Die Geheimnisse der Kerkwald-Geschwister (10)
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Kapitel 10 â Abendbrot unter Geschwistern:
Es ist Herbst geworden in Kleinfeldern, einem kleinen Dorf irgendwo in der Provinz das wirkt, als wĂ€re es zur ErlĂ€uterung des Adjektives „verschlafen“ erfunden worden. Umgeben von dichten, hohen NadelbĂ€umen zwischen denen, wenn es nach Jakob und seiner Bande geht, ein Geheimnis schlummert. Durch unterschiedliche Art und Weise haben sich die drei Kinder der Familie Kerkwald in ihre jeweils eigenen Geheimnisse verstrickt. Die fĂŒnfzehnjĂ€hrige Robin, sonst das Musterkind ihrer Familie, deckt plötzlich ihre beste Freundin, die nichts Geringeres als eine Art Rachefeldzug gegenĂŒber dem BĂŒrgermeister durchfĂŒhrt. Ihr groĂer Bruder David hingegen hat ein Geheimnis, das so ungeheuer ist, dass er es sogar vor sich selbst verschlossen hĂ€lt: Er steht auf Jungs! Genauer gesagt auf den neuen im Dorf, den mysteriösen Nick, der ĂŒber allen Dingen zu schweben scheint.
Und Jakob, das NesthĂ€kchen in der Familie, wird bald Elf. Das ist kein Geheimnis. Was er hingegen vor den meisten anderen Menschen verborgen hĂ€lt, sind seine Windeln. Aufs Klo gehen hat er immer noch nicht wirklich raus, trĂ€gt zur Sicherheit Pullups und wĂŒrde Nachts jedes Mal sein Bett fluten, wenn er nicht wie ein Baby eine Pampers unter seinem Schlafanzug tragen wĂŒrde. Aber das war eigentlich nichts neues. Das war schon immer so gewesen. Doch seit den schicksalhaften VorfĂ€llen am Halloweenabend lernt er plötzlich eine ganz neue Seite an sich kennen: Die Windeln, die peinlichen, verzwergenden Babydinger, findet er plötzlich ganz ganz spannend.
Es war das gedĂ€mpfte Klingeln einer Glocke, welches Jakob schlieĂlich aus seiner Welt riss. Schrill und doch leise zugleich lĂ€utete sie durch seine geschlossene ZimmertĂŒre hindurch und brachte den ZehnjĂ€hrigen dazu, ĂŒberrascht von den Legoteilen aufzusehen: Abendessen! Endlich! Die letzte Stunde hatte Jakob still und alleine in seinem Zimmer verbracht und damit begonnen, das groĂe Flugzeug, was bislang als besonderes AusstellungsstĂŒck seiner LegobaukĂŒnste in seinem Regal prĂ€sentiert worden war, wieder zusammenzubauen. Mehr oder weniger jedenfalls.
Die groĂe, rot-weiĂe Legosteinkonstruktion hatte, als er sein Reich vor einer Stunde wieder betreten hatte, zerstört in der Mitte des Raumes gelegen, verteilt in eine ganzgebliebene HĂ€lfte sowie einen traurigen TrĂŒmmerhaufen. Offenbar hatte David das Flugzeug aus Rache auf den Boden geworfen, als er ihn eben gejagt und nicht erwischt hatte. Verdammt! Doch Jakob konnte sich in diesem Moment gar nicht wirklich aufregen, selbst wenn er es gewollt hĂ€tte. Er fĂŒhlte sich so geborgen, so entspannt, einfach nur völlig richtig, genau wie er jetzt war. Vor etwas mehr als einer Stunde hatte seine groĂe Schwester ihn gewickelt und statt eines triefend nassen, unangenehm kalten Pullups und einer nassen Jeans hatte er seitdem eine gemĂŒtliche, innen gefĂŒtterte graue Cordhose an, die er aus dem Altklamottenfundus seines groĂen Bruders geerbt hatte. Und darunter eine noch wesentlich flauschigere, wattig-weiche und angenehm trocken-warme Pampers. Deutlich und straff umschloss sie seinen Po- und Schrittbereich und fĂŒhlte sich ganz anders an, als dieselben Pampers, wenn er sie sich fĂŒr die Nacht selbst angezogen hatte. Er spĂŒrte die Windelcreme, die seine Schwester so reichlich aufgetragen hatte, nachdem sie sofort erkannt hatte, dass er selbst das heute Morgen vergessen hatte. War halt alles hektisch gewesen heute Morgen. Doch umso angenehmer fĂŒhlte sich die feuchtigkeitsstiftende Cremeschicht, in die er da unten jetzt gehĂŒllt war, nun an. Dieser Geruch, der in seiner Erinnerung seine gesamte Kindheit durchwaberte. Ein blumiger Duft, sĂŒĂlich, vielleicht auch ein bisschen nach Vanille riechend. Auf der Cremedose stand âmit Kamillenâ, aber wie Kamillentee roch die Creme definitiv nicht, soviel war Jakob sich sicher. Frisch gewickelt Lego zu spielen war ein tolles GefĂŒhl gewesen, es hatte sich angefĂŒhlt, als wĂŒrde der SpĂ€tabend niemals enden. Auch wenn die Aussicht auf ein warmes Abendessen mindestens ebenso verlockend war. Ohne weiter zu zögern, stand Jakob aus der Hocke auf, verlieĂ die Flugzeugunfallstelle, um die sich in der letzten Stunde verschiedene KrankenwĂ€gen, Feuerwehrfahrzeuge und Polizeibeamte versammelt hatten, um den Schaden zu begutachten, Verletzte zu versorgen und Ermittlungen angesichts der unklaren Absturzursache aufzunehmen. Kaum war er aufgestanden, hielt er noch einmal kurz inne, bevor er sein Zimmer verlieĂ. Machte, was er sonst viel zu selten tat. Horchte ruhig in sich herein, ob er vielleicht schon wieder pullern musste. Das war normalerweise eine Ă€uĂerst lĂ€stige Aufgabe fĂŒr ihn, und eine dementsprechend oft strĂ€flich vernachlĂ€ssigte. Doch da es grade nicht um die Frage ging, ob er den Weg zum lecker duftenden Esstisch noch durch einen Zwischenstopp im Badezimmer unterbrechen musste, sondern die Aussicht stattdessen war, eine frische Pampi warmzupullern, gab sich Jakob diesmal wesentlich mehr MĂŒhe.
