Ein klassisches Drama in 5 Akten (3)
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Glück im Unglück. Ein Funken Hoffnung. Ein Licht am der Nacht. Wie man es auch nennen mochte – Leon war alles davon, und noch mehr. Wenn sie ihn nicht gekannt hätte, sie hätte nicht geglaubt, dass ein so toleranter und liebenswerter Mensch überhaupt existiert. Es waren einige Wochen seit ihrem nassen Zwischenfall bei ihm vergangen. Nachdem er sie erst getröstet hatte und sie ihm, nachdem er sie mit einer Boxershort und einer Jogginghose von ihm ins Bad geschickt hatte, um zu duschen, die ganze Geschichte erzählte. Sie erzählte ihm, wie sie das erste mal auf der Klassenfahrt ins Bett gemacht hatte, wie weitere Male folgten, wie ihre Mutter sie wieder in Windeln gesteckt hatte – sie erzählte ihm alles. Er hörte geduldig zu, als sie von der Prozedur ihrer Mutter berichtete, schüttelte er enttäuscht den Kopf. Am Ende sah er sie ernst an und fragte: „Und warum hast du mir das nicht viel früher erzählt?“ Sie senkte den Blick. „Ich hätte nie gedacht, dass du mich so… so trotzdem magst.“ Er berührte sie mit der Hand sanft am Kinn und brachte sie so dazu, ihn anzuschauen: „Wenn ich dich wegen so etwas nicht mögen würde, könnte ich nicht mehr in den Spiegel schauen. Du kannst doch selbst nichts dafür. Und dass deine Mutter dich so grausam behandelt, ist nicht in Ordnung.“ Seitdem hatte sie mehr und mehr Zeit bei Leon verbracht. Sie hatte begonnen, häufig bei ihm zu übernachten – ihre Windeln versteckte sie dennoch immer unter ihrer Kleidung und wollte nie, dass er sie darin ansah – und wannimmer ihre Pausen in der Schule auf gleiche Zeiträume fielen, verbrachten sie sie gemeinsam. Leon hatte einige gute Freunde in seiner Klasse und Stück für Stück, durch seine Beharrlichkeit, akzeptierten sie Sophie. Zum ersten Mal seit Monaten fühlte sie sich nicht mehr komplett nutzlos und begann wieder so etwas wie Selbstbewusstsein zu entwickeln. Leon unterstützte das mit allen Mitteln indem er ihr immer wieder sagte, dass sie ein wunderbarer Mensch sei, ganz egal was sonst mit ihr los war Passend dazu war der Unfall bei Leon der letzte am Tag geblieben – nur Morgens war sie unverändert jedes Mal nass.
Außerdem näherte sich ein anderes Ereignis, was zwar angesichts der Umstände zwar für Sophie viel kleiner wirkte als es eigentlich sollte, aber dennoch Zeit und Energie forderte: Ihr letzter Schultag näherte sich, ungefähr einen Monat danach würden die Abiturprüfungen beginnen. Dann würde sie bald keine Schülerin mehr sein.
Inzwischen hatte Ihre Mutter auch darauf bestanden dem Rat des Arztes zu folgen und Sophie zu einer Psychologin geschickt um dem Grund für Ihr Bettnässen nachzugehen. Nach einigen Sitzungen erklärte diese Sophie nur, dass so etwas in ihrem Alter häufiger vorkommen würde, als sie annahm und dass das Einnässen durchaus am Stress des nahenden Abiturs liegen könnte – und sich vermutlich mit der Zeit verwachsen würde. Ihrer Mutter genügte das natürlich nicht – sie war immer noch der festen Überzeugung, ihre Tochter wäre selbst Schuld an ihrer Lage. Aber langsam kam Routine in das neue Verhältnis zwischen Mutter und Tochter – Sophie verbrachte immer weniger Zeit zu Hause, die beiden redeten immer weniger miteinander und aus der offenen Enttäuschung und Wut ihrer Mutter wurde langsam aber sicher eine stille, vorwurfsvolle Resignation.
Es war Zeit für den nächsten Schritt.
