Ein klassisches Drama in 5 Akten (1)
Windelgeschichten.org präsentiert: Ein klassisches Drama in 5 Akten (1)
Ein klassisches Drama in 5 Akten
Disclaimer: Diese Geschichte ist komplett fiktiv, Übereinstimmungen mit real existierenden Personen sind zufällig und unbeabsichtigt.
Der Autor möchte darauf hinweisen, dass er Einwirkung auf einen anderen Menschen gegen seinen Willen – in bewusster oder unbewusster Weise – nicht toleriert, akzeptiert oder in irgendeiner Art verherrlichen möchte. Die Geschichte ist als reines Produkt der Fiktion und Fantasie und als Werk der Kunst zu begreifen. Eine reale Beziehung zwischen Menschen muss mit gegenseitigem Einverständnis und Rücksichtnahme geführt werden.
In der Geschichte werden emotional stark aufgeladene Themen und Situationen beschrieben, dies ist vielleicht für manche Leser unangemessen.
Sämtliche Rechte an der Geschichte liegen alleine beim Autor, unerlaubtes Veröffentlichen, Verbreiten oder anderweitige Nutzung ohne die Zustimmung des Autors ist verboten.
Viel Spaß beim Lesen
Akt 1
Endlich war es soweit – er hatte das perfekte Muster, die optimale Gelegenheit, gefunden. Er wusste, so eine Chance würde es keine zweites Mal geben. Also würde er langsam, ganz langsam anfangen – bis zum grandé final, dem Höhepunkt, dem fulminanten Ende – und jeden Augenblick auf dem Weg dorthin genießen.
„Wach auf – wach auf – wach auf.“ flüsterte die leise Stimme durch die Nebelschwaden des Tiefschlafes in die Synapsen von Sophies Gehirn.
Sophie erwachte vom Kitzeln der Sonnenstrahlen auf ihrer Nase, die durch das kleine Fenster der Blockhütte drangen. Verschlafen blickte sie hinaus auf das Panorama der Berge, dass sich davor abzeichnete. Sie würde die Alpen vermissen, es war schade, dass ihre Klassenfahrt heute schon eine Ende finden würde. Sie hatten wundervolle 10 Tage mit Skifahren, Snowboarden und Bergwanderungen verbracht – doch alles Gute hat nunmal irgendwann ein Ende. Sie blickte, immer noch verschlafen, auf ihren Wecker. Es war noch Zeit, sie könnte sich noch einmal herumdrehen und noch ein bisschen schlafen. „Zieh ihr die Decke weg“
„Aufwachen, Schlafmütze“ rief ihre Zimmerkameradin, Anna-Lena, sprang zu ihr ans Bett und riss ihr mit Schwung die Decke vom Leib. Sie war schon immer ein Morgenmensch und ein Spaßvogel gewesen. „Wenn wir uns beeilen, können wir noch einmal durch den Schnee…“ Ihre Freundin stoppte mitten im Satz ab, überrascht von etwas, dass sie bei ihrem Blick auf Sophie bemerkt hatte. Sophie wusste erst nicht, was los war, dann schaute sie selbst auf den Punkt, an dem die Augen ihrer Klassenkameradin hängen geblieben waren. Im gleichen Moment spürte sie auch, dass etwas nicht stimmte. „Hast du etwa ins Bett gemacht?“ Schamesröte stieg Sophie ins Gesicht, sie versuchte nach etwas zu greifen, um die nassen Flecken auf ihrem Bett zu bedecken. Ihre Freundin war davon wenig beeindruckt: „Das ist ja wie früher, passiert dir das etwa immer noch ständig?“. Komm, zieh doch erstmal die nassen Sachen aus, wir kriegen das schon hin.“ Langsam fand Sophie ihre Selbstbeherrschung wieder und antwortete bissig: „Das ist mir schon seit mehreren Jahren nicht mehr passiert, außerdem ist ein- zwei Mal pro Monat auch nicht ’ständig‘.“ Sie unterlegte das letzte Wort mit Gänsefüsschenbewegungen mit ihren Händen, um ihren Punkt zu untermalen. „Na ja, wie auch immer – auf jeden Fall hast du da eine ziemliche Pfütze in dein Bett gemacht und wenn die anderen nichts mitkriegen sollen müssen wir uns schon ein wenig mit dem saubermachen beeilen.“ Sophies grimmige Miene wechselte sich zu Dankbarkeit. Auch wenn Anna-Lena immer etwas harsch und direkt war, konnte man sich immerhin im Zweifelsfall auf sie verlassen. Dann nickte sie und machte sich auf dem Weg ins Bad. Nach einer schnellen Dusch- und Säuberungsaktion kam sie mit frischen Sachen wieder ins Zimmer zurück. Anna-Lena hatte bereits eine Plastiktüte für den nassen Schlafanzug bereitgelegt und das Bett so hergerichtet, dass man von dem Fleck nichts mehr sehen konnte. „So, das sollte genügen, zum Glück haben hier alle Matratzen diese Plastikbezüge drunter, vermutlich für kleinere Bettnässer.