Und tatsĂ€chlich! Er drĂŒckte leicht die Beine auseinander indem er auf seinen Wollsocken ĂŒber die Holzdielen schlitterte und presste, um das Pipi rauszudrĂŒcken.
âDann mach ich halt einfach in die Hoseâ, flĂŒsterte er trotzig doch kaum hörbar zu sich selbst.
âĂh und wenn ich nachher pieseln muss?â, hatte Jakob gefragt, kaum hatte Robin die Pampers zugeklebt. Es war toll gewesen, sich mal wieder von Robin wickeln zu lassen, aber was hatte sie sich dabei gedacht, eine âŠ
âDann darfst du dir heute einfach in die Hose machenâ, hatte sie lĂ€chelnd geantwortet, unterhalb der Windel auf seinen Oberschenkel getippt und anschlieĂend noch gescherzt: âSo wie bisher ja eh schon âŠâ
Ein bisschen hatte das Jakob schon verwundert. Klar, das war die offensichtlichste, logischste Lösung. Wenn er eine Pampers anhat, dann pullert er einfach rein. War auch grade wirklich die verlockenste Option, wenn er ehrlich war. Aber das Robin ihm sowas erlaubte? Mehr noch: Ihn sogar dazu ermutigte? Sie war doch sonst immer auf der Seite seiner Mama gewesen und es war immer um das genaue Gegenteil gegangen: Das er möglichst selten in die Hose pinkelte.
Jetzt schien alles anders.
Als Antwort kicherte Jakob zufrieden. Das wĂŒrde er hinbekommen.
Doch es kam gar nicht so viel. Nur im unteren Bereich der Vorderseite wurde seine Pampers nass und warm um dann atemberaubend schnell wieder atemberaubend trocken zu werden. Die Windel wurde zwar ein wenig dicker als sie ohnehin schon gewesen war doch war schnell wieder so trocken, dass Jakob, hĂ€tte er grade nicht mit voller Absicht reingestrullert, echt nicht sicher hĂ€tte sagen können, ob er noch trocken war. Wow, was ein Unterschied zu den Drynites, die sich, kaum hatte man einmal reingepullert, die ganze Zeit so anfĂŒhlten, als hĂ€tte man die Hose nass. Meine GĂŒte, wie hatte es Mama jemals geschafft, ihn zu ĂŒberzeugen, dass Drynites cooler waren als die Pampis? Die sind ja der Hammer! PrĂŒfend drĂŒckte sich Jakob eine Hand zwischen die Beine, nur um sich erneut selbst zu bestĂ€tigen, was er ohnehin bereits gefĂŒhlt hatte: Komplett trocken.
âJaki, kommst du bitte endlich?â, ermahnte ihn seine Mutter plötzlich rufend aus dem Erdgeschoss und Jakob setzte sich schnurstracks in Bewegung. Sprintete erstaunlich leise durch den Flur, tĂ€nzelte die Treppe runter und war im nĂ€chsten Moment bereits drauf und dran, sich an seinen angestammten Platz an den Esstisch zu setzen. Seine Eltern und Geschwister saĂen bereits wartend am groĂen, ausgeblichenen Eichenholztisch und richteten ihre volle Aufmerksamkeit in diesem Moment auf das NesthĂ€kchen der Familie. In der Mitte des Tisches dampfte ein groĂer silberner Topf voller HĂŒhnerfrikasse und entlieĂ Dampfschwaden, die von der ĂŒber dem Esstisch hĂ€ngenden, altmodischen Lampe erhellt wurden. Um den Topf herum waren fĂŒnf Teller gedeckt. Tiefe Suppenteller mit altmodischem Siebzigerjahremuster, der Rand war gesĂ€umt von einem schimmernden, an Krokodilhaut erinnernden, dunkelgrĂŒnen Schuppenmuster. Seit mindestens vierzig Jahren, wenn nicht lĂ€nger, befanden sie sich bereits im Familienbesitz und hatten frĂŒher einmal zum Hausstand von Jakobs GroĂeltern gehört. Sicherlich mehr als die HĂ€lfte des Geschirrsatzes war ĂŒber die Jahre bereits zu Bruch gegangen, aber selbst der Rest reichte noch aus um eine deutliche Mehrheit im Geschirrschrank der Kerkwalds auszumachen. Auf den zwei StĂŒhlen auf der Raumseite des Tisches saĂen Eva und Volker, wĂ€hrend Robin auf dem Einzelplatz an der Stirnseite der Sitzbank Platz genommen hatte und David seinem Vater auf der Eckseite der Bank gegenĂŒber saĂ, sodass noch der Platz gegenĂŒber von Eva auf der im selben Holz wie der Tisch gefertigten Bank frei war. Neben David.
âGehst du bitte nochmal fix auf Toilette?â, wurde Jakob von seiner mĂŒde aussehenden Mutter ermahnt, kurz bevor er die Sitzbank schlussendlich erreicht hatte. Erst vor einer halben Stunde war Eva nach Hause gekommen, nachdem Vormittags das Telefon geklingelt hatte und sie doch wieder zur Sonderschicht in den Schlachthof gemusst hatte.
âOhâ, stockte Jakob und sah unsicher zu seiner Mama auf der anderen Seite des Tisches. Am besten war wohl jetzt, keinen Streit zu provozieren, sondern einfach âŠ
âĂhm âŠâ, schnitt Robin ihrem kleinen Bruder das Wort ab und grĂ€tschte aufgeregt haspelnd in die Stille hinein: â ⊠Jaki war schon, hab ihn eben erst geschickt!â
âAch, superâ, antwortete Eva gelassen wie erfreut wĂ€hrend sich ihre GesichtszĂŒge deutlich aufhellten und sie mithilfe ihrer Gabel ein paar HĂ€hnchenbruststreifen auf ihren Löffel auflud: âUnd, noch trocken, BĂ€rchen?â, fragte die Mittvierzigerin mit den bereits deutlich ergrauten Haaren im nĂ€chsten Atemzug.