Endlich, nach drei mühsamen Jahren war es nun so weit – Sophies letzter Schultag war gekommen – danach würde sie nie mehr hierher kommen müssen. Gerade in den letzten Monaten war sie weniger und weniger gerne hier gewesen – zu der gewöhnlichen Abneigung aller Schülerinnen und Schüler gegen die Schule war bei ihr die Summe der abwertenden Blicke und des Getuschels gekommen. Als gefallener Stern bot sie viel Angriffsfläche, vor allem für die die vorher neidvoll zu ihr aufgeblickt hatten. Also hatte sie diesen Tag herbeigesehnt – und nun war er zur Hälfte vorbei. Ihre Schule hatte schlechte Erfahrungen mit besonderen Feierlichkeiten am letzten Schultag gemacht – zu viele versaute Schulhöfe, zu viele zerbrochene Fenster – daher wurde der Tag ganz normal als Unterrichtstag begangen – die Feierlichkeiten würden nach den Zeugnisausgaben beginnen, wenn sie offiziell keine Schülerinnen und Schüler mehr waren und einen weiteren Schritt Richtung Erwachsensein getan hatten.
Es klingelte zur Pause, sie wartete bis die anderen den Raum verließen um dann hinter der Meute her durch die Tür zu schreiten. Sie hatte sich zur Angewohnheit gemacht in den Pausen in denen Leon nicht auf dem Schulhof war einen abgelegenen Teil, hinter dem eigentlichen Gebäude, aufzusuchen und dort Musik zu hören, bis die 15 Minuten vorbei waren – all ihre Bekanntschaften waren in den letzten Wochen zu Grunde gegangen und um Neue zu knüpfen, fehlten ihr Selbstvertrauen und Zeit. Als sie sich also gerade auf den Weg um das Gebäude herum machte um ihren üblichen Platz auf einer Treppe einzunehmen, hörte sie plötzlich hinter sich eine Stimme. „Guten Morgen Sophie.“ Klang es. Es war seltsam, sie hatte das Gefühl, dass sie die Stimme schon oft gehört hatte – dass die Sprachmelodie ihr bekannt war wie ein Lied aus Kindertagen, an dessen Text man sich nicht mehr erinnern kann. Gleichzeitig konnte sie aber nicht festmachen, woher dieses Gefühl stammte, noch konnte sie sich erinnern, ob oder wo sie sie schon einmal gehört hatte. Sie drehte sich herum um zu sehen, zu wem sie gehörte. Es war ein junger Mann, vielleicht Mitte zwanzig, elegant gekleidet – er trug einen Mantel, an dem man, obwohl er ihn offen trug, erkennen konnte, dass er zu gut saß um von der Stange zu sein, auf dem Kopf trug er einen Hut im Stil eines Geschäftsmannes – fast erwartete Sophie, einen Aktenkoffer in seiner Hand zu sehen, aber dort war nichts. An der Brusttasche seines – nicht weniger gut passenden – grauen Hemdes konnte Sophie etwas metallenes Blitzen sehen. Der Mann blickte Sophie mit freundlicher Miene an, so wie man alte Bekannte anblickt, mit denen man zwar nie viel zu tun hatte, gegen die man aber auch nie Groll hegte. Als Sophie ihren Blick nach der eingehenden Betrachtung auf seine Augen richtete, erschauerte Sie. Sein Lächeln erstreckte sich nicht bis zu diesem Teil des Gesichtes. Mochte sein Mund auch noch so freundlich wirken, seine Augenbrauen zwischen offen und angenehm überrascht angelegt sein – seine Augen straften die kleinen Falten auf seinen Wangen vom Lächeln lügen. Sophie hatte einmal im Zoo gesehen wie die Krokodile mit lebenden Tieren gefüttert wurden – es wurden kleine Kaninchen durch eine Tür ins Gehege gelassen. Während die Krokodiel still und schrecklich kaum wahrnehmbar im Wasser lagen, tollten die kleinen quirligen Tiere durch das Gehege, ohne eine Ahnung vom Schicksal, dass auf sie wartete. Die Krokodile warteten geduldig, nur die Augen über der Wasseroberfläche, ohne Bewegung. Dann verirrte sich das erste Kaninchen zum Wasser – das Grasen und herumhüpfen hatte es durstig gemacht. Es trank gierig und mit großen Schlucken, als Käfigtier, dass nie in freier Wildbahn gelebt hatte, war es nur auf die Befriedigung seiner Bedürfnisse fokussiert. Es hatte kein Verständnis für Gefahr. Das Krokodil näherte sich langsam, fast unbemerkbar, Stückchen für Stückchen dem Rand, wo das Beutetier unbeirrt trank. Selbst wenn das Kaninchen aufmerksamer gewesen wäre – es hätte die winzigen Wellen im Wasser kaum bemerkt. Centimeter für Centimeter glitt der große, grüne Körper unter der Wasseroberfläche entlang, ein stiller Schatten der am Horizont aufzieht. Als das Ungetüm in Reichweite war, wartete es noch einige Augenblicke, sich seiner Sache bewusst, bis sich die Wasseroberfläche vollkommen beruhigt hatte. In diesem Moment hörte das Kaninchen auf zu trinken. Eine Sekunde lang lag vollkommene Stille in der Luft, die Welt schien kurz selbst den Atem anzuhalten, die grünen Reptilaugen stellten für einen Sekundenbruchteil Augenkontakt mit denen des kleinen Pelztieres her – dann schnappte das Krokodil zu. Der riesige Körper bewegte sich in Sekundenschnelle, die Kiefer wurden aufgesperrt und der kleine Körper wurde unter der Kraft von scharfen Zähnen zermalmt. So schnell es gekommen war, so schnell verschwand das Monstrum auch wieder ins Wasser. Keine Spur blieb von dem, was soeben geschehen war, während sich das Raubtier zurückzog – bereit, auf den nächsten unbedarften Besucher zu warten.
