Die Verwandlung (8)
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Day Twelve – Freibadpommes
Abwesend streifte Finn sich seine kurze, passend zum Oberteil seines Minecraft-Schlafanzuges Creepergrüne mittellange Schlafanzughose von den Beinen und warf sie auf den Badewannenrand neben eine hellblaue Jeans, die gestern Abend ebenfalls auf völlig unerklärliche Weise nass geworden war und nun auf die nächste Wäsche wartete. Routiniert riss er mit seinen beiden Daumen die Seitenflügel des völlig überladenen Pullups auf und warf die schwere gelbe Windel in den mittlerweile für seine Nachtwindeln reservierten, kleinen Mülleimer neben den Waschbecken.
In den vergangenen Tagen hatte sich in der kleinen Familie eine Art Routine im Umgang mit Finns nächtlichen und täglichen Unfällen entwickelt. Es wurde für Finns Eltern nun zur Gewohnheit, dass der Zwölfjährige täglich mehrere nasse Hosen hatte. Im Schwimmbad pullerte Finn von seinen Freunden ohnehin seit jeher unbemerkt im Wasser in seine Badehose und entging so elegant peinlichen Momenten, Abends zu Hause pinkelte Finn aber ungeniert in seine Hosen. Wie auch sonst? Es sollte ja so aussehen, als würde er es unabsichtlich machen. Jeden Abend wurden so ein bis zwei Hosen nass, bis seine Mutter ihm zum umziehen in einer Art stiller Übereinkunft keine neue Hose, sondern seinen Schlafanzug mitsamt Nachtwindel auf die Badezimmerkommode legte. So hatte Finn in den letzten Tagen schon um Acht Uhr Abends seinen Schlafanzug an obwohl er selten vor Mitternacht ins Bett ging. Sein Pullup hingegen leistete schon vor Mitternacht gute Dienste und ersparte den Bald-Siebtklässler lästige Toilettenpausen wenn er sein Taschenbuch laß oder an seinem Computer ein Multiplayer-Match spielte.
Seine Mutter erinnerte den gewitzten Zwölfjährigen nun zwar regelmäßig daran, aufs Klo zu gehen, was aber gestern dazu geführt hatte, dass Finn, nachdem er mit Widerworten erwartbar wenig Erfolg gehabt hatte, mit hochgezogener Hose vor der Toilettenschüssel stand und ganz genüsslich, ja gradezu schelmisch lächelnd in die Pullupwindel strullerte. Finn liebte es, wie seine Windeln nun bereits beim Einschlafen dick aufgequollen waren und schwer und warm in seinem Schritt lagen. Das bedeutete allerdings leider auch, dass Finn nun morgens wieder in einem nassen Bett aufwachen musste, denn die vielen Abendstunden plus eine lange Nacht war definitiv zu viel für die Aufnahmekapazität von Finns Pullups. An seinem Po war das Windelhöschen auch heute in den Morgenstunden wieder ausgelaufen und hatte einen großen runden Fleck auf Finns Schlafanzugshorts gezaubert. Das war allerdings wesentlich weniger schlimm als einfach so ins Bett zu machen, fand Finn. Im Pullup selbst blieb es kuschelig-warm-nass sodass er die zusätzliche nässe außen am seinem Po eigentlich kaum spürte. Nur seine Bettwäsche musste jetzt morgens wieder gewechselt werden und auch die Schlafanzughose war nach dem aufstehen erst einmal reif für die Waschmaschine. Aber hey, das war nicht Finns Problem!
Nun stand Finn also schon kurz nach dem Aufwachen verschlafen im Bad und hatte seine Windel bereits ausziehen müssen. Keine Cartoon-Vormittage in Pampis mehr. Das war allerdings Finns Problem. Schläfrig stieg Finn in die Duschkabine und duschte erst einmal ausgiebig und fing an, über alles, was in den letzten Tagen passiert war, zu grübeln. Während der Wasserdampf um ihn herum alles langsam in dichten Nebel hüllte, dachte der Sechstklässler daran, wie Luca vor ein paar Tagen plötzlich aus dem Schwimmbad verschwanden war, von jetzt auf gleich. Verschwunden für vier ganze fucking Wochen. Wenn Luca aus den Staaten zurückkam, würden die Sommerferien fast komplett vorbei sein. Auch ansonsten waren fast alle Weg. Tobi, Sarah und Lars waren noch da, aber vor allem von Tobi war Finn aktuell ziemlich genervt. Irgendwie hatte er gar nicht so wirklich den Drang, sofort loszuskaten um seine Freunde im Schwimmbad zu treffen. Was würden sie da schon machen? Rumliegen, rumscherzen, rumschwimmen und Sachen rumwerfen. Gestern hatte er noch im Sandkasten gespielt und irgendwie hatte er seit langem mal wieder richtig Spaß gehabt. Nicht coolen Spaß, nein, richtigen Spaß!
