Ein klassisches Drama in 5 Akten (2)
Windelgeschichten.org präsentiert: Ein klassisches Drama in 5 Akten (2)
Disclaimer: Diese Geschichte ist komplett fiktiv, Übereinstimmungen mit real existierenden Personen sind zufällig und unbeabsichtigt.
Der Autor möchte darauf hinweisen, dass er Einwirkung auf einen anderen Menschen gegen seinen Willen – in bewusster oder unbewusster Weise – nicht toleriert, akzeptiert oder in irgendeiner Art verherrlichen möchte. Die Geschichte ist als reines Produkt der Fiktion und Fantasie und als Werk der Kunst zu begreifen. Eine reale Beziehung zwischen Menschen muss mit gegenseitigem Einverständnis und Rücksichtnahme geführt werden.
In der Geschichte werden emotional stark aufgeladene Themen und Situationen beschrieben, dies ist vielleicht für manche Leser unangemessen.
Sämtliche Rechte an der Geschichte liegen alleine beim Autor, unerlaubtes Veröffentlichen, Verbreiten oder anderweitige Nutzung ohne die Zustimmung des Autors ist verboten.
Viel Spaß beim Lesen
Akt II
Sie musste. Sie musste sehr, sehr dringend. Nach der letzten Stunde war sie nicht mehr auf die Toilette gekommen, damit sie den ersten Bus nach Hause nicht verpasste – sonst hätte sie eine Stunde warten müssen und sie wollte nicht unpünktlich nach Hause kommen. Das hatte sie schon öfters gemacht und es war bisher kein Problem gewesen. Außerdem war das Verhältnis zu ihrer Mutter seit – der Veränderung – deutlich verschlechtert. Sie war strenger geworden und ließ Sophie weniger Fehler durchgehen. Gerade bei Verspätungen wurde sie schnell wütend und drohte mit Strafen. Normalerweise war es für Sophie kein Problem gewesen nach der Mittagspause nicht mehr auf die Toilette zu gehen und dann erst zu Hause wieder – aber heute schien es ihr, als müsste sie sehr viel dringender als sonst. Sie saß also im Bus und hatte die Beine schon überkreuzt, während sie mit dem Fuß zappelte. Zum Glück saß sie ganz hinten, sodass sie niemand beobachten konnte – so ein Bild hätte ihren Klassenkameradinnen sicher noch als Wasser auf ihren Klatschmühlen gefehlt. Der Bus zog seine Linie durch die Straßen, immer im gleichen Tempo, egal wie sehr Sophie ihn in Gedanken anschrie, doch schneller zu fahren. Sie wurde immer nervöser. Noch 3 Haltestellen. Sie versuchte sich abzulenken, in Gedanken zählte sie die Straßenschilder an denen sie vorbeifuhren. Das hatte sie als kleines Mädchen immer auf langen Autofahrten gemacht. 1 Vorfahrtsschild, 2 Vorfahrtschilder – Schließmuskel anspannen – 3 Vorfahrtschilder. Noch 2 Haltestellen. 4 Vorfahrtschilder. Ihr ganzer Unterkörper war jetzt unter Hochspannung, sie fühlte sich als würde etwas versuchen, sie von Innen heraus zu zerreißen. Noch eine Haltestelle. Jemand stieg in den Bus ein – Sie erschrack. Oh nein, es war ein Junge aus ihrer Parallelklasse. Er war einer der wenigen zu denen sich ihr Verhältnis in letzter Zeit nicht verschlechtert hatte, also nickte er ihr freundlich zu und machte Anstalten, sich neben Sie zu setzen. „Sorry Leon, aber ich muss gleich hier raus.“ Sagte sie und stand auf, um ihm zuvorzukommen. Sie untermalte ihre Worte mit einem Druck auf den ‚Stop‘-Knopf. Sie musste ihre ganze Willenskraft nutzen, um nicht zu offensichtlich die Beine zusammenzukneifen und trotzdem kein Unglück geschehen zu lassen. „Ah, schade. Aber dann noch einen schönen Tag.