Die Augen des Mannes vor Sophie erinnerten Sie an die Augen des Krokodils in dem kurzen Moment der absoluten Stille vor dem Zuschnappen, dem Angriff und der Vernichtung der Beute. Sie schauderte. „Wer sind Sie? Und was machen Sie hier auf dem Schulgelände?“ Er schmunzelte, wissend und überheblich, dann antwortete er: „Das sind unwichtige Nebenfragen, Sophie. Aber ich bin heute gut gelaunt, daher möchte ich so gütig sein, sie dir zu beantworten. Wer ich bin? Ich würde sagen, ich bin ein großer Fan von dir – ein Verehrer, könnte man sagen. Und vielleicht ein Förderer. Aus dir wird Großes werden, das verspreche ich dir. Vermutlich willst du meinen Namen wissen? Du kannst mich M. nennen – das sollte genügen. Und was ich hier mache? Nunja, offensichtlich bin ich gekommen, um ein Pläuschchen mit dir zu halten.“ Er bemerkte die wachsende Verwirrung in ihrem Blick, doch bevor sie weitere Fragen stellen konnte, schnitt er ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. „Das tut jetzt aber auch nichts zur Sache, wir werden später noch einmal Gelegenheit dazu haben. Sag, erzähl mir, dieser Leon, ist er ein netter Kerl?“ Sie errötete und wich einen kleinen Schritt zurück. Die Verwirrung in ihrem Blick wechselte zu unverhohlener Abwehr und Misstrauen. „Woher kennen Sie Leon? Was wissen sie von ihm?“ M. Seufzte – er ließ resigniert die Schultern sinken und meinte: „Na, schön, ich sehe schon, du bist nicht in Plauderlaune. Schade eigentlich, ich hatte gedacht wir könnten uns ein wenig die Zeit vertreiben.“ Sie wich einen weiteren Schritt zurück – so langsam war sie sich sicher, dass der Mann vor ihr mindestens geistesgestört war – vielleicht sogar gefährlich und es auf sie abgesehen hatte. Sie wog ihre Chancen ab. Hinter ihr war ein geschlossener Innenhof, aber vielleicht war ja eine der Türen offen. Sie wollte sich gerade bereit machen, davonzulaufen, da tönte seine Stimme: „Bleib stehen.“ Etwas in seinem Ton hatte sich verändert. Vorher hatte alles was er sagte ein wenig beiläufig geklungen, wie, wenn man sich bei einem Kellner bedankt oder wenn man über das Wetter redet. Es schien, als hätte er nichts wirklich ernst genommen oder gemeint, was er gesagt hatte. Jetzt hingegen lag eine Deutlichkeit in seiner Stimme, die Sophie vorher noch nie erlebt hatte. Es war als hätte man ihr eine simple, einfache Erkärung darüber gegeben, wie die Welt funktioniert – eine Erklärung die so einleuchtend war, dass man sie direkt übernehmen und sein Denken und Handeln danach ausrichten wollte. Hatte sie gerade noch überlegt, wegzulaufen? Was für ein unsinniger Gedanke – das Klügste und Vernünftigste war es, hier stehenzubleiben. „Also Sophie, hör mir zu. Verstanden?“ Sie nickte. Natürlich hatte sie verstanden – sie war ja nicht dumm, ihm zuzuhören war nur logisch, wie sollte sie auf die Idee kommen, etwas anderes zu tun? „Ich gebe zu, du beeindruckst mich – ich habe dich scheinbar nicht unterschätzt. Ich finde es ganz hervorragend wie du dein Leben in den letzten paar Monaten in den Griff bekommst – bei all den ‚Schicksalsschlägen‘, ‚Unfällen‘ und ‚Schwierigkeiten‘. Ich bin mir sicher, die wenigsten würden so gut damit zurecht kommen wie du.