Florians Schatten (5)
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So, und jetzt geht’s weiter!
Ich wandte mich an Diana, die gerade einen Schluck Wasser trank. „Wenn es für euch in Ordnung wäre,“ begann ich vorsichtig, „würde ich mich gerne zu Florian ins Wohnzimmer setzen. Ich möchte einfach noch ein wenig bei ihm sein.“
Diana lächelte sanft und nickte. „Klar, das kann ich gut verstehen. Ich komme mit.“ Sie erhob sich, und wir gingen gemeinsam ins Wohnzimmer. Es herrschte eine ruhige, warme Atmosphäre, das gedämpfte Licht verstärkte den friedlichen Eindruck.
Florian lag immer noch tief schlafend auf der Couch, zugedeckt mit der Decke, die vorher auf der Lehne lag. Sein Gesicht war entspannt, und ich bemerkte, dass er seinen Daumen im Mund hatte. Die Geste ließ ihn noch jünger wirken, fast wie ein Kleinkind. Es rührte mich, aber auch ein Hauch von Traurigkeit stieg in mir auf. Wie viel Trost musste er suchen, um diese Gewohnheit beizubehalten?
Diana schmunzelte leise und setzte sich auf einen der Sessel neben der Couch. Ich folgte ihrem Beispiel und nahm im anderen Sessel Platz. Sie sprach mit leiser Stimme, um Florian nicht zu wecken: „Das hat er gestern Nacht auch gemacht. Ich denke, es spendet ihm Trost. Das habe ich oft bei Kindern gesehen, die emotional vernachlässigt wurden.“
Ich nickte nachdenklich, sah ihn an und fragte ebenso leise: „Ist das nicht schädlich für seine Zähne oder sein Gebiss?“
Diana legte die Hände ineinander und neigte den Kopf leicht zur Seite, als sie antwortete: „Ja, das kann es sein. Besonders wenn sie den Daumen über Jahre hinweg regelmäßig im Mund haben. Ich habe bei anderen Kindern versucht, auf einen Schnuller auszuweichen. Das ist zwar auch nicht ideal, aber er ist nicht ganz so schädlich wie der Daumen und lässt sich später leichter abgewöhnen.“
Ich sah sie fragend an. „Hat das denn immer funktioniert?“
Sie lächelte leicht und zuckte mit den Schultern. „Meistens. Aber ich hatte auch schon Kinder, bei denen da kein Weg hinführte. Das ist dann ein schmaler Grat. Auf der einen Seite möchte man nicht, dass sie ihre Zähne schädigen, auf der anderen Seite möchte man ihnen nicht den einzigen Trost nehmen, den sie in schwierigen Momenten finden.“
Ich betrachtete Florian noch einmal. Sein kleiner Körper ruhte unter der Decke, und er atmete so gleichmäßig, dass ich mich fragte, wie oft er wirklich solche Momente der Ruhe und Sicherheit hatte erleben dürfen.
„Das ist nicht einfach,“ murmelte ich mehr zu mir selbst, „aber es ist irgendwie ein Zeichen dafür, wie sehr er sich danach sehnt, sich sicher zu fühlen.“
Diana nickte, ihre Augen voller Verständnis. „Genau das. Er braucht Zeit. Und vor allem braucht er Menschen wie euch, die ihm diese Zeit und Geduld geben.“
Ich spürte, wie sich eine Mischung aus Verantwortung und Vorfreude in mir breit machte. Florian hatte viel durchgemacht, das war spürbar. Aber vielleicht, nur vielleicht, war dieser Moment ein kleiner Schritt in Richtung einer besseren Zukunft für ihn.
„Dürfen wir morgen wiederkommen?“ fragte ich hoffnungsvoll, fast ein wenig drängend. Mein Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken, Florian zurücklassen zu müssen, auch wenn ich wusste, dass es nicht anders ging. Am liebsten wäre ich gleich bei ihm geblieben oder hätte ihn mitgenommen. Aber ich verstand auch, dass er Zeit brauchte, um sich an all die Veränderungen zu gewöhnen. Zu viel auf einmal wäre einfach zu viel für ihn.