Pflichtschuldig und mit seiner Entscheidung auf vielerlei Arten hadernd, legte Finn kurze Zeit später seinen Longboard auf den betonierten Weg in der Mitte des Schottervorgartens des Einfamilienhauses, welches er bewohnte. Eine Weile hatte er in seinem Zimmer gestanden und gegrübelt, doch jetzt machte er sich auf den Weg zum Sommerbad. Die Angst, irgendwas cooles zu verpassen, war einfach zu groß! Das war aber nicht der einzige schwere Entschluss, den Finn gefasst hatte: Finn hatte sich ein weißes, weites Tshirt mit schwarzem Converse-Logo und eine schwarze Jeansshorts angezogen, dazu die bordeauxroten Vans-Sneaker. Unspektakulär soweit. Unter seiner Hose trug Finn allerdings eines seiner Pyjamahöschen angezogen. Und flitzte nun auf seinem Longboard den Hügel des Neubaugebiets herunter, während er eine Windel trug! Sein Herz pochte vor Aufregung. Der Luft roch nach aufgeheiztem Asphalt, in Finns Ohren hallte das laute Abrollgeräusch der kleinen Longboardrollen, aus der Bluetooth-Box in seinem Burton-Rucksack schallte „Cake“ des amerikanischen Pop-Rap-Interpreten „FloRida“. Und zwischen seinen Beinen fühlte Finn das weiche und sanfte Gefühl einer Windel! Der Zwölfjährige lächelte über sein ganzes Gesicht. Das war fantastisch! Und unter dem langen Shirt war es auch ziemlich unwahrscheinlich, dass irgendwer etwas mitbekommen würde. Jetzt war er eine Art Stealth-Kindergartenkind, dachte Finn sich, ein Kleinkind im Tarnmodus! Er sah aus wie immer und niemand konnte erahnen, dass er sich grade wie ein kleiner Junge fühlte. Es war ganz allein sein Geheimnis.
Ein allerdings nicht allzu langes währendes Geheimnis. Nicht, weil Finn etwa enttarnt worden wäre, sondern, da er nur eine Viertelstunde später, die trockene Pullup abstreifte, tief in seiner Tasche vergrub und gegen seine Badehose tauschte. Wieder als zwölfjähriger Teenie verlies Finn die Umkleidekabine und verstaute den Rucksack mitsamt seines kleinen Schatzes in seinem Stammschließfach Nummer 626 bevor er sich auf den Weg in die Freibadanlage machte.
„Hast du noch ein geheimes Zweit-Schwimmbad mit dem du uns betrügst?“, scherzte Tobi, als Finn plötzlich vor ihm stand und ihm die Sonne wegnahm: „Du bist ja wieder super spät!“
„Witzbold“, verdrehte der schmächtige Zwölfjährige die Augen, nahm seine bereits aufgedrehte Trinkflasche hinter seinem Rücken hervor und opferte das darin enthaltene Sprudelwasser mit Krischgeschmack, um seinen Kumpel damit nasszuspritzen. Er hatte schon erwartet, dass Tobi jetzt einen blöden Kommentar machen würde. Tobias gab es gar nicht ohne spitzfindige Kommentare.
„Bwaaah, na warte, du Schlumpf!“, grummelte Tobi, sprang auf und rannte dem kichernden Finn hinterher. Eine wilde und für den unbeteiligten Zuschauer äußerst amüsante Verfolgungsjagd entwickelte sich, in dessen Verlauf die sich die beiden Freunde über die Liegewiese, durch die Umkleidenhalle und sogar über die Wasserrutsche verfolgen. Schlussendlich landeten sie im großen Schwimmbecken und hatten beide ihre wohlverdiente Abkühlung bekommen. Es war ein toller Tag! Die Freunde machten das Freibad unsicher und zettelten noch einige Wasserschlachten an, bis sie irgendwann erschöpft und zufrieden auf ihren Handtüchern lagen und entspannt vor sich hinsäuselnder Elektromusik lauschten.