“ Sie zuckte innerlich zusammen – konnte er etwa etwas davon wissen? Hatte er sie beobachtet? Hatte er es vielleicht sogar jemandem erzählt? Erneut lief ihr ein Schatten über den Rücken aus kalter Angst. Dennoch wollte sie unbedingt weiter zuhören. Dann setzte er wieder an: „Ich denke, es ist jetzt Zeit, dass wir uns mal anschauen, was als nächstes auf dich zukommt, nicht wahr, Sophie? Denn du weißt ja, das Leben gibt einem immer das, was man verdient – und manchmal erfüllt es alle Wünsche.“ Er zwinkerte – es wirkte wie eine Katze, die der Maus mit großzügiger Geste die Freiheit verspricht, nur um im nächsten Moment mit der anderen Tatze zuzuschlagen. Sie bekam Angst, weil ihr aber keine andere Option mehr blieb sagte sie nur verzweifelt: „Bitte, sagen Sie mir doch einfach, was sie von mir wollen.“ Er grinste teuflisch, dann antwortete er gönnerhaft: „Nun gut, reden wir deutlich. Du machst dich bereits jede Nacht nass, kleines Baby, jede einzelne Nacht wird deine Windel geflutet. Und du hattest schon mehrmals am Tag Unfälle, wie zuletzt mit 4 Jahren im Kindergarten. Das war nur der Anfang. Ab sofort wirst du komplett die Kontrolle über deine Blase verlieren – du wirst es nicht mehr merken, dass du musst und sobald du musst, wird es aus dir herauslaufen ohne dass du etwas dagegen tun kannst. Du bist jetzt auf dem Stand eines Kleinkindes was das angeht.“ Sie zuckte zusammen – in ihr schien etwas zerbrochen zu sein und es wirkte, als hätte sie die Verbindung zu einem Teil ihrer selbst verloren. In ihr stieg eine bittere Erkenntnis auf, sie schnappte nach Luft und jappste: „Das waren SIE? Das alles waren SIE?“ Er setzte ein Bein nach hinten wie bei einem Knicks, dann neigte er den Oberkörper leicht nach Vorne und nahm mit präsentierender Geste den Hut vom Kopf: „Zu ihren Diensten, Mademoiselle.“ -vollendete er die angedeutete, spöttische Verneigung. „Aber es ist noch nicht die Zeit für dieses Gespräch. Vergiss, dass unser Pläuschchen hier stattgefunden hat. Du hattest eine ganz normale Pause. Sollte ich in deiner Nähe sein, ignoriere mich bis ich dir etwas anderes sage. Und jetzt geh zurück in die Schule, dein Unterricht beginnt gleich wieder.“
Zwei Stunden später saß sie im Matheunterricht – Mathe hatte sie schon immer gehasst. Das hatte verschiedene Gründe – einerseits konnte sie einfach mit Zahlen nichts anfangen. Sobald es um Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division, Geometrie, Algebra oder Stochastik ging schien ihr Gehirn ein paar Gänge herunter zu schalten und nur noch in Zeitlupe zu funktionieren. Ihre anderen Noten waren gut genug, sodass ihre schlechten Noten in Mathe nie ein wirkliches Problem waren – außer im Matheunterricht. Ihr Lehrer war der Meinung, dass niemand, der nicht wenigstens durchschnittlich gut in seinem Fach war, das Abitur bestehen sollte – und das ließ er alle Schüler deutlich spüren. Immer wieder machte er hämische Bemerkungen wenn jemand eine Aufgabe nicht lösen konnte oder auf eine Frage nicht antworten. Auf Sophie schien er es – vermutlich wegen