Divergent (7)
Windelgeschichten.org präsentiert: Divergent (7)
Letzter Schultag – Die große Ferienfeier
***
Liebes Tagebuch
Gestern war ein ganz besonderer Nachmittag für mich und meine kleine Hanni. Ich konnte erst gar nicht glauben, wie schnell sie nach der Schule in ihre kleine Hanna Rolle schlüpfte und ich ein kleines Kind mit im Wald hatte, das alles interessiert bestaunt und von allen Seiten betrachtet. Ein Kind, auf das ich schauen muss. Das aber auch so klug ist, dass ich über sie staunen kann, wenn sie mir plötzlich die Worte aus meinem Mund nimmt und mir die Welt auf ihre eigene kindliche Art und Weise erklärt.
Ich merke auch immer mehr, dass es mir als Mama guttut, wenn ich wieder mehr auf sie aufpassen muss, weil sie so unbekümmert spielt. Sie gibt mir damit das Gefühl, dass sie mich braucht und es schweißt uns wieder zusammen. Und das ist viel schöner als die Streitereien und Diskussionen, die wir früher wegen jeder Kleinigkeit hatten.
Im Wald kam es mir dann so vor als würde sie immer jünger werden und ich weiß nicht, wieso, aber am Schluss wollte sie nicht mal das ich ihr helfe, damit sie trotz ihrer Windel im Gebüsch groß aufs Klo gehen kann. Das war für mich sehr überraschend. Aber sie war so sorgenfrei und glücklich, dass ich es ihr nicht verbieten wollte. Kann es sie glücklicher machen, wenn sie so, fast wie ein Kleinkind, ist?
Und nun liebes Tagebuch bin ich so richtig in der Zwickmühle. Als Mama, wünsche ich mir das meine Kleine erwachsen wird, aber jetzt merke ich das sie als Kind viel fröhlicher ist. Und obwohl ich will, dass sie lacht und dass es ihr gut geht, muss ich als Mama doch auch schauen, dass sie zu einer guten und reifen Erwachsenen wird? Manchmal frage ich mich deshalb, fördere ich mein Kind genug, wenn ich sie so klein sein lasse?
Oder braucht sie es im Moment einfach mal etwas in die Kindheit zurückkehren zu dürfen, um zu lernen, mit ihren Problemen umzugehen. Das weiß ich nicht. Ich habe sie dann den ganzen Abend damit etwas geneckt um herauszufinden, ob sie nur mal so war um es auszuprobieren oder ob es ihr wirklich gefällt.
Trotzdem habe ich am Abend dann mit ihr den nächsten Schritt getan und die Kindersicherung auf ihrem Handy installiert. Zuerst war ich auch da unsicher, wie sie das aufnimmt. Sie war ja am Nachmittag zuerst noch sehr skeptisch und ich wollte auf keinen Fall, dass es sich für sie wie eine Strafe anfühlt. Ich will, dass sie mir vertraut und mit ihren Sorgen zu mir kommt.
Aber meine Sorge war unbegründet. Sie war dabei immer noch ganz die kleine Hanna und sie hat mir so wie früher einfach vertraut, dass ich das Richtige für sie mache und für sie sorge.
Den Abend haben wir dann ganz wie früher als Mama und Kind verbracht und sie durfte heute bei mir im Bett schlafen, was sie vorher auch schon seit einiger Zeit nicht mehr tat.
Alles liebe Judith
***
“Wach auf, Hanni.”, flüsterte Mama in mein Ohr. “Es ist Zeit für deinen letzten Schultag.”
Ich schlug meine Augen auf und kuschelte mich nochmal ganz eng an sie in ihr Bett. “Aber Mami, bitte noch fünf Minuten.”, bettelte ich.
“Na gut, aber dann gibt es keine Ausreden mehr.”
Sie legte ihren Arm um mich und ich spürte die Liebe, die sie mir gab.
Nach einem gefühlten kurzen Moment hob sie mich dann aus dem wohlig warmen Bett, trug mich ins Badezimmer, setzte mich wieder am Boden ab und drückte mir meine Zahnbürste in die Hand.
Ich putzte meine Zähne und zog den Pyjama aus. Dann nahm sie mir die Windel ab und warf sie in den schon ziemlich vollen Badezimmereimer. “Schaffst du den Rest alleine”, fragte sie mich hoffnungsvoll. Ich sah kurz zu ihr hoch, “Ja Mama”, nuschelte ich und versuchte dabei nicht allzu enttäuscht zu klingen.
Nur 15 Minuten später saß ich mit schicker Hose und sommerlichen Top beim Frühstückstisch. Es war seit ein paar Tagen das erste Mal, dass ich mich selber angezogen hatte, denn in den letzten Tagen hatte ich immer Hilfe von ihr gehabt. So war ich mir nicht ganz sicher, ob das kurze Top eine so gute Idee war und ob es die Pullup unter meiner Hose auch gut verdeckte.
Sie hatte meinen nun fast leeren Schulrucksack auf den Sessel neben mir abgestellt.
Einerseits freute ich mich, dass heute die Ferien begannen, andererseits hatte ich diese Woche in der Schule viel Spaß gehabt und ich habe endlich auch ein paar Freunde gefunden. Theresa und Lyana waren Super und auch Paul und Thomas waren, obwohl sie Jungs sind ganz ok.
Und irgendwie fürchtete ich mich ein wenig, dass ich sie aus den Augen verlieren würde, wenn jetzt zwei Monate keine Schule sein würde.
“Mama, glaubst du, könnten wir Theresa vielleicht mal in den Ferien einladen?”, wollte ich zaghaft von ihr wissen.
“Natürlich können deine Freunde kommen. Du brauchst keine Angst zu haben, dass du deine neuen Klassenkameraden nicht mehr siehst, nur weil Ferien sind?”, versprach sie mir, kurz bevor sie in ihre Marmeladensemmel biss.
“Ich weiß nicht, ich will auf keinen Fall meine Freundschaft zu Theresa wieder verlieren.”, versuchte ich meine Unsicherheit auszudrücken.
“Heute habt ihr ja erst mal eure Schulschlussparty, die wird sicher super.” versuchte sie mich aufzumuntern.
Noch nicht ganz überzeugt, kaute ich auf meiner Semmel herum.
Wenige Minuten später packte ich meine Tasche und aus alter Gewohnheit schlenderte ich in die Garage und wollte mich schon auf die Sitzerhöhung auf der Rückbank setzen.
“Was machst du denn da?”, fragte mich Mama erstaunt. “Hast du schon vergessen, dass du heute vorne sitzen darfst, mein Kindchen.”
Da fiel mir der alte Kindersitz wieder ein, den ich mit Mama gestern auf dem Beifahrersitz montiert hatte und mein Herz strahlte vor Freude.
Das erste Mal durfte ich mit Mama vorne sitzen. Hurra! Ich machte vorsichtig die Tür auf und setzte mich auf den gemütlich aussehenden weinroten Sitz. Mühsam fummelte ich an dem Sicherheitsgurt herum, als sie mir die Schnalle aus der Hand nahm und flink den Gurt schloss.
Während sie aus der Garage fuhr, sah ich die herrliche Aussicht, die mir die große Windschutzscheibe bot und legte den Kopf gegen die seitlich angebrachten Stützen und genoss die Fahrt.
Ich fühlte mich so richtig erwachsen und war stolz darauf, neben Mama zu sitzen.
An der Bushaltestelle, an der ich immer ausstieg, wenn sie mich brachte, herrschte schon reges Treiben von Eltern, die ihre Kinder zur Zeugnisverteilung fuhren und so ließ sie mich nur schnell aus dem Wagen steigen
Als ich meinen Schulranzen über meine Schulter warf, sah ich direkt in Marios rachsüchtige Augen, während er mit seinem Handy in der Hand zu mir herüberschielte.
Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. So hatte es in der alten Schule auch angefangen, sagte eine warnende Stimme in mir und vorsichtig fasste ich mir an den Bund meiner Hose, um mich zu vergewissern, dass man nichts von meiner speziellen Unterwäsche sehen konnte.
Schnell ging ich ins Klassenzimmer, um den komischen Kauz hinter mir zu lassen und war froh als mich Lyana mit einer kurzen Umarmung begrüßte.
“Alles Ok bei dir?”, sorgte sie sich um mich. “Du siehst so blass aus.”
“Ich weiß nicht.”, gestand ich und begann ihr von der unheimlichen Begegnung mit Mario zu erzählen.
“Ja, der spinnt seit gestern total. Ich habe von ihm sicher 50 SMS bekommen.”, bestätigte mir Lyana. “Aber mach dir keine Sorgen, er ist nur ein abservierter Typ, die sind immer so.”, versuchte sie mit ihrer Erfahrung bei mir anzugeben.
Kurz darauf setzte sich auch Theresa neben mich und langsam begannen wir zu tuscheln und zu plaudern. Die ältere Jugendliche erzählte mir, wen sie alle für die Party heute Nachmittag eingeladen hatte und dass sie sich schon so auf die Feier freute.
Als es endlich zu Stunde läutete, betrat unsere alte Klassenlehrerin den Raum.
“So Kinder, wieder ist ein Jahr um.”, begann sie die Ansprache zur Zeugnisverteilung, und sprach dann ausführlich über alles, was wir gemeinsam erlebt und bei ihr gelernt hatten.
Dann begann sie jedem von uns aufzurufen und drückte uns eine Mappe mit dem Zeugnis und einen Brief an die Eltern in die Hand.
Ich war nun schon richtig gespannt, einige Noten wusste ich ja schon, aber bei anderen Fächern war ich unsicher, womit ich rechnen musste. Schließlich war ich die Erste von uns drei, die nach vorne geholt wurde.
“Hanna Vogt”, rief sie und wartete, bis ich neben ihr beim Pult stand. Dann reichte sie mir die aufgeklappte Mappe, und ich musste lächeln als ich die Noten sah, sogar in Deutsch hatte ich die 3 gerade noch geschafft, das würde Mama sicher freuen.
“Ich bin echt stolz auf dich Hanna, dass du dich bei uns doch ganz gut eingewöhnt hast!”, sagte sie leise zu mir “Gerade in der letzten Woche hast du da ja viele Fortschritte erzielt. Aber du sollst die Ferien auch ein wenig zum Üben nutzen, vor allem im Lesen hast du noch deine Schwierigkeiten.”
Ich nickte ihr zu und dachte an Mamas Vorleserunde gestern. “Aber ich bin mir sicher, dass du das schaffst.”, sprach sie mir Mut zu und klopfte mir auf die Schulter. Ich musste mir am Weg zurück kurz eine Träne aus den Augen wischen.
“Alles OK bei dir?”, sorgte sich Theresa, als ich mich zu ihr in die Bank setzte. Die beiden wollten das Zeugnis auch sofort sehen, sodass uns unsere Lehrerin mit einem strengen Blick zur Ordnung rufen musste, ehe sie als nächsten Schüler Mario aufrief.
“Von dir bin ich sehr enttäuscht.”, sagte unsere Klassenlehrerin in strengen Ton zu den Jungen. “Bei den Noten hast du echt gepatzt und auch dein Verhalten und deine Scherze gehen immer auf die Kosten anderer Schüler.”
Mario sah mich mit einem Blick an, der töten konnte und er ging kommentarlos zurück zu seiner Bank.
Ich hatte nun ein ungutes Gefühl seinetwegen und am liebsten würde ich mich verstecken.
Dann wurde Theresa aufgerufen und auch sie bekam ihr Zeugnis und ein großes Lob der Lehrerin für ihre Arbeit als Klassensprecherin.
Plötzlich summte mein Handy. Ich nahm es zur Hand.
Es war eine Nachricht einer mir unbekannten Nummer.
‘DU BIST SCHULD, das mich Lyana nicht mehr mag. Du Baby!’, stand dort geschrieben.
Das musste wieder dieser doofe Mario sein. Ich fühlte mich so alleine und verletzlich.
Wieder piepste das Handy und ängstlich nahm ich es wieder hoch.
Wollte ich wirklich wissen, was er mir geschrieben hatte?
Aber es war nicht Mario. Oder doch? Der Superheld, den ich von gestern schon von der Kinderschutz-App kannte, war statt dem Messenger zu sehen.
Es scheint, als ob dir jemand unangemessene Nachrichten schreibt, informierte er mich. Viele junge Menschen erleben Mobbing im Internet. Ich habe die Nachricht von der nicht gespeicherten Nummer an deine Mama weitergeleitet. Du kannst darauf vertrauen, dass sie dir hilft.
Wenig später erschien.
Hallo Hanna, mach dir keine Sorgen wegen dieser SMS, ich werde dich von der Schule abholen, er kann dir nichts tun. Ich habe dich lieb, deine Mama.
Darunter erschien der Knopf Chatverlauf anzeigen.
Als Theresa wieder zurückkam, merkte sie, dass etwas nicht stimmte.
Ich war immer noch ängstlich, was war, wenn Mario mehr wusste. Er hatte ‘du Baby’ geschrieben! Mir war ganz schlecht vor Angst, als sie sich zu mir setzte und besorgt ihren Arm um mich legte.
“In ein paar Minuten sind Ferien”, sagte sie zu mir, um mich zu beruhigen. Ich öffnete mein Handy und drückte auf den Knopf, der seine Nachricht wieder zum Vorschein brachte.
Theresa las sich meine Nachricht durch, die ich erhalten hatte. “Das ist Marios Nummer”, erklärte sie mir.
“Der kann was erleben.”, empörte sie sich so laut und wütend, dass es sogar unsere Lehrerin hörte und uns einen ermahnenden Blick zuwarf. Wortlos reichte sie mein Handy an Lyana weiter.