Tobi war grade mit einer Schale Pomm-Frites von der kleinen Kioskbude am Rande der Liegewiese zurückgekehrt und auch Finns Magen grummelte. Eigentlich wollte er aus Rücksicht auf sein verbleibendes Taschengeld heute auf eine leckere Portion der frittierten Kartoffelstangen verzichten, aber nun wurde sein Appetit doch zu groß. Finn blickte gierig auf die nach Frittierfett duftenden Pommes in Tobis Hand. Tobias schirmte die Fritten schützend mit seiner anderen Hand ab: „Mach kein Auge, Junge!“, stellte er klar. Finn konnte es ihm nicht ganz verdenken, Freibadpommes waren halt zu lecker als das man sie teilen wollen würde.
„Bin gleich wieder da!“, murmelte Finn und sprang von seinem Handtuch auf. Nam noch schnell sein Smartphone aus der Badehosentasche und legte es neben den Lautsprecher, damit die Musikwidergabe nicht abbrechen würde und lief den kleinen Hügel auf welchem die Badegäste ihre Handtücher ausbreiten konnten, herab. Finn wühlte eilig in seinem Spind herum auf der Suche nach dessen Geldbeutel, fand das kleine blaue Ding, klackte das Schloss wieder zu und lief zum Imbiss weiter. Doch all die Hektik, die er an den Tag gelegt hatte, um möglichst schnell in den Pommesgenuss zu kommen, zeigte sich sinnlos, als er die Schlange vor der kleinen Holzhütte erblickte. Scheinbar war er nicht der einzige, der um diese Tageszeit Appetit verspürte. Hätte er sich auch denken können! Desillusioniert verlangsamte der Siebtklässler sein Tempo, blieb schließlich ganz stehen, stemmte nachdenklich-frustriert seine Hände in die Hüften und zog einen Schmollmund.
„Auch Hunger?“, fragte ihn plötzlich eine Jungenstimme hinter ihm. Finn drehte sich verwundert herum und sah Yannik, der auf einem Mauervorsprung saß und ihm eine Pommes hinhielt. Der Zwölfjährige schaute ihn kurz verwundert an, vergewisserte sich kurz, dass ihn grade niemand von seinen Freunden sehen konnte, und setzte sich neben Yannik auf die angenehm warme Ziegelsteinmauer. Yannik legte die Pommesschale zwischen sich und seinen Klassenkameraden: „Dafür, dass du mir letztens dein Kirschwasser gegeben hast! Und wegen dem Reifen. Das war echt voll super!“, stellte er aufgeregt fest, während Finn noch immer nichts gesagt hatte und sich zögerlich eine Pommes nahm.
„Fanke!“, sagte er mit vollem Mund, während er immer noch nervös zwischen seinem Zehnjährigen Klassenkameraden mit den verstrubbelten dunkelblonden Haaren und der Rasenfläche des Schwimmbads hin und her. Was, wenn ihn jemand hier jemand entdecken würde, neben Spielkind? Das wäre gar nicht optimal für sein Ansehen bei seinen Freunden und in der 6c, die bald die 7c sein würde. Gut, er könnte sich herausreden, wenn er sagen würde, dass er nur die Pommes essen wollte …
Ach, das war doch alles scheiße, dachte Finn sich, während er sich noch ein paar Fritten nahm. Yannik war doch eigentlich voll in Ordnung. Er verstellte sich halt nur nicht, so wie es alle anderen taten. Luca und er hatten doch bis vor kurzem noch selbst mit Lego gespielt und trotzdem hatte sich Luca am lautesten darüber lustig gemacht, als sie in Yanniks Scout-Mäppchen neben den Stiften auch ein paar Lego-Männchen gefunden hatten. Sauber festgezurrt, als wären sie angeschnallt. Klar, waren die Legomännchen danach durch die Klasse geflogen und wenn Finn ehrlich war, wusste er gar nicht, ob Spielkind sie am Ende wiederbekommen hatte.
„Und hält dein Reifen noch?“, fing jetzt auch Finn an zu reden und zwang sich, nicht die ganze Zeit nervös in der Gegend herum zu schauen.