ihres sonstigen Erfolges in anderen Fächern – besonders abgesehen zu haben. Es war ihr letzter Schultag, die meisten Lehrer machten schon keinen normalen Unterricht mehr, aber ihr Mathelehrer wollte davon nichts hören. Er paukte sie bis zur letzten Minute noch einmal durch den Abistoff. Sophie versuchte, möglichst still zu sein und nicht aufzufallen um die letzten zwei Mathestunden ihres Lebens möglichst glimpflich zu überstehen – fast wäre es ihr geglückt. „Sophie, kommst du bitte nach Vorne an die Tafel und stellst noch die letzten Aufgaben 3 und 4 vor?“ „Verdammt“, dachte Sophie „5 Minuten vor Schluss und dann noch sowas. Das musste doch nun jetzt wirklich nicht sein.“ Schicksalsergeben stand sie auf. Ihr Gang verriet bei jedem Schritt ihre Abneigung gegen die kommende Tätigkeit, genauso wie ihre Unsicherheit und Angst. Als sie an der Tafel angekommen war und zögerlich die ersten beiden Zeilen anschrieb, kam das unvermeidliche. Sie geriet ins Stocke. War diese Zahl richtig? War es nicht eher eine andere Zahl? Hatte sie sich verrechnet? „Geht das auch ein wenig schneller?“ erhöhte ihr Lehrer den Druck noch. In ihrem Kopf drehten sich Zahlen um Zahlen, sie konnte sich nicht mehr entscheiden, welche die richtigen waren. Sie versuchte eine logische Ordnung in ihre Gedanken zu bringen, versuchte, das Zahlenchaos zu ordnen. Ihr Mathelehrer lachte ironisch und meinte: „Na ja, immerhin hast du die ersten beiden Zeilen richtig abgeschrieben. Das hätte zwar auch eine Erstklässlerin geschafft, aber vielleicht bist du ja genau auf dem Stand noch.“ Er machte Anstalten sie auf ihren Platz zurück zu schicken, da tönten plötzlich Geräusche und Äußerungen der Überraschung aus den Reihen der Schülerinnen und Schüler. Die gelangweilte Meute die bis gerade noch die meiste Zeit auf die Uhr gestarrt hatte in der Hoffnung, ihre geballte Willenskraft würde die Zeiger schneller bewegen, hatte ein neues Ziel gefunden. 28 Augenpaare richteten sich auf Sophie. Auf einen Punkt an Sophies Unterkörper – zwischen Sophies Beine. Die Schülerin hatte, immer noch vertieft in die für sie undurchdringlichen Weiten der Mathematik noch nichts von der kleinen Sensation bemerkt. Erst als die ersten Mitschüler zu kichern begannen bemerkte sie, dass etwas nicht stimmte. Die Stimmung der anderen riss sie aus ihren Gedanken an Gleichungssysteme und Zahlen und warf sie zurück in die Gegenwart. Und in dieser Gegenwart hatte sie ein allzu vertrautes Gefühl. Sie vergrub ihr Gesicht in den Händen. 28 Augenpaare starrten sie an, starrten auf den dunklen Fleck auf ihrer hellblauen Jeans, der erst nur ein kleiner Punkt war und sich dann Stück für Stück durch den Stoff fraß, zu einem kleinen Bächlein wurde, dass sich zu Sophies Füßen in einer Pfütze sammelte. „Vielleicht war ich mit meiner Einschätzung doch ein wenig falsch – vielleicht bist du eher auf dem Stand eines Kindergartenkindes als einer Erstklässlerin – zumindest wissen meine Erstklässlerinnen schon, wie man ein Klo benutzt.