âMammaaaahaaa, jaaaahaaaaâ, meckerte Jakob gekrĂ€nkt wĂ€hrend er sich auf die harte Holzbank fallen lies und erntete zu seiner Freude ein wohlwollendes Nicken seiner Mutter. Auch wenn ihr der Ton, in dem ihr Sohn mit ihr sprach, missfiel. Nur seine Schwester, am gegenĂŒberliegenden Tischende auĂerhalb des Blickfeldes ihrer Mutter sitzend, warf ihrem kleinen Bruder einen eindeutigen Blick zu. Robin verzog ihren Mund nach links, runzelte die Stirn und zwinkerte ihm zu. Sie glaubte dem ZehnjĂ€hrigen kein Wort.
Jakob konnte sich ein peinlich berĂŒhrtes Kichern nicht verkneifen, wĂ€hrend er sich nervös wand und nach dem Besteck griff. Sie hatte ja sooo recht!
Im selben Moment setzte David langsam und genĂŒsslich sein nunmehr halbvolles Wasserglas auf dem hellbraunen Korkuntersetzer ab und schluckte: âHast dir ja heute auch wirklich schon oft genug in die Hose gemacht, hm?â, fragte er seinen kleinen Bruder. Mitleidig, kumpelhaft. Klang fĂŒr AuĂenstehende beinahe aufmunternd.
Doch Jakob wusste genau, wie der Arsch das meinte.
Plötzlich schien es völlig still zu sein. Jakob schielte ertappt zu seiner Mutter herĂŒber. Sah im nĂ€chsten Moment sofort wieder weg.
Eva hob den Kopf und blickte fragend zu ihren beiden Söhnen.
âJoa ⊠Als er eben nach Hause ist, hatte Jaki die Windel total voll. Selbst seine Hose war ganz nass âŠâ, antwortete Dave ungefragt und bemĂŒht sachlich.
âJakob, was? Ist das war?â. Empörte sich die Mutter des Angesprochenen und lies ihr Besteck klirrend aus der Hand gleiten.
Der ZehnjĂ€hrige blickte betreten auf seinen Teller und schabte mit der Gabel ĂŒber den Löffelrand.
âSchon wieder??â, setzte seine Mutter hinterher wĂ€hrend Jakob seine Beine aneinanderpresste um die beruhigende Masse der fast noch frischen Pampers zwischen seinen Beinen zu spĂŒren und sich im selben Moment in frĂŒhere Jahre zurĂŒckzuwĂŒnschen. In eine Vergangenheit, in der es Niemanden gekĂŒmmert hatte, wann und wie oft er sich in die Hose gemacht hatte. Als er keinen Ărger fĂŒr nasse Windeln bekommen hatte. Als das ganze verdammte Thema einfach niemanden interessiert hatte!
âJakob!â, ermahnte seine Mutter erneut und wurde angesichts des Ausbleibens einer Reaktion seitens des kleinen Jungen deutlich lauter: âAntworte mir gefĂ€lligst! Du kannst dich im Leben nicht einfach immer einigeln, wenn dir irgendwas nicht gefĂ€llt !!â
âJaâ, antwortete Jakob leise und kurz angebunden, ohne von seinem Teller hochzuschauen: âWar ein Unfall! Ehrlich! War in der Kirche, ich bin kurz eingeschlafen und dann wars nass âŠâ
âJakob, was fĂ€llt dir ein in der Kirche zu schlafen?!â, schaltete sich nun auch noch sein Vater in die Diskussion ein, doch wurde sofort von seiner Ehefrau ĂŒbertönt: âJakob! Deine Windeln laufen nicht von einem einzigen Unfall aus, das weiĂt du genau so gut wie ich! VerĂ€ppeln kann ich mich selber, ich glaub ja wohl es hakt!â
Hilflos sah Robin von der anderen Seite des Tisches zu, wie ihre Mutter ihren kleinen Bruder ausschimpfte. Niedermachte. Jakob drĂŒckte die Schultern zusammen und rutschte an die Kante der Sitzbank, als wöllte er vor seinen Eltern davonlaufen. Robin ballte ihre HĂ€nde unter dem Tisch zu FĂ€usten und wollte instinktiv nichts sehnlicher als sich schĂŒtzend vor den unschuldigen ZehnjĂ€hrigen auf der anderen Tischseite zu stellen. Dave erntete einen betont missmutigen Blick von seiner Schwester, als er sich grinsend zurĂŒcklehnte, seine muskulösen Arme hinter dem Kopf verschrĂ€nkte und voller Genugtuung sein Werk beobachtete.
Jakobs Miene hatte sich verdunkelt, er kniff die Augen zu schlitzen zusammen: âJa Okaaay!â, rief er laut und angriffslustig, doch wurde im Laufe des Satzes immer leiser: âIch war nachher noch Spielen im Wald und hab mir da noch ⊠ein, zwei Mal ⊠gemacht âŠâ WĂ€hrend er seine Rechtfertigung aussprach, wurde ihm bereits selbst klar, dass das nicht gut fĂŒr ihn ausgehen wĂŒrde.
âSchon wieder! Jakob, ich hab echt die Faxen dicke! Du hast dir doch gestern schon mehrfach âŠâ, setzte Eva an, als Robin plötzlich ins GesprĂ€ch platzte: âWas hast du denn im Wald gespielt?â, fragte sie aufgeregt, ihre Stimme ĂŒberschlug sich fast dabei.
âWir haben nach Spuren von dem FarbbombenattentĂ€ter gesucht!â, antwortete Jakob wie aus der Pistole geschossen bevor Eva die Gelegenheit hatte, erneut das Wort zu ergreifen.
âNa das war auch ein Ding gestern!â, gab der Familienvater entrĂŒstet von sich.
âJakob âŠâ, setzte dessen Mutter unbeirrt fort und schĂŒttelte genervt ihren Kopf.