“ Sie zwinkerte ihrer Freunding zu, diese sparte sich eine bissige Antwort ob der Hilfe, die ihre Freundin ihr war. Dann ließ sie sich, immer noch etwas geschockt von dem Vorfall, auf Anna-Lenas Bett fallen. „Komisch“, dachte Sie. „Sowas ist mir wirklich seit Jahren nicht mehr passiert. Und ich habe in der Nacht absolut nichts bemerkt. Zu viel getrunken habe ich gestern doch auch nicht…“ Aber durch ihre Erfahrungen mit dem Thema heftete sie den Vorfall erstmal unter „Einmalige Ereignisse“ in ihrem Hirn ab. „Vielen Dank für deine Hilfe.“ Wendete sie sich dann an ihre Freundin. Die winkte ab: „Ist doch klar. Außerdem kenne ich das ja noch von früher, da mussten wir das ja auch manchmal von deiner Mutter verstecken, damit sie dich nicht für die Woche wieder in Windeln steckt.“ Sie zwinkerte und Sophie nickte verdrießlich. Ihre Mutter hatte zu ihrem Bettnässen früher immer eine harte Linie vertreten. Wenn sie mehr als einmal in der Woche in einem nassen Bett aufwachte musste sie für den Rest der Woche wieder jede Nacht Windeln tragen – was sie natürlich nicht wollte. Mehr als einmal hatte Anna-Lena, die schon früh von ihrem Geheimnis erfahren hatte, ihr geholfen dieser Strafe zu entgehen. „Also, wo wir jetzt schonmal wach sind – wollen wir noch eine Runde in den Schnee?“
Nachdem sie noch eine Stunde den Schnee und die Bergluft genossen hatten nahte die Abfahrt – sie hatten bereits am Vorabend ihre Sachen gepackt und der Bus war bereits vorgefahren. Das Gepäck wurde verstaut und die Schülerinnen und Schüler stiegen in den Bus. Den Vorfall vom Vormittag hatte Sophie bereits gut verarbeitet, Anna-Lena hatte ihn ebenfalls schon fast vergessen. Auf der gut 10-stündigen Heimfahrt schauten sie Filme, redeten über die vergangenen Tage und schwelgten auch ein wenig in Wehmut über die zu schnell vergangene Zeit. Sophie unterhielt sich angeregt mit ihren Klassenkameradinnen – sie und Anna-Lena spotteten auch ein bisschen über einige der anderen Mädchen, die sich beim Skifahren bei Weitem nicht so geschickt angestellt hatten wie sie. Einige kicherten über ihre Witze, immerhin waren beide recht beliebt. Nach einer langen, anstrengenden Fahrt kam die Klasse dann am späten Nachmittag wieder in ihrer Heimatstadt an der Schule an, dort warteten die Eltern bereits auf ihre schon fast erwachsenen Kinder – und auf Sophie eine unangenehme Überraschung.
Er war beeindruckt – sie war besser mit der Situation umgegangen als er erwartet hatte. Das würde mehr – und länger- Spaß bringen als er sich anfangs erhofft hatte. Während der Heimfahrt stellte er sich vor, wie die Herbergsleitung die Blockhütten in denen sie übernachtet hatten inspizierte und für die nächste Gruppe bereit machte und wie sie – wie er ihr nahegelegt hatte – dabei weniger tolerant und sehr viel genauer sein würde, als sie es sonst war.
„Sophie, kommst du bitte noch kurz zu mir, ich möchte mit dir reden“ Nach einem kurzen Telefonat rief die noch junge Lehrerin, Frau Reinthal, eine ihrer besten Schülerinnen zu sich. Sie wunderte sich, dass das Mädchen, das gute Noten schrieb, in der Klasse gut integriert war und lediglich dazu neigte, ab und an etwas zu sehr über die Stränge zu schlagen, so etwas getan haben sollte. Sophie, überrascht und etwas beunruhigt, verabschiedete sich für einen kurzen Moment von ihrer Mutter, die sie natürlich überschwänglich begrüßt und mit Fragen, wie denn alles genau gewesen wäre überschüttet hatte. Nun ließ Sophie die skeptisch dreinblickende Frau mit einem „Bis gleich Mama.“ stehen. Dann ging sie zu ihrer Lehrerin, die sie in ein leeres Klassenzimmer begleitete. „Worum geht es denn?“ Frage sie dann. Ihre Lehrerin überlegte noch, wie sie möglichst freundlich und rücksichtsvoll mit Sophie umgehen konnte – „Warum denn? Was sie getan hat war falsch und das fordert Konsequenzen.“ – als sie sich umentschied und beschloss, eine klare Linie aufzuzeigen. Nur weil man sich sonst gut benimmt, durften solche Unverschämtheiten nicht konsequenzenlos bleiben. „Mich hat gerade die Herbergsleitung angerufen und mitgeteilt, dass eines der Betten – nunja – verunreinigt wurde.