“Wir lassen dich natürlich nicht alleine und Mario stellen wir gemeinsam zur Rede.”, versprach sie mir.
Ich nickte und sie drückte mich, um mich zu trösten.
Kurz darauf waren alle Zeugnisse ausgeteilt und die Lehrerin entließ uns in die lang erwarteten Ferien.
Ohne ihre Sachen, einzupacken standen die Beiden auf und gingen mit mir an der Hand hinüber zu Marios Tisch.
“Was wollt ihr denn?”, fragte der Junge keck.
“Hast du das geschrieben!”, konfrontierte Theresa ihn wütend und hielt ihm mein Handy hin, das immer noch seine Nachricht anzeigte.
“Ja, weil wenn Hanna die blöde Kuh nicht wäre…”, versuchte er sich zu rechtfertigen, aber er merkte schnell, dass er bei Theresa und Lyana mit seinem Argument nicht punkten konnte.
Langsam hatte sich eine Traube an Schülern gebildet, die sehen wollten, was da schon wieder los war.
“Du bist ein richtig gemeiner Junge.”, sagte Theresa zu ihm “Einer der nicht mal zu seinen eigenen Taten und Fehlern steht.”
“Aber sie ist so ein Baby, wusstet ihr das sie heute sogar eine Windel anhat.”, versuchte er seinen letzten Trumpf auszuspielen.
Wie hatte er das gesehen!?, schoss mir der Gedanke durch den Kopf. Ich konnte es kaum ertragen hier vor allen anderen Kindern so bloßgestellt zu werden. Tränen liefen mir über meine Wangen.
“Und was bist du?”, verteidigte mich meine Beschützerin in einem erwachsenen Ton, den ich bis jetzt gar nicht von ihr kannte.
“Ich?”, stammelte der Angeklagte, als keiner der Anderen über mich lachte. “Hanna ist doch gar nicht cool!”, rief er empört.
Und als er merkte, dass das nichts brachte, ballte er seine Hand zur Faust.
“Du”, wollte er mir wieder drohen, aber da kam Thomas von hinten und bog ihm unsanft seine zur Faust geballte Hand auf den Rücken.
“So sind wir Jungs nicht!”, sagte Thomas mit seiner tiefen Stimme. “Du bist das kleine Kind, das versucht, auf Kosten anderer cool zu sein. Theresa hat ganz recht, wenn sie dich zur Rede stellt. Und ich finde, Hanna ist viel cooler und viel mutiger als du.”
Mario nahm seine Zeugnismappe und lief frustriert aus der Klasse.
Ich hingegen, konnte meine Tränen nicht mehr zurückhalten und setzte mich heulend auf die Bank.
“Aber Hanna, es ist doch alles Ok.”, versuchte mich Lyana zu trösten. Ich sah kurz auf und wischte mir meine Tränen aus den Augen.
“Jetzt wird alles nur noch schlimmer, so wie beim letzten Mal.”, schluchzte ich verzweifelt.
“Na komm, du kannst uns vertrauen.”, sagte Theresa zu mir. “So wie Mario sind wir nicht. Du bist echt cool, was du dich alles traust.”
“Und weißt du was”, ergänzte Mia, eins der anderen Mädchen unsicher und leise als würde sie ein Staatsgeheimnis verraten. “Du bist nicht die Einzige, die solche Höschen tragen muss. Ich brauche die in der Nacht auch noch. Und ich finde, du bist irre mutig.”
Langsam versiegten meine Tränen und ich beruhigte mich wieder etwas.
“Meinst du wirklich?”, wollte ich von ihr wissen.
“Doch ganz sicher.”, bestätigte mir Mia. “Ich habe mich deswegen noch nicht mal getraut, woanders zu übernachten und du warst gestern sogar mit uns im Schwimmbad.”
Erst jetzt merkte ich wie die ganze Klasse an meinen und Mias Lippen hing und keines der Kinder lachte uns aus.
“Ich finde auch, dass Hanna richtig cool ist”, bestätigte mir Thomas noch einmal.
Was als ein Streit zwischen uns und Mario begonnen hatte, wurde nun eine Abschiedsrunde vor den Ferien und ich gehörte nun dazu. Irgendwie gab es die Anderen nicht mehr, es gab nur mehr ein uns.
Etwas Gutes hatte das ganze ja auch, ich brauchte keine Angst mehr zu haben, dass jemand meine Windeln sah.
Erst jetzt, da meine Tränen getrocknet waren und ich wieder klar sehen konnte, merkte ich, dass hinten in der Klasse meine Mama und die Lehrerin standen und sich unterhielten. Und ich begann zu lächeln und zu strahlen als sich unsere Blicke trafen.
Gemeinsam mit Theresa und Lyana ging ich dann zu Mama rüber und umarmte sie zur Begrüßung. “Mama bist du schon lange da?”, wollte ich von ihr wissen.
“Ich habe alles gesehen, aber Theresa hatte es ja im Griff und da brauche ich nicht einzugreifen.” Ich nickte ihr zu.
“So ich muss nun los”, wollte sich meine Klassensprecherin verabschieden “ich muss noch einkaufen, da meine Party so groß geworden ist, werde ich wohl zweimal zum Supermarkt laufen müssen.”
“Wenn du willst, können wir dich aber auch gerne mit dem Elektroauto fahren.” bot meine Mama an.
Theresa versuchte kurz abzuwägen, ob sie die Hilfe von einem Erwachsenen annehmen konnte.
“Ja, das wäre ganz nett von Ihnen, Frau Vogt.”
“Du musst nicht immer so förmlich sein. Ich bin einfach Judith.” bot sie ihr an und so nahm ich Mamas Hand und gemeinsam mit meinen Freunden gingen wir zum Auto.
Mama räumte dann meine Sitzerhöhung vom Rücksitz, damit dort meine Freunde Platz nehmen konnten. Etwas geschickter als am Morgen, fischte ich den Gurt hervor und so musste Mama mir nur helfen, die Schnalle in die Halterung zu stecken, während ich von hinten auch das vertraute Knacken des Gurts hörte. “Judith, könnten sie mich vielleicht kurz vor dem Supermarkt aussteigen lassen, ich muss vorher noch das Zeugnis zu meinen Eltern bringen.”, bat sie unsicher meine Mutter.
“Ja sicher”, erwiderte sie und steuerte das Auto zuerst zu ihr nach Hause. Dort musste unsere erwachsene Fahrerin aussteigen, um sie herauszulassen.
“Warum habt ihr noch eine Kindersicherung im Auto?”, wunderte sich Lyana erstaunt. “Ja, die haben wir noch, aber die ist doch für Yala, wenn meine fast Schwester mal mitfährt”, versuchte ich mich herauszureden.
“Deine fast Schwester, das klingt nach einer interessanten Geschichte, die musst du uns heute Nachmittag unbedingt noch erzählen.”, meinte sie.
Die Teenagerin nahm ihren Rucksack und schloss sachte die Tür und wir fuhren weiter zum Supermarkt. Theresa ließ mir keine Ruhe, bis ich ihr erzählte, wer Yala war.
“Dann bist du ja fast schon im Babysitter Business.”, meinte meine Freundin, als sie hörte, dass die Kleine erst fünf ist.
Ich wurde rot. “Na ja, aber es macht so viel mehr Spaß, einfach mit ihr zu spielen”, gestand ich, dass ich noch gar nicht daran gedacht hatte.
“Das kenne ich von meinem kleinen Bruder auch, dem kann ich selbst mit 16 kaum einen Wunsch verwehren und es macht mir auch noch Spaß, manchmal mit ihm zu spielen.”, gab Theresa zu.
Du wirst mit ihm sicher auch viele schöne Stunden haben.
Ich drehte mich um und nickte ihr zu.
Meine Freundin holte dann von mir und meiner Mama begleitet einen Einkaufswagen und wir luden Chips und Snacks und jede Menge Getränke in den Wagen und als Mama versprach, dass sie für den Einkauf aufkommen würde, legten wir auch noch ein paar Süßigkeiten hinzu.
Sie zahlte und wir brachten meine neue Freundin nach Hause.
Theresa wohnte in einem alten Herrenhaus am Rand der Stadt, das mehr so aussah wie ein kleines Schloss und es schien als stünde es schon seit einer Ewigkeit hier.
“Ich wusste gar nicht, dass du in einem Schloss wohnst wie eine Prinzessin.”, staunte ich über sie.
Theresa wurde etwas rot als ich das sagte. “Ich bin keine Prinzessin und na ja, damit gebe ich eigentlich nicht so gerne an. Es ist schon irre alt, wir haben es von meinem Großvater geerbt, der mit einer Fabrik zu Geld gekommen ist. Aber so schön wie es ist, Mama und Papa haben damit viel Arbeit, da wir fast alles selber machen müssen.”
Theresa hob den schweren bronzenen Türknauf hoch. ‘Glonck … Glonck’ klopfte sie mit dem Klöppel gegen das Metall und wenige Augenblicke später öffnete sich die schwere hölzerne, mit schwarzem Schmiedeeisen verstärkte Tür und eine Frau, die etwas älter war, als meine Mama kam heraus und begrüßte sie. “Theresa, willst du mir nicht deine Begleitung vorstellen?”, neckte sie ihre Mutter.
“Judith und Hanna, das ist Cara-Elea, aber alle nennen sie nur Elea. Und Mama, das ist Hanna, eine meiner Mitschülerinnen, von der ich die schon erzählt habe und Judith Vogt ihre Mutter.”
“Freut mich sie kennenzulernen Frau Vogt.” begrüßte sie uns nun und schüttelte unsere Hände.
“Wollt ihr kurz hereinkommen, bei einer Tasse Kaffee redet es sich gleich viel leichter.”
Mama, die immer noch die schwere Tasche trug, stellte sie in einer alt aussehenden Küche ab, in der es eine früher mit Feuer beheizte Kochnische gab und einen riesigen Waschzuber, in dem ich locker ein Vollbad nehmen konnte.
Ich starrte staunend auf die alte, fast mittelalterliche Küchenausstattung
“Die alte Kochstelle verwenden wir eigentlich gar nicht mehr, außer, wenn meine Eltern im Winter zum Weihnachtspunsch alle Nachbarn einladen.”, erklärte mir Theresa, die meine staunenden Augen sah und zeigte auf die andere Seite der Küche, in der eine moderne Kücheneinrichtung stand.
Während sich Elea mit meiner Mama eine Tasse Kaffee von der Maschine holten, führte mich Theresa etwas im Erdgeschoss herum.
Durch eine weitere Tür kam man in die alte Empfangshalle, die hier in ein Wohnzimmer umgestaltet war. Auf dem uralten Steinboden aus Marmor hatte jemand weiche, flauschige Teppichinseln gelegt und in der Ecke stand ein riesiges Sofa, das den Raum etwas wärmer und freundlicher erscheinen ließ. In der Mitte der Halle trennten Zimmerpflanzen, die bis zur Decke reichten, den Raum in einen Ess- und Wohnzimmerbereich.
“Willst du nicht gleich dableiben und mir beim Vorbereiten helfen” versuchte Theresa mich zu überreden.
“Mama darf ich?”, rief ich aufgeregt und drehte mich um und sah, dass die Beiden schon wieder in ein Gespräch vertieft waren.
“Darf ich jetzt schon bei Theresa bleiben?”, bat ich sie erneut.
“Ich weiß nicht, wird das nicht ein bisschen lange für dich mein Kind?”, sorgte sie sich um mich.
“Bitte, bitte Mama”, bettelte ich und hoffte auf einen schönen Tag mit Theresa.
“Du weißt doch, warum das nicht geht.”, wollte sie mir noch einen Tipp geben.
“Du meinst, weil ich keine Pullup mehr mit habe?”, sagte ich laut, ohne darüber nachzudenken.
Nun mischte sich Elea ein, “Aber wenn ihre Kleine wirklich wechseln muss ist das doch kein Problem, Windeln haben wir auch für meinen Theo genug im Haus, der braucht die in der Nacht und bei Ausflügen auch noch und ich denke, du bist sogar noch etwas kleiner als er, da sollten die schon noch passen.”
“Ja bei Hanna ist in den letzten Wochen immer öfters ein Missgeschick passiert und letztes Wochenende haben wir dann eine Pause eingelegt, um den Druck etwas rauszunehmen.”, erklärte sie Elea meine Worte.
“Klar Druck bringt bei den Kleinen gar nichts.”, bestätigte die andere Mutter die Aussage meiner Mama.
“Und ich muss sagen ich habe liebe ein Kind was noch Windeln braucht und glücklich ist, als dass meine Maus immer mit Tränen und nasser Hose heimkommt.”
Mit einem Grinsen sah ich, dass sie wohl noch lang mit Elea über mich reden würde.
“Und was ist nun?”, drängte ich sie nochmal.
“Ja, wenn du magst und es für euch kein Problem macht, darfst du natürlich schon bleiben.”, erlaubte sie es mir.
“Na komm, dann zeige ich dir alles, Hanna.”, holte mich die ältere Teenagerin ab nahm mich an der Hand und zog mich durch die große, modern aussehende Terrassentür in den Garten.
An der hinteren Seite des Hauses nach Südwesten ausgerichtet, befand sich die mit einer alten Säulenmauer eingefasste Terrasse und gleich darunter ein eindeutig modernes Schwimmbecken, um das jemand einen Maschendrahtzaun gespannt hatte.
Weiter hinten unter einer alten Linde hatte man liebevoll einen Spielplatz angelegt, mit allem, was dazugehört. Auf der anderen Seite standen zwei Hängesessel, die einem herrlich zum Entspannen einluden.
