Donnerstag (7)
Windelgeschichten.org präsentiert: Donnerstag (7)
Eine weitere halbe Stunde später ging die Haustür noch einmal und ich hörte, wie nun auch mein Vater zurück zu Hause war. Ich hörte, wie er meine Mutter begrüßte, wie er nach oben kam und kurz noch bei Silvia vorbeischaute, die sich vor kurzem ebenfalls auf ihr Zimmer zurückgezogen hatte. Zu mir kam er nicht mehr. Meine Mutter hatte ihn wohl bereits unterrichtet, dass ich schon schlafen müsste.
Ich schlief aber nicht.
Immer noch nicht.
Ich wunderte mich darüber selbst ein bisschen. Ich hätte gedacht, dass ich, so entspannt wie ich war, nach wenigen Minuten im Reich der Träume sein müsste, aber es passierte einfach nicht. Es gab etwas, das mich wachhielt, und je länger ich wach blieb, desto mehr ahnte ich dieses Etwas. Es war noch nicht vorbei. Noch war ich der kleine Bruder, noch war Silvia die große Schwester.
Ich schlug die Decke beiseite und setzte mich auf.
Das war verrückt. Was wollte ich tun?
Ich wusste es nicht genau, aber ich ging zur Zimmertür. Ich ahnte, dass das eine ganz schlechte Idee war, etwas in meinem Inneren schrie es förmlich. Aber ich konnte nicht anders. Heute war nicht der Tag, an dem ich darauf Rücksicht nehmen konnte.
Ich drückte die Klinke herunter, ganz vorsichtig, so dass man es nicht hörte. Von unten hörte ich die Stimme eines Bundesministers aus den Fernsehlautsprechern. Offensichtlich hatten meine Eltern eine politische Talkshow eingeschaltet. Würde ich jetzt zwei Schritte nach links gehen, stünde ich am oberen Rand der Treppe. Ich würde dann vom Sofa aus zu sehen sein. Meine Eltern würden nur den Kopf heben müssen und sie würden ihren zwanzig Jahre alten Sohn in Windeln sehen.
Und ich machte zwei Schritte nach links.
Langsam, vorsichtig, auf dem weichen Teppichboden. Ich war nicht zu hören.
Ich sah sie, ich sah sie beide, meine Mutter auf dem Sofa in der Mitte, mein Vater auf seinem Sessel, und beide schauten mit müden, abgekämpften Augen auf den Bildschirm. Ich sah sie, sie könnten genauso gut mich sehen.
Mir stockte der Atem.
Ich rührte mich nicht.
Gleich wäre es soweit.
Und dann drehte sich mein Vater zu meiner Mutter und sagte ihr etwas, irgendetwas Abfälliges über den Politiker, der gerade gesprochen hatte, und seine Stimme zog mich wieder in die Realität und ich realisierte, was ich da vorhatte und was das für ein Wahnsinn war. Schnell machte ich zwei Schritte nach rechts. Ich war nicht mehr zu sehen.
Es war vorbei.
Ich atmete tief durch und sah zu meiner Zimmertür. Ich könnte mich jetzt wieder in mein Bett verkriechen und sagen, dass das nun aber wirklich alles gewesen war. Was für ein Abenteuer zu später Stunde! Aber ich wusste, dass es immer noch nicht genug war. Für meine Eltern wäre ich heute kein Baby, aber es gab eine andere Person, für die ich es noch war. Nur noch heute Abend.
Wie hypnotisiert ging ich hinüber zu Silvias Tür. Ich klopfte an, ganz leise, nur mit dem Zeigefinger. Ich wollte nicht, dass man es unten hörte.
Keine Reaktion.
Ich tippte etwas kräftiger.
„Ja?“
Silvia war noch wach.
Ich machte die Tür auf. Sie lag im Bett, las aber noch etwas. Als sie mich sah, wurden ihre Augen schreckensweit und sie schaffte es nur mit Mühe, nicht laut zu sprechen. „Julian! Um Gottes Willen! Mama und Papa sind unten!“
Das wusste ich. Ich hatte sie gesehen. Ich trat ein und schloss die Tür hinter mir.
„Was machst du denn da?“, zischte sie wie in Panik, „geh sofort auf dein Zimmer!“
Ich atmete schwer, meinen Rücken an der Tür.