“ „Das kann man auch ruhig direkter benennen“ „Es sieht so aus als hätte jemand – genauer gesagt du – sich in der Nacht nass gemacht, wie ein kleines Kind.“ Sophie war geschockt, so direkt und abwertend hatte sie ihre Lehrerin noch nie erlebt. Sie fühlte sich verletzt und zurückgestoßen. „Das war nur ein einmaliger Zwischenfall…“ Frau Reinthal unterbrach sie und erklärte: „Nicht genug, dass dir in deinem Alter ein solcher Zwischenfall passiert, hast du dich – statt das vernünftigste zu tun und mich zu informieren – dazu entschieden, dass ganze unter den Tisch fallen zu lassen. Der Herberge sind für die Reinigung der Decke nun aber zusätzliche Kosten entstanden, die der Schule in Rechnung gestellt werden – ich muss dich bitten, diese zu übernehmen.“ Sophie schluckte. Niemals hätte sie erwartet, dass die Herberge zusätzliche Kosten haben würde, sie war davon ausgegangen, dass einfach alle Betten nach jedem Besuch gereinigt würden und deshalb niemand dem Zwischenfall weiter nachgehen würde. Außerdem wäre es ihr viel zu peinlich gewesen ihrer Lehrerin davon zu erzählen – ein selbstbewusstes, gutaussehendes Mädchen in der Oberstufe macht noch ins Bett? Nein, ausgeschlossen. „Die Kosten in Höhe von 15 Euro wirst du der Schule selbstverständlich ersetzen.“ Niedergeschlagen nickte Sophie, was blieb ihr anderes übrig?“ Dann fragte Sie zaghaft: „Können Sie bitte meiner Mutter nichts davon erzählen? Ich kann das Geld auch selber bezahlen.“ Die Lehrerin überdachte diese Möglichkeit kurz – eigentlich wäre es üblich, die Eltern bei solch einem Vorfall zu informieren. Andersherum schien Sophie ehrlich niedergeschlagen und schien zu bereuen, was vorgefallen war – und sonst machte sie kaum Schwierigkeiten. Sollte sie also die Eltern informieren oder nicht? „Nein. Es ist noch nicht so weit.“ Sie hatte ihre Entscheidung getroffen – sie würde Sophie den gefallen tun und die Eltern außen vor lassen. „Nun gut, aber das Geld bringst du mir sofort am Montag mit, in Ordnung?“ Sophie nickte eifrig, ihr war die Erleichterung deutlich anzumerken. „Natürlich, Frau Reinthal, vielen Dank.“ Frau Reinthal nickte, dann meinte sie: „Und nun geh, deine Mutter wartet bestimmt schon auf dich. Und pass auf, dass du trocken bleibst.“ Die letzten Worte waren ihr einfach herausgeplatzt, sie hatte sie nicht wirklich aussprechen wollen. Zwar war es ihr durch den Kopf geschossen – immerhin machen sich Mädchen in Sophies Alter normalerweise nicht mehr nass – aber eigentlich wollte sie ihre Schülerin nicht in dieser Weise erniedrigen. Sophie schlug die Augen nieder und nickte – gedemütigt. Dann verließ sie mit hängendem Kopf die Klasse. Es tat ihr weh, dass ihre Lehrerin, zu der sie sonst eine gute Beziehung hatte, wegen des Vorfalls so auf sie herabblickte. Kurz überlegte Frau Reinthal, ihr noch etwas aufmunterndes hinterherzurufen, aber da war Sophie schon aus dem Raum.
Auf der Rückfahrt nach Hause frage ihre Mutter natürlich, was Sophie mit ihrer Lehrerin besprochen hatte – sie hatte bemerkt, dass ihre Tochter ungewöhnlich niedergeschlagen war. „Ach, nichts dramatisches, ich hatte ihr nur auf der Klassenfahrt eine Idee für ein Projekt vorgeschlagen und sie hat das jetzt abgelehnt.“ Von dieser Ausrede beruhigt, ließ ihre Mutter sie in Ruhe, immerhin war sie auch neugierig auf die Erlebnisse und Abenteuer, die ihre Tochter von dieser Reise zu erzählen hatte.
Als sie zuhause ankamen packte Sophie als erstes ihre Sachen aus – selbstständig wie sie war, räumte sie alles selber weg und stellte die Waschmaschine an – so konnte sie auch die nassen Schlafsachen unbemerkt verschwinden lassen. Nach einem kurzen Abendbrot bemerkte sie dann auch schnell die Strapazen des Tages und verabschiedete sich müde ins Bett. Als sie dann aber – endlich wieder in ihre eigene Kissen und Decken eingegraben – in ihrem Zimmer lag, hielten Sie ihre Gedanken noch vom Einschlafen ab. „Was, wenn es wieder passiert? Was, wenn es doch kein einmaliges Erlebnis war? Ich will nicht, dass es wieder anfängt…“ Von solchen und ähnlichen Ängsten getrieben, warf sie sich noch eine Weile von einer Seite auf die andere bis sie schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel.