„Jau, super!“, antwortete Yannik.
„Wir sind halt echte Profis, hm?“, stellte Finn lachend fest und zwinkerte seinem Klassenkameraden zu.
„Voll!“, stimmte dieser zu und beide nahmen sich noch ein paar Pommes aus der großen Pappschale. Finn schaukelte mit seinen Beinen vergnügt vor und zurück, stellte jedoch schnell fest, dass das sicherlich ziemlich uncool aussah und stützte sich stattdessen einfach nur mit einem Fuß an der Mauer ab und ließ sein anderes Bein lose-lässig herabbaumeln.
Schnell entwickelte sich ein reges Gespräch zwischen den beiden gegensätzlichen Jungen. Sie beobachteten und verfolgten einen Heißluftballon am Himmel, mutmaßten über dessen Zweck und Ziel und redeten über den geplanten Schwimmbad-Umbau der in ein paar Monaten starten sollte. Schließlich dachten sich die beiden ihr Traum-Freibad aus. Mit riesigen Strömungskanälen, Loopingrutschen, Jetskis und was man sich sonst noch alles so ausdenken konnte an diesem heißen Sommertag. Längst war die Pommesschalte geleert, doch die beiden Jungen saßen weiterhin auf der Mauer und plauderten, scherzten und beobachteten das Treiben im Freibad.
„Finn!“, rief irgendwann erneut irgendwer und ließ den angesprochen eillig zusammenzucken. Erschrocken sprang der Zwölfjährige auf und blickte zu Sarah, die ihn soeben entdeckt hatte: „Da bist du ja! Wo bleibst du denn?“, fragte sie, lief zu ihrem Klassenkameraden herüber und stutze dann aber kurz und fragte verwundert grinsend: „Und was macht Spielkind hier?“
Spielkind. Als hätte Yannik keinen richtigen Namen. „Nix“, antwortete Finn, und sah sich, kaum hatte er das Wort ausgesprochen, zum immer noch auf der Mauer hockenden Zehnjährigen um und Biss sich schuldbewusst auf die untere Lippe. Yannik blickte zur Seite, in Richtung der Schwimbadbarracke und sagte wie zur Bestätigung leise: „Nix“.
„Wo warst du denn die ganze Zeit?“, fragte Sarah, während sie zusammen mit Finn wieder in Richtung des Schwimmbeckens lief und Yannik keinerlei Beachtung mehr schenkte. Finn murmelte abwesend: „In meinem geheimen Zweitschwimmbad“, und blickte über seine Schulter in Richtung der kleinen Backsteinmauer, auf welcher immer noch der von ihm soeben verleugnete Yannik saß. Viel Gelegenheit, sich über diese Situation Gedanken zu machen, hatte Finn in den nächsten Stunden allerdings nicht und so war er schon schnell wieder damit beschäftigt, mit seinen Freunden das Freibad unsicher zu machen.
Der Nachmittag im Schwimmbad verging rasend schnell, während die vier Freunde im Schwimmbecken umhertobten und zwischendurch so viel Wasser auf der Wasserrutsche aufstauten, dass es fast an den Rändern überlief. Die Sonne hatte den Zenit des heutigen Tages schon lange überschritten und steuerte auf die Weinreben an der anderen Seite des Tales zu. Lars war bereits nach Hause gefahren und Tobi und Sarah entspannten sich grade nebeneinander auf den Whirlpool-Liegen, welche unter einem Luftbläschen aufploppen ließen und so mehr schlecht als recht eine Massage simulierten. Finn stützte sich wenige Meter entfernt mit seinen Armen auf dem hellblau gefliesten Beckenrand ab und blickte ins Leere. Der Zwölfjährige nutzte die Gelegenheit, um unbemerkt in das Becken zu pinkeln. Immerhin musste er schon eine ganze Zeit lang und hatte ei dem ganzen Trubel bislang keine gute Gelegenheit gehabt. Selbst als er noch nicht mit dem absichtlich-in-die-Hose-pinkeln angefangen hatte, war Finn im Schwimmbad nicht auf die Toiletten gegangen. Die waren zum einen superweit weg, stanken zum anderen und überhaupt, nichts war praktischer als beim Schwimmen einfach unbemerkt in die Badehose zu pinkeln.