“ Sie bedankte sich und stieg aus. Als der Bus weitergefahren war, krümmte sie sich einmal kurz und presste ihre Hände in ihren Schritt. Zum Glück war niemand in der Nähe. So watschelte sie nach Hause- ihr hübsches Kleid zwischen die Beine gedrückt wie ein kleines Mädchen, dass dringend mal muss und vergessen hat, auf die Toilette zu gehen. Mit jedem Schritt wurde der Druck stärker – da bog sie in ihre Straße ein. Das Gefühl zerrissen zu werden erreichte seinen Höhepunkt – vor der Haustür kramte sie hektisch nach ihrem Schlüssel – eine Hand immer noch zwischen den Beinen war sie nicht sicher ob sie es schaffen würde. Linke Tasche? Rechte Tasche? Hatte sie etwa den Schlüssel verloren? Nochmal linke Tasche? Nein, Innentasche, da, ihre Hand fühlte Metall. In ihr schien ein ganzes Meer als Tsunami ausbrechen zu wollen. Sie schob den Schlüssel ins Schloss, stieß sofort die Tür auf, rief Ihrer Mutter eine Begrüßung in die Küche und war in 3 schnellen Schritten auf der Toilette. Erleichtert öffnete sie alle Schleusen und spürte die Erlösung, das Ende des Schmerzes. Dafür, dass sie so stark musste, schien ihr etwas wenig zu kommen, aber gleichzeitig war sie einfach froh, es noch rechtzeitig geschafft zu haben. Dann inspizierte sie schamvoll ihren Slip und ihr Kleid. Sie hoffte nur, dass Leon den etwas mehr als CD-großen, dunklen, nassen Fleck nicht bemerkt hatte, der sich zwischen Ihren Beinen ausgebreitet hatte, als sie bei seinem Einstieg in den Bus erschrak und kurz die Kontrolle über sich verlor. Einen Moment lang hatte sie gefühlt, wie ihr Schritt nass wurde – etwas, was ihr zwar jede Nacht passierte, aber was sie im vollen Bewusstsein schon lange nicht mehr erlebt hatte. Sie hatte keine Zeit gehabt, mehr darüber nachzudenken, schnell presste sie kurz eine Hand in den Schritt und stoppte den Spritzer. Immerhin hatte sie sich nicht komplett nassgemacht, dachte sie nun. Dennoch war es demütigend, mit 17 mit einem nassen Slip auf der Toilette zu sitzen. Bloß raus aus den Klamotten, dachte sie. Als sie die Toilette verließ rief ihre Mutter aus der Küche: „Und, noch rechtzeitig geschafft?“ Sie wurde rot. „Ja, natürlich. Ich bin doch kein Baby.“ Rief sie zurück und ging in ihr Zimmer um sich aus den nassen Sachen zu befreien. Nein, Sie war kein Baby – aber auf dem Weg dahin.
Am nächsten Morgen stieg Leon wieder zu ihr in den Bus – er erblickte Sie, lächelte und setzte sich zu ihr. „Na, wie gehts?“ fragte er mit einem ehrlichen, offenen Lächeln. „Ganz in Ordnung.“ Antwortete sie halb wahrheitsgemäß. Sie hatte inzwischen aufgegeben, jeden Abend so wenig wie möglich zu trinken. Es hatte keinen Zweck. Zwischenzeitig hatte sie sich einen Wecker auf jede Stunde gestellt um auf die Toilette zu gehen – nur um festzustellen, dass die Windel zwischen den Stunden komplett geflutet wurde. Dadurch gewann sie nichts als einen übermüdeten Morgen. Fast schien es ihr, dass Ihr Körper sich dazu entschieden hatte in die Windeln zu machen und egal was sie tat, sie konnte nichts dagegen tun. Sie gab auf. Heute morgen waren ihre Windeln dann wieder komplett nass – und übergelaufen. Sie hatte sich wie ein kleines Baby gefühlt, als sie mit nassem Schlafanzug und komplett