Doch sie wurde erneut unterbrochen. Von einem fĂŒr ihren Sohn in diesem Momemnt gradezu gottgesandten und erlösenden Klingeln des Telefones.
âGott, wer ruft denn jetzt noch an?â, murmelte sie, bevor sie entnervt aufstand und die gemĂŒtliche KĂŒche in Richtung des kalten Flurs verlieĂ. Jakob seufzte erleichtert und hatte endlich die Gelegenheit, einen groĂen Bissen zu nehmen von der betörend lecken duftenden Mischung aus Reis, HĂ€hnchen und den Erbsen und Möhren aus dem Hofladen von Franzis Eltern. Einen kurzen Moment lang herrschte betretenes Schweigen am Esstisch und alle Anwesenden blickten Still auf die Teller vor sich.
âUnd?â, brach Robin neugierig die Stille in Richtung ihres kleinen Bruders und lĂ€chelte ihm aufmunternd zu.
âUnd waf?â, antwortete Jakob mit vollem Mund.
âHabt ihr ihn gefunden, den FarbombenattentĂ€ter?â, fragte Robin betont neugierig, obwohl sie sich alleine anhand der Wortwahl sicher sein konnte, dass ihr kleiner Bruder nicht herausgefunden haben konnte, wer hinter den Farbklecksen steckte, die seit gestern Nacht die Fassade des Wohnsitzes des BĂŒrgermeisters zierten. Immerhin war es eine FarbombenattentĂ€terin gewesen. Ihre gottverdammte, beste Freundin Franzi, ausgerechnet.
Kauend schĂŒttelte der ZehnjĂ€hrige den Kopf und schluckte seinen Bissen runter, bevor er antwortete: âNö. Aber wir haben Mega die krasse Spur gefunden!â, berichtete er stolz: âWir haben einen Rucksack gefunden an der StraĂe, wo wir gestern Nacht Franzi und dich getroffen haben nach der Verfolgungsjagt! Den muss der AttentĂ€ter âŠâ
Erneut unterbrach Robin aufgeregt wĂ€hrend vor ihrem geistigen Auge der Rucksack, den sie auf dem RĂŒcken der von ihr verfolgten Person gestern Nnacht gesehen hatte, auftauchte. Als sie noch nicht gewusst hatte, dass der oder die Unbekannte in Wahrheit ihre beste Freundin war: â ⊠Was fĂŒr einen Rucksack?â
âSo nen alten GrĂŒnen! Mit so schnallen, wie am GĂŒrtel! Voll friemelig den aufzukriegen!â, erzĂ€hlte Jakob aufgeregt.
Robins Augen weiteten sich.
âAber als wir den aufhatten! Wisst ihr, was da drin war?â, strahlte Jakob, der sichtlich SpaĂ daran hatte, von dem Fund, den Fenix und er gemacht hatten, zu erzĂ€hlen.
âLass mich raten âŠâ, schaltete sich David ein: â ⊠Ne Schatzkarte?â, bemerkte er spöttisch.
Jakob grummelte genervt, verdrehte die Augen und lehnte sich ĂŒber den Tisch zu seiner groĂen Schwester, die seiner Geschichte als Einzige der Anwesenden Aufmerksamkeit schenkte.
âTĂŒcher auf denen Farbe ist und ein SchlĂŒsselbund! Mit drei SchlĂŒsseln und nem grĂŒnen Plastikfrosch als Anhang!â
Den Frosch kannte Robin nur zu gut. Franzi piddelte, wenn ihr langweillig war immer am kleinen Mund des grĂŒnen Plastikgummitieres herum, sodass die Farbe dort schon ganz abgeblĂ€ttert war und die weiĂe Grundfarbe des Frosches sichtbar geworden war. Robin brauchte einen Moment um angemessen zu reagieren, schluckte, obwohl ihr Mund völlig leer war. ScheiĂe nochmal, ausgerechnet ihr geliebter kleiner Bruder kam ihrer besten Freundin in die Quere.
âBoaaaah!â, antwortete sie und klang dabei glaubhaft erstaunt: âTĂŒcher mit Farbe, das könnte echt eine Spur sein! Wo ist der Rucksack denn jetzt?â
Der Rucksack musste schnellstens weg! Egal wohin, einfach Weg! Spuren beseitigen. Zwar verfolgten ihr Vater und ihr groĂer Bruder die Schilderung des begeisterten Detektivkindes grade nur Ă€uĂerst desinteressiert und ihre Mutter war ja immer noch am Telefonieren, doch Rob wollte sich nicht ausmalen, was passieren wĂŒrde, wenn irgendjemand Jakob einmal ordentlich zuhören wĂŒrde. Alleine das sich Franzis SchlĂŒsselbund im Rucksack befunden hatte, war ein verdammter, riesengroĂer âSchuldigâ-Pfeil, offensichtlich fĂŒr Jeden, der den kleinen, im Dunklen leuchtenden Plastikfrosch am SchlĂŒsselbund ihrer Freundin kannte.
âDer Rucksack? Der ist bei Fenixâ, antwortete Jakob.
âFelix?â, fragte Robin verwundert. Wer war denn schon wieder Felix?
âNöö, Fe-Nix. Nich ,Lixâ,, âNixâ!â, kicherte Jakob angesichts des naheliegenden Fehlers seiner Schwester.: âFenix! Der ist neu ins Dorf gezogen, kenn ich von gestern Abend! Der war Yoda!â
âAhhhhâ, realisierte Robin.
âDas is der Bruder von Nick, der lustige Typ mit dem du Gestern geredet hast, der kein KostĂŒm hatte!â, erklĂ€rte Jakob, lud hungrig die nĂ€chste Portion auf seinen Löffel und konnte sich nicht entscheiden, ob er lieber zuerst weiterplappern wollte, oder doch lieber endlich das verfĂŒhrerisch duftende Essen auf seinem Teller vertilgen sollte.
âNick?â, mischte sich David unerwartet in das GesprĂ€ch ein.