„Bald ist es soweit. Bald machen wir es zusammen wahr – es ist in dir, wir müssen es nur hervorholen, warte ab, nicht mehr lange. Aber genießen wir den Weg noch ein wenig gemeinsam. Bald gehen wir den nächsten Schritt.“
Nachdem Sophie das Geld bezahlt hatte, vergingen die Wochen nach der Klassenfahrt und schnell kehrte der mal mehr, mal weniger erhellende Alltag einer Schülerin der Oberstufe zu Sophie zurück und zog sie sanft in seine Arme der Routine und Gleichförmigkeit der Tage. Es waren nur noch wenige Wochen bis zu den Weihnachtsferien, als Sophie wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt wurde.
„Pff, Skifahren kannst du trotzdem nicht.“ meinte Anna-Lena zu Isabell, einer Mitschülerin. Sie saßen in einer kleinen Gruppe auf einigen Bänken auf dem Schulhof Sophie war ebenfalls dabei, die Mittagspause hatte gerade begonnen.Die Gruppe kicherte, Isabell, die vor wenigen Minuten dazugestoßen war, fühlte sich sichtlich unwohl: „Hey, das ist doch jetzt schon länger her, könnt ihr nicht langsam damit aufhören? Außerdem kann ich auch nichts dafür…“ Sophie beschloss, noch einen drauf zu setzen: „Na ja, du könntest ja schon etwas mehr Sport machen.“ Dabei warf sie einen vielsagenden Blick auf die Hüften ihrer Mitschülerin – diese waren zwar makellos, dennoch begutachteten einige der anderen Isabell nun ebenfalls kritisch. Diese blickte verletzt an sich herunter. „Hey, das ist aber nicht nett. Außerdem gehe ich jede Woche joggen.“ Anna-Lena schaltete sich ein, sie genoß das Spiel sichtlich: „Von der Couch zum Kühlschrank und zurück, wie?“ Nun lachte die Gruppe offen, Isabell versuchte die Tränen zu unterdrücken und ließ den Kopf hängen. „Und nun auch noch heulen wie ein kleines Kind, was?“ versetzte Sophie dem Mädchen, das bereits unsicher die Schultern hängen ließ, den Gnadenstoß. Dabei blickte sie Anna-Lena anerkennend an. Isabell nahm die Hände vor die Augen und drehte sich um, dann lief sie davon. Die Gruppe konnte hören wie ihr einige Schluchzer entkamen und kicherte. „So ein Weichei“ und „Heulsuse“ konnte man von einigen hören. Anna-Lena und Sophie warfen sich einen verständigen Blick zu. Plötzlich hörten sie eine wütende Stimme: „Und so etwas von jemandem, der sich vor wenigen Wochen noch wie ein kleines Kind nass gemacht hat. Du solltest dich schämen.“ Frau Reinthal warf Sophie einen wütenden Blick zu, dann ging sie der weinenden Isabell hinterher. Die Gruppe blickte Sophie geschockt an und einige setzten fragende Mienen auf. Die strahlende, gutaussehende und mächtige Sophie? Die selbstbewusste, kluge junge Frau, die immer einen spitzen Spruch parat hatte? Die selbst die Lehrer um den Finger wickelte? Die Fragen standen den Mädchen ins Gesicht geschrieben und lagen wie Morgennebel in der Luft zwischen Ihnen. Sophie wurde rot. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie fühlte, wie um sie her die Welt ein wenig zu bröckeln begann, während sich die Blicke der anderen in ihren Rücken bohrten. Ihr war die Luft in den Lungen gefroren, gefangen, sie konnte sich nicht bewegen.
Dann fing Anna-Lena an zu lachen und klopfte Sophie auf die Schulter: „Die Frau Reinthal nimmt es dir wohl immer noch übel, dass du auf der Klassenfahrt beim Essen damals deinen Saft verkippt hast. Hätte nie gedacht, dass die so eine nachtragende Ziege ist, wirkt ja eigentlich ganz nett.“ Sophie atmete aus. Immer noch lag Spannung in der Luft, die Fragen waren noch nicht ganz ausgelöscht, aber ein Lichtstrahl hatte begonnen, den Nebel zu verdunsten. Sophie riss sich zusammen und lachte: „Ja, du hast recht. Echt, was die immer noch damit hat. Soll sich mal nicht so anstellen wegen der blöden Tischdecke.“ Nun lachte auch der Rest, lachte über die Penibilität der Lehrerin, lachte gemeinsam dagegen. Das Lachen vertrieb den letzen Rest Unsicherheiten. Dann sagte Sophie, wieder gestärkt, etwas gönnerhaft: „Aber vielleicht waren wir wirklich etwas zu hart zu Isabell, vielleicht sollten wir uns bei ihr entschuldigen.“ Sie lachte, so als wäre das ein Scherz für sich, und einige der anderen stiegen mit ein. Knapp. Wieder hatte Anna-Lena sie gerettet.
Solche Stärke, solche Kraft, solche Sicherheit. Wie würde es Spaß machen, sie zu brechen, zu Staub zu zermahlen und daraus etwas Neues zu formen. Etwas ganz und gar anderes – was aber doch schon in ihr steckte. Es wurde Zeit, den nächsten Schritt zu tun. Er konnte nicht mehr länger warten.