durchweichter Windel mit breiten Beinen ins Bad gewatschelt war. Auf dem Weg begegnete sie Ihrer Mutter – und der morgen war zur Hölle geworden. Bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte musste sie sich Tiraden anhören, wie undankbar sie doch wäre und faul und dass sie sich doch bitte ihrem Alter gemäß verhalten sollte. Sophie hatte aufgegeben ihrer Mutter weis zu machen, dass sie das selber gerne würde aber ihr Körper par tout nicht mitspielen wollte. Also hatte sie alles über sich ergehen lassen – und fühlte sich schlagartig besser, als sie das Haus verließ. „Und wie geht’s dir?“ „Ach, so lala. Ich hab nachher ne Matheklausur und habe keine Ahnung davon.“ Er lachte, sie schaute irritiert. Da realisierte sie wieder, wie weit sie von der Realität ihrer Mitschüler entfernt war. „Aber alles halb so wild, das wird schon. Du bist in letzter Zeit so still, alles gut bei dir?“ „Nein, ich mache jede Nacht meine Windeln nass und gestern hab ich mich vor dir ein bisschen eingepinkelt, aber sonst ist alles gut.“ Hallte ihre Stimme höhnisch durch ihren Kopf. Laut sagte sie nur: „Ach, ich hab in letzter Zeit nur ein wenig Stress mit meiner Mutter, das wird schon wieder.“ Er nickte verständnisvoll und antwortete: „Das kann ich gut nachvollziehen. Aber da weiß ich ein super Rezept gegen: Viel rausgehen und sich ablenken.“ Sie lächelte ihn an, schon lange hatte sie niemand mehr so ernst genommen. Dann meinte sie: „Na wenn das mal so einfach wäre bei all ihren Regeln und Pünktlichkeiten.“ Er schmunzelte und meinte: „Aber da muss es doch auch mal Ausnahmen geben. Wie wäre es, wenn du dich mit einem Jungen triffst?“ Sie verschluckte sich fast am Wasser, dass sie gerade trinken wollte. Sie hatte ein paar Flirts und kürzere Beziehungen mit Jungen aus den höheren Klassen hinter sich, aber an Leon hatte sie nie gedacht. Gerade mit ihrem Problem hätte sie ohnehin keine Beziehung führen können. Andersherum war diese Gelegenheit wahrscheinlich für längere Zeit das nächste, was einem altersgemäßen Leben nahe kam – und gegen ein Date am Nachmittag hätte jawohl auch ihr Körper nichts einzuwenden. Also legte Sie kokett Ihren Kopf schief – wie lange hatte sie Ihre Körpersprache schon nicht mehr so singen lassen? Und fragte: „Denkst du da an jemand bestimmtes?“ Er setzte eine konzentrierte Miene auf und erklärte: „Na ja, ich kenne da so einen gutaussehenden, gebildeten, überaus geistreichen und witzigen jungen Mann, der letzte Woche Single geworden ist. Ansonsten könntest du es aber auch einfach mit mir vorlieb nehmen.“ Bei seinen letzten Worten zwinkerte er ihr zu. Ein bisschen süß war er ja schon. Und selbstbewusster als man auf den ersten Blick annehmen wollte. „Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach.“ antwortete Sie, worauf er lachte. „Nun gut, dann morgen Nachmittag bei dir? Ich hole dich ab?“. So war es also abgemacht. Die Bettnässerin hatte ein Date.
Du wirst merken, wie der Druck langsam stärker wird, du wirst dagegen ankämpfen. Du wirst tapfer durchhalten, unter Zuhilfenahme aller Mittel. Du wirst spüren, dass es knapp wird, aber du wirst weiterkämpfen und nicht aufgeben. Und dann wird dein Körper für dich entscheiden, wird entscheiden wie es für ein kleines Mädchen wie dich angemessen ist.