„Ich kann nicht schlafen.“ sagte ich.
Sie sah mich entgeistert an. „Was?“
Ich brachte kein weiteres Wort mehr heraus. Wir sahen uns einfach an. Ihre Gedanken rasten, ich hatte keine.
„Julian“, fragte sie, „was willst du?“
In der Stille knisterte nur meine Windel, als ich mein rechtes Bein leicht bewegte. „Ich will nicht, dass es vorbei ist.“ sagte ich.
„Aber es ist vorbei“, sagte sie, „ich habe dich ins Bett gebracht. Ich bin jetzt wieder deine kleine Schwester, und du bist mein großer Bruder.“
„Morgen.“ sagte ich.
„Was?“
„Morgen bist du wieder meine kleine Schwester. Heute bin ich noch dein kleiner Bruder, der in Windeln rumläuft.“
Sie starrte mich an. Und dann sagte sie: „Komm her.“ Sie stand auf. Sie trug, wie immer, ein übergroßes T-Shirt als Bettkleidung. Es sah ein bisschen aus wie ein Nachthemd und ließ sie etwas mehr wie die junge Schwester wirken, die sie ja eigentlich auch war, nur nicht gerade in diesem Moment. Als ich bei ihr angekommen war, legte sie ihre Arme um mich und streichelte mir den Rücken. Mehr nicht. Mehr tat sie eine Minute lang nicht und wortlos standen wir da.
Schließlich brach sie die Stille. „Mein armer Bruder. Mein armer, kleiner Bruder. Hat ab morgen keine große Schwester mehr.“
Sie löste die Umarmung. In ihren Augen sah ich, dass auch sie nicht ganz glücklich war. Ich sagte noch immer nichts.
„Willst du heute Nacht bei mir schlafen?“ fragte sie.
Mir wurde warm ums Herz. Ich hatte nichts erwartet, ich wusste nicht genau, warum ich überhaupt in ihr Zimmer gekommen war, aber ich wusste sofort, dass es das war, was gefehlt hatte. Bei meiner großen Schwester schlafen. Ein einziges Mal.
Ich nickte. „Ja. Das wäre schön.“
Sie nahm ihr Handy vom Nachttisch und hielt es hoch. „Ich stelle hier einen Alarm für fünf Uhr morgens ein, eine Stunde bevor sonst jemand in diesem Haus aufsteht. Der Alarm ist nicht für mich, der ist für dich. Wenn er losgeht, ist alles vorbei. Du bist dann mein großer Bruder und ich deine kleine Schwester. Du stehst dann auf, lässt mich in Ruhe weiterschlafen und gehst in dein Zimmer. Hast du das verstanden?“
„Ja.“ sagte ich.
„Versprichst du mir, dass du das so machst?“
„Ja.“
„Ist das mein großer Bruder, der mir das verspricht?“
„Ja.“
„Gut“, sagte sie, stellte den Alarm ein und legte das Handy wieder beiseite, „dann darf mein kleiner Bruder heute nach bei mir schlafen.“
„Danke.“
Sie lächelte. „Wofür hat man eine große Schwester?“
Ich zeigte auf ihr Bett. „Auf welche Seite soll ich?“
„Rechts von mir, bitte. Dann komme ich besser links an meinen Nachttisch.“
Ich stieg in ihr Bett, sie folgte. Es war vorgewärmt, was ich angenehm fand. Die Decke war etwas klein, aber nicht zu klein. Sie hätte auch ganz fehlen können. Ich wäre selig gewesen.
Sie nahm ihr Buch wieder zur Hand. „Stört es dich, wenn ich noch etwas lese?“
„Nein. Bitte.“ sagte ich.
Sie las weiter, ihr Gesicht, ihre Hände und die weißen Seiten in Licht getaucht von der Leselampe. Ich betrachtete sie einfach nur. Meine tolle, große Schwester, die schon lesen konnte.
Nach einer halben Minute drehte sie sich zu mir. „Willst du nicht schlafen?“
„Nicht, solange du nicht auch schon schläfst.“ sagte ich.
Sie seufzte. „Dann gehe ich eben jetzt schlafen. Du kleine Nervensäge.“ Sie legte das Buch beiseite und löschte das Licht. Im Stockdunklen spürte ich ihre Lippen auf meiner Stirn, dieses Mal war der Kuss wieder zarter gewesen als vorhin nach dem Baden, als sie in Eile gewesen war. „Gute Nacht, kleiner Bruder.“ sagte sie.