Jakob nickte erfreut angesichts der Tatsache, dass ihm nun sogar sein groĂer Bruder Aufmerksamkeit schenkte: âJaaa! So ein blonder Junge, Robin kennt den! Ist ein bisschen lustig, ohne das er selbst lacht!â, plapperte Jakob wĂ€hrend er aĂ: âDer hat heute sein Zimmer gestrichen, als ich da war!â
Kaum hatte Jakob ausgeredet, nahmen sich die beiden Àlteren Geschwister gegenseitig das Wort weg:
âUnd jetzt hat âŠâ, setzte Robin an.
âHm, wo wohnt âŠâ, versuchte Dave betont desinteressiert zu Fragen.
Ihre Blicke kreuzten sich.
Jakob sah seine beiden groĂen Geschwister belustigt an, sprang mit seinen groĂen dunkelbraunen Augen hin und her.
âUnd jetzt hat Fenix euer ganzes ,Beweismaterialâ bei sich?â, fragte Robin, nachdem sie sich mĂŒhelos nonverbal gegen ihren groĂen Bruder durchgesetzt hatte.
Jakob schĂŒttelte den Kopf und summte: âMmmh Mhhh!â
Der kleine Junge schien eine Ewigkeit zu brauchen, wĂ€hrend er kaute. Robin versuchte ruhig zu bleiben, gab sich wirklich alle MĂŒhe. Lehnte sich langsam mit ihrem Oberkörper nach vorne.
Jakob schluckte.
âAlso, wir haben ja diesen SchlĂŒsselbund gefunden!â, erklĂ€rte Jakob begeistert und seine glockenhelle Stimme, die eben noch so verschĂŒchtert geklungen hatte, war plötzlich wieder ganz laut: âUnd eigentlich ist das ja ganz einfach: Wir mĂŒssen nur die Schlösser finden, die zu den SchlĂŒsseln gehören und wissen eigentlich fast schon, wer der TĂ€ter sein muss! Wir mĂŒssen also nur noch das Schloss finden!â
Jakob lies mit seiner rechten Hand die Gabel auf den Tisch sinken und kramte in seiner Hosentasche herum. Zog seine zur Faust geballte Hand wieder heraus und öffnete sie erst ĂŒber der Mitte des Tisches. Zwei SchlĂŒssel.
âWir mĂŒssen also nur herausfinden, auf welche TĂŒr die SchlĂŒssel passen! Und das haben wir uns aufgeteilt! Fenix hat den alten grauen EisenschlĂŒssel mitgenommen und versucht die passende TĂŒr zu finden, und ich hab den Hier âŠâ, er zeigte mit dem Zeigefinger seiner linken Hand auf einen silber glĂ€nzenden, viereckigen SchlĂŒssel mit einem eingravierten Markenschriftzug und wechselte dann auf den kleineren SchlĂŒssel mit einem schwarzen Plastikkopf, der rechts daneben lag: â ⊠und den Kleinen auch! Wobei der Kleine bestimmt fĂŒr ein Fahrrad ist oder so, bestimmt nicht fĂŒr eine TĂŒr. Da bin ich sicher!â
Robin nickte. Der Schwarze war von Franzis Fahrradschloss. Der alte graue SchlĂŒssel, war der zum Bauernhaus. Da war sie sich sicher. Der silberne? Vermutlich von irgendeiner Lagerhalle, irgendeine moderne StahltĂŒre oder so, die sahen ja eh alle gleich aus: âBoah. Toll, BĂ€rchen!â, komplimentierte Robin ihrem kleinen Bruder wĂ€hrend es in ihrem Kopf ratterte. Jakob legte die beiden SchlĂŒssel neben seinem Teller ab und hatte endlich wieder Gelegenheit, ĂŒber sein Essen herzufallen wĂ€hrend David sich nach einer kleinen Pause langsam wieder rĂ€usperte: âHm ⊠und wo wohnt Fenix so? Die sind ja neu hier âŠâ
Ohne von seinem Teller hochzusehen oder mit dem Kauen aufzuhören, antwortete Jakob; âBei Nick.â
David seufzte genervt: âUnd wo wohnt Nick?â
Jakob kicherte: âBei Fenix!â
Auch Robin grinste, wĂ€hrend sie zusah, wie Jakob seinen groĂen Bruder verĂ€ppelte. Das hatte der sich aber mal grĂŒndlich verdient! Trotzdem fixierten ihre Augen weiterhin die beiden SchlĂŒssel.
Selbst Volker rĂ€usperte sich schmunzelnd: âWer dumm fragt, kriegt ne dumme Antwort âŠâ,
âJako, ernsthaftâ, antwortete David genervt und hĂ€tte seinen Bruder in diesem Moment am liebsten geschlagen. Fuck ey!
âBin ich die Auskunft?â, kicherte Jakob weiter und wackelte mit seinem ganzen Oberkörper, nichtfassenkönnend, welche Macht er auf einmal ĂŒber seinen groĂen Bruder hatte.
âSeit wann interessierst du dich eigentlich so fĂŒr die Freunde von deinem nervigen, kleinen Bruder?â, bohrte Robin tief in der Wunde. Interessiert und voller Genugtuung. Voll auf Jakobs Seite.
Ertappt schnappte Dave nach Luft verschrÀnkte ruckartig die Arme, lehnte sich langsam nach hinten und sah zur Decke. Atmete aus, versuchte sich zu beruhigen.
âNix. Wollt nur mal nett zu dem Kleinen sein âŠâ, antwortete er so gelangweilt wie nur irgendmöglich.
âDankeeeeee!â, log Jakob fröhlich und ĂŒberzeugte damit wohl höchstens seinen Vater bevor er sich wieder etwas Reis auf die Gabel schaufelte.
Etwas mehr als eine Viertelstunde spĂ€ter war das Abendessen schlieĂlich offiziell fĂŒr beendet erklĂ€rt worden. Eva war aufgestanden und hatte erneut nach dem Schnurlostelefon, das sie nach beendetem GesprĂ€ch neben ihrem Teller abgelegt hatte gegriffen, wĂ€hrend Volker mit der Zeitung von heute Morgen ins Wohnzimmer gegangen war. Robin hatte pflichtbewusst den Abwasch ĂŒbernommen, wĂ€hrend Jakob aufgestanden war, eillig seine mit Tellern beladene groĂe Schwester geknuddelt hatte und sich wieder auf den Weg an die Flugzeugabsturzstelle in seinem Kinderzimmer gemacht hatte.