Plötzlich merkte ich, wie es bei mir vorne wieder ganz warm wurde und ich spürte, wie schwer meine saugfähige Unterwäsche schon wieder war. Was sollte ich jetzt tun?
Theresa wusste, dass ich Pullups trug, aber sie einfach fragen, wo ich mich frisch machen konnte, das kann ich doch nicht.
Plötzlich war es still zwischen uns. “Wenn du mal wechseln musst, kannst du es mir sagen, oben ist für meinen Bruder im Bad alles dafür vorbereitet.“, erriet Theresa meine Gedanken als wüsste sie, was mir gerade passiert war.
Ich nickte schüchtern. “Ich muss aber vorher noch schnell zu Mama.”
“Aber oben haben wir doch alles, was du brauchst.”, entgegnete sie mir. “Oder willst du, dass deine Mutter dir hilft?”
“Ich weiß nicht”, sagte ich peinlich berührt. Das mache ich nicht so gerne alleine, dachte ich mir. Ich sehnte mich zurück nach der Geborgenheit, die mir Mama gestern gegeben hatte. Musste ich mich entscheiden zwischen Kind sein und meinen Klassen-Kameraden?
“Was ist mit dir?” fragte Theresa.
“Du siehst so aus als wärst du ganz traurig. Ich möchte das nicht, ich will das wir Freunde sind und das du keine Angst vor mir hast. Dass du so bist, wie du bist und mir sagst, was dich berührt.”
“Aber dann denkst du doch schlecht von mir!”
“Warum soll ich schlecht von dir denken?”, entgegnete Theresa und schaute frustriert in die andere Richtung. “Du machst es mir nicht gerade leicht, dich zu verstehen.”
Was passierte hier. Würde ich sie verlieren, weil ich mich nicht traute zu sagen, was ich dachte. Ich sah sie an, wie sie sich abwandte. Ich musste es tun und noch mehr riskieren.
“Aber Theresa”, flüsterte ich, und sah, wie sie ihren Kopf zu mir drehte.
“Ist das wirklich so schlimm für dich darüber zu reden, Hanna? Ich weiß doch schon so viel über dich und ich habe nie über dich gelacht.”
Mein Gesicht nahm eine rote Farbe an und ich musste an all die peinlichen Momente denken, in denen sie mir aus der Patsche geholfen hatte.
“Ich mag manchmal noch nicht so erwachsen sein.”, stotterte ich und vor Aufregung rann eine Träne über mein Gesicht. “Manchmal würde ich gern die Zeit zurückdrehen und mir als Kind einfach mehr Zeit lassen mit dem Groß werden.”, gestand ich ihr vorsichtig.
“Aber du musst ja noch gar nicht groß sein. Du sollst so sein, wie du bist. Das Schöne am jung sein ist doch, dass es nicht wichtig ist immer ernst und sachlich zu sein. Aber ich dachte bis jetzt, du magst es nicht, als ein kleines Kind gesehen zu werden, so wie beim Schwimmen das mit dem Bademeister, das war dir doch viel zu peinlich?”
“Ja, mir ist es unangenehm, wenn mich Freunde so sehen, aber es ist für mich auch einfacher, wenn mir jemand hilft. Und wenn die Leute mich als Kind sehen, sind meine Probleme für mich nicht mehr so schlimm. Ich kann dann ich sein und muss nicht so viel Angst haben und es ist auch ein irre schönes Gefühl, so beschützt zu werden.” gab ich zu.
“Aber vor mir muss dir das doch nicht peinlich sein, irgendwie macht auch so alles etwas mehr Sinn für mich. Ich denke, ich habe es schon bemerkt, ist das sowas wie den Kindersitz, den du im Auto noch hast, oder? Ich glaubte, bis jetzt deine Mama ist halt übervorsichtig. Aber eigentlich ist es doch gar nicht schlimm und ich finde es sogar irgendwie cool, dass du das magst. Denn wer, wenn nicht du, könnte das so machen. Ich bin trotzdem deine Freundin, wenn du mich in deine besondere Welt einlässt.”
Ich nickte eifrig.
“Aber ich glaube, du solltest nun wirklich eine neue Pullup anziehen, oder soll ich dir helfen?”, bot sie mir nun an.
Ich wurde wieder rot. “Mit den Pullups kann ich das auch alleine. Ich glaube nur ich hab keine mehr für mich dabei, und mit den Pampers kann ich das noch nicht, dann macht das immer Mama für mich.”, gab ich nun zu und erklärte ihr, warum ich noch da herum stand.
“Elea macht das auch mit Theo, wenn er ins Bett gehen muss.”
“Ich gehe schon zu Mama”, gestand ich und versuchte nicht weiter auf Theresas Vorschlag mir zu helfen einzugehen. Schnell stand ich auf und merkte erst als ich mir mit der Hand über meine Hose strich, dass auch meine Jeans schon ganz nass war.
“Hanna, du bist ja ganz nass. Ich glaube, du gehst jetzt gleich zu deiner Mutter und ich wische hier mal alles ab.” stellte Theresa fest.
Die Erwachsenen saßen immer noch bei einer schon fast leeren Tasse Kaffee und redeten.
“Mama” nuschelte ich zaghaft. “Ich glaube, mir ist ein kleiner Unfall passiert.”, gestand ich ihr meine nasse Hose.
“Oje”, sagte Elea. “Hast du für Hanna auch Wechselwäsche dabei?”
“Nein leider, warum hast du den nicht früher was gesagt, jetzt müssen wir beide doch noch schnell heimfahren und dich frisch machen.”, begann sie mit mir zu schimpfen, ohne wirklich böse auf mich zu sein.
“Aber wieso denn, Judith, oben haben wir sicher noch eine alte Hose von Theo, die ihr passt. Der wächst ja so schnell aus seinen Sachen raus und wir haben eine Kiste mit zu klein gewordenen Sachen am Speicher, die für Hanna genau richtig sind.”
Mama holte eine meiner Pampers aus der Handtasche.
“Gut, dass ihr die noch passen, bei Theo muss ich mir bald was überlegen, dem wird die Größe 7 bald zu klein.”, kommentierte Elea das bunte verzierte und doch fast weiße Stück Zellstoff
“Bei meinem Schatz habe ich jetzt gleich die neue Größe acht genommen, die sitzt fast noch etwas zu locker.” erzählte sie, „Ihr könnt die ja auch mal ausprobieren”, schlug sie ihr vor und nahm mich an der Hand.
“Am besten, ihr geht rauf ins Badezimmer. Dort haben wir auch alles für Theo und du kannst sie so auch leichter waschen.”
“Aber Mama!”, beschwerte ich mich über ihr langweiliges, erwachsenes Gespräch. Sie taten nun fast so, als wäre ich noch ein kleines Kindergartenkind, andererseits fühlte ich mich nun auch wieder so richtig schön und sicher an ihrer Hand.
Sie führte mich sachte hinter Elea hinauf in den ersten Stock und brachte uns ins Badezimmer, wo auf einer alten Kommode ein richtiger, etwas übergroßer Wickeltisch stand.
Er war sichtlich aus ein paar Ikea Regalen zusammengebaut und sah ganz gemütlich aus. Auf der einen Seite hatte er offene Regalböden, in die jemand kleine Kisten mit Theos Windeln und Badesachen getan hatte, am Fußende war eine aus Sprossen gefertigte Leiter angebracht und an der Wandseite war Platz für die Feuchttücher und Cremen, die für den kleinen Jungen bereitstanden.
“Ah hier seit ihr” sagte Theresa, die gerade in den ersten Stock gekommen war. “Hallo mein Engel, kannst du uns von Theos alten Sachen eine neue Hose für Hanna aussuchen?” bat Elea ihre Tochter
“Muss das denn hier sein?”, flüsterte ich schon fast mit weinerlicher Stimme und fühlte mich jetzt, da mich alle so sahen, richtig verletzlich und schämte mich für meinen Unfall.
“Aber mein Kind, Elea muss dich nachher auch frisch wickeln, denn ich muss noch ein wenig einkaufen und bis am Abend ist es doch lange.”
Ich schluckte, von jemandem Fremden gewickelt werden? Bei Marcus war das ja noch ok, aber ich kannte sie ja noch gar nicht, mir wurde bei dem Gedanken fast etwas unwohl.
“Mach dir keine Sorgen, an so einem aufregenden Tag muss ich Theo sicher auch wickeln, wir beide schaffen das dann schon. Ich lass euch dann mal alleine, wenn ihr beide was braucht, ruft ihr mich einfach.”, beruhigte Elea mich und lehnte die Tür leise an.
Mama hob mich mit einem kräftigen Griff auf den Wickeltisch und setzte mich auf den weichen Schaumstoff ab. Sie öffnete meinen Hosenknopf, zog mir meine nasse Kleidung aus und gab sie in einen kleinen Plastiksack, den Elea vorher auf den Tisch gelegt hatte. Dann riss sie meine völlig durchnässte Pullup an der Seite auf und wischte mich mit einem Feuchttuch sauber.
“Ich muss auch mal länger aufs Klo.”, gestand ich im Flüsterton. Sie lächelte mich an und setzte mich am Klo ab.
“Ich lass dich kurz alleine und hole dir deine neue Hose”, erklärte sie mir und verließ kurz das Badezimmer.
Als sie nach ein paar Sekunden wiederkam, hatte sie eine der alten Latzhosen von Theo in der Hand.
“Mama, ich bin schon fertig!”, rief ich freudig und drückte die Spülung.
Sie musste lächeln, während ich auf sie zukam und ich in ihre Arme fiel.
“Der Wickeltisch ist echt praktisch, meine Maus.”, meinte sie zu mir, als sie mich wieder hinauf hob. Ich wurde etwas rot und sie drückte mir einen Kuss auf die Wange.
“Ich bin stolz auf dich, mein Kind.”
“Wirklich Mama?”, zweifelte meine zaghafte Stimme.
„Ja, wirklich meine Kleine.”
Sie wischte mich nun noch mal sauber.
“Mäuschen hast du leicht vergessen, dich nach dem aufs Klo hüpfen sauber zu machen, das müssen wir wohl noch ein wenig Üben.”, kommentierte sie die vielen Feuchttücher, die sie für mich brauchte.
“Du meinst mit dem Toilettenpapier?”, spielte ich wieder die ganz kleine Hanni. “Das habe ich vergessen und das ist immer so kratzbürstig.”, erklärte ich ihr schelmisch wie ein kleines Kind.
Sie grinste übers Gesicht. “Na dann mache ich das halt für dich.”
Und als sie mich wieder absetzte, spürte ich die weiche, frische Windel unter meinem Po und Mama suchte aus den Tuben und Flaschen eine mit Babyöl heraus und cremte mich ein, sodass meine Haut ganz weich und samtig wurde.
Sie schloss meine Windel und hielt mir die Latzhose hin. Man erkannte schnell, dass die von Theo war und sie sah auch ohne Kinder Applikationen aus wie eine Hose für einen kleinen Jungen oder ein wildes Mädchen. “Die hat Theresa für dich ausgesucht.“, erklärte sie mir.
Ich befühlte den zarten Stoff, der viel weicher war als der Stoff meiner Jeans. “Willst du die anziehen?”, wollte sie von mir wissen.
Ich nickte und sie ließ mich ohne weitere Unterwäsche in die Latzhose schlüpfen, dann holte sie noch das Shirt von Theo heraus. Es war in dunklem Grün gehalten und hatte humanoide Roboter in allen möglichen Stellungen abgedruckt.
Als sie die Träger meiner Hose zugemacht hatte, konnte ich mich endlich in den Spiegel sehen. Ich sah kindisch aus, zwar nicht so klein wie Yala, aber doch gerade genug, um nicht jugendlich zu wirken.
Schnell ignorierte ich die jugendliche Stimme in mir, die schon wieder nach erwachsener Kleidung lechzte. Es war doch nun schon egal, ging mir durch den Kopf, peinlicher als das die ganze Klasse weiß, dass ich am Tag Pullups brauche, kann es nicht sein.
Nein, mit dem Verstecken fange ich nicht wieder an. Kein zweiter Mario soll mehr die Macht über mich haben, ein Geheimnis von mir zu verraten. Ich musste ja nicht gleich vor der ganzen Klasse mein Fläschchen nehmen, aber ich mochte das Kind sein dürfen wirklich
Und Theresa weiß es ja auch schon und sie lässt mich nicht im Stich.
Als ich mich im Spiegel hin und her drehte, sah ich, wie Theresa hinter der Tür von einem Fuß auf den anderen stieg und wartete, dass ich endlich fertig wurde.
Ich stieß die Tür zu ihr auf.
“Und denkst du, kann ich heute so auf deine Party gehen?”, bat ich Theresa um ihren Rat, wo sie ja auch für mein jetziges Outfit verantwortlich war.
“Du siehst toll aus.”, lobte sie ihre Auswahl. “Es ist eine gute Mischung zwischen Schule und Kind sein, die passt irgendwie gut zu dir.”
Was wollte sie mir damit sagen?
“Und wenn dich jemand blöd anredet, kannst du immer sagen, dass du die als Ersatz von Theo hast, weil du beim Herrichten im Garten ausgerutscht bist.”, gab sie mir eine Ausrede für den Notfall mit.
Mamas Hand streichelte mir liebevoll über mein Haar.
Mit einem sanften Blick bedankte ich mich für ihre Liebe, während ich mich weiter mit Theresa unterhielt.