“ Oh, wie sehr er sich freuen musste, diese Gelegenheit zu bekommen, Sophie noch ein letztes Mal zu demütigen. Ihr Hals war zugeschnürrt seit dem Moment in dem sie die sich schnell zwischen ihren Beinen ausbreitende Nässe gespürt hatte, als sie das Plätschern auf dem Boden gehört hatte und unter sich die Pfütze aus ihrem eigenen Urin schnell wachsen sehen hatte. „Dreh dich doch mal um und zeig deinen Klassenkameradinnen was du da angerichtet hast.“ Wie in Trance gehorchte sie – sie wusste, es würde sonst nur schlimmer werden- Und sie dachte, sie könnte jetzt ohnehin nichts mehr verlieren. Das Kichern in den Reihen war nach dem Spruch des Lehrers zu einem offenen, unverhohlenen Lachen angewachsen. „Was für ein Kleinkind.“ Hörte sie jemanden sagen. „Kein Wunder, dass sie keine Freunde hat, wenn sie es noch nichtmal aufs Klo schafft.“ Sagte jemand anderes. Nur eine Person saß – noch – still in der zweiten Reihe. Anna-Lena sah sie direkt an, ein wenig fassungslos, ein wenig überrascht – vielleicht ein winziges bisschen mitleidig. Dann fragte ihre Nachbarin sie: „Hey, warst du nicht mal mit der befreundet?“ Sophie konnte sehen wie der kleine, letzte Funke Mitleid in den Augen ihrer Freundin starb und sich ihr Blick mit Verachtung füllte. „Ja, war ich. Aber nur aus Mitleid – weißt du was? Die hat sich früher schon immer ins Bett gemacht. Erst letztens auf der Klassenfahrt das letzte Mal. Da hat sie immer Windeln getragen – vielleicht sollte sie das wieder machen.“ Das andere Mädchen rieß überrascht die Augen auf. „Echt?“ Fragte es. Anna-Lena nickte nur bestimmt. Dann drehte sich das Mädchen um und flüsterte etwas zu ihrem Nachbarn. Sophie wusste, dass ihre gesamte Schule in kürzester Zeit von diesem Vorfall und ihrer Bettnässer-Vergangenheit informiert wäre. In diesem Moment wachte etwas in ihr wieder auf. Sie spürte die unglaubliche Scham auf sie herniederdrücken, spürte die Blicke und das Gelächter ihrer bald ehemaligen Klassenkameradinnen und fühlte, wie der geballte Stopp sie durchbohrte. Ihr entkam ein kurzer Schluchzer und sie setzte einen unsicheren Schritt in Richtung Tür, um den nächsten ein wenig schneller folgen zu lassen. Weg, nur weg. Dachte sie. Vor sich sah sie die rettende Tür – hinter sich nahm die Meute ihre Flucht zum Anlass, noch einmal lauter und verletzender zu werden: „Ja, lauf nach Hause und lass dich trockenlegen.“ Noch zwei Schritte. „Ab zu deiner Mami und zurück in Windeln, du Kleinkind.“ Noch ein Schritt. „Du solltest nicht hier sein sondern in einer Krabbelgruppe.“ Ihre Hand berührte die Klinke. Dann erstarrte Sie mitten in der Bewegung, als sie eine scharfe, kalte Stimme hinter sich hörte: „Halt Stopp, Sophie. Wenn du jetzt gehst muss ich dir eine 6 in Mathematik geben – dann musst du das Jahr wiederholen.“ Sophie fühlte wie sich ihre Eingeweide zusammenzogen. Das Jahr wiederholen? Mit dem Ruf als die, die sich am letzten Schultag in die Hose gemacht hatte? Als das Riesenbaby, die Pissnelke, die Hosennässerin, das Kleinkind? Unmöglich. Die Klasse war still geworden, sie spürte scheinbar die Spannung in der Luft liegen. Sophies Hals war wie zugeschnürt und stille, heiße Tränen rannen über ihre Wangen. Sie schloss die Tür wieder und sah ihren Lehrer an.