Plötzlich stemmte sich Finn mit seinen Armen aus dem Wasser und stieg auf den Beckenrand. Sarah und Tobi hörten nur noch, wie er ihnen: „Fuck, muss los, sonst krieg ich Ärger von meiner Mom!“ zurief, während er bereits über die von der Sommersonne heißen Pflastersteine des Schwimmbads lief. Eilig zog der Zwölfjährige seinen Rucksack aus dem Metallspind, sprang in eine nebenstehende Kabine und trocknete sich notdürftig ab. Vor höchstens einer Minute war er noch im Wasser gewesen und hatte erblickt, wie Yannik, sein unscheinbarer Klassenkamerad, sich ebenfalls auf den Weg zur Umkleide gemacht hatte. Finn hatte nicht lange nachgedacht, eigentlich hatte er überhaupt nicht gedacht. Und stand grade in der Umkleidekabine und zog sich im automatikmodus soeben den Pullup, den er heute Morgen statt einer Unterhose angezogen hatte, die Beine hoch. Kurz darauf folgte seine schwarze Jeansshorts und die dunkelroten Turnschuhe. Finn kontrollierte nicht einmal, ob seine Windel vernünftig durch dessen Kleidung kaschiert wurde, sondern öffnete hektisch die Umkleidentüre und ging, das Longboard in der einen und den noch nicht richtig zugezogenen Rucksack in der anderen Hand, in Richtung des Freibadeinganges.
„Hi!“, rief er und rannte zum schon am Drehkreuz des Schwimmbadausganges stehenden Yannik.
„Oh … Finn!“, rief Yannik verwundert während seine Mimik zwischen erschrocken, erfreut und verwundert hin und herwechselte.
„Gehst du auch nach Hause?“, versuchte Finn ein Gespräch einzuleiten und verdrehte gedanklich seine Augen ob dieser dämlichen Frage.
„Nö, ich geh nur gerne durch die Drehtüre raus und direkt wieder rein, um den Bademeister zu verwirren!“, antworte der Zehnjährige schnippisch und brachte beide Jungen zum kichern.
„Den treiben wir noch in den Wahnsinn, das schaffen wir!“, befand Finn während er neben Yannik über den Schotterweg neben der Schwimmbadbaracke schlenderte und auf die Fahrradständer zuging.
„Wohin musst du eigentlich fahren?“, fragte Finn, während sein Klassenkamerad dessen Fahrrad aufschloss. Finn hatte seine Haare in der plötzlichen Eile welche ihn noch vor ein paar Minuten überkommen hatte, gar nicht wie üblich zur Seite gekämmt, sondern sie achtlos trockengerubbelt sodass sie nun einfach unmotiviert an seiner Stirn herunterhingen. Überhaupt, Finn passte zumindest von außen betrachtet in diesem Moment besser zu Yannik, als zu einem Fast-Jugendlichen wie Tobias. Verspielt tippelte er von einem Bein aufs andere und plauderte mit dem dunkelblonden Zehnjährigen mit dem er sich auf eine seltsame Weise verdammt gut verstand. Es dauerte nicht lange, da hatten die beiden Jungen ein gemeinsames Gesprächsthema gefunden: Für den morgigen Sommertag verabredeten sie sich bereits früh morgens im Schwimmbad, um im zu dieser Uhrzeit recht leeren Wasserspielplatz des Schwimmbades einen besonders großen Staudamm zu bauen.
„Boah das wird so ein nices Ding!“, staunte Finn voller Vorfreude: „Und den Bausand befestigen wir einfach mit Stöckern!“, schlug er vor.