„Sophie, nicht schon wieder. Ich dachte damit wären wir durch.“ Ihre Mutter stand vor Sophie, mehr mit resignierter als mit wütender Miene, was Sophie umso mehr weh tat. Mit einem Augenblick wechselte sie von verschlafen zu hellwach. Es war wieder passiert. Zum dritten Mal in Folge. Beim ersten Mal hatte sie das ganze noch vertuschen können – sie war früh aufgewacht, noch bevor ihre Mutter auf die Idee kam, sie zu wecken. Sofort hatte Sophie bemerkt, was nicht stimmte. Sie hatte die ganze Nacht durchgeschlafen und hatte absolut nichts bemerkt – aber dennoch, unter ihr war ein großer, nasser Fleck und ihre Schlafanzughose war komplett durchnässt. Zum ersten Mal seit langer Zeit war sie froh über den Matratzenschutz auf dem ihre Mutter noch immer bestand, obwohl ihre Bettnässerzeit schon länger zurücklag – oder eher, zurückzuliegen schien. Sie hatte also die Sachen gewaschen und das Bett frisch bezogen, ohne das ihre Mutter etwas bemerkte und gehofft, dass dies das letzte Mal gewesen war.
Sie irrte. Beim zweiten Mal hatte sie weniger Glück und ihre Mutter zeigte sich wenig begeistert über den Rückfall ihrer Tochter. „Ich hoffe das wird nicht wieder zur Regelmäßigkeit, dafür bist du eigentlich zu alt.“ hatte sie am vorherigen Morgen gesagt. Nun war Sophie wieder in einem nassen Bett aufgewacht – wieder hatte sie nichts bemerkt, wieder war alles überflutet, vermutlich hatte sie sich sogar mehr als einmal im Schlaf eingenässt, der Menge nach zu urteilen. Es war die dritte Nacht in Folge und es war klar, dass dies nicht mehr unter „einmalige Ereignisse“ abzutun war.
„Sophie, ich rufe gleich mal den Doktor an und mache einen Termin. Vielleicht hast du dich ja verkühlt oder dir irgendwas eingefangen.“ Sophie nickte, während sie sich aus dem nassen Bett schälte. „Ja, vermutlich.“ „Da fahren wir dann nach der Schule sofort hin.“ „Und weiter? Regeln sind Regeln.“ Ihre Mutter zögerte kurz, dann fügte sie hinzu: „Dann holen wir auch gleich neue Windeln für dich. Das war das zweite Mal diese Woche.“ Sophie war geschockt. Sie hatte gehofft, dass ihre Mutter diese Regeln nicht mehr mit derselben Härte durchsetzen würde wie früher. Sie hatte sich geirrt. „Aber Mama…“ Ihre Mutter unterbrach sie mit einer schnellen Handbewegung: „Ich lasse nicht mit mir diskutieren. Regeln sind Regeln. Außerdem ist das auch weniger Aufwand als dieses ewige Waschen von deinem Bettzeug.“
In der Schule war Sophie abwesend – in sich gekehrt, was Anna-Lena natürlich auffiel, aber selbst nach wiederholtem Nachfragen war aus Sophie keine Antwort herauszukitzeln. Eigentlich erzählten sich die beiden alles – aber Sophie war es zu peinlich, was passiert war. Sie hatte wieder angefangen ins Bett zu machen. Mit 17 Jahren. Sie würde wieder eine Windel tragen – als Schülerin der Oberstufe. Sie fragte sich, warum das passierte – hatte sie etwa so wenig Kontrolle über sich? Der erste Samen von Selbstzweifel nagte an der hübschen, eigentlich so starken und selbstbewussten jungen Frau.