„Gute Nacht, große Schwester.“
Und dann war Stille. Ich spürte ihren Körper neben meinem, ganz dicht, unsere Arme berührten sich. Ich hörte ihren Atem, gleichmäßig, aber etwas schneller als meiner. Ich veränderte meine Position ein bisschen, und meine Windel knisterte.
Einige Sekunden später spürte ich, wie von außen Finger über sie strichen. Auf und ab, schüchtern tastend.
„Sie wird dir auch fehlen, oder?“ fragte ich.
„Vielleicht, ja. Ja, doch. Doch, ich gebe es zu. Aber es muss sein. Es geht nicht anders.“
Ihre Hand fuhr auf die Rückseite meiner Windel und kam dort zum Ruhen.
Ich versuchte nicht, Silvia doch noch zu überreden, mit unseren Donnerstagen weiterzumachen. Dieser Moment war zu gut. Ich wollte ihn nicht kaputtmachen.
„Deine Hand fühlt sich gut an.“ sagte ich.
„Ich kann nicht glauben, dass sie dort liegt.“ sagte sie.
„Lass sie einfach dort.“
Jetzt war ich bereit zu schlafen. Und ich war auch bereit, morgen früh um fünf aufzustehen, ohne ein Wort zu sagen das Zimmer zu verlassen und von da an wieder der große Bruder zu sein und sonst niemand.
Auf der Treppe hörten wir Schritte und die Stimmen unserer Eltern. Sie gingen an unserem Zimmer vorbei, verschwanden dann hinter der Tür zu ihrem Schlafzimmer und waren nicht mehr zu hören.
Zu meiner Bekümmerung nahm Silvia die Hand von meinem Po, und nicht nur das, sie löste sich aus ihrer Position und stand noch einmal auf.
„Was ist?“ fragte ich.
„Bleib liegen“, sagte sie, „und mach die Augen zu.“
„Warum?“
„Mach es einfach.“
„Es ist pechschwarz. Ich sehe so oder so die Hand vor Augen nicht.“
„Wirklich nicht?“
„Nein.“
„Dann ist ja gut.“
„Was machst du denn?“
„Nichts. Es ist schon wieder vorbei.“
Ich spürte, wie sie wieder neben mir ins Bett schlüpfte.
„Was hast du denn gemacht?“ fragte ich.
„Siehst du sofort.“
Aber ich sah gar nichts, so dunkel war es. Dafür fühlte ich. Ihre Hände schlossen sich um meine Wangen und hoben meinen Kopf an.
„Was machst du?“
„Warte“, sagte sie, „gleich.“
„Was machst du mit meinem Kopf?“
„Ich lege ihn so hin, wie ich ihn brauche. So etwa.“
Ich hatte nun eine sehr unangenehme Position eingenommen, halb aufgestützt auf meinem Arm. Wenn ich länger als zwei Minuten so bleiben müsste, würde ich sicher einen steifen Hals bekommen. Silvia hatte nun die Hand um mein Kinn gelegt, den Daumen auf der einen, Zeige- und Mittelfinger auf der anderen Seite.
„Bitte sag mir doch, was du vorhast.“
„Mach mal den Mund auf.“
„Warum?“
„Mach einfach.“
Ich öffnete ihn, etwa soweit, wie man ihn öffnet wenn man einen Löffel Suppe zu sich nimmt. Noch immer sah ich überhaupt nichts, aber es war egal. Ich vertraute meiner großen Schwester. Sie durfte mir in den Mund tun, was sie wollte. Ich hoffte auf den Geschmack von etwas Süßem, vielleicht Schokolade oder ein Bonbon. Stattdessen berührte etwas Weiches sanft meine Lippe, ganz kurz erst, dann spürte ich es an Ober- und Unterlippe. „Sag, wie es dir gefällt.“ sagte Silvia.
Ich machte den Mund weiter auf, um das weiche Objekt ganz aufnehmen zu können, aber es war größer als anfangs gedacht. Silvia schob es etwas weiter vor, und es berührte meine Zähne. Instinktiv fuhr ich mit der Zunge nach vorne und ertastete eine kleine Erhebung.