Diana sah mich einen Moment überrascht an, dann lächelte sie warm. „Auf jeden Fall,“ antwortete sie. „Es sei denn, Florian sagt uns morgen, dass er das nicht möchte – aber das glaube ich eigentlich nicht. Er wirkt zwar unsicher, aber ich denke, er hat schon gemerkt, dass ihr es gut mit ihm meint.“
Ich nickte langsam, spürte eine Welle der Erleichterung in mir aufsteigen. Es tat gut zu hören, dass sie keine Bedenken hatte. Diana fuhr fort: „Ich glaube, es dauert nicht mehr lange, bis er ein wenig Grundvertrauen zu dir aufbaut – und später vielleicht auch zu Markus. Alles andere kommt dann mit der Zeit. Ihr braucht nur Geduld.“
Ihre Worte trafen mich tief. Geduld – ja, das würde wichtig sein. Ich wusste, dass es nicht leicht werden würde, aber ich war bereit, mich darauf einzulassen. Diana sah mich mit einem nachdenklichen Ausdruck an. „Dein Verhalten vorhin,“ sagte sie leise, „hat mir gezeigt, dass du dazu in der Lage bist. Du bist ruhig geblieben, hast ihm Raum gegeben, aber auch signalisiert, dass du für ihn da bist. Das ist genau das, was er braucht.“
Ein warmes Gefühl erfüllte mich. Es war, als hätte sie mir die Bestätigung gegeben, die ich in diesem Moment so sehr gebraucht hatte. Florian war ein zerbrechlicher Junge, aber ich hatte das Gefühl, dass er mit der richtigen Fürsorge und Zeit aufblühen könnte. Und ich war bereit, ihm diese Fürsorge zu geben, egal wie lange es dauern würde.
„Willst du mir helfen, ihn ins Bett zu bringen?“ fragte Diana leise, während sie einen kurzen Blick auf den friedlich schlafenden Florian warf. Mein Herz machte einen kleinen Sprung bei dieser Bitte. Nichts lieber als das, dachte ich sofort, doch nach außen hin bewahrte ich meine Fassung und nickte. „Ja, gerne,“ antwortete ich mit einem leisen Lächeln. „Wie fangen wir an?“
Diana deutete sanft auf Florian. „Nimm ihn am besten auf den Arm. Ich glaube nicht, dass er richtig munter wird. Er schläft tief und fest.“
Ich war ein wenig überrascht über das Vertrauen, das Diana mir entgegen brachte, aber ich ließ mir nichts anmerken. Langsam und behutsam näherte ich mich der Couch. Ich schob vorsichtig die Decke beiseite und legte meine Hände so um Florian, dass ich ihn ohne Ruckeln hochheben konnte. Seine Atmung war gleichmäßig, und er regte sich kaum, als ich ihn an meine Schulter lehnte. Sein Kopf fand ganz automatisch einen Platz an meinem Hals, und seine kleinen Arme hingen entspannt an meiner Seite herab.
Er war so leicht. Viel leichter, als ich erwartet hatte. Ich hielt ihn mit einem Arm problemlos, während meine andere Hand unterstützend an seinem Rücken ruhte. Ein flüchtiger Gedanke durchzog meinen Geist – ich konnte mich nicht erinnern, Sebastian mit sechs, geschweige denn mit acht Jahren noch so getragen zu haben. Da lagen Welten dazwischen. Die Unterschiede in ihrem Gewicht und ihrer Größe waren fast schockierend. Florian fühlte sich so zerbrechlich an, fast wie ein Kleinkind.
Ich blickte zu Diana, die uns mit einem wohlwollenden Lächeln beobachtete. „Das machst du gut,“ flüsterte sie, während sie sich erhob und mir einen Wink gab, ihr zu folgen.