Es klingelte und Sophie lief so schnell sie konnte die Treppe herunter, um die Tür zu öffnen. Auf keinen Fall wollte sie, dass ihre Mutter Leon hereinließ. Auf halbem Weg sah diese sie an und meinte: „Wow, du hast dich aber hübsch gemacht.“ Sie hatte Recht. Sophie wollte diese Gelegenheit, sich wie ein Mädchen in ihrem Alter zu verhalten, aufs Gebührende ausnutzen. Also hatte sie sich erst ihr hübschestes kurzes Kleid herausgesucht – vermutlich ein wenig zu hübsch für den Anlass, denn es war kein verspieltes Mädchenkleid sondern eher für einen Abendball in feiner Gesellschaft gedacht. Dann hatte sie eine Weile im Bad zugebracht um ihr Äußeres – ihre Haare und ihr Gesicht – bestmöglich erscheinen zu lassen. Da erst fiel ihr auf wie stark sie das in der letzten Zeit vernachlässigt hatte – wenn niemand mit ihr sprach, brauchte sie auch nicht hübsch sein, so dachte sie. Aber heute sprach jemand mit ihr – und war nur ganz für sie da. Als sie die Tür öffnete konnte sie hören, wie ihre Mutter neugierig hinter ihr in den Flur trat und anerkennend nickte, als sie Leon erblickte. Scheinbar deutete sie es als ein gutes Zeichen, dass ihre Tochter sich altergemäß verhielt. Als Leon sie erblickte konnte man ihm seine Verblüffung ansehen. Er sah selbst nicht schlecht aus, aber eigentlich war er niemand für jemanden in ihrer Liga – und als er sie so hergemacht erblickte, schien ihm das auch klar zu sein. Dann lächelte er – wie jemand, der gerade sein Glück begriffen hat. „Wow, du siehst umwerfend aus – also noch umwerfender als sonst.“ Sie schenkte ihm ihr Bestes ‚Ich-höre-das-zwar-oft-aber-von-dir-bedeutet-es-mir-was-Lächeln‘ und frage dann: „Wollen wir direkt los?“ Sie untermalte die Frage mit einem verschwörerischen ‚du-verstehst-schon‘-Ausdruck und einer Geste mit den Augen über ihre Schulter Richtung ihrer Mutter. Er nickte verstehend, woraufhin sie hinaustrat und ohne nochmal zurückzublicken rief: „Bye, Mum, bis heute Abend.“ -und die Tür hinter sich schloss.
Sophie kostete den Abend voll aus – hätte sie aber gewusst wie oft sie sich in den folgenden Wochen daran erinnern würde, sich danach sehnen würde und im Kopf wieder und wieder durchspielen, sie hätte vermutlich noch ein wenig lauter gelacht, ein bisschen aggressiver geflirtet, ein wenig verliebter gelächelt. Nachdem Leon sie abgeholt hatte waren Sie in ein kleines Café gegangen, ein Geheimtipp, wie er behauptete, und hatten erst einen Cappucino getrunken – ihre Lieblingsvariante, mit wenig Milch, etwas Sahne und ohne Zucker – obenauf eine Prise Zimt. Dann verschwand er kurz mit einem geheimnisvollen Zwinkern und einem „Bin gleich wieder da.“ Als er wieder kam wollte er auf keine ihrer Fragen antworten, was er denn getan hatte. 5 Minuten später kam eine Kellnerin und stellte zwei Teller vor Ihnen hin. Er machte eine Geste wie ein Zauberer, als wollte er sagen: „Hier ist es, der große Trick.“ Sie blickte skeptisch erst ihn an, dann auf die Teller. „Kuchen? Das ist deine große Überraschung? Von einem großen Dramatiker wie dir hätte ich mehr erwartet.“ Er ließ seine Arme sinken und setzte eine gespielt verletzte Miene auf. Dann wisperte er verschwörerisch: „Das ist nicht irgendein Kuchen – das ist der beste Apfelkuchen, den du jemals essen wirst.“ Sie blickte immer noch skeptisch, aber seine Miene blieb so ernst, dass sie seufzte und mit der Gabel ein Stück probierte. Er hatte Recht, der Kuchen war ein kulinarisches Kunstwerk. Nicht, dass es noch so etwas gebraucht hätte um ihn für sie zu gewinnen. Leon war ein großartiger Mann, das begriff sie schnell. Sein Verhalten war genau die richtige Schnittmenge zwischen höflichem Sohn aus gutem Hause und rebellisch-unabhängigen Freigeist. Er war lustig und zuvorkommend und so selbstbewusst, dass er sich selbst nicht zu ernst nehmen brauchte.