Und plötzlich wusste ich, was ich im Mund hatte.
Erschrocken fuhr ich zurück.
„Silvia!“ Zum Glück war ich so daran gewöhnt zu flüstern, dass ich es nicht laut rief.
Ich hörte sie kichern. „Ja? Was ist?“
Noch immer stand mir der Mund offen, aber ich konnte nichts sagen. Ich fand absolut keine Worte. Was war in sie gefahren? Wie war sie bloß auf die Idee gekommen, dass das in irgendeiner Form akzeptabel war?
„Willst du nochmal?“ fragte sie.
„Du bist meine Schwester!“ brachte ich endlich hervor.
„Deine große Schwester.“ sagte sie.
„Ja, meine große Schwester. Aber selbst große Schwestern machen so etwas nicht!“
„Ich fürchte, ich muss dir sagen, dass unser Rollenspiel nie ganz realistisch war. Ich habe jetzt schon ein paar Dinge gemacht, die für große Schwestern ungewöhnlich sind.“
Dagegen konnte ich schwer etwas einwenden. „Aber … das ist …“ begann ich.
„Was?“ fragte sie.
„Das ist irgendwie … irgendwie …“ Das Wort mit I spukte mir im Kopf herum, aber es wollte und konnte nicht heraus. Bisher war es das nicht gewesen, bisher hatte ich es nicht so gesehen. Und ich wollte nicht, dass sich das heute änderte.
„Kann ich dich an alles erinnern, was heute passiert ist?“, fragte sie, „heute und in den letzten sechs Monaten? Was ich alles getan habe? Und was du getan hast? Vor allem du? Julian, du hast Grenzen überschritten, immer und immer wieder. Du hast mich darüber hinaus geführt. Wenn es nach mir ginge, wäre ich immer eine brave, normale achtzehnjährige Abiturientin gewesen. Stattdessen liege ich hier mit meinem Bruder im Bett, der nackt ist bis auf eine Windel, die ich ihm vor anderthalb Stunden selbst erst angelegt habe. Und davor habe ich ihn eingecremt, alles, überall. Jetzt sag mir nicht, dass ich zu weit gehe!“
Ihre Rede hatte mich völlig unvorbereitet getroffen. Ich wusste nicht, was ich darauf entgegnen sollte. „Nein“, sagte ich, „das meine ich doch gar nicht.“
„Was ist es denn dann?“
Es war unglaublich. Ich musste in meinem Kopf nach Argumenten suchen, warum ich es nicht wollte.
„Es ist so … also, gerade eben bist du im Badeanzug zu mir in die Wanne gestiegen, weil du nicht wolltest, dass ich dich nackt sehe. Und jetzt das!“
„Ich will auch immer noch nicht, dass du mich nackt siehst. Darum ist das Licht aus.“ Silvia war unfassbar.
„Aber das hier?“
„Das ist etwas anderes.“
„Ja. Das kann man wohl sagen.“
„Ist es nicht toll?“
„Ich weiß nicht.“
„Jetzt sag nicht, dass du nicht auch schon auf die Idee gekommen bist!“
„Nein! Nie!Ich habe nie an so etwas gedacht!“
„Quatsch!“
„Doch, ehrlich!“
Es dauerte einen Moment, bis sie wieder etwas sagte.
„Oh.“
Und dann dauerte es wieder. Ich spürte, wie mein Arm tatsächlich steif wurde, aber ich wagte nicht, meine Position zu verändern. Ich hätte mich gerne wieder hingelegt, aber ich konnte nicht. Nicht, bevor Silvia und ich das hier nicht geklärt hätten.
Sie machte ein pikiertes Geräusch. „Das ist mir jetzt peinlich.“ sagte sie.
„Nein, das muss es nicht.“
„Ich dachte, ich mache dir eine Freude.“
„Ich … ich war einfach nur überrascht.“ Fieberhaft suchte ich nach den richtigen Worten. Ich wollte nicht, dass sie enttäuscht war. Nicht heute. Ich unternahm einen Versuch: „Silvia, einen Moment mal: Du bist doch meine große Schwester.“
„Ja.“ Ihre Stimme war wieder etwas weicher, als sie antwortete.