„Du kannst doch nicht eine solche Sauerei anrichten und dann einfach weglaufen. Wer soll dass denn saubermachen? Wir haben hier Putzfrauen und keine Babysitter.“ Aus den Augenwinkeln sah Sophie, das ein Schüler sein Handy gezückt hatte und Sophie filmte. „Jetzt nimm dir ein paar Tücher und mach diese Sauerei weg.“ befahl ihr Lehrer. Sophie war – zum ersten Mal in ihrem Leben – vollständig gebrochen. Sie spürte die Scham, spürte die Erniedrigung, spürte den ätzenden Schmerz in ihrem Hals, in ihren Lungen – aber sie gehorchte. Sie ging mit schlurfenden, unsicheren Schritten zum Waschbecken und sammelte ein paar Papierhandtücher ein. Dann ging sie auf den Fleck in der Mitte des Raumes zu und kniete sich nieder. Sie fühlte sich als würde sie ihren Ruf, ihr Ansehen und ihr Glück mit diesem Lappen aufwischen. Ihr Lehrer sah ihr mit stiller Genugtuung dabei zu – in der Klasse waren inzwischen die meisten zum Filmen oder immer wieder zum Kichern übergegangen, scheinbar hatten sie alle möglichen Spitznamen bereits ausprobiert. Die Stille war fast noch schwerer zu ertragen als der vorher so laute Spot und das Gelächter. Als Sophie gerade fertig war ihren Fleck aufzuwischen und sich wieder aufrichtete, ging erneut ein Raunen durch die Reihen. Sie nahm war, dass der Fleck zwischen ihren Beinen – der zwischenzeit kalt und klamm an ihr geklebt hatte, nun wieder warm wurde – und ein wenig größer. „Merkst du es jetzt etwa gar nicht mehr?“ Fingen ihre Gedanken an, sie zu verhöhnen. „Bist wohl doch ein kleines Baby, brauchst wohl doch wieder Windeln. Du hast doch nicht gedacht, es bleibt bei den paar Unfällen und dann ist es vorbei, oder? Nein, du bist ein richtiges Kleinkind.“ Sie schluckte hart und versuchte, nicht laut loszuheulen. Sie warf die nassen Tücher in den Mülleimer und fragte dann mit gesenktem Kopf: „Darf ich jetzt bitte gehen?“ Ihr Lehrer sah sie mit schiefgelegtem Kopf an und meinte dann: „Also eigentlich lasse ich kleine Kinder, die noch in die Hosen machen nicht alleine nach Hause gehen – denen könnte ja noch was passieren. Aber bei dir mache ich wohl eine Ausnahme – du solltest schnell zu deiner Mutter kommen, damit die dich wieder in Windeln steckt, sonst kommst du wohl aus dem Pfützen aufwischen heute nicht mehr raus. Aber mach dir doch nichts draus – manche brauchen eben ein bisschen länger.“ Die Antwort hatte er so gesagt als würde er mit einer 5-Jährigen sprechen. Sophie war sich nicht sicher ob sie es ihm übel nahm – irgendwo hatte er ja recht – wenn sie sich noch in die Hosen machte, verdiente sie wohl nichts anderes. Als sie mit hängendem Kopf, von den Blicken der anderen begleitet ihren Rucksack einpackte, spürte sie die kalte Nässe zwischen ihren Beinen deutlicher den je, spürte, wie sie von einer jungen Erwachsenen zur Hosennässerin, zum Kleinkind degradiert war. Als sie an Anna-Lena vorbeiging, konnte sie ihr nichtmal einen bösen Blick zuwerfen – irgendwo hatte sie mit ihrem Verhalten ja recht und vielleicht war sie ja wirklich immer nur aus Mitleid mit ihr befreundet gewesen – warum sonst sollte man denn mit einem Baby wie ihr befreundet sein wollen? „Sorry aber du weißt, so ist das Spiel.“ flüsterte ihre ehemalige Freundin ihr im Vorbeigehen zu. Sophie schluckte. Dann wandte sich Anna-Lena ab und sagte mit einer Stimme, die voll Verachtung triefte: „Bah, hier riechts nach Baby.“
„Wenn meine Tochter sich dauernd nass machen würde, würde ich sie wieder ständig in Windeln stecken. Nur kleine Kinder machen sich noch nass und kleine Kinder tragen deswegen Windeln. Das ist nur logisch. Also werden Sie die kleine Sophie sobald sie sich noch einmal nass macht wieder in dicke, sichere Windeln stecken, damit auch schön ihre Hose trocken bleibt.“