Als sie nach einem Schultag der an ihr vorbeizog während sie in Gedanken bei der Demütigung war, die ihr eigener Körper ihr jede Nacht bereitete, nach Hause kam, wartete Ihre Mutter schon auf sie, nachdem Sie ihre Sachen ins Haus gebracht hatte stiegen Sie direkt ins Auto. Sophies Kinderarzt war gleichzeitig Urologe – sie hatten ihn damals wegen Sophies hartnäckigem Bettnässen ausgesucht und bisher nicht gewechselt, weil er gut in seinem Fach war und sie stets zufrieden waren, da Sophie noch nicht vollständig war, war dies möglich. Im Wartezimmer fühlte Sophie sich dennoch zum ersten Mal unzufrieden – die bunt bedruckten Wände mit Bildern aus dem „Dschungelbuch“, aus „Peter Pan“ und der „Unendlichen Geschichte“ schienen sie auszulachen. In den letzten Jahren fand sie – ganz coole, überhebliche Jugendliche die sie war – es amüsant zu sehen wie sich die kleineren Kinder über die bunten Farben und bekannten Figuren freuten – heute schienen sie auf sie herabzublicken, sie auszulachen und zu verspotten. „Na, bist du nicht schon ein wenig zu groß um hier beim Kinderarzt zu sitzen? Warum bist du denn hier? Ah, du machst wieder ins Bett, wie? Dann bist du wohl doch ganz richtig.“ In ihrem Kopf umzingelten die Figuren sie, zeigten mit dem Finger auf sie, lachten sie aus. Sie schloss die Augen, ihre Wangen waren rot vor Scham. Ihre Mutter tat so, als würde sie nichts bemerken – Sophie hatte sich das selbst eingebrockt, so ihre Meinung, also müsste sie da jetzt auch durch. „Sophie, bitte“ rief eine Arzthelferin vom Empfang. Normalerweise störte es Sophie nicht, dass hier alle mit Vornamen gerufen wurden – doch heute wäre sie lieber mit ihrem Nachnamen angesprochen worden. Sie ging mit ihrer Mutter in ein Behandlungszimmer, wo der Arzt schon wartete. Er nickte freundlich, väterlich und sein Blick zeigte ehrliche Offenheit. „Worum geht es denn? Sie waren am Telefon ja nicht gerade präzise.“ Fragte er Sophies Mutter. „Das erzählt Sophie Ihnen am besten selbst.“ Antwortete sie – „Also Sophie, erzähl mal, was los ist.“ Sophie senkte den Kopf wieder, feuerrot. Stille breitete sich aus, schwang von ihrer Mutter zu ihr, zum Arzt und wieder zurück, verdichtete sich, verklebte ihr die Stimmbänder, legte sich auf ihre Zunge, verschloss ihre Lippen. Sie fühlte sich wieder als wäre sie 10 und sehr schüchtern und müsste zugeben, dass sie immer noch nicht richtig trocken war in der Nacht. „Na los Sophie, du weißt doch, alles was du hier erzählst bleibt unter uns.“ Meinte der Arzt aufmunternd und tröstend, ihre Nervosität bemerkend. Sie schluckte einmal, nickte dann und sammelte alle ihre Kraft und ihren Mut zusammen. „Ich…“ stammelte Sie „Ich… Ich mache wieder ins Bett.“ Sie merkte, wie Tränen in ihre Augen stiegen, sie versuchte sie niederzukämpfen. Sie wollte nicht weinen, wollte sich nicht noch weiter demütigen. Der Arzt bemerkte ihre Pein und reagierte verständnisvoll: „Sophie, das ist doch überhaupt nicht schlimm – es gibt viele Gründe warum so etwas auch in deinem Alter noch vorkommen kann. Es ist gut, dass du hier bist, dann können wir die Ursache bestimmt schnell finden.“ Sie nickte, immer noch etwas aufgelöst. „Wir führen jetzt mal ein paar Tests durch und dann sehen wir weiter, okay?“ Seine beruhigende Stimme und sein sanfter Ton beruhigten sie etwas – sie fand ein wenig Stabilität wieder und nickte dann.
Auf der Rückfahrt im Auto herrschte Schweigen, dass man mit einem Buttermesser hätte zerteilen können. Es war als läge dichter, schwarzer Nebel im Auto, der sich immer wieder in kleinen Blitzen, wütenden Blicken ihrer Mutter zu ihr, entlud. Natürlich hatte keiner der Tests etwas ergeben. Sie hatte keine Blasenentzündung, ihre Muskulatur war normal entwickelt, es gab keine Infektion, alle Werte waren im normalen Bereich. Der Arzt war ratlos gewesen. Er hatte vorgeschlagen, das Ganze noch eine Weile zu beobachten, wenn es nicht besser werden würde, sollten sie sich an einen Psychologen wenden. Für ihre Mutter war klar: Sophie machte das mit Absicht, oder zumindest strengte sie sich nicht genug an, um es zu verhindern. Umso mehr war sie bestärkt in ihrem Vorhaben, Sophie nach denselben Regeln wie früher zu behandeln. Sie bogen auf den Parkplatz eines großen Sanitätshauses ein und Sophie fühlte sich wieder in ihre Vergangenheit zurückversetzt. Ihre Mutter hatte immer darauf bestanden, dass sie dabei war wenn sie ihre Windeln kaufte. „Du kannst da ruhig zu stehen, wer noch ins Bett macht muss auch die Konsequenzen tragen.