Als es dämmerte tauschten sie das Café gegen eine kleine Bar und den Cappucino gegen Wein – Leon war ein echter Weinkenner, ein Genießer – auf Sophie wirkte der Alkohol wie ein Katalysator der guten Stimmung, die sie ohnehin hatte. Sie hatte sich schon lange nicht mehr so wohl – und so erwachsen – gefühlt. Leon gab ihr das Gefühl, wertgeschätzt zu sein, ohne sie zu bevormunden. Mit fortschreitendem Abend verringerte sich also der physische Abstand zwischen beiden, bis Ihre Knie sich berührten und er seine Hand auf ihr Bein legte. Zum Abschied küsste sie ihn auf die Wange und fühlte sich einen Moment als hätte sie ein normales Leben.
Sie wurde langsam nervös und tippelte von einem Bein aufs andere. Sie war in der Bar noch auf die Toilette gegangen, sie konnte sich nicht vorstellen, warum sie schon wieder so stark musste. Leon war an der letzten Haltestelle ausgestiegen, es blieb noch eine Haltestelle bis Sophie wieder zu Hause war. Der Alkohol legte immer noch einen sanften Schleier um sie herum, dennoch spürte sie, dass es diesmal wirklich, wirklich knapp werden würde. Der Druck in ihrer Blase wurde langsam zum Schmerz und das Tippeln in den Füßen wurde zu einem ausgewachsenen Zappeln. Es waren sonst nicht viele Leute um diese Uhrzeit im Bus und es war bereits dunkel, also presste sie beide Hände zwischen ihre Beine um ein Unglück zu vermeiden. Als sie endlich an ihrer Haltestelle angekommen war, watschelte sie den Gang mit einer Hand im Schritt zum Ausgang – es war ihr in dem Moment egal, was die Leute dachten, denn ohne diese Hilfestellung wäre etwas viel demütigenderes passiert. Selbst so spürte sie als sie die Stufe vom Bus auf den Bordstein nahm ein kurzes Stechen in ihrer Blase und fühlte wie der Stoff unter ihrer Hand etwas feucht wurde. So ein Mist, warum musste sie denn schon wieder so plötzlich so dringend auf’s Klo? Sie hatte doch sonst nicht so eine schwache Blase? Sie ging ein paar Schritte, dann musste sie kurz stehenbleiben als ihr Unterkörper sich zusammenkrampfte. Sie presste mit aller Kraft ihre Hände in den Schritt und zwang sich, noch schneller weiterzugehen. Der Fleck auf ihrem Kleid war wieder etwas größer geworden, aber der Druck in ihrer Blase wurde nicht weniger, im Gegenteil, es schien immer schlimmer zu werden. Als sie in ihre Straße einbog war sie schon nasser als beim letzten Mal. Noch hatte sie aber nicht die Zeit, sich elend zu fühlen. Zu sehr stand sie unter Hochspannung, fühlte den Schmerz in ihrem Körper, spürte das herannahende Unheil und stemmte sich mit aller Macht dagegen um es doch noch zu vermeiden. Sie kämpfte gegen ihren Körper mit aller Kraft die sie hatte. Es musste ein groteskes Bild abgeben, wie sie mit beiden Händen zwischen den Beinen, alle paar Schritte zusammengekrümmt stehenbleibend, auf ihre Haustür zulief wie ein kleines Mädchen, dass beim Spielen zu lange nicht aufs Klo gegangen war und jetzt nach Hause floh, auf die rettende Zielgerade zu, die es vor der Demütigung beschützt. Sie verlor den Kampf zwei Meter vor ihrer Haustür. Als sie sich nach einem weiteren starken Krampfanfall aufrichtete um die letzen Meter zu gehen, spürte sie plötzlich gar nichts mehr. Keinen Druck, keinen Schmerz, nichtmal das kleinste Unwohlsein. Einen Moment war sie erleichtert – immer noch vom Alkohol etwas getrübt. Dann begriff sie, was gerade passierte. Der Fleck auf ihrem Kleid wurde schnell größer. Warme Flüssigkeit ergoß sich zwischen ihren Beinen, der Stoff, den Sie immer noch mit den Händen in den Schritt drückte, sog sich mit Flüssigkeit voll, die danach durch ihre Finger an Ihren Beinen Richtung Boden tropfte. Sie versuchte aufzuhalten was gerade passierte, aber sie hatte absolut keine Kontrolle mehr über ihre Blase. Unter ihr bildete sich eine Pfütze, die stetig wuchs. Außerdem begann ein leichter Geruch nach Urin aufzusteigen, nach kleinem Kind, dass die Hose nass hat. Sophie stand unter Schock, sie war wie gefroren, das Geschehene gelangte noch nicht an ihr Gehirn. Als der Strom langsam aufhörte zu laufen, zu einem Tröpfeln wurde und dann versiegte, ging