âHey, Jakoâ, rief Dave ihm hinterher, als er den flinken Jungen im oberen Treppenhaus eingeholt hatte.
Jakob verschrĂ€nkte misstrauisch die Arme und runzelte die Stirn: âHm?â
Jako. Plötzlich nannte David ihn Jako und nicht mehr Zwerg. Oder Pampersbaby. Welch Ironie. Jakob drĂŒckte seine Beine zusammen und fĂŒhlte abermals die fast noch trockene, warmweich-kuschelige Pampers, in die er so sorgsam gewickelt worden war und von deren Existenz sein blöder Bruder nicht die geringste Ahnung hatte.
âWohnen die ⊠im Neubaugebiet?â, fragte er bemĂŒht beilĂ€ufig, selbst nicht mehr wissend, was nun der richtige Ton war. Es war eigentlich egal, die Maskerade war gefallen. Es musste glasklar fĂŒr Jakob sein, dass David diese Information unbedingt haben wollte.
Jakob grinste und streckte seine Brust raus: âJapâ, antwortete er angriffslustig.
âOhâ, reagierte David erfreut: âWo denn?â
âOookayâ, grinste der ZehnjĂ€hrige schelmisch: âIch verrats dir! Aaaaaaaber dafĂŒr nennst du mich nich mehr Baby, ok?â
David seufzte, atmete langsam aus. Warum nicht. FĂŒr ein paar Tage vielleicht könnte er dem HosenscheiĂer diesen Gefallen vielleicht mal tun: âJoa ⊠warum nicht âŠâ
Jakobs Augen funkelten. Der ZehnjĂ€hrige wackelte aufgeregt mit seinen Beinen, kostete den Moment der Ăberlegenheit gegenĂŒber seinem zwei Köpfe gröĂeren Bruder maximalst lange aus. Er presste seine Lippen aufeinander und sah mit seinen Augen an die Decke, als ob dort die Antwort auf Daves Frage geschrieben stĂŒnde.
âJunge, wo denn?â, verlor David die Geduld.
âIn der ÀÀÀÀÀÀÀÀÀÀÀÀhh ⊠in der ⊠Fick-Dich-StraĂe!â, antwortete Jakob grinsend, hob die rechte Hand und hielt dem SechzehnjĂ€hrigen den Mittelfinger hin.
Verdattert blieb David stehen, wĂ€hrend sein kleiner Bruder eillig in sein Zimmer lief. Erst als die TĂŒr bereits zugefallen war, rief er dem kleinen Jungen wĂŒtend hinterher: âScheiĂ Pampersbaby!â
Verschwörerisch kicherte Jakob, wĂ€hrend er sich auf seinen Teppich kniete. Wie recht David doch hatte. Im spĂ€rlichen Licht der schummrigen Kinderzimmerlampe fuhr er die Feuerwehrautos von der mittlerweile gelöschten Legoflugzeugunfallstelle weg und machte sich stattdessen mit einem Bagger daran, den Legohaufen zu sortieren. Es wĂŒrde lange dauern, das Flugzeug wieder aufzubauen, doch bereits jetzt schwirrten neue Ideen, was er mit den ganzen Steinen stattdessen so bauen könnte, in Jakobs Kopf herum. Vielleicht wĂŒrde das Flugzeug auch ein futuristisches Raumschiff werden! Auf Knien robbte Jakob zu dem groĂen Holzregal, dass das Fenster an der StraĂenseite umrahmte und griff nach einer alten, an den Ecken bereits ausgefransten Pappschachtel. Der ZehnjĂ€hrige blickte einen Moment lang wĂ€hlerisch auf das Sammelsurium aus dunkelblauen KassettenhĂŒllen und einzelnen, beige-gelben Kassetten in der Box, bevor er schlieĂlich eine ohne HĂŒlle in der Schachtel herumliegende Kassette mit der Nummer 31 herausgriff und in den Kassettenschacht seines silbernen Radiorecorders hineinfriemelte.
âAlso sicher ist schonmal, dass seit dem Mordanschlag keine unbekannte Person mehr das Tal verlassen hatâ, schlussfolgerte der AnfĂŒhrer einer sĂŒddeutschen Jugenddetektivbande, kaum hatte Jakob auf Play gedrĂŒckt und sofort wurde ihm klar, dass er die Kassette wohl schon einmal halb gehört haben musste. Oder David vor vielen Jahren einmal, als die Kassetten noch ihm gehört hatten. Egal.
Routiniert drĂŒckte Jakob die Stopptaste und betĂ€tigte sofort danach den RĂŒckspulknopf. Es klang zwar lustig, wenn man zurĂŒckspulte wĂ€hrend gleichzeitig Play gedrĂŒckt war, dann waren alle Stimmen total hoch und hörten sich an wie die Chipmunks von Super-RTL, aber spulte man zurĂŒck, ohne das gleichzeitig die Wiedergabe lief, ging das viel viel schneller! Einen kurzen Moment verharrte Jakob reglos vor dem Radio gekniet, lauschte dem Spulen des Kassettenrecorders und gĂ€hnte. Starrte ins Leere und realisierte plötzlich, dass er endlich wieder pinkeln musste. Ohne zu zögern lieĂ er seinem Harndrang freien Lauf und spĂŒrte, wie es zwischen seinen Beinen endlich wieder warm wurde. Neugierig griff sich Jakob mit einer Hand zwischen seine Beine und strich ĂŒber die aufquellende Windelbeule. Selbst durch die Hose konnte man spĂŒren, dass es da unten ganz besonders warm war, fand Jakob. Sachte quetschte er mit der Hand seine Windel gegen seinen Schritt, sodass bereits aufgesaugtes Pipi wieder aus dem FlieĂ hinausfloss. Der ZehnjĂ€hrige seufzte und schloss die Augen, ganz dieses GefĂŒhl âŠ
KLACK!