“ Hatte sie immer gesagt. Als sie – immer noch in düsteres Schweigen gehüllt – den Laden betraten, setzte ihre Mutter ihr höfliches Shoppinggesicht auf. Sophie musste sich Mühe geben, damit sie nicht anfing zu heulen. Um sie her stapelten sich verschiedene Packungen Inkontinenzslips, Gummihosen, Bodys, Trainingshösschen, Stoffwindeln und Wegwerfwindeln. Das Sanitätshaus war schon immer auf die Bedürfnisse von Personen spezialisiert die, nunja, nicht ganz ‚dicht‘ waren. Zielstrebig ging Ihre Mutter auf eine Verkäuferin zu und fragte: „Ich brauche Windeln für meine Tochter hier.“ Sophie wäre am liebsten im Boden versunken. Sie hasste diese Situation, sie hasste diesen Laden und am meisten hasste sie in diesem Moment ihren Körper, der sie dazu zwang, hier zu sein und Windeln zu kaufen, wo sie doch eigentlich in ihrem Alter hübsche Klamotten für ihre Abschlussfeier hätte shoppen sollen. Die Verkäuferin drehte sich zu Ihnen um und meinte überrascht: „Sophie, na das hätte ich ja nicht erwartet, dich nochmal hier zu sehen.“ Sophie rutschte das Herz noch ein bisschen weiter in die Hose. Ausgerechnet, ausgerechnet sie. Die Verkäuferin war eine Nachbarin von Ihnen. Als sie damals von Sophies Bettnäss-Problem erfuhr bot sie sich gleich an, wenn nötig ab und zu auf sie aufzupassen. Sie hatte einen kleinen Sohn, der Sophie immer für ihre Windeln ausgelacht hatte, sobald seine Mutter nicht in der Nähe war. Unwillkürlich glaubte Sophie seine quäkende Stimme zu hören: „Brauchst du also immer noch Windeln? Du bleibst also doch eine kleine Windelprinzessin.“ So hatte er sie damals immer genannt, und sie hatte es gehasst. Mit einem mitfühlenden Blick wie man ein kleines Kind ansah, dass noch nicht auf dem Stand seiner Altersgenossen war, fragte die Verkäuferin: „Ist das mit deinem Problemchen etwa immer noch nicht besser?“ Ihre Mutter schaltete sich ein: „Das war es. Bis vorgestern, dann hat sich die kleine Prinzessin hier entschieden, wieder damit anzufangen. Deswegen brauchen wir jetzt wieder Windeln – die gibts doch in ihrer Größe noch?“ Die Verkäuferin erinnerte sich wieder, was ihre Aufgabe hier war. „Selbstverständlich. Kommt mal mit, hier, in dem Gang sollte alles für Sophie passen. Schaut euch doch einfach um und sagt bescheid, wenn ihr Fragen habt. Ihr kennt euch ja schon aus.“ Ihre Mutter blickte durch die Regale und etwas schien ihr ins Auge zu fallen. „Was sind das denn für Windeln? Sind die hier falsch einsortiert?“ Sie hatte ein Paket aus dem Regal gegriffen, worauf vorne ein kleiner Tiger abgebildet war, der eine Windel trug. Die Packung war bunt gestaltet und sah sehr kindgerecht aus. Die Verkäuferin lachte und meinte: „Nein, nein. Die stehen hier schon genau richtig. Die sind hier für Menschen, die zwar schon aus den Windeln raus sind, aber sich noch als Baby fühlen – davon gibt es einige, das ist ein lukrativer Markt.“ Sophies Mutter und sie selber schauten einen Moment verwundert, dann schüttelte Sophies Mutter den Kopf in der Manier von „Sachen gibt’s“ und wandte sich an Sophie: „Vielleicht sollte ich die dir mitnehmen, immerhin verhälst du dich ja wie ein Baby.“ Sophie sah sie entsetzt an und schüttelte entschieden den Kopf. Da kam ihr die Verkäuferin zur Hilfe: „Na ja, also Babys machen genau genommen immer die Windeln nass und auch voll– Sophie hat ja nur Nachts ein Problem mit dem kleinen Geschäft, da fehlt noch einiges bis zum Baby.“ Wieder wurde Sophie feuerrot – das schien eine neue Angewohnheit zu werden. Dennoch nickte sie zustimmend, in der Hoffnung, ihre Mutter von dieser Idee abzubringen. Diese gab sich tatsächlich geschlagen und stellte das Paket zurück ins Regal – woraufhin Sophie innerlich aufatmete. Windeln waren ja schon schlimm genug, da mussten diese nicht auch noch Kindermotive tragen. Ihre Mutter entschied sich dann für zwei Packungen der dicksten Nacht-Inkontinenzslips. „Du sollst ja auch merken, was du da trägst.“ War ihre Antwort auf Sophies entsetzten Blick. Diese wusste, dass es hier kein diskutieren geben würde.
Nachdem sie bezahlt hatten begann für Sophie ein weiterer Spießrutenlauf, als sie – die zwei Windelpackungen in jeweils einer Hand – zurück zum Auto gingen. Sie hatte das Gefühl, jeder um sie her würde sie anschauen, die Windeln sehen und sie innerlich auslachen. Vermutlich war das nicht wahr, aber das machte es für Sophie nicht einfacher. Hätte sie gewusst, wie viel größer ihre Demütigungen noch werden sollten, sie hätte die Blicke vermutlich nichtmal bemerkt.