sie mit schleppenden Schritten und hängendem Kopf zur Haustür, suchte ihren Schlüssel aus der Tasche und schloss auf. Sie wirkte wie ein Kind, dass eigentlich schon zu alt dafür war, dem aber trotzdem noch zu oft kleine Unfälle passierten, dass sich dafür aber schrecklisch schämte. Wie mechanisch begab sie sich ins Bad, wo ihr Blick in den Spiegel fiel. Dort stand sie – eine hübsche junge Frau, auf den ersten Blick. Adrett frisiert, die Wangen etwas gerötet vom Alkohol in einem eleganten, reifen Kleid. Wenn man dann den Blick nach unten schweifen ließ änderte sich das Bild. Dort sah man ein kleines Mädchen, dass in viel zu erwachsenen Klamotten steckte und es mal wieder nicht rechtzeitig auf die Toilette geschafft hatte. Man sah die dunklen Stellen auf ihrem Kleid, sah sogar, dass sie bis auf die Socken nass war. In diesem Moment fing Sophie an zu weinen. Erst brach sich eine einsame, kleine Träne den Weg von Ihrer Netzhaut über ihre Wange, dann folgte eine weitere auf Ihrer Spur, kleine Boten der Verzweiflung. Bald folte Ihnen ein ganzes Heer nach und durchnässte Sophies Gesicht und verwischte ihre Schminke. Sie weinte still, ohne jeden Laut, und verzweifelt. Dabei blieb sie stocksteif stehen und betrachtete sich im Spiegel. Viel zu schnell war ihr temporäres Erwachsensein an diesem Abend vorbei gegangen, viel zu schnell hatte sie ihr Körper wieder degradiert auf den Status eines Kleinkindes – dass sich nun nichtmehr nur in der Nacht, sondern scheinbar auch am Tag nicht unter Kontrolle hatte. Sie war nur froh, dass ihre Mutter schon schlief und von der ganzen Sache nichts bemerkt hatte. Als sie diesen Gedanken dachte musste sie innerlich grimmig über sich lachen. Ein kleines Mädchen, dass sich darüber freut, dass ihre Mutter nichts von einem nassen Unfall bemerkte – auf diesem Stand war sie also inzwischen.
„Komm schon, du kannst mit mir über alles reden, dass weißt du doch?“ Sie saß mit Leon auf seinem Bett und hatte Ihren Kopf an seine Schulter gelehnt. Nach ihrem ersten Treffen waren schnell weitere gefolgt und entgegen der leisen Stimme, die ihr nun unablässig immer wieder in ihrem Kopf einflüsterte: „Und wann willst du ihm erzählen, dass du dich noch wie ein kleines Mädchen nassmachst?“ hatte sie sich immer wieder darauf eingelassen. Er war der letzte Mensch, der ihr noch positiv begegnete – in der Schule war sie inzwischen ganz zur Außenseiterin geworden und ihre Mutter war dazu übergegangen, sie nur noch abwertend und resigniert anzuschauen. Sophie schauderte bei dem Gedanken was sie gesagt oder getan hätte wenn sie von ihrem abendlichen Unglück erfahren hätte. Leon merkte, dass etwas nicht stimmte. Er hatte sie einmal gefragt, warum sie sich in der Schule nicht mehr so schön machte wie früher, sie hatte nur ausweichend geantwortet. Er merkte auch je mehr sie sich kennenlernten, dass sie etwas belastete, das wohl über die üblichen Probleme in ihrem Alter, den Stress mit Klausuren, Eltern und Freunden, hinausging. Er bemerkte, dass sie immer öfter den Kopf und die Schultern hängen ließ, dass ihre Schritte kürzer und unsicherer wurden und dass sie immer wieder in Gedanken versunken mit grimmiger, fast schon selbstironischer Miene ins Leere blickte. Wenn er sie darauf ansprach bekam er nur leere Ausflüchte. Sie konnte es ihm nicht erzählen – sie wollte nicht ihn auch noch verlieren. Sie machte sich inzwischen immerhin keine Sorgen mehr, dass er etwas von ihrem Problem herumerzählen würde, wenn er es erführe – dafür war er zu sehr Gentleman. Dennoch bestand sie darauf, dass sie sich nie bei ihr zu Hause trafen – was sie mit nicht unbegründeten Verweisen auf ihre Mutter erklärte. Dass sie nie bei ihm übernachtete schien er auf eine Schüchternheit und Zurückhaltung ihrerseits zurückzuführen, auf die er stillschweigend Rücksicht nahm und nicht weiter nachfragte. Alleine das zeigte ihr was für ein guter und sanfter Mensch er sein konnte – und umso mehr konnte sie es ihm nicht erzählen. Wie könnte jemand wie er mit einer kleinen Bettnässerin, einem Kleinkind zusammen sein wollen? Ausgeschlossen.