Als sie zu Hause ankam war ihre Hose noch ein paar mal häufiger nass geworden. Auf dem Weg waren ihr immer wieder abfällige, manchmal mitleidige und oft angeekelte Blicke entgegengeworfen worden. Als sie dann endlich die Tür zu ihrem Haus aufschloss, wusste sie, dass die nächste Demütigung gleich folgen würde. „Warum bist du denn schon so früh zu Hause – du hast doch noch länger Schule?“ Hörte sie ihre Mutter gereizt aus der Küche rufen. Es folgten schnelle Schritte, die abrupt stoppten. „Wirklich Sophie? Hast du dich jetzt also entschieden wieder komplett ein Kleinkind zu sein? Ich hätte das wohl schon vor einem halben Jahr absehen können und das was ich jetzt tue hätte ich wohl schon viel eher tun sollen.“ Sie nahm ihre Tochter an der Hand und führte Sie ins Bad. „Leg dich auf den Boden.“ Wie fremdgesteuert gehorchte Sophie. Zu schwach war sie inwischen, um ihrer Mutter noch Widerstand zu leisten. Als sie auf dem Boden lag zog ihre Mutter ihr mit den geübten Handgriffen von jemandem, der etwas schon häufig gemacht hatte, die Hose und Unterhose aus. Dann griff sie sich einen Lappen, machte ihn im Waschbecken mit Wasser feucht und begann, Sophie damit zu reinigen. Normalerweise wäre es ihrer Tochter peinlich gewesen, so nackt vor ihr zu liegen und sie hätte sich unglaublich geschämt, so von ihrer Mutter berührt zu werden. Heute war ihr Geist aber gebrochen – sie war müde und sie wollte nur, dass dieser Tag, dieser schreckliche, schreckliche Tag endlich enden möge. Es folgte Creme, es folgte Puder, es folgte eine Windel. „Eine Hose brauchst du nicht, die brauchen kleine Kinder zu Hause auch nicht.“ Mit diesem Worten entließ ihre Mutter sie aus dem Bad. „In Zukunft machst du das selber, verstanden?“ Wie selbstverständlich ging sie davon aus, dass Sophie nicht mehr aus den Windeln herauskommen würde. In diesem Moment glaubte Sophie, dass sie Recht hatte. Sophie nickte. Dann öffnete sie mechanisch die Tür zu ihrem Zimmer, tat drei Schritte und legte sich ins Bett. Unter ihrer Decke rollte sie sich so klein wie möglich zusammen. Sie zog sich den weichen Stoff komplett über den Kopf und lag so vollkommen bedeckt – versteckt vor der Welt. Dann fing sie hemmungslos an zu weinen.
Autor: Windelpoet (eingesandt via E-Mail)
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Super Geschichte! Du schreibst sie echt toll die geschichte und außerdem ist es nicht immer der 0815 ablauf wie bei den meisten 🙂
Leider muss ich dir sagen, dass du in meinen Augen irgendwie nachgelassen hast. Dem Teil fehlt es an Realismus. Die Szenen in der Schule sind schon sehr an den Haaren herbeigezogen. Fürs gehen Note 6 im ganzen Halbjahr, obwohl Noten schon eingetragen sind? Warum geht sie überhaupt hin, wenn sie das Fach hasst? Sorry aber der Teil war nicht so das Wahre. Das kannst du besser.
Viele Grüße
Im Vergleich zu den vorigen Teilen ist es schwächer, aber dennoch fünf Sterne wert.
Wie hätte ich es doch geliebt, wenn sie ihm nach der ersten Demütigung so richtig die geballte Faust ins Gesicht gedroschen hätte. Wenn mich eine Geschichte so wütend machen kann ist sie definitiv sau gut geschrieben.
Ich würde dem lehrer alle knochen brechen wenn er nach so etwass so ein *****loch seien würde und meiner Freundin auch.
In dieser Version bist Du mir zu schnell, mit den Demütigungen unterwegs
Bei „germandiaperstorys“ hast Du Dir mehr Zeit gelassen.
Was Dir hier sehr gut gelungen ist, den Mann einzubinden, der sie hypnotisiert.
So wird es zumindest keine plumpe Revenge, (Rachestory).
Schlimm dagegen finde ich, dass Du ganze Sätze geklaut hast, aus anderen guten Geschichten und das ganze nur etwas umgebastelt hast.
Wenn es nun auch keine Starren, kalten, große Haifischaugen sind die „“““Angriffsfläche“““ bieten“.
Sondern nun Krokodile sind, die „den Augen, dem Mund widersprechen“.
Gut beschrieben hast Du es dennoch, doch bist Du viel zuweit abgedrifftet.
Ein einfacher Vermerk, hätte genügt,.
Wie auch schon an anderer Stelle erwähnt, Du bist einfach einer, der jedem Außenstehenden es wissen lassen muss, dass eine/r Windeln trägt.
Etwas mehr mit den Ängsten zu spielen, und die Ängste des entdeckt Werdens zu Schürren, ist erheblich besser. Denn was kommt danach, wenn die Welt weiß, dass sie Windeln tragen muss?
Welches Druckmittel nimmst Du dann?
Dein Exhibitionismus ist grenzenlos, was zwangsläufig jede Geschichte von Dir zerstören wird und muss.
Ich vermute, bei dem Tempo wird dir schnell wieder die Luft ausgehen … schade eigentlich.
go back to the roots and find your words
Geht es noch mal bei der geschichte weiter?