimmerdecke sehend. Dabei fällt mein Blick auf die Dachschräge und da kommt mir ein Gedanke. Es ist wahrscheinlich Quatsch, aber ich kann jetzt eh nicht mehr einschlafen, also kann ich die Zeit auch nutzen.
Ich stehe leise auf, um ja nicht meine Mama zu wecken. Ich gehe barfuß zu meinem Schreibtisch und öffne die unterste Schublade. Unter einigen Zeichnungen von mir, welche ich in der Schule gemacht habe während ich eigentlich dem Unterricht hätte folgen sollen, finde ich den alten blauen Schlüssel. Ich schnapp ihn mir und klettere die Leiter an meiner Wand zum erhöhten Teil meines Zimmers am Dachboden hoch. Von hier aus kann ich wunderbar auf mein Zimmer runterblicken, aber hier oben bin ich meistens nur zum Spielen. Leider kann ich nicht oft spielen, weil ich stundenlang vor meinen Hausaufgaben sitze und dann schon wieder ins Bett muss. Jetzt hab ich aber ein anderes Ziel, welches mich hier hoch bringt. Ich öffne die versteckte Klappe zum unausgebauten Teil des Dachbodens. Meine Mama weiß nicht, dass es diese Klappe gibt, sie kennt nur die ausziehbare Treppe in ihrem Zimmer, aber ich hab es schon vor ein paar Jahren herausgefunden. Normalerweise bin ich hier nicht oft, weil es ganz schön kalt ist und etwas dreckig, aber hier ist mein Ziel. Die alte Holztruhe von meinem Opa. An die hab ich seit Jahren nicht mehr gedacht. Sie kam mir nicht wichtig vor, bis jetzt. Als mein Opa gestorben ist, hat er mir diesen blauen Schlüssel vererbt. Ich wusste nie wofür er gut sein soll, aber hab ihn behalten, weil es meinem Opa wohl wichtig war, dass ich ihn bekomme und er im Testament gemeint hat, dass er mir irgendwann sehr nützlich sein wird.
Ich gehe langsam barfuß auf die Truhe zu. Sie sieht groß und alt aus, aber nicht sehr auffallend. Ich wische den Staub vom Deckel, wodurch ich husten muss. Ich unterdrücke meinen Husten angestrengt, dass meine Mama mich nicht hört.
Ich versuche den Schlüssel in das Schloss zu stecken und er passt perfekt. Eigentlich erwarte ich, dass er schwer zu drehen wird, aber er bewegt sich reibunglos, als sei das Schloss erst geölt worden.
Der schwere Deckel öffnet sich wie von Geisterhand und ich blicke in die Holztruhe, kann aber kaum etwas erkennen in der Dunkelheit. Ich greife hinein und spüre etwas weiches, plastikartiges. Was ist das nur? Ich greife zu und halte es in das Mondlicht, das durch ein Dachfinster hineinfällt.
„Was ist das? Ist das eine…“ Ein süßlicher Duft erfüllt meine Nase und mir wird kurz schwindelig und ich breche kurz zusammen. Als ich mich langsam aufsetze, fühle ich mich seltsam. Mir ist plötzlich irgendwie so kalt und meine Beine werden so weit auseinandergepresst…
Meine Hände wandern an meinen Körper.
„Wo ist mein Schlafan…?“ Ich erschrecke, als meine Hände den Bereich erreichen, wo meine Unterhose sitzen sollte; „Ist das eine… Nein, nein, nein, das kann nicht sein…“ ich watschle so schnell ich breitbeinig gehen kann in Richtung eines alten Spiegels, der vor einem der Fenster steht, während es sehr stark knistert aus meiner Unterhosengegend.
Ich enthülle den Spiegel und habe nur einen Gedanken. „Was zur…?! Eine Windel?!“
Ich befühle die glatte Oberfläche und die Folie über dem dicken Saugkern knistert deutlich hörbar.
„Ich muss das Ding loswerden“, doch das schaffe ich nicht. Denn egal wie sehr ich versuche die Klebestreifen zu erwischen, ich kann es einfach nicht.
Plötzlich erscheint ein dunkler Fleck auf der Windel, der sich immer mehr auszubreiten scheint und ich spüre wie die Windel immer wärmer wird und sich langsam aufplustert. Nach einigen Sekunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlen, stoppt das Aufplustern und die Windel beginnt langsam immer heller blau zu leuchten und zu glitzern. Ich kann meinen Augen kaum trauen, meine Hände sind inzwischen wie gelähmt und ich bin den Tränen nahe. Was passiert hier?
Als das Licht mich beginnt zu blenden registriere ich wieder diesen süßlichen Geruch und falle in Ohnmacht.
Autor: DiaperO (eingesandt via E-Mail)
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Wann geht es weiter?
Teil 2 ist schon eingereicht und kommt sicher in den nächsten Tagen. Hat es dir denn bisher gefallen?
Ja fande ich ganz gut. Ist spannend. Vielleicht kommt der Teil ja auch schon heute… Werden ja nicht so viele Geschichten hochgeladen.
woher möchtest du das wissen?
Was genau? Mit dem hochladen? Bin optimistisch😂
gib was von dieser Einstellung ab…
Hast du kein Optimismus?
Wenn du die einsendungen sehen würdest die rein kommen dann verlierst du den auch
So viele meinst du? Warum werden dann immer nur so wenige hochgeladen?
Leider, würden sich die Einsender an die Nutzerbedingungen halten dann würde es nicht so aussehen
Oh wieso? Was stimmt denn nicht, wenn ich fragen darf?
Hallo!
Das hier ist der Anfang meiner ersten größeren Windelgeschichte. Ich hoffe, dass es euch bis jetzt gefällt und freue mich natürlich über viel konstruktive Kritik und Anregungen. Teil Zwei ist auch schon eingereicht und sollte bald folgen und ich schreibe schon fleißig an Teil 3. Aber wie gesagt: Über Ideen von euch freue ich mich natürlich auch.
Dankeschön!
Spannende Geschichte. Ich frage was das für eine Truhe ist? Magische Truhe?
Eventuell ist sie magisch, vielleicht aber auch etwas ganz anderes 😉
Das wird in einem späteren Teil auf jeden Fall noch näher erwähnt.
Super
Kann man dir irgendwo schreiben?
Auf ***** bin ich auch unter ***** zu finden. Da bin ich mehr oder weniger regelmäßig online
Oh wo genau? Ich kann das nichr sehen, was du geschrieben hast…
Wurde wohl von nem Moderator rausgestrichen… Aber ein Tipp: Wenn man mich finden will, kann man mich sehr leicht finden.
Danke sehr gut
Warte voller Ungeduld wie es weiter geht
Super
Das freut mich, dass dir die Geschichte gefällt 😀