„Es ist wirklich nichts, danke. Ich bin nur ein bisschen schwermütig, das ist alles. Vielleicht bekomme ich meine Tage.“ antwortete sie ausweichend. „So wie letzte Woche? Und die Woche davor? Komm schon Sophie, wenn du es nicht erzählen willst dann sei wenigstens ehrlich oder gib dir mehr Mühe mit deinen Ausreden. Ich weiß, dass etwas los ist und ich kann dir nur immer wieder sagen, dass du mit mir über alles reden kannst.“ Sie winkte ab und antwortete: „Es ist nichts, wirklich. Und jetzt küss mich.“ Bei ihrem zweiten Treffen hatten sie auf dem Abstand weitergemacht, wo sie beim ersten aufgehört hatten – und waren sich näher gekommen als zuvor. Er – in Interpretation ihrer Absagen, bei ihm zu übernachten – ging nie weiter als sie im Arm zu halten und immer wieder sanft auf dem Mund zu küssen, bis sie ihn eines Tages am Kragen fasste und zu einem leidenschaftlichen Kuss überging. Genau so passierte es auch jetzt gerade. Wenn sie sich küssten und sie das Kribbeln seiner Lippen auf ihren spürte und merkte, wie sich kleine elektrische Entladungen über ihre Haut ausbreiteten, wie flüssiges Feuer von ihrem Mund aus durch ihren Körper flutete, alle Zellen zu aktivieren und unter Spannung zu setzen schien, in diesen Momenten vergaß sie manchmal für einen kurzen Moment ihre sonstige Lage. Leon spielte mit ihren Lippen, wechselte zwischen sanftem Liebkosen und forderndem Vorpreschen – und sie gab sich ihm hin. Heute legte Leon zusätzlich zuerst unmerklich sanft ihre Hand auf ihren Rücken – sie spürte es sofort durch ihren ganzen Körper wie eine Spinne, die Vibrationen auf ihrem Netz wahrnimmt. Sie neigte Ihren Rücken seiner Hand zu, woraufhin er sie mit derselben etwas näher zu sich zog. Ihre Beine berührten sich nun und ihre Brüste streiften immer wieder seinen Oberkörper – jedes Mal explodierten von dort kleine Eruptionen auf ihrer Haut, die sich wellenförmig über ihren Körper fortsetzten und sich an einem Punkt zwischen ihren Beinen sammelten und dort pulsierten. Sie fühlte ganz dieser Sensation nach – dem Spiel seiner Lippen, der Hand auf ihrem Rücken, die vielen kleinen Berührungen und dem Hochgefühl zwischen ihren Beinen – als sich etwas anderes dazwischenmischte. Sie brauchte einen kurzen Moment um das Gefühl einzuordnen, dann fühlte sie sich, als hätte jemand ihre Adern mit Eiswasser gefüllt und sie in einen Tiefkühlraum gestoßen. „Nein, bitte nicht.“ Wimmerte sie, stieß sich von Leon weg und stolperte aus der Tür hinaus. Während sie Richtung Toilette stolperte, spürte sie wie sich die nasse Wärme zwischen ihren Beinen auf ihrer Hose ausbreitete. Sie hatte nicht das geringste davon bemerkt. Vage nahm sie war, wie Leon hinter ihr aufgestanden war und nach ihr rief, als sie die rettende Toilettentür erreichte und sie hinter sich schloß. Sie machte sich nichtmal mehr die Mühe, ihre Hose auszuziehen sondern setzte sich einfach mitsamt ihrer Kleidung auf die Toilette, wo der Rest ihres kleinen Geschäftes aus ihr herausplätscherte. Der innere Monolog, den