Erschrocken fuhr Jakob zusammen und blickte auf seinen Radiorecorder, der im selben Moment mit dem ZurĂŒckspulen fertig geworden war. Zufrieden drĂŒckte er wieder auf das Dreieckssymbol, hörte einen Moment lang nur das sanfte Rauschen der Tonabnehmer und rutschte wieder zurĂŒck zu seiner Legobaustelle, bevor schlieĂlich das Intro der beliebten Hörspielserie begann.
In der KĂŒche drehte Robin zur selben Zeit ein sehr Ă€hnliches Radiomodell lauter. Kaum war sie alleine in der KĂŒche gewesen, hatte sie den EmpfĂ€nger des kleinen silbernen GerĂ€tes auf die Frequenz des Junge-Leute-Radiosenders der regionalen Rundfunkanstalten umgeschaltet und anschlieĂend beinahe instantan damit begonnen, leicht zur Musik mitzusummen. âBooks from Boxesâ, ein sehr gefĂŒhlvoller Song der britischen Indierock-Band âMaximo Parkâ hatte grade begonnen wĂ€hrend Robin die Becher ineinanderstapelte und damit den Tisch vollstĂ€ndig abrĂ€umte.
Doch plötzlich hielt die FĂŒnfzehnjĂ€hrige inne.
Wie konnte sie das nur ĂŒbersehen!
Neben Jakobs leerem, blauen Plastikbecher lagen ja noch Franzis SchlĂŒssel! Musste der kleine, aufgedrehte Junge wohl vergessen haben, als er nach dem Essen ĂŒbereilt in sein Zimmer gerannt war um einer weiteren Konfrontation mit seiner Mutter aus dem Wege zu gehen. Franzis FahrradschlĂŒssel und der ihr unbekannte, silberne SicherheitsschlĂŒssel. Gott sei Dank! Impulsiv griff Robin nach den SchlĂŒsseln und stopfte sie tief in ihre linke Hosentasche. Sie hoffte instĂ€ndig, dass Jakob das Fehlen seines BeweisstĂŒckes nicht bemerken wĂŒrde. Das er morgen einfach etwas anderes Spannendes spielen wĂŒrde und die Sache mit den SchlĂŒsseln einfach vergessen hĂ€tte.
Als ob.
ScheiĂe.
Sie wĂŒrde Jakob anlĂŒgen mĂŒssen. Ihren sĂŒĂen, unschuldigen, sensiblen kleinen Bruder.
,Neee, die hab ich seit gestern nicht mehr gesehen!â, oder sowas in der Art mĂŒsste sie sagen.
In seine groĂen, dunklen Augen schauen, wenn er realisieren wĂŒrde, dass er die SchlĂŒssel verloren hatte.
Er wĂŒrde traurig werden, wĂŒtend. EnttĂ€uscht von sich selbst. Dass er sein Beweismittel einfach verloren hatte! Vermutlich wĂ€re sogar sein neuer Freund, Nicks kleiner Bruder, sauer auf Jakob deswegen.
Fuck!
Der hatte ja auch noch einen SchlĂŒssel! Und zu allem Ăberfluss sogar den vom Bauernhof selbst!
Das war das viel gröĂere Problem!
Achtlos lies Robin die Becher in die SpĂŒle fallen und griff, kaum waren ihre HĂ€nde frei, nach ihrem Handy.
,sis du hastn Problemâ, tippte sie. Abgesendet.
,!? whatâ, lautete die knappe Antwort.
,dein RucksackâŠâ, tippte Robin, mit dem RĂŒcken an die KĂŒchenzeile angelehnt, in ihr Mobiltelefon.
Robin drĂŒckte auf den roten Hörer des kleinen Mobiltelefones und starrte auf die Uhrzeitanzeige, wĂ€hrend sie auf die Antwort ihrer Freundin wartete. 21:05, Donnerstag , der 1. November 2012. Robin schloss fĂŒr einen Moment die Augen. Die gestrige Nacht mit allem was passiert war, steckte ihr noch in den Knochen. Sie war verdammt mĂŒde.
Plötzlich vibrierte ihr Handy stoĂartig. Robin öffnete wieder ihre Augen, wĂ€hrend das GerĂ€t erneut in ihrer Hand rĂŒttelte. Sofort realisierte sie, dass Franzi sie grade anrief, anstatt ihr eine SMS als Antwort zu schicken. Eillig ging die FĂŒnfzehnjĂ€hrige an ihr Telefon.
âScheiĂe ey, ja, ich hab den Rucksack gestern verloren!â, gestand Franzi sichtlich aufgelöst.
âJa, ich weiĂ âŠâ, stimmte Robin ihr zu, wĂ€hrend sie die VerandatĂŒr öffnete und in den Garten verschwandt. Nicht, dass sie drinnen noch jemand hören könnte. Sie musste jetzt wirklich aufpassen, dass ihre Eltern nichts von der Sache mitbekamen. Auch David nicht. Selbst Jakob. Vorallem Jakob!
Kalter Herbstwind blieĂ ihr ins Gesicht, wĂ€hrend alles um sie herum plötzlich dunkel geworden war. Sie spĂŒrte die NĂ€sse des kalten Grases, die sich in ihre Socken sog. Hörte die BlĂ€tter der alten Eiche, die auf der Grenze zum NachbargrundstĂŒck stand seit sie denken konnte, im Wind rascheln. Irgendwo im Dorf schien ein Hund zu bellen wĂ€hrend Robin ihrer besten Freundin flĂŒsternd erklĂ€rte, wo sie ihren Rucksack gestern vergessen haben musste und wieso ausgerechnet sie nun darĂŒber Bescheid wusste. Was sie machen mussten, wegen dem SchlĂŒssel, den Nicks Bruder hatte. Und ĂŒberhaupt, dem Rucksack selbst. Der war ja auch noch bei Fenix.