„Du hast soviel für mich getan. Ich bin dir so unendlich dankbar, und ich würde dir gerne etwas zurückgeben. Möchtest du, dass ich es tue?“
„Ich will nur, dass du es tust, wenn du es möchtest.“
„Ich will eine Möglichkeit haben, etwas für dich zu tun, so wie du etwas für mich getan hast.“
Ich hörte, wie sie einen langen Atemzug tat.
„Lass es mich tun.“ sagte ich.
„Mein lieber, kleiner Bruder“, sagte sie, „mein lieber, lieber Bruder, der liebste, den es auf der ganzen Welt gibt. Ich werde dich vermissen.“
Ich wartete unschlüssig. War das ein Ja oder Nein? Wenn es ein Ja war, würde ich nicht zögern.
„Komm“, sagte sie, „du musst durstig sein. Trink etwas.“
Es war ein Ja.
Ich bewegte langsam den Kopf nach vorne. Ich reckte die geschürzten Lippen in die Dunkelheit vor, tastend und zitternd. Als sie ihr Ziel fanden, umschlossen sie es. Silvia machte ein leises überraschtes Geräusch. Zwischen meinen Lippen steckte ein kleines Stück meiner Schwester. Ich stieß mit der Zungenspitze dagegen und erspürte es vorsichtig. Silvia hatte mir über Monate und Wochen gezeigt, dass sie sorgsam und liebevoll mit den empfindsamsten Stellen an meinem Körper umging, und ich wollte ihr nun zeigen, dass ich es ebenso bei ihr tat. Das Ding zwischen meinen Lippen war klein, etwa so groß und so weich wie eine gekochte Erbse, aber nicht so glatt.
„Los. Nimm es alles in den Mund.“ Ihr Flüstern klang so fern, dass ich nicht sicher war, ob sie es wirklich gesagt oder ich es mir nur eingebildet hatte. Es war nicht wichtig. Ich öffnete die Lippen wieder und ging mit dem Kopf nach vorne, wie ein Fisch, der nach Luft schnappt; aber mein Mund füllte sich nicht mit Luft oder Wasser, stattdessen setzten sie an Haut auf, auf wunderbar zarter Haut, die sich so ganz anders anfühlte als Haut an anderen Stellen des Körpers. Vorsichtig saugte ich, als ob ich mit offenem Mund atmen würde. Der Teil von Silvia, den ich berührte, reagierte, spannte sich an, als ich saugte, und entspannte sich, als ich es wieder ließ. Ich tat es nochmal. Und nochmal.
Und dann wollte ich es nicht mehr lassen.
Ich setzte mich auf, um endlich meine unbequeme Position zu verlassen. Ich hatte sie schon zu lange innegehabt und mein Ellenbogen schmerze, als ich ihn hob. Morgen würde ich Muskelkater haben. Ich sollte mir etwas ausdenken für den Fall, dass mich jemand fragte, woher.
„Was ist?“ fragte Silvia.
„Meine Position ist unbequem.“
„Komm her.“
Ihre Arme griffen um meinen Oberkörper, zogen mich zu sich und legten mich ab. Mein Rücken lehnte nun gegen ihren Oberschenkel. Ihr Handfläche schloss sich um meinen Hinterkopf.
„Ist es so besser?“
„Viel besser.“
Ich schnappte wieder in die Dunkelheit. Ihre Hand lenkte meinen Kopf, und bald schloss sich mein Mund wieder und ich nuckelte in aller Seligkeit. Ich hatte immer gedacht, dass ich in den Momenten, in denen ich vor meiner Schwester lag und ihr meine empfindlichsten Körperstellen zeigte und sie anfassen ließ, den höchstmöglichen Grad an Verbundenheit erreicht hatte. Ich hatte mich geirrt. Es war jetzt. Es war vollkommen. Ich verlor mich in dieser einen einzigen Bewegung, die ich mit wenigen Wangenmuskeln machte, und ich spürte, wie Silvias Körper ganz sachte reagierte.
„Das ist so unglaublich.“ sagte sie, ganz leise flüsternd, als hätte sie Angst, den Moment zu zerstören wenn sie zu viel sagen würde. Ihre Stimme klang unfassbar weich. Ich antwortete nicht. Ich nuckelte weiter.
„Wie sich das anfühlt. Du tust mir irgendwie leid, dass du das nicht erleben kannst.“
Wieder Stille, dann kicherte sie ein bisschen. Es fühlte sich wunderbar an, als sie in meinem Mund zitterte. „Das ist so verrückt. So verrückt! Ich kann das nicht glauben, dass wir das machen!“
Ich machte es aber, und ich machte es weiter.