sie so oft in den letzten Wochen abgespult hatte, setzte fast sofort ein. „Jetzt sitzt du also hier und hast dich wieder mal nassgemacht. Jeden Morgen wachst du in nassen Windeln auf und jetzt machst du dir sogar tagsüber in die Hose? Vielleicht hast du das alles ja auch verdient weil du es gar nicht wert bist, jugendlich genannt zu werden. Du solltest nicht in ein paar Wochen dein Abitur schreiben, du solltest im Kindergarten sein und üben, aufs Töpfchen zu gehen. Du bist nichts als eine kleine Hosennässerin, die nichts kann, nichtmal sich selbst sauber zu halten. Du bist nutzlos, du bist…“ Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie. „Sophie, alles in Ordnung bei dir? Du bist jetzt schon eine ganze Weile da drinnen. Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst? Hab ich was falsch gemacht?“ Sie lachte verbittert. „Du hast dir das falsche Mädchen ausgesucht, mit kleinen Kindern solltet du in deinem Alter nichts zu tun haben.“ dachte sie. In diesem Moment übernahm der Fatalismus die Kontrolle über sie. Sie war nichts wert, sie war ein Riesenbaby, eine Hosennässerin, sollte er doch sehen, was sie war. Sie hatte es nicht anders verdient. Also stand sie entschlossen auf, schloss die Tür auf und trat heraus. „Hier, das ist los.“ Sagte sie mit selbstironischer, präsentierener Geste und deutete auf mich selbst. „Dir ein schönes Leben noch, ich gehe dann mal, ja?“ Er schaute sie einen Moment überfordert, überwältigt und überrascht an. Diesen Augenblick nutzte Sie um an ihm vorbei Richtung Tür zu schlüpfen. Als sie gerade mit der Hand nach der Klinke greifen wollte hörte sie hinter sich seine Stimme bestimmt rufen: „Sophie!“ und erwartete schon eine Erklärung zu bekommen, warum er ihre Beziehung beenden würde und wie das alles natürlich nichts mit ihr zu tun hatte – er wäre der Typ dafür, sich jetzt noch zu entschuldigen. Sie drehte sich um um ihm zu sagen, dass er sich nicht zu entschuldigen brauche, sie würde an seiner Stelle selber nicht mit der Pissnelke aus der Parallelklasse zusammen sein wollen – und lief aus der Drehung heraus direkt in seine Arme. Er drückte sie an sich, umschloss sie mit einer warmen Umarmung und legte beruhigend seine Hand auf ihren Hinterkopf. Einen Moment lang war sie vollkommen verblüfft. Dann fing sie an zu schluchzen.
Autor: Windelpoet (eingesandt via E-Mail)
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Wir sind in der steigenden Handlung angekommen. Wunderbare Geschichte, erstklassig geschrieben. Eine der besten, die ich bisher lesen durfte. Freue mich auf die nächsten 3 Akte, insbesondere den Höhepunkt 😉
Super geschrieben!
Eines der besten Geschichten die ich gelesen habe!
Super Geschichte bis jetzt
Ich hoffe du hast dir was fürs Ende überlegt, denn die Katastrophe ist ja üblicherweise der Tod, der allerdings nicht wirklich zu so einer Geschichte passt.
Hey,
echt sehr sehr schöne Geschichte! 🙂
Freue mich auf die Fortsetzung. 🙂
Ich kann und möchte mich den Anderen Anschließen sehr gut Geschrieben