„Voll gut!“, stimmte Yannik zu, während die Beiden Kinder den Schwimmbad-Hügel heruntergingen. Yannik schob sein nunmehr repariertes Fahrrad neben sich her und Finn hatte sich sein Longboard unauffällig unter den linken Arm geklemmt. Mit der freien rechten Hand drückte Finn sich unterdessen immer wieder instinktiv zwischen seine Beine, nur um sie kurz darauf wieder hektisch wegzuziehen. Finn musste nun wirklich super-ober-mega-dringend, war eigentlich kurz davor, sich in die Hose zu machen und trotzdem mit beinahe ungeteilter Aufmerksamkeit in das Gespräch mit Yannik involviert. Kurz hatte er überlegt, wie er aus dieser Situation rauskommen könnte. Aber wozu? Yannik hatte ihn bereits zweimal mit nasser Hose gesehen, so oft wie außer Paul und seinen Eltern eigentlich niemand. Und Finn hatte sogar einen frischen Pullup an, er musste sich also überhaupt keine Sorgen machen. Im Gegenteil, seine Blase zwickte bei der Bewegung mittlerweile so sehr, dass er am liebsten sofort lospinkeln würde. Aber er konnte es nicht. Finn presste sogar absichtlich ein bisschen, aber während des Gehens bestand offensichtlich nicht der Hauch einer Chance, dass der Zwölfjährige sich endlich erleichtern könnte. Nunja, dachte Finn sich, es würde schon noch der richtige Zeitpunkt kommen. Er war gewickelt, es konnte ihm ja völlig egal sein, wann er sich schlussendlich in die Hose machen würde. Ein wohlig-warmes Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus, wissend das ihm nicht passieren konnte. Es fühlte sich so an, als wäre er in diesem Moment vor allen schlimmen Dingen, die auch nur irgendwie passieren könnten, sicher.
„Vielleicht können wir uns eine der Poolnudeln nehmen als Grundgerüst! So früh merkt das bestimmt niemand!“, schlug Yannik nach einer kurzen Überlegungspause ein. Sie würden den kleinen Wasserlauf, der am Wasserspielplatz entsprang und sich über die gesamte Liegewiese entlangzog bis neben den kleinen Kiosk in der Nähe der Umkleidenbarracke, aufstauen. Das war Yanniks Idee gewesen, aber Finn war mindestens genau so überzeugt wie seine zehnjährige Schwimmbadbekanntschaft. Finn hatte schon immer voll gerne Staudämme gebaut! Das hatten er, Luca und die anderen früher auch oft gemacht im Wasserspielplatz des Freibades, wenn auch nicht mit dem kleinen Bach, sondern mithilfe der für ebenjenen Zweck angedachten Wasserhahnpumpen des großen Spielplatzes. In diesem Sommer wollten die anderen in seinem Freundeskreis aber nichts mehr von solchen Aktionen hören. Sie waren ja schließlich in ein paar Wochen Mittelstufenschüler. Teenager, keine Spielkinder mehr. Aber verdammt, das war doch alles lame und machte überhaupt keinen fun mehr!
Die schmale, erst vor kurzem frisch geteerte Fahrradweg zum Grundhausener Freibad war eigentlich perfekt, um auf ihr schnell mit dem Longboard ins Tal herunter zu cruisen und so Schwung aufzubauen, aber heute verpasste Finn diese sonst so coole Talfahrt vollständig. Den gesamten Weg herunter hatten er und Yannik sich unterhalten und gescherzt, nur unterbrochen durch die wenigen anderen Fahrrädern, denen sie zwischendurch hatten Platz machen müssen. Das Gespräch war längst fortgesponnen und statt über Freibad-Staudämme hatten sie sich beide von ihren letzten Sommerurlauben vorgeschwärmt und festgestellt, dass keiner von ihnen diesen Sommer verreisen würde. Wenigstens einer, der auch in Grundhausen bleibt, hatte Finn sich gedacht. Finn hatte jetzt erfahren, dass Yannik, wie er selbst auch, Einzelkind war. Im Gegensatz zu all seinen andern Freunden, die Finn früher immer für ihre immer verfügbaren Spielkameraden beneidet hatte und die ihn nun für die Ruhe, die er zu Hause hatte, beneideten. Mittlerweile waren die Jungen an der Kreuzung, welche den Fahrradweg mit der Umgehungsstraße verband und an welchem sich ihre Wege trennen mussten, angekommen und hatten es, statt ihr Gespräch zu beenden, vorgezogen, im Stehen weiter zu plaudern. Yannik hatte sich auf den Sattel seines blauen Rades gesetzt und stützte sich mit einem Bein ab, während Finn sein Longboard mit der unteren schmalen Kante auf dem Boden abgestützt hatte und das andere Ende gegen seinen Schritt drückte um besser einhalten zu können. Er tippelte immer noch mit den Beinen herum, so dringend musste er mittlerweile. Yannik merkte entweder nichts davon, oder ließ sich nichts anmerken, während er Finn grade eine Redstone-Schaltung erklärte, die