„Danke, Julian“, sagte sie, „ich hätte nicht gedacht, jemals so einen tollen kleinen Bruder wie dich zu haben.“
Dann spürte ich die Finger ihrer anderen Hand an meiner Stirn und an meinem Haaransatz, wie sie Strähnen beiseite strichen und in mein Haar tauchten. Vor einigen Jahren wäre ich ihr dafür an die Gurgel gegangen. Ich mochte es nicht, wenn man mein Haar anfasste. Sie wusste das, und sie hatte es einige Zeit extra getan, weil sie es lustig fand, wie ich mich dann aufregte. Heute durfte sie es soviel machen, wie sie wollte.
Dann, plötzlich, zog sie sich zurück. Meine Lippen spürten wieder nur die Kälte der Nacht.
„Was ist?“ fragte ich. Ich war enttäuscht. Sollte das alles gewesen sein?
„Du saugst etwas doll.“ sagte sie.
„Entschuldige.“
„Kein Problem. Es ist absolut gut so. Aber morgen werde ich da wohl eine Stelle haben.“
„Das wollte ich nicht.“
„Ist nicht schlimm. Sieht ja keiner.“
„Sollen wir eine Weile warten?“ fragte ich.
„Nein“, sagte sie, „ich habe ja noch eine andere.“
Ich rutschte auf ihrem Schenkel leicht vor und spürte, wie sie sich drehte, dann fühlte ich wieder Silvia in meinem Mund, nur war sie an dieser Stelle nicht so warm und feucht, wie an der, an der ich gerade genuckelt hatte. Das würde ich ändern.
„Ist die Seite auch gut?“ fragte sie.
„M-mh.“ machte ich ohne abzusetzen.
„Das freut mich.“
Ich saugte weiter, und das einzige, was nun in irgendeiner Weise mein Vergnügen trübte, war das Wissen, dass es halb vorbei war, und dass es danach nie wieder passieren würde. Dann kam mir die Idee, dass das ja gar nicht ganz sicher war. Vielleicht würde ich eine andere Frau finden, bei der ich es ebenso machen könnte. Die es in eben so einer Weise wunderbar finden würde, mich in ihren Armen nahe an sich zu halten, so dass ich sie in mich aufnehmen könnte. Wer weiß?
Und für einen Moment ploppte in meinem Kopf Stella auf, ich mit Stella, wie ich in Windeln auf ihrem Schoß lag und an ihr saugte, und sie mit dem Lächeln auf mich herabsah, von dem ich glaubte, dass meine Schwester es gerade tragen musste. Es war völlig ausgeschlossen, dass Stella das machen würde, das wusste ich. Gut, ich hatte sie nie gefragt, aber ich schätzte sie so ein, und ich würde den Teufel tun, sie zu fragen. Aber für diesen einen Moment, in meinem Kopf, fand ich die Idee so schön, dass es sein könnte. Und vielleicht wäre meine Schwester sogar auch dabei, würde es sich ansehen und zusammen mit Stella kommentieren, was ich da machte.
Das war nun wirklich komplett unrealistisch, das wusste ich. Was hier passierte würde für immer das Geheimnis von mir und Silvia bleiben. Wir würden es nie jemandem erzählen, aber die Vorstellung, dass wir es könnten, war so schön und versöhnlich.
Dann riss ich mich zusammen. Ich war im hier und jetzt. Ich war bei Silvia, und ich spürte sie, und jeder Moment war kostbar. Ich konzentrierte mich auf jede Bewegung, jede, die ich ausführte, und jede, die ich von ihr registrierte, und legte sie ab an einem besonderen Platz in meinem Kopf, wo sie nie verloren gehen würden.
Dann löste sich Silvia auch auf dieser Seite.
„Ist es vorbei?“ fragte ich.
„Ja“, sagte sie, und ihre Stimme war voll Bedauern, „es ist vorbei. Aber es war schön.“
„Ja.“
Sie löste sich von mir und legte mich auf der Matratze ab. Ich hörte in der Dunkelheit wie es raschelte, als sie sich wieder ihr T-Shirt überzog.
„Es war ein schönes letztes Mal.“ sagte ich.