“Ihr zwei passt auch gut zusammen, du und deine Mama. Ich meine, ich mag meine Mama auch, aber zwischen euch sieht man das Strahlen im Gesicht des anderen.”, sprach sie mit einer Unschuld, die ich einem so erwachsen aussehenden Mädchen nicht mehr zugetraut hätte.
“Du beobachtest aber andere sehr genau“, lobte Judith nun Theresa.
„Naja, zwischen euch ist das ja offensichtlich.”, erklärte sie mit einem Grinsen. “Willst du mir im Garten nun helfen?”, lenkte sie das Thema auf die anstehende Party.
“Hattet ihr alles gefunden, was ihr gebraucht habt?”, fragte Elea meine Mama, als sie wieder aus dem Schlafzimmer herauskam.
“Ja, danke, der Tisch ist echt praktisch, so einen brauchen wir für zu Hause auch.”, lobte meine Mama die hiesige Badezimmerausstattung.
Sie nickte. “Den haben wir gebaut, als Theo keine Anstalten machte, sauber zu werden und jetzt haben wir ihn schon 3 Jahre im Einsatz. Zuerst hatten wir lange nach einem größeren Tisch gesucht und dann habe ich endlich diesen Ikea Hack gefunden. Man kann alle Grundteile als Bausatz kaufen und man muss dann nur ein paar wenige Dinge verändern, sodass er ganz schnell aufgebaut ist, wenn du willst, kann ich dir nachher die Anleitung schicken.”, bot Elea meiner Mutter an.
Aber nun zog mich Theresa mit einem gezielten Handgriff von ihr weg und ich folgte ihr hinunter ins Erdgeschoss.
Mit ihrer Hilfe trug ich aus dem Schuppen die Biertische und Bänke auf die Terrasse und wir kühlten die Getränke mit einigen Blocks aus Eis in dem großen mittelalterlich anmutenden Waschzuber in der Küche ein, sodass sie bald köstlich kühl waren.
Dann kam meine Mama zu mir, um sich von mir zu verabschieden. Ich umarmte sie und merkte, wie in mir wieder die Angst alleine gelassen zu werden aufkam und ich mich zusammenreißen musste, um nicht zu weinen.
“Bis heute Abend”, rief ich ihr nach.
Dann fuhr sie los und schnell war meine Angst wieder vergessen, während ich mit meiner Freundin den Tisch schmückte
Als schließlich Lyana an der Tür läutete, waren wir schon mit den meisten Arbeiten fertig und konnten ihr schon die fertig geschmückte Terrasse präsentieren. Wir setzten uns dann in einer ruhigen Ecke unter einen Baum in die Hängesessel, die von den mächtigen Ästen des Baumes herab hingen.
Ich merkte nun erst, wie sehr mich der heutige Tag schon mitgenommen hatte und während meine Mitschülerinnen gemeinsam über die anstehende Feier plauderten, wurde ich immer müder und müder, bis mir die Augen zufielen.
Als ich wieder aufwachte, waren die beiden verschwunden. Jemand hatte liebevoll eine dünne Decke über mich gelegt, damit mir nicht kalt wurde. Ich fühlte mich jetzt wieder viel sicherer und entspannter in meinem kleinen Kopf.
Sachte zog ich die Decke zur Seite und auf der Terrasse sah ich einen kleinen Jungen, der mit Theresa und Lyana spielte. Das musste Theo sein.
Als ich auf die drei zuging, begann er auf mich zuzulaufen. “Und bist du wieder munter?“, wollte er von mir wissen. ”Meine Schwester hat gesagt, dass wir dich ein wenig schlafen lassen müssen, weil du heute Ärger in der Schule hattest und das ausgerechnet am letzten Schultag.”
“Ja, nur wegen diesem blöden Mario“, erklärte ich dem Jungen, der ein paar Zentimeter größer war als ich.
“Magst du mit mir spielen? Eure Klassenkameraden kommen erst in einer Stunde, aber meine Schwester will die ganze Zeit nur mit Lyana plaudern und die Songs für die Party aussuchen und dabei ist mir die ganze Zeit schon sooo langweilig!”
Theo war einfach zu süß, doch ich musste zuerst zu Theresa, ich hatte ihr ja versprochen zu helfen und nun habe ich schon viel zu lange geschlafen. So gingen wir gemeinsam zurück zur Terrasse, wo die beiden immer noch mit dem Smartphone die coolsten Musikstücke aussuchten.
“Geht es dir wieder besser?”, fragte sie mich.
„Ja, ich hoffe nur, dass keiner das Thema von heute früh anspricht.“, entgegnete ich.
“Ich weiß gar nicht, was ich mir früher in diesem Mario gesehen hatte, er ist so bösartig.”, erklärte mir Lyana
“Habt ihr für mich noch was zu tun?”, wollte ich von Theresa noch wissen.
“Nein, du kannst in Ruhe chillen, wir sind schon fast fertig.”
“Aber dann hast du doch jetzt Zeit, mit mir zu spielen”, schlug Theo hoffnungsfroh vor. Er nahm mich an der Hand und zog mich in Richtung der Spielecke. Theresa hatte recht, dem kleinen Theo konnte man wirklich keinen Wunsch abschlagen und so saß ich wenige Sekunden später neben Theresa und Lyana in der Sandkiste und der kleine Junge erklärte mir seinen Plan, eine große Sandburg zu bauen.
Ich ließ mich von Theo so richtig in den Bann ziehen und begann so wie am Wochenende, mit meinen Händen im Sand zu graben, um die Kübel aufzufüllen, damit er sie an der richtigen Stelle in wunderschön geformte Sandtürme, Häuser und Mauern verwandeln konnte.
Sogar die beiden Teenager hatte er zum Tragen, Sand mischen und Wasser holen eingespannt. Ich musste lächeln, als ich Lyana mit ihren ordentlich lackierten Fingernägeln in den goldgelb funkelnden Sand greifen sah.
Es war fast, als würde er die beiden mit seiner Stimme dazu überreden, ihm zu helfen. Aber andererseits strahlte er eine so große kindliche Freude in seinem Spiel aus, die uns alle den Kopf verdrehte, oder war es, dass uns dieses Gefühl abhandengekommen war.
Und je mehr ich mich auf das Spiel mit Theo einließ, desto mehr spürte ich da wieder diese verzaubernde Unbeschwertheit in mir, von der ich auch schon in den letzten Tagen ein paar mal gekostet hatte, als ich mit Mama im Wald herumtobte und mit Yala, wenn wir gemeinsam gespielt hatten.
“Hallo, … hier seid ihr.”, riefen Mia, Thomas und Paul, die gerade über den Garten zu uns herüber kamen.
“Ja, wir bauen eine große Sandburg”, erklärte Theo nun auch den beiden Jungen und Mia seinen Plan für den heutigen Nachmittag. “Aber Theo, du weißt doch, dass alle meine Freunde zu einer Party kommen.”, versuchte Theresa ihrem kleinen Bruder, die große gemeinschaftlich organisierte Burgbaustelle auszureden.
“Nie macht ihr etwas Lustiges!”, maulte der kleine Junge empört. “Nur Hanna versteht mich und ist ganz bei der Sache.” Ich musste grinsen und empfand es als Lob, dass er so über mich dachte.
“Aber das stimmt doch gar nicht, ich spiele auch gerne in der Sandkiste, zumindest wenn mich keiner sieht vor dem ich erwachsen sein muss.”, gestand Mia aufgeregt “und wenn du willst, können wir gerne nachher gemeinsam weiterbauen.”
Theresa und Lyana sahen Mia ganz erstaunt an.
„Naja, meist nur im Urlaub mit Mama und Papa, weil mich dort auch keiner kennt und der Sand am Meer einen ja gerade dazu auffordert.”, schränkte Mia ihr Geständnis etwas ein.
“Doch, ja hat es viel mehr Spaß gemacht als ich dachte, das ist doch schade, dass man das eigentlich nicht mehr machen darf.”, gab nun auch Lyana zu.
Aber gerade kamen schon die nächsten Gäste, die Theresa eingeladen hatte und so musste sie als Gastgeberin zu den Anderen gehen.
“Na gut, ich komme auch zu eurer Party, aber du lässt nicht zu, dass es zu öde und langweilig wird!”, wollte der kleine Theo von mir wissen und auch Mia musste lächeln und nahm den Kleinen, der aber trotzdem um ganze fünf Zentimeter größer war als ich in den Arm.
“Ich glaube, du ziehst dich auch noch schnell um”, riet mir Lyana, als ich aus der Sandkiste stieg und sie meine mit Sand und Schlamm bekleckerte Latzhose sah.
“Mach dir doch nichts daraus, ich kann dir oben in meinem Kinderzimmer gerne eine neue Hose geben.” versprach mir der kleine Junge.
Nun war auch Elea auf die Terrasse gekommen und sah mich und Theo mit sandigen Hosen zu ihr herüber laufen.
„Na, ihr hattet wohl Spaß in der Sandkiste, jetzt geht ihr euch aber gleich umziehen.”, sprach sie zu uns und hielt uns beide kurz auf und putzte uns beide schnell mit einem kleinen Besen den schlimmsten Sand ab.
Dann ließ sie uns durch die Tür hinauf in den ersten Stock und folgte uns mit langsamem Schritt.
Ich und Theo waren vorgelaufen und standen mittlerweile schon in seinem Kinderzimmer. Es war ein alter hoher Raum, Theo hatte ein aus dicken Holzpfosten gebautes Hochbett, unter dem eine gemütlich eingerichtete Sofa-Kuschelecke mit Stofftieren und Decken stand. Am Boden lag ausgebreitet ein riesiger Spielsack mit Lego, an dem er vermutlich gestern noch gespielt hatte.
Er machte den großen Kleiderkasten auf und begann wild in seinen Sachen für uns nach einer sauberen Hose zu suchen. Kaum achtete er darauf, dass dabei so manches Teil achtlos auf den Boden fiel
„Hey, nicht so wild mein kleiner Held”, ließ ihn Elea zur Seite treten und legte die nun unordentlich herausgerissenen Stücke wieder ordentlich in den Kasten und reichte ihm mit gezielten Griff eine saubere Jeans und ein frisches Kindershirt.
“Du kannst dich auch gleich hier ausziehen, ich bringe dir gleich deine frischen Sachen.”, erklärte mir Elea. “Braucht ihr beide auch eine frische Windel?”
Sie hatte mich ganz überrascht. Ich meine nicht, dass es mir vor Theo so peinlich war, zumindest nicht so wie heute in der Früh, sondern es war ein wenig so wie bei Yala.
“Ja Mama, aber wieso sagst du ihr beide?”, erkundigte sich der kleine Junge.
“Weil ich das na ja auch noch nicht so gut kann.”, gestand ich Theo und fühlte mich diesmal schon ganz mutig.
“Du brauchst auch noch Windeln, aber du bist doch in der Klasse von Theresa?”, sagte er erstaunt.
Ich wurde plötzlich rot, starrte ihn wie versteinert an und Theo merkte, dass er etwas Falsches gesagt hatte.
“Oh tut mir leid, das hätte ich nicht so sagen dürfen.”, entschuldigte er sich sofort bei mir und umarmte mich, während ich da stand wie eine Statue.
“Verzeihst du mir, bitte?”
Irgendwie gelang es dem Kleinen, der mich drückte, meine Angst in mir, die sich wie eine Mauer zwischen uns aufbaute, wieder einzureißen.
“Ich brauche die doch auch noch, du brauchst dich nicht zu schämen.”, versuchte er mich zu beruhigen.
“Ich weiß.”, flüsterte ich. “Nur gerade heute hat mich Mario deswegen vor allen bloßgestellt und ich hatte kurz Angst, dass du mich deswegen auslachst.”
“Nein, ich doch nicht. Irgendwie wäre das cool, wenn wir uns deswegen nicht dauernd verstecken müssten.”, meinte der Junge.
“Das wäre echt toll.”, bestätigte ich ihm. “Solche Freunde zu haben, die es alle wissen und akzeptieren und die einem verteidigen, wenn jemand über uns lästert, so wie mir heute in der Schule Theresa und Lyana geholfen haben.”
“Ja, meine Schwester ist da echt super.”
Dann zog er seine schmutzige Hose aus und auch ich taute langsam auf und begann damit, die Träger meiner Latzhose aufzuknöpfen und als Elea wiederkam, brachte sie mir eine frische Hose und ein weiteres Shirt aus diesem tollen, super weichen Stoff.
Ich nahm das Shirt in die Hand und musste lachen, als ich das kindliche Muster sah. Ich würde aussehen wie Theo, wollte ich das? Hier auf der Party von meinen Klassenkameraden, so gesehen zu werden?
Aber ich wollte auch nicht mehr mit Geheimnissen beginnen. Und anders als sie war ich sowieso, da würde ein witzig kindliches Shirt wohl auch keinen Unterschied machen.
“Hey Hanna” erweckte mich Elea plötzlich aus meinen Gedanken. “Du warst aber gerade ganz weit weg? Brauchst du auch eine frische Windel, so wie Theo oder soll ich dir eine Pullup bringen?”, wollte sie wissen.
„Ich“ stammelte ich und befühlte die Latzhose, die ich immer noch trug. Ja doch, nass war ich eindeutig auch schon, ich habe ja auch ziemlich lange geschlafen und dann beim Spielen, wenn ich musste einfach nicht weiter darauf geachtet.
Nickend zog ich zaghaft den Rest meiner Hose aus, die nun halb geöffnet an mir herunterhing und stand schon bald nur mit Shirt und Windel im Kinderzimmer von Theo, während Elea die alte Hose von mir über den Arm legte, um sie zur Wäsche zu geben.