er in Minecraft gebaut hatte. Irgendwie hatte der Zehnjährige es scheinbar hinbekommen, eine vollautomatische Kisten-Sortier-System zu bauen! Man konnte irgendein Item reinpacken und es kam sortiert in der passenden Kiste raus! Finn war sich nicht sicher, ob er das glauben konnte, aber andererseits wirkte Yannik auch nicht so, als würde er lügen. Er hatte das auch nicht breitgetreten oder mit stolzgeschwellter Brust erzählt, so wie Luca es immer machte, wenn er etwas cooles auf dem Minecraft-Server seines Bruder gebaut hatte, sondern einfach nebensächlich erwähnt, als wäre es gar keine große Sache: „Kannst ja auch mal auf meinen Server kommen, dann zeig ich dir alles!“, schlug er jetzt vor: „Wie heißt du in Minecraft, dann setze ich dich auf die Whitelist?“
„Du hast einen eigenen Minecraft-Server?“, fragte Finn erstaunt: „Bei Minehub, oder was?“, fragte Finn erstaunt. Er hätte niemals gedacht, dass sein kindischer Klassenkamerad einen eigenen Gameserver hätte. Der Server, auf dem Luca und er oft gezockt hatten, gehörte Lucas sechzehnjährigem großen Bruder und ohne den hätten sie es wohl auch niemals geschafft, so ein Ding zu betreiben. „Nö, der steht bei uns, hat Mama eingerichtet. Wie heißt du in MC? dann setz ich dich auf die Whitelist! minecraft-Punkt-Bruck-Punkt-i-o“, buchstabierte er die Adresse. Bruck, das war Yanniks Nachname. Wusste Finn, weil ihr Lateinlehrer immer die nervige Angewohnheit hatte, seine Schüler mit Nachnamen anzusprechen, wenn er sie auf dem Kieker hatte. Und da Yannik oft abgelenkt im Lateinunterricht saß, war das gar nicht mal so selten. Nicht, dass das bei Finn anders wäre, nur hatte Finn einfach den Dreh raus, wenn es darum ging, unauffällig abwesend zu sein. Krass, das Yannik seinen Nachname als Adresse für dessen Minecraft-Server hatte!
„Skaterboy, mit einer 8 statt dem at, also S-k-8-t-e-r-b-o-y!“, antwortete Finn: „Aber ich zock nicht mehr so oft Minecraft“, schob er direkt hinterher. Mittlerweile hatte er wesentlich mehr Spaß, Battlefield 5, einen schnellen Multiplayer-Shooter zu spielen, als Minecraft, was ja im Endeffekt nur Lego am PC war. Und Battlefield spielte Yannik bestimmt nicht, dachte Finn sich und musste kurz kichern bei der Vorstellung. Battlefield durfte Finn auch nur spielen, weil seine Eltern dachten, es wäre ab 16 und nicht ab 18. Scheiß FSK!
„Schade! Naja, bis morgen!“, beendete Yannik schließlich das Gespräch und schwang sich auf seinen Drahtesel. „Jau, bis morgen früh“, antwortete Finn und sah seinem neuen Freund noch kurz hinterher, während er alle Anspannung von sich fallen ließ und ohne das noch einmal gründlich zu durchdenken, in seinen bis jetzt noch unbenutzten Pullup pullerte. Erst als es zwischen seinen Beinen warm wurde, realisierte er wirklich, was er da grade tat. Er stand an einer Landstraße, hatte sein Longboard in der Hand, blickte ins Leere und machte einfach mal eben so in seine Windel. Als wäre er Paul oder so! Wohlig-vertraute Wärme und Nässe breitete sich aus, während Finns Pullup sich aufplusterte und langsam schwerer wurde. Sachte strich der Wind durch den kleinen Baum an der Weggabelung, ansonsten war es völlig still. Niemand bekam mit, was Finn grade trieb. Er stieg grinsend auf sein Longboard und beschleunigte, nun mit der warm-nassen Windel zwischen seinen Beinen hängend. Es fühlte sich an wie in einem Traum. Einfach wie im Traum. Mit seinem Plan, absichtlich wieder ins Bett zu machen, hatte Finn es geschafft, wieder Windeln zu bekommen, aber er hätte niemals für möglich gehalten, dass er sie einmal draußen tragen würde. Einfach so! Klar, hatte davon niemand etwas mitbekommen, aber alleine der Gedanke wäre vor kurzem noch verrückt gewesen für Finn. War der Pullup bis vor kurzem noch fast so dünn wie eine normale Unterhose gewesen, so spürte er jetzt deutlich, wie die Saugmasse sich aufgeplustert hatte. Jedes Mal, wenn Finn sich mit seinem rechten Bein vom Asphalt abstieß, um weiter Tempo aufzubauen, spürte er, wie sein Pullup zusammengequetscht wurde. Von außen war eigentlich nichts zu sehen, nur am Reißverschluss seiner schwarzen Jeans konnte man die kleine, durch die Windel verursachte Ausbeulung erahnen. Der Zwölfjährige cruiste in gemütlichen Schlangenlinien über die noch nach frischem Teer duftende Umgehungsstraße, genoss den kühlenden Fahrtwind und erfreute sich an der Gewissheit, das sein Windelabend grade erst begonnen hatte.