„Ja“, sagte sie, „das war es.“
Sie schob mir etwas Decke herüber und ich kuschelte mich hinein.
„Auf wann hattest du den Alarm nochmal gestellt?“
„Auf fünf.“
„Dann ist morgen um fünf alles vorbei.“
„Ja. Dann ist alles vorbei.“
Für einen Moment sagten wir beide nichts. Es tat weh, dass es vorbei sein sollte, aber wenn wir nicht gewusst hätten, dass das Ende kommt, hätten wir es vielleicht nie ganz so intensiv erlebt wie in diesem Moment. Es war der perfekte, der krönende Abschluss. Wir konnten nicht mehr zurück. Wir hätten diesem Moment seinen Zauber genommen.
„Gute Nacht, kleiner Bruder.“ sagte sie.
„Gute Nacht, große Schwester.“ sagte ich.
Und ich schlief ein.
ENDE
Autor: Winger(eingesandt via E-Mail)
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden
Suche
Weitere Teile dieser Geschichte
Archiv
Neueste Beiträge
Neueste Kommentare
- Joerg Zach bei Zwischen Gestern und Morgen (10)
- nappybaby bei Zwischen Gestern und Morgen (10)
- Julia-Jürgen bei Zwischen Gestern und Morgen (10)
- Pup Arko bei Freunde fürs Leben (9)
- Dominik bei Zwischen gestern und Morgen (9)
- Spargeltarzan bei Die Fußball Jungs (4)
- Pup Arko bei Der Film war einfach zu lang
- Anenym bei Der kleine Junge (2)
Ok, ich bin immer noch etwas verwirrt.
War das der letzte Teil?
Wäre zwar nachvollziehbar, aber echt schade.
Du hast einen unglaublich schönen Schreibstil, ich könnte Deine Geschichten stundenlang lesen, ohne auch nur einmal absetzen zu wollen.
Und dennoch frage ich mich, wie kommt man auf solche Ideen?
Es war toll, es ist toll und hoffentlich wird es das auch bleiben, sollte dies nicht das Ende der Geschichte darstellen.
Danke für das schöne Lob! Ja, das war jetzt wirklich das Ende. Deswegen habe ich es nochmal unter die Geschichte geschrieben 😉
Wie ich auf die Idee gekommen bin, weiß ich gar nicht mehr. Ich kann dir bloß sagen, dass es gut war, so eine recht kleine, abgegrenzte Geschichte zu haben. Mit größeren Sachen verhebe ich mich schnell. So etwas Episches wie z.B. „Escortbaby“ könnte ich gar nicht schreiben. Oder es würde sehr lange dauern.
Ich bedauere, dass es vorbei ist. Kann man dich nicht von einer Fortsetzung überzeugen? Vielleicht mit der Stella, die mehr BDSM mit reinbringt und das tut dem Protagonisten nicht gut und Silvia schaltet sich dann ein, weil sie sich um ihren Bruder sorgt?
Als kleine Anregung, ich würde wirklich gerne weiter lesen, freue mich aber aich über jede neue Geschichte von dir.
Ich bin nicht völlig gegen eine Fortsetzung, aber diese Geschichte ist jetzt abgeschlossen. Wenn es eine Fortsetzung geben sollte, müsste das auch erst mal wieder etwas sein, was für mich eine runde Sache ist und mich packt, und das habe ich noch nicht. Dazu kommt auch, dass ich leider ein sehr langsamer Schreiber bin.
Aber: Ich sitze bereits an der nächsten Geschichte, und die wird voraussichtlich ein wenig länger.
Hm, da ist irgendwas mit meinem ersten Kommentarversuch schiefgelaufen. Ich versuche es nochmal:
Ich bin nicht vollkommen gegen eine Fortsetzung. Es ist bloß so, dass ich dafür eine Idee haben muss, die mich packt, und die in sich abgeschlossen ist. Ich mag es nicht zu schreiben, wenn ich keinen Plan habe, wo ich am Ende rauskomme. Leider bin ich auch ein sehr langsamer Schreiber, so dass ich kaum eine Geschichte einfach mal schnell aufschreiben kann.
Wie dem auch sei: Ich sitze bereits an der nächsten Geschichte. Und so wie es sich abzeichnet, wird sie größer werden als „Donnerstag“.