„Nein nur mit einer Pullup fühle ich mich nach dem Unfall heute nicht sicher genug.“, flüsterte ich peinlich berührt Elea zu.
“Na dann, hopp auf ins Bad mit euch beiden.”, sagte sie, als sie meine gelb verfärbte Pampers erblickte. Ich sah, wie Theo geschwind in das Badezimmer, das auf der anderen Seite des mit altem Marmor gefliesten Ganges war, hinüber hüpfte, ohne die weißen Kacheln am Boden zu berühren. Er war wie Yala, ihm war es kein bisschen peinlich, dass er Windeln anhatte. Er spielte einfach, und war voll und ganz er. Ganz ohne Kompromiss.
Ich versuchte es ihm gleichzutun und stieg auf die Marmorplatten, die auf meinen Füßen ein kühles komisches Gefühl hinterließen.
Als ich im Bad ankam, war Theo schon auf den Wickeltisch geklettert und hatte sich auf die weiche, mit kleinen Tieren verzierte Unterlage gelegt.
Seine Mama wickelte ihn und schon nach wenigen Sekunden konnte er wieder in sein Kinderzimmer gehen, um sich fertig anzuziehen.
Ich war hingegen immer noch im Träumeland-Modus und stand einfach so im Bad herum.
“Komm schon Hanna, träumst du schon wieder?”, wollte sie mich in die reale Welt zurückholen, während sie mich an meiner Hand zum Wickeltisch führte. “Du bist aber heute ganz in einer anderen Welt.”
Sie nahm mich hoch und setzte mich auf den Wickeltisch und während ich weiter träumte und die Realität nicht an mich ran ließ, wickelte sie mich genauso wie vorher Theo.
Und schneller als ich wollte, setzte sie mich wieder auf meine beiden Füße und damit wieder in die Wirklichkeit.
“Muss ich dir bei der neuen Hose auch noch helfen?”, wollte sie wissen und lächelte mich mit der Liebe einer Mutter an.
“Nein, das kann ich schon alleine!”, protestierte nun wieder meine jugendliche Stimme.
“Na gut, dann komm, du kannst dich in Theos Zimmer fertig anziehen.”
Der Junge hatte schon seine Jeans an und auch Theresa stand im Zimmer und half ihm in das Shirt zu schlüpfen.
“So nun bist du fertig, mein kleiner Bruder.”, sagte sie mit einem Lächeln, als sie mich und Elea sah und gab dem kleinen Theo einen Klaps auf den nun trockenen Popo.
Ich erstarrte, als ich merkte, dass ich nur in Shirt und Windel vor ihr stand, aber Elea schob mich unaufhörlich weiter.
Wir warten schon auf euch beide, mit dem Anschneiden des Kuchens, den Mias Oma gebacken hatte, verkündete Theresa mir und Theo.
“Lecker, es gibt Kuchen!” freute sich Theo, der schon fertig war und um Theresa herum sprang, als wäre er ein Eichhörnchen mit Zuckerschock.
Theresa sah, dass ihre Mama mich hinter sich her ins Zimmer zog.
“Was ist mit dir?”, fragte sie besorgt. “Ist dir schon wieder alles viel zu viel?”
“Nein Theresa. Mir ist nur die ganze Sache mit meinen Windeln nun doch peinlich.”
“Aber meine Freundin, meine liebe Hanna, das muss es doch nicht sein. Ich habe dich schon vorher so gesehen, es macht mir nichts aus und ich habe dich lieb, auch wenn du deine Windeln noch brauchst oder wenn ich dir helfen muss, weil du mal Angst hast.”
“Und ich finde, du hast vorher so toll mit meinem Bruder gespielt. Nicht so künstlich, wie wir das manchmal machen, sondern so richtig und ich finde ganz toll, dass du das noch kannst.”
Während ich mit Theresa redete, merkte ich gar nicht, dass Elea mir das noch vom Schlamm feuchte Shirt auszog und mir das Neue über den Kopf steckte und ich mich einfach wie ein kleines Kind anziehen ließ. Und als würde sie die Zweifel, die in mir aufstiegen, aus meinen Gedanken lesen, tätschelte Theresa liebevoll meinen Kopf, während sie mit Theo aus dem Raum ging. Elea hingegen half mir, noch in die neue Jeans zu steigen und zog mich fertig an, während ich weiter in meinen Gedanken gefangen war.
Irgendwie bringt Theresa mein ganzes Wissen über das, was ich als Jugendliche darf und was nicht, durcheinander.
Und schon wenige Momente später ließ sie mich los und hinter Theresa und Theo herlaufen.
“Wartet doch auf mich.”, rief ich den Beiden hinterher, sie waren schon an der Stiege, um nach unten zu trotten.
Theresa und Theo drehten sich zu mir um, bis ich zu ihnen aufgeschlossen hatte. “Bist du bereit für eine lustige Feier.”, meinte sie zu mir, während ich mit ihr zurück auf die Terrasse kam. Nun waren schon fast alle da, Mia, Thomas und Lyana und ein paar Andere, die ich noch kaum kannte.
Zuerst fühlte ich mich noch sehr unsicher und war froh, dass Theresa mich zu Lyana und Mia an den Tisch setzte, während sie unsere Klassenkameraden begrüßte. Für mich waren es jetzt schon wieder zu viele Gesichter, die ich noch nicht gut kannte.
Lyana und Mia verwickelten mich in ein Gespräch über eins der neuesten Spiele am Handy, das ich noch nicht kannte und versuchten mich etwas von meiner Unsicherheit abzulenken. Nervös schaute ich immer wieder zu den anderen hinüber. Ich bekam nun fast etwas Angst, und merkte, dass ich schon wieder Pipi machen musste.
Ohne lange zu überlegen, drückte ich ganz leicht, und merkte, wie meine Windel ganz warm wurde und das Gefühl der Furcht ein wenig dem Gefühl der kindlichen Geborgenheit Platz machte.
Ich war so viel Kontakt zu anderen Kindern einfach nicht gewöhnt. Und ich war richtig froh, als sich endlich alle an den Tisch gesetzt hatten und der Kuchen ausgeteilt wurde.
Die Mehlspeise schmeckte echt lecker, es war ein guter, saftiger Schokokuchen.
Langsam beruhigte ich mich etwas und begann den Stimmen meiner Klassenkameraden zu lauschen. Mein dicker Panzer, den ich rund um mich aufgebaut hatte, taute etwas ab und ich begann mehr und mehr den verschiedenen Gesprächen am Tisch zu folgen.
“Wollen wir mal ins Wasser gehen”, fragte schließlich Lyana, die immer wieder mit ihren Augen auf den großen Pool schielte.
„Ja, gerne freute sich Mia, willst du auch mitkommen Hanna?”
Unsicher stimmte ich ihr zu. Gerne wollte ich mit ihnen schwimmen gehen, aber ich hatte gut unter meiner Hose versteckt, auch noch die jetzt nasse Windel an, die ich vorher ausziehen musste.
“Willst du dich vielleicht lieber drinnen umziehen?“, fragte mich Mia, als sie meinen schüchternen Blick sah.
“Ja gerne.”, antwortete ich erleichtert und gemeinsam gingen wir hinein ins kühle Wohnzimmer.
Ich fand meinen Rucksack mit den Schwimmsachen, den Mama in die Ecke gestellt hatte und kramte meinen Badeanzug, mit den Cartoon Figuren und die Schwimmflügel heraus. Doch, was sollte ich nun tun?
Soll ich mich einfach hier bei ihnen ausziehen oder schnell nach oben gehen und meine spezielle Unterwäsche verstecken? Rollten meine Gedanken, wie schwere Steine, durch meinen Kopf.
Aber wollte ich mich nun wegen der Windeln immer verstecken?
Nein, sicher nicht, verstecken will ich mich deswegen nicht mehr.
Die Beiden hatten sich inzwischen schon das Shirt ausgezogen. Schüchtern knöpfte ich meine Jeans auf und versuchte so schnell wie möglich meine nasse Pampers loszuwerden und sie vor ihren Blicken in meinem Rucksack zu verbergen.
“Hey, die kannst du gleich mir geben”, forderte Elea mich auf und sie nahm meine Windel und ließ sie diskret in einem Mülleimer in der Küche verschwinden.
Erst als ich mich umdrehte, sah ich, dass Mia mich angesehen hatte. Kurz sendete ich ihr einen angsterfüllten Blick. Hatte sie was gesehen? Aber sie lächelte mich verständnisvoll an.
“Mach dir nichts daraus, bei mir sieht das am Morgen auch nicht anders aus.”, flüsterte sie mir zu und zuckte mit den Schultern.
“Du musst dich nicht schämen”, erklärte sie mir, als sie merkte, dass ich deswegen immer noch etwas unsicher war.
Schon wenige Minuten später, hatte ich meinen mit einem lustigen Clownfisch bedruckten Badeanzug an und Elea half mir, in meine Schwimmflügel zu schlüpfen.
“Wow, dein Badeanzug ist cool.”, sagte Mia als sie mich sah, während Elea mir half, mich fertig anzuziehen. Ich musste grinsen. Meinte sie das ernst? War ihr meine kindliche Bademode egal?
“Weißt du, ich würde auch gerne mich so viel trauen wie du.”, gestand sie mir.
“Aber ich bin gar nicht so besonders mutig.”
“Doch Hanna, das bist du.”, bestätigte sie mir, während wir langsam zurück auf die Terrasse gingen und weiter zum umzäunten Pool.
“Weißt du, ich war noch nie irgendwo über Nacht nur, weil ich in der Nacht nicht trocken bleibe und ich trau mich nur im Urlaub, so wie du vorher im Sand zu spielen, weil ich Angst habe, was die anderen von mir denken.”
“Aber ich habe doch genauso Angst wie du.”, meinte ich unschuldig.
“Ja, aber du tust es trotzdem und das bewundere ich an dir.”
Es wäre toll, wenn wir mal nicht wegen solchen Kleinigkeiten Angst haben müssten” sagte ich zu ihr wie vorher schon zu Theo.
“Hmm … Ja, das wäre schön, wenn ich mal bei Freunden übernachten könnte.”
“Einfach mal so sein können wie man ist, das ist schon super. Ich genieße das manchmal auch, wenn ich mit Yala unterwegs bin, das ist dann ein wenig so, als ob ich wieder ganz jung wäre, weil ich so tun kann, als wäre auch ich noch so klein wie sie.”
“Wie alt ist denn Yala?”, wollte Mia neugierig wissen.
“Ah, die ist erst fünf.”, sagte ich zu ihr. “Ich kenne sie auch erst seit letztem Wochenende, sie ist die kleine Tochter von Marcus, dem neuen Freund von meiner Mama.”
“Oh ja, manchmal nehmen uns die Kleinen mit in eine Welt, die so wunderbar und ganz ohne Sorgen ist”, schwärmte Mia. “Ich mag das auch, wenn ich mit Mama im Urlaub bin und dort mit den anderen jüngeren Kindern im Sand spielen darf und mit ihnen herumtoben kann. Es wäre so schön, wenn man das hier auch machen könnte. So wie vorher mit Theo als ihr beide so glücklich beim Sandspielen wart.”
“Hey, geht ihr in den Pool?”, rief Theo vom Tisch herüber und riss uns aus dem Gespräch. “Oh, habe ich euch beide bei etwas gestört?”
“Wir hatten gerade eine schöne Idee.”, sagte Mia.
“Was denn für eine Idee?”, versuchte er Mia zu entlocken, um was es ging.
“Na ja, wir hatten darüber gerätselt, ob es eine Welt geben könnte, in der uns so Sachen wie meine Probleme nicht peinlich sein müssten ”
“Was meinst du damit, ich verstehe das nicht?”, gab Theo zu, dass er meinen komplizierten und nur angedeuteten Satz nicht verstanden hatte.
“Wir haben geträumt, dass ich mich nicht mehr wegen der Windeln und den Schwimmflügel schämen muss, erklärte ich ihm nun in einer etwas einfacheren Sprache.”
“Oh ja, das wäre schön.”, erkannte Theo nun auch. “Im Hort passen eh alle auf mich auf und wenn mir mal was passiert, helfen sie mir.”, erzählte er uns mit einer Selbstverständlichkeit. “Ist das bei euch nicht auch so?”
“Naja”, sagte ich. “Es wird ein klein wenig anders, wenn man älter wird.”, versuchte ich, ihm unser Problem zu erklären, ohne ihm seine kindliche Unschuld zu nehmen.
“Das ist aber doof, aber ihr habt es ja viel leichter.”, meinte er. “Ihr könnt einfach machen, was ihr wollt, ohne dass eure Mama sagt, dass ihr das nicht dürft. Warum macht ihr nicht einfach das, was euch Spaß macht und um die Windel kümmert sich dann eh Mama.”
“Ach Theo.”, sagte Mia. ”Aber du hast recht, es wäre schön, wenn man Freunde hat, die einen so nehmen, wie man ist, und bei denen man machen kann, was einem Spaß macht.”
“Magst du nicht auch meine Freundin sein?” überraschte mich Mia.
Ich wurde rot und nach wenigen Sekunden umarmte ich sie. Die Woche war so toll.
“Und was ist mit mir?”, protestierte Theo empört neben uns, “Ihr habt mich gar nicht lieb.”
“Doch Theo, wir haben auch dich lieb.”, bestätigte Mia ihm und wuschelte den Jungen, der ein paar Zentimeter größer war wie ich durchs Haar.
Inzwischen standen wir am Tor des Pools.
“Aber mein Kind, du weißt ja, dass du so nicht zum Pool gehen darfst.”, sprach Elea ein strenges Wort.