Und so änderte sich Sophies Tagesablauf in einigen kleinen, aber durchaus bedeutenden Details. Die erste Veränderung fand in Ihrem Zimmer statt. In ihrem Kleiderschrank lagen nun, neben ihren Unterhosen gestapelt, die Windeln. Jede einzelne in leichtem Violett, dick aufgefaltet ein Zeugnis dafür, dass sie jede Nacht wieder auf dem Stand eines Kleinkindes war, dass jedes beginnende Erwachsensein in ihr an jedem Abend endete, als würde der weiße Zellstoff es aus ihr herausziehen und aufsaugen wie ihren Urin, den sie nicht aufhalten konnte. Wenigstens konnte sie sich selber die Windeln an- und ausziehen, aber das wirkte so klein im Vergleich zu dem, wie sie hätte sein können. Früher – bevor sie wieder zur Bettnässerin wurde – hatte sie gerne vor ihrem Kleiderschrank gestanden und die Auswahl betrachtet – jetzt fiel ihr Blick jedes Mal auf den weißen Zellstoff, sobald sie die Türen öffnete – also schloss sie sie schnell wieder. Jeden Abend zog sie sich eine Windel an, welzte sich mit dem dicken Paket zwischen den Beinen, die sie nicht mehr richtig schließen konnte, hin und her und versuchte einzuschlafen. Ein paar Mal in den ersten Wochen weinte sie sich in den Schlaf. Aber mit der Zeit gewöhnte sie sich daran – die Abende wurden Routine, es wurde normal, dass sie sich wickelte und dann auf dem Rücken liegend wie ein Baby im Gitterbett, in das Land der Träume fand. Was nie Routine wurde, das waren die Morgende. Das kleine bisschen Hoffnung, das letzte, allerletzte Flämmchen in ihr, erlosch nie ganz, dass sie die Augen aufschlagen würde und wenn sie mit der Hand zwischen Ihren Beinen fühlte, dort nur trockenen, weißen Zellstoff finden würde. Dass sie zu Ihrer Mutter gehen könnte und sagen: „Ich war trocken – jetzt schon mehrmals – darf ich wieder aus den Windeln raus?“ Jeden Morgen hatte sie diese Hoffnung – und jeden Morgen starb sie aufs Neue. Manchmal, in besonders düsteren Momenten dachte sie sich, wie unpassend diese Ziele für ein Mädchen in ihrem Alter waren. Andere planten auf einen Führerschein, arbeiteten auf Rekorde im Sport hin oder hofften auf einen guten Studienplatz – sie wollte einen Morgen in trockenen Windeln aufwachen. Und nichtmal das gelang ihr. Jeden Morgen resignierte sie aufs Neue – denn jeden Morgen war der Indikatorstreifen auf den Windeln verschwunden, war der Zellstoff dick und aufgequollen – und gelb, weil sie immer versuchte, am Vorabend so wenig wie möglich zu trinken. Jeden Morgen hoffte sie auf eine trockene Nacht. Es gab nicht eine einzige mehr.
In der Schule veränderte sich ihre Stellung langsam, aber sicher. Sie nahm nicht mehr an Partys oder abendlichen Treffen teil – zu oft hätte sie dort übernachten müssen, was ihr nun unmöglich war ohne zum Gespött der Klasse als Riesenbaby zu werden. Sie wollte mit niemandem darüber reden, so fühlte sich auch Anna-Lena immer mehr zurückgestoßen von ihr – Sophie lud sie nicht mehr zu sich nach Hause ein, aus Angst, sie könne die Windeln finden. Sie wusste selber nicht genau, warum sie sich ihrer Freundin nicht anvertraute, kannte sie ihr Problem doch von früher, aber jedes Mal wenn sie es gerade übers Herz bringen wollte, kam ihr ein Bild in den Kopf, wie Anna-Lena sie überrascht und auch ein bisschen voll Ekel anschaute und sagte: „Dann bist du also immer noch so ein kleines Baby.“ Sie wusste, dass dieses Bild nicht vollständig unbegründet war. Zwar hatte Anna-Lena sie immer unterstützt und ihr immer geholfen – weil sie eine wirklich gute Freundin war – aber gleichzeitig hatte sie immer ein wenig auf Sophie wegen des Bettnässens herabgeblickt. Das nagte nun an Sophie – wenn ihre Freundin schon eine 12-Jährige mit Windeln nicht ernst nehmen konnte, wie sollte dies bei einer 17-Jährigen sein? Und so, langsam, abgesagte Einladung um abgesagte Einladung, ausweichende Antwort um ausweichende Antwort und verpasste Party um verpasste Party, entfernten sich beide voneinander. Sophie saß nun in den Pausen immer öfter alleine. Manchmal hörte Sie andere um sich her über sie reden, manchmal sah sie Blicke die fragten, spekulierten. Noch lästerte niemand über sie – dafür waren die Zeiten in denen Sie Spitze, in denen Sie groß und angsteinflößend war, dafür waren diese Zeiten noch zu sehr im Gedächtnis. Aber das schleichende Gift, welches ihr Selbstbewusstsein unterwanderte, die Spannung aus ihren Schultern nahm und ihren Blick zu Boden senkte – es zirkulierte schon langsam weiter, zog größere Kreise bis in ihre Klasse hinein.
Jemand beobachtete diesen Prozess mit Geduld und mit großem Interesse. Und mit unbändiger Genugtuung. Bald.
Autor: Windelpoet (eingesandt via E-Mail)
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Tolle Geschichte, bitte weiterscheiben! 😀
Wahnsinnig gut geschrieben, richtig toll.
Sehr gut geschrieben (Y) Diese Geschichte macht extrem lust aufs Weiterlesen. Ich hoffe man kann sich bald an einer Fortsetzung erfreuen.