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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Danke für diese Geschichte. Giaci du bist der Hammer. Die Story ist wunderbar die Charaktere liebevoll gestaltet und es ist nicht 0815. Ich hab selten so viel Spaß am lesen gehabt. Ich hoffe du hast weiterhin viel Spaß am Schreiben und erfreust uns noch länger mit deinen tollen Geschichten
Absolut kein 0815!
Klasse geschrieben, super Teil, da freut man sich auf mehr!
Ich weiß, gut Ding will Weile haben, deswegen werde ich auch nicht sagen, dass es ziemlich lange dauert, ehe was reinkommt von dir!
Selten so viel Freude am Lesen gehabt, habe es dir damals schon gesagt, solltest du irgendwann mal ein Buch rausbringen, ich würde es definitiv kaufen!
Ach Mensch, du hast ja schon recht – hab grade mal nachgeschaut, zwischen der Fertigstellung von Kapitel 7 und Kapitel 8 liegen mal stabile dreieinhalb Monate – ist wirklich ein wenig lang. Ich gelobe Besserung!
Und derweil erfreue ich mich an jedem Kommentar hier. 🙂
Ich liebe diese Geschichte!
Ich hab alle 8 Teile nacheinander gelesen und es war so ein Spaß sie zu lesen. Bitte mach schnell weiter! Danke
Hallo ?? Giaci,
Ich finde deine Geschichte richtig schön.
Vor Allem kann ich mich sehr gut in Finn hinein versetzen?. In vielen Dinge sehe ich mich selbst. Auch heute noch. Und sehne mich in meine Jugend zurück! Ich finde es toll wie du es schaffst in die Tiefe zu gehen‼️Sowohl was die Story angeht als auch die Charaktere. Auch Yannik ist toll beschrieben. Finn‘s Konflik mit seinem
Umgang mit ihm! Ich gebe zu – das alles liegt mir nicht ganz so. ? Ich freue mich immer wenn es etwas Neues von Finn und seinen Freunden zu lesen ? gibt! Ich hoffe das man auf weitere Kapitel nicht so lange wird warten müssen ?.
Alles in allem eine super schöne und sensibel erzählte Geschichte. Ich muss sagen, das besonders das Freibad in meinen Gedanken sehr reale Formen annimmt. Ich kenne da ein Waldschwimmbad…..
Bitte schreib weiter. Und bitte, lass die Geschichte nicht unvollendet ‼️☺️
Meine Geschichte (Paradoxon) neigt sich jetzt allmählich dem Ende entgegen.
Ich bin sehr gespannt wie es dir am Ende gefallen hat.
Ich freue mich darauf von dir zu hören ?! ?
Liebe Grüße,
Lukasw.
Ich finde die Geschichte nach wie vor sehr schön, vor allem da der Protagonist nicht nur in eine Windelgeschichte passt, sondern vollkommen nachvollziehbare und psychologisch gesehen sinnvolle Bedürfnisse und Ziele hat (Stichpunkt infantile Regression). Ich finde auch die literarischen Witze amüsant, die immer wieder eingebaut werden (allein der Titel ist interessant gewählt – zum Glück aber ist die Geschichte nicht so kafkaesk, wie er vermuten lässt). Daher: Gute Arbeit. Ich freue mich auf weitere Teile und Geschichten. 🙂
Endlich mal jemand, der die literarische Anspielung bemerkt! 😉