„Ja, ich weiß Mama”, gab er zu und hüpfte zu ihr rüber.
Mia lächelte mich an.
“Hey wartet auf uns, wir sind auch gleich so weit!”, schrien nun Theresa und die Jungs von der Terrasse.
“Sicher nicht, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.”, entgegnete Lyana keck. “Jetzt haben wir den Pool ganz für uns alleine.”
„Ah, da müssen wir uns aber beeilen.”, meinte Thomas, der schon mit der Badehose in Richtung Wohnzimmer verschwand.
“Hältst du mich an der Hand, während wir ins Wasser gehen.”, bat ich Mia mit einem Lächeln.
Diesmal ging ich schon mutiger ein paar Schritte ins kühle Nass, während Lyana ein paar Meter weiter eine fette Bombe in das hellblaue Wasser machte. Mia hingegen blieb bei mir. “Alles in Ordnung bei dir.”, fragte sie mich, ehe sie sich ins Wasser gleiten ließ.
Ich nickte ihr zu und trat auf die nächsttiefere Stufe. “Komm schwimm zu mir herüber.”, sagte Mia zu mir. Ich setzte mich hin und merkte, wie mich die Flügel nun wieder so herrlich trugen und mir das Gefühl gaben, dass ich ganz sicher war.
Ich stieß mich in Richtung Mia ab und glitt durch das für mich viel zu tiefe Wasser, bis sie mich mit der Hand einfing und an den Rand des Pools zog.
“Danke Mia.”, bedankte ich mich bei ihr und schlang meine Finger schnell um den Rand. Wenn du noch unsicher bist, kannst du dich nachher bei mir am Rücken anhalten.”, erklärte sie mir.
Plötzlich lief auch Theo aus dem Wohnzimmer zu uns rüber. Auch er trug nun eine Badehose und so wie ich Schwimmflügel an seinen Armen. “Hey, warum habt ihr denn nicht auf mich gewartet.”, empörte er sich bei uns dreien, die schon im Wasser trieben. Und ohne auf eine Antwort von uns zu warten, sprang der kleine Junge ins Wasser, sodass ein Regen von Tropfen über uns niederging.
Lyana war, während Theo uns von oben bis unten nass spritzte, abgetaucht und schimmerte nun wie ein Fisch im tiefen Wasser. “Och, das möchte ich auch können.” staunte ich. “Du magst tauchen lernen?” fragte mich Mia erstaunt.
“Ich weiß nicht.”, flüsterte ich schüchtern. “Ich habe jetzt nicht mehr ganz so viel Angst vor dem Schwimmen.” erklärte ich ihr. “Aber ich kann ja nicht mit Schwimmflügel tauchen.”, zweifelte ich an meinen Fähigkeiten.
“Tauchen kannst du vielleicht nicht”, meinte Lyana, die soeben wieder hinter Mia aufgetaucht war. “Aber du kannst schnorcheln, das ist auch sehr schön, vor allem am Meer wo man Fische und Korallen sehen kann.”
“Du meinst, ich kann das lernen, Lyana.”
“Schnorcheln ist viel leichter als Schwimmen”, meinte sie. “Und schwimmen ist auch nicht schwer. Magst du es nicht mal probieren?”, bot sie mir an.
„Nein, ich traue mich das noch nicht.”, gestand ich mit trauriger Stimme und merkte, wie mir bei dem Gedanken, ohne Flügel ins Wasser zu müssen ganz Angst und Bange wurde.
“Aber du kannst doch auch ohne schwimmen zu können schnorcheln”, mischte sich Theo ein. “Das mache ich auch immer, weil ohne Flügel darf ich nur mit Mama ins Wasser, oder wenn ich zum langweiligen Schwimmkurs muss.”
“Du kannst doch einfach die Taucherbrille aufsetzen und deinen Kopf unter Wasser halten.”
Lyana lächelte ihn an. “Ja, das geht natürlich auch, und es ist vielleicht auch besser, wenn du noch so ängstlich bist.”, kommentierte sie Mias Idee.
“Wenn du willst, können wir mit dir ein bisschen Tauchen üben.”, meinte Lyana.
Ich druckste herum. “Darf ich es wirklich mal versuchen?”, bat ich sie vorsichtig.
“Gerne meine gelehrige Tauchschülerin, ich hole deine Tauchermaske und Schnorchel.”, scherzte sie grinsend und schlang sich aus dem Wasser und lief tropfend hinüber auf die Terrasse und zog ihre Maske aus der Schultasche.
Hoffentlich schaffe ich das, ging mir durch den Kopf und ohne es zu merken, hielt ich mich kräftig an Mias Arm fest, die immer noch neben mir im Wasser schwamm. Sie sah mir in die Augen.
“Hast du so viel Angst davor?”
Ich zuckte mutig mit den Schultern. “Ich mag auch mal was probieren, was ich noch nicht kann, auch wenn ich dann Angst habe.”, stammelte ich.
Inzwischen ist Lyana mit ihrer Ausrüstung für meinen ersten Tauchgang zurück. “Du brauchst keine Angst zu haben.”, erklärte sie mir. “Wir machen das ganz langsam.”
“Und wir bleiben beide bei dir, damit dir nichts passieren kann.”, bestätigte mir nun auch Mia.
Als sie mir die Maske aufsetzte, rutschte sie am lockeren Band gleich wieder an meine Brust.
“Kannst du Hanna mal kurz hochhalten, damit ich ihr den Riemen einstellen kann.”, bat Lyana, meine andere Freundin, die mich kurzerhand wie ein Kleinkind aus dem Wasser hob und mich auf ihrer Hüfte sitzen ließ.
„Hey“, maulte ich kurz, weil ich mich jetzt wie ein kleines Kind fühlte. “Halt kurz still, ich habe die richtige Einstellung schon fast.”, erklärte sie mir und zog mir die immer noch lockere Maske wieder ins Gesicht und richtete meine Haare so das mein Tauchequipment richtig saß.
Ich würde es nie zugeben, aber es tat mir gerade auch ganz gut, dass Mia mich festhielt und mir etwas von meiner Angst nahm. Langsam ging Mia nun in die Knie und ließ mich auf ihren Oberschenkel Platz nehmen.
“Am besten du versuchst einfach mal mit Maske dein Gesicht ins Wasser zu tauchen.”, erklärte mir meine Tauchlehrerin und zeigte mir das ganze gleich ohne Maske vor. Mein Herz schlug so laut, dass ich es pochen hörte. “Hab keine Angst, ich werde dich die ganze Zeit halten.”, meinte Mia, um mir meine Unsicherheit zunehmen. “Du kannst ganz sicher sein, ich lass dich nicht los.”
Vorsichtig näherte ich mich mit meinem Gesicht der Wasseroberfläche und setzte das transparente Glas der Brille auf den Wellen des Pools auf und sah zum ersten Mal klar den Boden des Pools und die Beine der Beiden, die fest auf dem blauen Grund standen.
Doch plötzlich schlug mir eine kleine Welle ins Gesicht und ich zuckte zusammen und zog meinen Kopf wieder hoch.
“Wow, da sieht man alles ja ganz klar.”, staunte ich begeistert.
“Komm, probiere es gleich nochmal”, ermutigte mich meine junge Lehrerin.
Ich tauchte meinen Kopf wieder in das kühle Wasser, presste meinen Mund zu und tauchte diesmal richtig ins erfrischende Nass ein.
Wieder überwältigte es mich und ich schaute mich kurz nach links und rechts um, ehe ich merkte, dass einige Tropfen Wasser in die Maske gelaufen waren. Plötzlich bekam ich Panik und riss meinen Kopf zurück, sodass die Brille ins Wasser fiel.
“Oje, hast du dich erschrocken?”, fragte mich Mia besorgt und nahm mich wieder wie vorher hoch.
„Die Tropfen sind in die Brille gelaufen”, erzählte ich den Beiden ganz aufgeregt von meinem Erlebnis unter Wasser.
“Ich glaube, du brauchst eine Maske für kleinere Kinder, die wird dir besser passen. Dann hast du auch keine Angst mehr, dass in die Brille Wasser rein rinnt.” erklärte mir meine jugendliche Lehrerin.
“Darf ich es noch ein letztes Mal probieren?”
“Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, versuchte mich Lyana von meinem Plan abzuhalten. Nicht, dass du nachher noch mehr Angst hast. Wenn wir eine kleinere Kindermaske haben, die dir passt, können wir das gerne wieder probieren. Ich bin mir auch sicher, du wirst das ganz schnell lernen.”
“Na habt ihr drei Spaß?”, fragte uns Theresa, die gerade von den anderen zu uns herüber kam.
„Ja“, rief ich begeistert, wie ein kleines Mädchen und strahlte über das ganze Gesicht. “Lyana und Mia wollten mir Schnorcheln beibringen.”
“Ist dir eh noch nicht zu kalt?”, sorgte sie sich wie eine Erwachsene.
Wild schüttelte ich den Kopf. Ich stieß mich von Mias Schoß ab und ließ mich die paar Meter zu ihr hinübertreiben.
Sie hielt mich kurz fest. “Alles OK bei dir?”, wollte sie von mir wissen. “Wenn du etwas Pause brauchst und deine Akkus leer sind, meldest du dich bei mir?”
Ich nickte und spürte die Sicherheit, die sie mir gab, wenn sie so auf mich schaute.
“Wollen wir noch etwas Wasserball spielen.”, schlug nun Lyana vor, die schon wieder nach der nächsten Aktivität suchte. Sie hatte aus einem kleinen Regal einen Wasserball genommen und ihn Mia zugeworfen.
“Na gut, aber nur ein paar Minuten, wenn es den Beiden zu kalt wird gehen wir mal nach draußen.” Ich und Theo durften von der Stiege aus mitspielen, weil wir dort noch stehen konnten und die anderen teilten sich in zwei Teams auf und begannen sich den Ball zuzuwerfen.
Es war gleich wieder lustig und diesmal, da ich nicht gegen Lyana antreten musste hatte ich auch etwas mehr Spaß. Vor Theo den Ball zu erreichen war nicht ganz so schwer, er konnte zwar besser schwimmen als ich, aber er war zumindest nicht so viel größer.
Und so konnte ich einige Male den Ball an die anderen zurückwerfen und freute mich jedes Mal ganz besonders.
Nach einer guten halben Stunde begann ich im kalten Wasser zu zittern und als Theresa zu mir herübersah, beendete sie das lustige Spiel.
“Komm, jetzt ist es aber Zeit für dich, dass du dich etwas aufwärmst”, sagte sie zu mir.
Ich zögerte kurz und ohne es verhindern zu können, zitterte ich wieder.
“Raus mit dir aus dem Wasser!”, befahl sie mir streng. “Dir ist doch schon viel zu kalt.”
“Immer muss ich aufhören, wenn es am lustigsten ist.”, raunzte ich.
Auch der Junge neben mir hatte schon ganz blaue Lippen, und so verstand mein jugendliches Ich, dass sie recht hatte. Aber das Kind in mir hatte sich gerade so in das Spiel vertieft und ich hatte richtig Spaß gehabt und es fiel mir nun schwer, so plötzlich damit aufzuhören.
Theo ließ sich auf die Liege fallen. “Wollt ihr beide nicht kurz mit aufs Klo kommen?”, versuchte mich Theresa jetzt dezent an meinen Toilettengang zu erinnern.
Hmmm … Ja, sie hatte wohl recht und ich habe es beim Spielen gar nicht gemerkt, dass ich schon wieder sehr dringend musste. Als ich die ersten Meter zum Haus lief, konnte ich kaum mehr einhalten.
Ich legte meine Hand in den Schritt, um es doch noch bis zum Klo zu schaffen. Aber aus Erfahrung wusste ich, dass es schon viel zu spät war. Als es anfing unkontrolliert zu laufen, stand ich nur wenige Meter vom Pool entfernt mitten auf der Terrasse.
Ich blieb plötzlich stehen.
“Was ist mit dir?”, fragte mich der Grundschüler, der neben mir lief.
“Ich … ich konnte es nicht mehr aufhalten.”
Mein Pipi lief meine Beine hinunter und bildete eine kleine Pfütze. “Mama”, rief der kleine Junge ins Haus.
Ich hingegen war immer noch wie versteinert und meine Tränen suchten sich verschlungen ihren Weg über meine Wangen.
“Was ist denn Theo?“, wollte Theresa wissen, während sie angelaufen kam. Aber ohne auf eine Antwort von ihm zu warten, kam sie nun auf mich zu und nahm mich an der Hand.
“Kannst du dich um die Pfütze kümmern”, befahl sie Paul, ihrem Freund, fast so, als wäre er ihr Ehemann und erklärte ihm: “Ich glaube, ich muss Hanna kurz helfen.”
Warum schaffe ich es kaum mehr aufs Klo, selbst wenn Theresa mich erinnert, zweifelte ich an mir. Was war nur plötzlich los mit meiner Blase, so schlimm war es ja schon lange nicht mehr. Warum konnte ich das, was für alle anderen so kinderleicht schien, einfach nicht.
Ich begann bitterlich zu weinen und drückte meinen Kopf an meine Freundin. Sie führte mich ins Wohnzimmer und rauf in den ersten Stock ins Bad, wo sie mich erst mal auf dem Klo sitzen ließ.
Ich hatte mir nicht mal den Badeanzug ausgezogen ehe ich mich hinsetzte und war einfach mal froh, dass ich nun fast alleine war.
“Macht doch nichts, es war einfach ein paar Minuten zu spät.”, versuchte sie, mich zu trösten. “Vielleicht hast du es im kalten Wasser einfach nicht mitbekommen, dass du schon so dringend musstest.”