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Ihr wĂŒnscht euch etwas fĂŒr das nĂ€chste Kapitel? Habt eine Vermutung, wie es weitergehen könnte? Wollt Feedback abgeben? Ihr kennt das: Wenn euch die Geschichte gefallen hat, hinterlasst doch bitte einen Kommentar, um das zu zeigen! Und wenn nicht, dann bitte auch! Feedback ist das, was am meisten motiviert!
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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Ich hab mich so gefreut, als ich dein neues Kapitel gesehen habe. Wie immer sehr schön und tolle Stimmung aufgebaut. Besonders die Legoszene hat mich am meisten angesprochen. Dieses heimelige, drauĂen der kalte Herbst und innen eingekuschelt, tief versunken in eine andere Welt… Ich freu mich auf den nĂ€chsten Teil. Falls mir noch Ideen und Anregungen einfallen, schreibe ich nochmal. Bis hierhin bitte weiter so, ich liebe es!
Hi Bic,
Danke fĂŒr deinen Kommentar! FĂŒhl dich eingeladen und ermutigt, jegliche Ideen und Anregungen die dir einfallen, mitzuteilen, sowas finde ich immer hochinteressant! đ
Ich kann die neuen Kapitel garnicht abwarten! Sehr toller Schreibstil und super spannende Story! Gerne auch ein bisschen mehr auf David und seine GefĂŒhlswelt eingehen und vielleicht wird das ja was mit Nick đ
Freue mich auf das nÀchste Kapitel!
Hi Lukas,
Danke fĂŒr dein erneutes Lob! Mit Nick und David, ob das was wird? Ich fĂŒrchte, das wird erst einmal vorallem Kompliziert. Dave weiĂ ja selbst noch nicht einmal genau, was das ĂŒberhaupt werden soll … oder weiĂ er es? ^^
Ich finde diesen Teil der Geschichte auch wieder super spannend, und gut geschrieben, und kann auch kaum abwarten wie es weiter geht.
Hi Pfanny,
Vielen Dank fĂŒr dein positives Feedback und Sorry, dass ich erst so spĂ€t darauf reagiere! đ Dieses Wochenende geht es weiter. Ich hab mein anfĂ€ngliches Schreibtempo leider nicht ganz halten können, sodass die Kapitel mittlerweile im drei/vier-Wochentakt erscheinen, aber ich hoffe doch, dass das zum Lesen auch noch oft genug ist đ
Das ist wie immer ganz toll geschrieben, Giaci!
Macht voll SpaĂ zu lesen.
Hi Chappie,
Danke fĂŒr dein erneutes Lob! <3
Wenn ich mir was aussuchen darf, was in den nĂ€chsten Teilen drankommen soll … ich hoffe, dass sich nachher noch ein schönes rundes Gesamtbild ergibt. In Kapitel 5 hatte Eva den BĂŒrgermeister auf BebauungsplĂ€ne angesprochen. Ich fĂ€nde es schade, wenn das – und Evas lokalpolitisches Engagement an sich – unter den Tisch fallen wĂŒrde. Du hast da mit Kleinfeldern ein schönes kleines Dorf gebaut. Bitte spiel damit đ .
Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es weitergeht.
Hi Winger,
Toll, dass du dich daran erinnerst! Die Geheimnisse der Kerkwald-Geschwister lebt ja sehr von in sich verwobenen Nebenstories – viele Charaktere haben Hintergrundstories, die den Gesamthandlungsstrang voranbringen. Weil das aber so viele sind, dauert es aber manchmal ein bisschen, bis die Story sich an dem Punkt weiterentwickelt, du merkst das ja … đ
Die poltische Situation in Kleinfeldern kurz vor der Wahl, mit Windpark, Schlachthoferweiterung und BĂŒrgerinitative ist ein Pulverfass – da passiert ganz sicher noch etwas und die Hauptcharaktere werden ganz gewiss ihren Anteil daran haben! Ich muss nur aufpassen, dass ich mich darin nicht verzettele, das geb ich zu! đ
@giaci9 (ganz lieb zu verstehen)
Mann jetzt lass uns doch nicht so verhungern! Hop hop ran an die Tastatur! Und biiiiiiiiitteeeeee ein bisschen mehr Romanze zwischen David und Nick. đ
Dem kann ich mich leider nur anschlieĂen
Hi Bic,
Jaaaa. Es sind doch erst vier Wochen! đ Aber du hast ja voll recht. Kapitel 11 ist auch ~eigentlich~ schon seit fast ner Woche quasi-fertig. Aber der Feinschliff fehlt halt. Aber dieses Wochenende kommt es online, versprochen!
Als Ausrede sage ich ja nur: „Gut Ding will weile haben“! đ
Mit Nick und Dave geht es auch endlich einen Schritt weiter. Sogar einen ziemlich bedeutsamen! đ
Ich bin gespannt und freu mich drauf!
Eigentlich wollte ich mich ja zurĂŒckhalten, da du sicher schon Ideen hast. Aber da du mich so freundlich ermutigst, werde ich meinen Gedanken (im nĂ€chsten Teil) freien Lauf lassen.
Das Dave erst entdeckt, dass er schwul ist finde ich total aufregend und es gibt da so viele Spannungsmöglichkeiten. Sein eigener Konflikt, die Sehnsucht und auch die Lust (vielleicht ist das auch einen Teil wert, dass er plötzlich an Nick denken muss, wenn er sich selbst… oder er entdeckt ne MĂ€dchenzeitschrift bdi Robin und sieht soch die Boys dort mal genauer an, wobei seine GefĂŒhle Achterbahn fahren)
Robins Handlung finde ich gar nicht so spannend, sie ist mir etwas zu perfekt, das mit ihrer Freundin sollte fĂŒr sie unangenehme ZĂŒge annehmen, wodurch sie ihre Pflichten vernachlĂ€ssigt, vielleicht ist dann etwas mit Jakob, was sie sich wieder zusammenreiĂen lĂ€sst. Er könnte mit ihr und ihrer Fteundin unterwegs sein, sie wird von der Fteundin in etwas reingezogen und Jakob gejt dabei verloren. Das sind meine kurzfristigen Ideen. Vielleicht ist da etwas dabei.