Ich merkte, wie verkrampft mein Körper immer noch versuchte alles zurückzuhalten und wie meine Muskeln vor lauter Anspannung zitterten und ich tropfte wie ein alter Wasserhahn.
“Musst du immer noch so dringend?”, fragte mich Theresa, die immer wieder hörte, dass ich noch Probleme hatte.
“Ich weiß nicht.”, begann ich stotternd zu antworten.
“Komm, es ist ja gar nicht schlimm.”, versuchte sie mich zu beruhigen.
“Doch das ist es.”, antwortete meine sture jugendliche Stimme und ich merkte, wie die unklaren Befehle in mir wieder dazu führten, dass ich die Kontrolle verlor und wieder ein bisschen nass wurde.
“So zieh mal deinen Badeanzug aus”, begann sie mich anzuleiten und half mir die Schwimmflügel, die ich immer noch trug abzustreifen.
Schnell war dann auch meine Schwimmsachen ausgezogen und ich beruhigte mich wieder etwas. Theresa band mir ein großes Handtuch um, damit ich mich etwas besser fühlte. “Warum muss das immer mir passieren!”, schluchzte ich, während ich meine Tränen in das Handtuch wischte.
Ich fühlte mich so verwundbar und schwach, ganz so, als wäre ich meinen täglichen Herausforderungen einfach nicht gewachsen.
„Hanna, es ist doch gar nicht so schlimm.”, versuchte sie mich wieder zu trösten. “Ich bin richtig stolz auf dich und sowas kann schon mal passieren. Ich glaube nicht, dass jemand deswegen schlecht von dir denkt.”
Halt suchend, schweifte mein Blick zu ihr hinüber.
“Willst du dir nicht etwas Frisches anziehen, dann geht es dir vielleicht auch gleich besser.”, schlug sie mir vor.
“Am liebsten würde ich mich in einem dunklen Raum verkriechen.”, maulte ich trotzig.
“Aber dich immer zu verstecken ist auch keine Lösung für dein Problem.”, erklärte mir Theresa.
“Ich hole dir mal etwas Schönes zum Anziehen”
“Bitte, lass mich nicht allein.”, bat ich sie traurig und zog an ihrer Hand.
“Ich muss ja was Frisches für dich holen, so kannst du ja nicht den ganzen Tag hier sitzen bleiben. Aber du kannst ja mitkommen und dir selbst was aussuchen.”, erklärte sie mir und band mir das Handtuch um, sodass es wie ein Kleid an mir herunterhing. Ich hingegen drückte mich etwas an sie.
„Na, du bist fast so anhänglich wie Theo, wenn ich auf ihn aufpassen muss.”, stellte sie fest und legte ihre Hand auf meinen Rücken und hielt mich ein paar Sekunden fest.
Ich merkte, dass ich ein wenig ruhiger wurde und mein Herz schlug nun nicht mehr ganz so laut.
“Das Kuscheln hilft dir, dich wieder zu beruhigen.”, stellte Theresa fest und streichelte über meinen Kopf. “Komm doch, vertraue mir”, sagte sie leise.
Sie wischte mir eine letzte Träne aus den Augen und führte mich in eine neben dem Badezimmer gelegene Abstellkammer, wo eine schon geöffnete Kiste mit Theos alter Kindermode stand. “Magst du dir etwas Schönes aussuchen, damit du dich wohlfühlst, wenn du nachher wieder mit nach unten kommst.”
Ich soll wieder zu den anderen gehen, schossen mir Theresas Worte durch den Kopf.
“Aber alle haben doch gesehen, wie mir das passiert ist, ich kann doch nicht mehr…”, stotterte ich.
“Du willst doch nicht heimgehen?”, stammelte sie ängstlich und ich merkte die Enttäuschung in ihren Augen. “Es kann doch immer noch ein schöner Nachmittag werden.”, fügte sie hoffnungsvoll hinzu.
Ich wollte Theresa nicht enttäuschen. Meine Mama anzurufen würde doch bedeuten aufzugeben und dabei allen zu zeigen, dass ich nicht so bin wie sie. Das mich mein Problem aus der Bahn geworfen hatte. Andererseits sehnte ich mich so nach Mamas Liebe und nach der Sicherheit, die sie mir gab.
Ach, reiße dich etwas zusammen und versau das nicht, übertönte die jugendliche Stimme in mir den Wunsch, Mama wiederzusehen. Hopp auf, nimm dir ein T-Shirt und eine Hose und hab wieder etwas Spaß.
Ich war innerlich entzweit und war froh, dass Theresa neben mir stand und mir ein paar Teile aus der Kiste zeigte.
“Hast du noch ein Shirt in diesem weichen Stoff?”, wollte ich wissen.
Theresa grinste mich an, weil sie nun wusste, dass ich bleiben würde.
“Die mag Theo auch am liebsten und ganz ehrlich, ich kann es verstehen, der Stoff ist so weich. Sogar ich habe mir in dem Kindermodegeschäft ein Shirt gesucht, das den hat, weil das so angenehm ist zum Chillen am Abend.”, gab sie zu.
“Du hast auch so ein Kindershirt?”, sah ich sie erstaunt an.
“Nein, nicht ganz so wie die von Theo, aber meins hat ein schönes jugendliches Motiv und trotzdem diesen flauschigen Stoff.”
“Das will ich mal sehen?“, sagte ich überrascht.
„Na, da musst du mal zu einer Übernachtungsparty kommen.”, forderte Theresa mich heraus.
“Ich komme mal, wenn ich mich sicherer fühle. Nur heute, glaube ich, schaffe ich das noch nicht. Aber danke, dass du mir heute so viel hilfst.”, schmeichelte ich Theresa.
“Ah, hier seid ihr beide.”, sprach uns Elea von hinten an.
“Hanna soll ich dir beim Wickeln wieder helfen oder willst du diesmal doch eine PullUp anziehen.”
“Ich weiß nicht, aber heute möchte ich nicht noch einen Unfall haben”, gab ich mit gesenkten Kopf zu und dachte daran, dass mir meine Blase an Tagen wie diesen besonders viele Probleme machte.
“Na dann bekommst du lieber eine Pampers, so wie Theo, dann brauchst du auch keine Angst mehr zu haben, dass sowas nochmal passiert.”
Ich wurde ein wenig rot.
“Kommst du, ich wickle dich schnell”, meinte sie zu mir. Ich zögerte einen Moment, ehe ich Elea zurück ins Bad folgte. Ich hatte gerade vor Theresa zugegeben, dass ich lieber eine Pampers wollte, als diese Hochziehwindeln, mit denen ich zur Not auch noch mal auf die Toilette gehen konnte.
Aber ich wollte heute keinen Klo-Geh-Stress mehr und mit Windeln konnte ich meine nervige Blase einfach mal vergessen.
“Mach dir keine Sorgen meine Freundin.“, rief mir Theresa hinterher
Ihre Mama ließ mich auf den Wickeltisch steigen und holte eine von Theos Windeln. Nur wenige Sekunden später war ich frisch gewickelt und fühlte mich endlich wieder sicher und geborgen. Dann band mir Elea das Handtuch wieder um und ich sah an mir herab und zwischen meinen Beinen blitzte nun immer wieder das kindisch weiße Teil mit den farbigen Bildchen und der großen, grünen Nummer Sieben hervor.
Konnte ich mich vielleicht trotz Windel auch groß fühlen und mit den Anderen mithalten ging mir hoffnungsvoll durch den Kopf?
Als meine Schulfreundin wieder in den Raum kam, zog ich schnell das Handtuch darüber.
“Dir muss es doch nicht peinlich sein.”, meinte sie. “Schau mal, ich habe dir eine kurze Hose von Theo mitgebracht, die ist nicht ganz so heiß wie die Jeans.” Es war eine witzig aussehende, aber nicht allzu kindische, kurze Hose, aus weicher Baumwolle, die ganz in dunklen Farben gehalten war und einen bunten Piraten an die Seite gestickt hatte.
Fast als wollte sich die jugendliche Seite mit mir versöhnen, drängte mich die Stimme. Die sieht doch gar nicht so schlecht aus. Damit kannst du wieder runtergehen zu den anderen.
Aber die wissen doch alle, was mir passiert ist, protestierte mein Kind-Ich, das Angst davor hatte, meine Freunde wiederzusehen.
Ich nahm das Kleidungsstück in meine Hand und ließ mein Handtuch wieder frei an mir herunterfallen und schlüpfte in die Hose, die sie mir gebracht hatte.
“Siehst du, es muss dir gar nicht peinlich sein.”, meinte Theresa zu mir, als ich in das T-Shirt geschlüpft war.
Ich grinste sie als Antwort nur an. Ja, sie hatte schon recht und langsam fühlte ich mich bei ihr sicher genug. Es war fast so wie bei Mama, aber ich merkte auch, wie sie immer wieder nachdenken musste, fast so als wüsste sie auch nicht immer, wie sie richtig auf mich reagieren sollte.
Ich hüpfte vom Wickeltisch herunter und sie legte ihre Hand um meine Schulter, um mich etwas zu beschützen und mir etwas Hilfe zu geben für den Schritt, den ich nun tun musste.
“Danke”, flüsterte ich ihr zu, während wir gemeinsam die Stufen ins Wohnzimmer hinabstiegen.
“Alles wieder gut bei dir?”, wollte Mia wissen, die nach dem Umziehen im Wohnzimmer auf mich gewartet hatte.
Ich sah sie mit unsicherem Blick an. “Ja, jetzt geht es mir viel besser.”, rief meine jugendliche Stimme, ohne auf mich, meine Gedanken und meine Angst zu warten.
“Schön”, freute sich Mia. “Theresa hatte schon Angst, dass du vielleicht nach Hause fahren willst, weil dir das passiert ist.”
Ich schüttelte entschlossen den Kopf. “Nein, und das kann mir jetzt auch nicht wieder passieren.”, gestand ich ihr.
Sie grinste mich an, als sie verstand, was ich ihr sagte.
“Lach nicht über mich.”, rief ich empört.
“Ich lach doch nicht über dich meine Freundin.”, sagte Mia. “Ich denke nur daran, dass du viel mutiger bist als ich.”
Als wir drei auf die Terrasse kamen, zeugte nur noch ein großer nasser Fleck am Boden von meinem Missgeschick, das mir passiert war. Paul, Theresas Freund, hatte alles mit dem Gartenschlauch weggewaschen.
Keiner der Jugendlichen sprach mein peinliches Missgeschick an. Hatte Theresa mit ihnen gesprochen, dass sie nichts sagen sollten, oder wollten sie mir, dem Kind in der Gruppe, keine peinlichen Fragen zumuten? Wäre das so schrecklich, wenn sie auf mich achten würden und mir mehr verzeihen als anderen Freunden?
“Wir haben, während ihr nicht da ward, unter dem großen Baum ein paar Decken ausgebreitet, damit wir dort im Schatten plaudern und chillen können.”, erklärte uns Paul.
Aber irgendwie kam mir nun die Stille beklemmend vor, es war nicht nur das keiner fragte, was mit mir los war, es war mehr so das sich niemand traute mich zu fragen, obwohl die Frage im Raum stand wie ein angriffs-wütiges Rhinozeros.
Wollte ich das, dass sich keiner traut mich zu fragen, weil ich sonst wieder losheule? Dass mich alle so behandeln wie ein rohes Ei. Ich spürte die Spannung, die die Luft fast zum Surren brachte.
Theresa ließ sich auf einem der Sitzsessel nieder, dann hob sie mich hoch und setzte mich beschützend auf ihren Schoß ab.
Nachdem ich mich zurückgelegt hatte, trat wieder diese schaurige Stille zwischen uns.
So geht das nicht weiter, protestierte die jugendliche Stimme in mir. Du verlierst noch all deine Freunde, wenn du ihnen so viel abverlangst, du musst es ihnen erzählen und mit ihnen darüber reden, belehrte mich mein älteres Ich.
“Ich glaube, ich muss euch sagen, was mit mir los ist.”, plapperte ich in die Stille. “Auch wenn ich darin gar nicht gut bin und noch nicht weis wie ich das erklären soll, und manches selbst noch nicht verstehe.”, gab ich zu.
Ich stockte, wie soll ich weitermachen?
“Ihr habt heute ja alle diesen blöden Mario gehört, wie er mein Geheimnis ausgeplaudert hat. Aber ihr wisst nicht alles über mich.” Ich merkte, wie Theresa von hinten die Arme schützend um mich legte, ich schluckte und machte ein paar Sekunden Pause, um wieder Mut zu schöpfen.
“Aber Hanna, das war doch klar, dass dir sowas wie vorher passieren kann.”, meinte Lyana. “Ich meine, du hast sicher einen Grund, warum du die tragen musst.”, vermied sie es, das Wort dafür auszusprechen.
“Ich habe eine sehr kleine Blase und spüre es oft nicht oder erst ganz spät, wenn ich mal aufs Klo muss, das ist so, weil ich noch sehr klein bin, und mein Körper den Befehl zum Wachsen nicht finden kann.”, erklärte ich ihnen das so, wie es mir vor einem Jahr mein Kinderarzt erklärt hatte.
“Merkst du das dann gar nicht, dass du musst?”, wollte Mia von mir wissen.
“Doch ich spüre es, aber oft ist es viel zu spät, vor allem, wenn ich abgelenkt bin und nicht dauernd daran denke.”, gab ich zu.
“Das ist sicher anstrengend, wenn du immer daran denken musst“, meinte Mia. “Bei mir geht das immer wie von selbst, zumindest am Tag, wenn ich wach bin.“
“Außerdem bekomme ich manchmal von den vielen Leuten und den Lärm Angst, weil ich alles so intensiv wahrnehme.”, erklärte ich weiter
Ich merkte, wie die komische Stimmung, die zwischen uns gebrodelt hatte, langsam abebbte. Aber ich wollte nun alles auf den Tisch legen und keine Geheimnisse mehr vor ihnen haben.
“Hast du deswegen im Schwimmbad geschlafen?”, fragte mich Lyana.
“Ja und auch heute Nachmittag, als du gekommen bist, ich bin dann im Kopf richtig überfordert und kann das Wichtige nicht mehr vom Unwichtigen trennen.”, erzählte ich weiter so gut wie ich es verstand.
“Ist ja so wie wenn dein Filter in deinem Gehirn kaputt ist und dann alles daran vorbei in deinen Kopf kommt“, wiederholte Theo das, was er gehört hatte, mit seinen eigenen einfachen Worten. “Das ist ja doof.”
„Ja“, stimmte ich ihm zu.
“Das, was du da erzählst, klingt ganz so, als ob du hochsensibel wärst.”, sagte Paul nun. “Doch das ist nicht nur doof, sondern eigentlich auch cool, wenn du gelernt hast, damit umzugehen.”
Ich erinnerte mich, dass ich den Begriff schon mal bei meinem Kinderarzt gehört habe, als er mit Mama sprach. Aber warum sollte das cool sein? Das war doch schrecklich.
“Meine Cousine hat das auch“, sagte er. “Die ist nun eine ganz erfolgreiche Wissenschaftlerin geworden, sie nimmt irgendwie die Dinge viel intensiver wahr als ihre Kollegen und auch ihr war in ihrer Jugend und Kindheit oft alles zu viel.”, erklärte er weiter
Ich musste über seine Antwort nachdenken.
“Hmm, kann das sein, dass du deswegen manchmal auch so kindlich bist.” meinte Lyana. “Ich meine, zuerst habe ich bei dir gedacht, dass deine Mama dir vieles nicht erlaubt. Aber es ist nicht nur das oder liege ich da falsch?”
Ich wurde rot und mir wurde vor Aufregung ganz komisch. Jetzt hatte sie das Kleinsein angesprochen und ich merkte, wie mein Schritt, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, vom Pipi ein wenig warm wurde und Theresa mich im selben Moment liebevoll, fester hielt, um mir Kraft zu geben.
Natürlich gehörte das Kind sein jetzt ja fast zu mir. Aber es war mir auch mega peinlich, das zuzugeben.
“Ja und nein.”, sagte ich zu ihr. “In den letzten Wochen ist das mit meiner Angst wieder schlimmer geworden und Mama passt im Moment wieder mehr auf mich auf.”, gab ich zu.
“Aber das kindlich sein hilft mir auch, mich sicherer zu fühlen, wenn ich Angst bekomme, weil ich weiß, dass jemand für mich da ist und auf mich aufpasst.”, fügte ich im leisen schüchternen Ton an.
“Aber ist das nicht furchtbar peinlich?”, rätselte Lyana und sah in meine erschrockenen Augen, um dann ganz plötzlich zu stoppen.
“Was soll ich jetzt sagen?”
“Also ich kann mir gut vorstellen, dass das Hanna hilft, wenn ich Angst habe, komme ich auch immer zu Mama”, verriet Theo, der immer noch neben Mia auf der Decke saß und dem Gespräch von uns Großen folgte.
“Und ich kann mich manchmal in der Kind-Rolle verstecken, wenn ich als großes Mädchen was nicht schaffe.”, ergänzte ich und nahm all meinen Mut zusammen. “Zum Beispiel, wenn mir alles zu viel wird und ich zu weinen beginne und nicht mehr sprechen kann oder ich mich nach Schutz sehne. Und manchmal ist es auch so schön, sich wieder so frei zu fühlen, einfach zu spielen und nicht an den ganzen Stress zu denken.”
“Ich finde das gar nicht schlimm, peinlich, sondern vielleicht sogar ein bisschen cool“, bewunderte mich nun Mia. “Ich meine du kannst so das Beste aus beiden Welten haben, du kannst einfach spielen und klein sein, wenn du willst und trotzdem bist du groß.”
“Ja und spielen ist doch voll toll!”, rief Theo begeistert.
Lyana schaute etwas betreten. „Ja, ihr habt recht, spielen war früher immer lustig, aber nun ich weiß nicht, wenn das jemand sieht.”
“Aber ich mag mich nicht mehr verstecken.” erklärte ich ihnen. “Das hat nur Mario die Macht über mich gegeben, dass er ein Geheimnis von mir ausplaudern konnte. Das mache ich nicht mehr.”
Meine Antwort überraschte Lyana und ich sah, wie sie darüber nachdachte.
“Also ganz ehrlich, ich finde das gar nicht schlimm, wenn du manchmal kindlich bist.”, sagte nun Theresa, die mich im Arm hielt. “Am Anfang war das vielleicht ein wenig ungewohnt, aber ich finde das auch voll süß und man spürt, dass es dir guttut. Und ich meine, es ist doch nichts dabei.”
Ich spürte plötzlich, wie mir bei Theresas Worten ein Schauer über den Rücken lief.
„Danke, dass ihr so nett zu mir seid.” stammelte ich fast, mit Tränen in den Augen.
“Hanna, glaubst du, du und Theo würdet mich auch mal mitspielen lassen?”, fragte Mia leise. “Ich würde auch noch gerne spielen, wenn ich mich traue?”
Ich lächelte sie an, “klar doch”, sagte ich.
“Wäre es nicht cool, wenn wir einen ‘Du musst dich für deine Wünsche und Schwächen nicht schämen Club’?”, gründen, schlug Theresa vor. “Ich mein, dann könntet ihr beide auch mal über Nacht bleiben, ohne Angst zu haben wegen der Windeln?”
Ich sah sie fragend an.
“Also sowas wie ein Versprechen, dass man über den anderen nicht lacht, auch wenn es mal komisch ist und dass man es nicht weitererzählt, sodass jeder so sein kann wie er ist.”
“Ja, das wäre toll”, meinte nun auch Thomas, der bis jetzt nur still in der Ecke gesessen hatte.
“Wieso hast du leicht auch ein Geheimnis?“, bohrte Theo interessiert nach.
“Ja habe ich”, antwortete er schüchtern “Ich habe Zuhause noch mein Stofftier zum Schlafen und ohne fühle ich mich in der Nacht ganz unwohl und kann kaum einschlafen.” gestand uns der große Junge
“Und magst du auch mitmachen in unserem Club.”, wollte Paul nun von Lyana wissen.
“Doch das mag ich auch”, sagte sie jetzt ganz unsicher. “Wenn ihr mich noch dabei haben wollt?”
“Doch sicher.”, bestätigte ihr Theresa. “Du bist halt unsere vorlaute Stimme, die ist genauso wichtig.”
“Vielleicht hat Hanna ja recht, dass man so sein soll wie man ist, auch wenn man dann mal nicht so erwachsen ist.”, versuchte Lyana ihre vorige Aussage vorsichtig zu revidieren. Und ich spürte, dass sich in ihren Augen etwas geändert hatte.
“Wollen wir das mit dem Sandspielen gleich mal ausprobieren. Nur da herumliegen und reden ist doch fad.”, schlug der kleine Grundschüler mit unschuldiger und hoffnungsvoller Stimme vor, die verwaiste Burgbaustelle wiederzueröffnen.
“Ja ich glaube wir haben den kleinen Theo lange genug auf die Folter gespannt.”, erkannte nun auch Mia, die immer noch neben den kleinen Jungen saß und immer wieder interessiert auf die große Sandkiste und den kleinen Kletterturm hinüber schielte.
Als wir gerade in den Sandkasten stiegen, sah ich meine Mama mit Elea über den Rasen schlendern. War es schon wieder Zeit zum Heimfahren?
“Keine Angst, ihr habt noch eine Stunde, ich will noch ein wenig mit Elea plaudern”, versicherte mir meine Mama und ich vertiefte mich nochmals ins Spiel und vergaß alles um mich herum.
Theo verteilte als jüngster geschickt die Arbeit an uns. Ich und Mia waren für die Produktion von frischen, feuchten, aber nicht zu nassen Sand verantwortlich. Es machte richtig Freude im nassen Spielsand zu wühlen und ihn in kleine Spiel Kübeln abzufüllen.
Auch Mia neben mir war ganz bei der Sache und gemeinsam mit Theo und den anderen entstand eine richtig massive Festung mit Türmen und zwei handbreit hohen Mauern, die der Sandkiste, in der sie stand, alle Ehre machte.
Nach einer Stunde kam Mama zu uns herüber und streichelte liebevoll über meinen Kopf. “Was ist denn Mama?”, sagte ich während ich den vollen Kübel Sand, meiner Spielgefährtin in die Hand drückte.
“Willst du nicht mit nach Hause kommen?”
“Och Mama, gerade wo es jetzt so lustig ist.”
“Aber ihr könnt doch wieder mal zusammen spielen.”
“Ja Mama, aber können wir nicht noch eine halbe Stunde haben.”, bettelte ich sie an.
“Nein Hanna, wir müssen nun wirklich los. Du kannst aber gerne mal deine Freunde zu uns einladen.”
“Ja, das wäre schön, vielleicht können wir dann auch eine Pyjamaparty machen, bei der ihr auch dabei seid.”, rief Theresa begeistert.
“Das wäre ja toll, jetzt wo wir beide keine Angst davor mehr haben müssen.”, sprach Mia und sah mich an.
Ich verabschiedete mich von meinen neuen Freunden und von Elea, während Mama meine Schultasche mit meinen Sachen trug.
Ich merkte jetzt, wie müde ich schon war und rieb mir meine Augen.
Nachdem sie mich zum Auto gebracht hatte, ließ ich mich von ihr am Beifahrersitz angurten und noch bevor ich meinen Kopf auf die Kopfstütze legte, schlossen sich meine Augen.
Ich erwachte wieder auf Mamas Arm, während sie mich sachte in mein Zimmer trug und mich sanft auf mein Bett legte.
Ich spürte wieder ihre Nähe und die Liebe und ihre Hand, die mir Theos Shirt und Hose auszog.
“Na, bist du nun doch aufgewacht”, begrüßte Mama meine nur einen Spalt geöffneten Augen. “Ich ziehe dich mal um und dann gibt es noch ein Abendessen für dich, bevor du heute etwas früher schlafen gehst.”
Sie wickelte mich frisch, cremte meinen Po ein und zog mir einen meiner frisch gewaschenen Kinderpyjamas an
Hundemüde tapste ich runter in die Küche und aß zwei von ihr vorbereitete Brote.
“Schläfst du mir eh nicht am Tisch ein?”, wollte Mama wissen, als sie mein müdes Gesicht sah. “Du gehst heute aber bestimmt gleich nach dem Essen ins Bett.”, bestimmte sie.
Ich wollte mich noch darüber beklagen, aber schaffte es nicht mehr. Die Müdigkeit drang in meine Augen und mein Geist konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Und so sagte ich nichts, als Mama mir noch ein Fläschchen mit Tee füllte und mich auf dem Arm hoch in mein Zimmer trug.
Sie setzte mich auf meinem Bett ab und zog den Vorhang zu, durch den nur noch das rötlich gedämpfte Licht des Abends fiel.
Kraftlos nahm ich den Nuli meines Fläschchens in den Mund und entspannte mich.
“Schlaf gut meine Tochter”, flüsterte sie und streichelte über meinen Kopf und gab mir einen Gutenachtkuss. Wenige Sekunden nachdem ich meine Augen geschlossen hatte, war ich auf dem Weg zu meinen Träumen voll schöner Gedanken vom Spiel in meinen Ferien mit meinen neuen Freunden Theo, Theresa, Mia, Lyana und den beiden Jungs Paul und Thomas.
Als Mama meine Tür sanft an den Rahmen lehnte, schloss sie auch dieses Schuljahr und damit das Kapitel in meinem Leben, in dem ich mich so viel fürchten musste. Morgen würde mein neuer Weg beginnen, ich würde lernen, wieder sicherer zu werden, meinen Freunden zu vertrauen.
Sodass die Folge meines Lebens nicht mehr divergiert, sondern dass sie sich nach innen neigt, konvergiert. Heißt das, so wie mir das mein Mathematikprofessor beigebracht hat.
Damit ich endlich ganz werden kann, ein starkes Mädchen, dass das kleine und große Ich in sich vereint.
Autor: Annie (eingesandt via E-Mail)
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden.
Richtig schön das es noch einen Teil gab! Hatte lange gewartet. Ich find es klasse das Hanna nun Freunde gefunden hat, bei denen Sie Sich nicht verstellen und verstecken muss. Ist rin prima Zusammenhalt. Bin gespannt ob es weiter erzählt die Geschicht. Würde mich freuen.
Ich finde die Geschite echt top. Der Teil war wieder mal spannend. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
Einfach eine wunderschöne Geschichte.
Wann kommt den die Fortsetzung?
die Windeln nicht nur als Schutz akzeptieren, sondern tatsächlich auch als etwas selbstverständliches annehmen, dass man sich ohne verloren fühlt, sonst ist sie erwachsen
Eine tolle Idee
Muss mich anschließen Wann kommt den die Fortsetzung?
Wunderschöne Geschichte schön das Hanna so tolle Freunde gefunden hat und alles von der Selle geredet hat so Emotional hätte fast geweint Danke Hoffe da kommt noch mehr würde mich freuen