Langsam trug ich Florian durch den Flur und die Treppe hinauf. Sein Gesicht blieb ruhig, und er schien noch tiefer in den Schlaf zu sinken, je höher wir stiegen. Ich konnte den leichten Duft von Dianas Weichspüler wahrnehmen, der von seiner Kleidung ausging, und fühlte, wie sich die Verantwortung für dieses kleine Wesen immer fester in mein Herz grub.
„Das hier ist sein Zimmer,“ sagte Diana leise und öffnete die Tür. Ich trat vorsichtig ein und sah, wie sie das Bett vorbereitet hatte. Die Decke war ordentlich zurückgeschlagen, und ein weiches Nachtlicht erhellte den Raum gerade genug, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen.
„Leg ihn einfach vorsichtig hin,“ erklärte Diana, während sie an die andere Seite des Bettes trat, um die Decke bereit zu halten.
Mit aller Sanftheit, die ich aufbringen konnte, ließ ich Florian in die Matratze sinken. Sein Kopf ruhte nun auf dem Kissen, und ich zog mich ein Stück zurück, um Platz für Diana zu machen. Sie zog die Decke über ihn und strich sie glatt. Dabei lächelte sie wieder und sagte: „Manchmal sind die kleinsten Momente die größten Schritte für Kinder wie Florian.“
Ich blieb noch einen Moment stehen, betrachtete den friedlich schlafenden Jungen und spürte, wie tief ich mich bereits mit ihm verbunden fühlte. „Danke,“ sagte ich leise, mehr zu mir selbst als zu Diana, „dass ich das machen durfte.“
Als wir gemeinsam die Treppe hinunter gingen, griff Diana zu einem Babyphone, das in einer Ladestation im Flur stand. Es war ein einfaches Modell, ohne Kamera, was mich überraschte. Neugierig fragte ich: „Gibt es die heute nicht auch mit Kamera?“
Diana nickte, während sie das Gerät in die Hand nahm. „Im Grunde schon, aber bei Kindern in Florians Alter sollte man ihnen schon ein bisschen Privatsphäre geben,“ erklärte sie ruhig. „Bei ganz kleinen Kindern nutze ich die Kameramodelle auch manchmal, vor allem, wenn sie viel weinen oder gesundheitliche Probleme haben. Aber hier reicht es völlig aus, einfach nur zu hören, wenn er Hilfe braucht. Das gibt ihm das Gefühl, dass wir für ihn da sind, ohne ihn zu überwachen.“
Ich dachte über ihre Worte nach und fragte: „Das heißt, du empfiehlst es uns nur für den Anfang?“
Diana lächelte. „Genau. Solange Florian sich noch nicht ganz sicher fühlt und euch nachts vielleicht nicht direkt ruft, kann es eine Hilfe sein. Aber stellt euch mal vor, jemand hört euch die ganze Zeit zu. Das fühlt sich für Kinder irgendwann merkwürdig an. Sobald sie zuverlässig zu euch kommen, wenn sie etwas brauchen, könnt ihr die Geräte getrost wegpacken.“
Ihre Worte klangen vernünftig. Während sie sprach, schwelgte ich für einen Moment in Erinnerungen. „Jetzt, wo ich darüber nachdenke,“ sagte ich nachdenklich, „haben wir es bei Sebastian genauso gemacht. Die Geräte mit Kamera waren damals einfach unglaublich teuer, und wir hatten gerade den Hof von meinen Großeltern übernommen. Da standen wir finanziell nicht so gut da wie heute.“
Diana nickte verständnisvoll. „Ich verstehe. Aber wie du siehst, hat es auch ohne Kamera wunderbar funktioniert. Es geht mehr darum, dass man präsent ist und das Kind spürt, dass es nicht allein ist.“
Ihre Worte brachten mich zum Lächeln. Es stimmte – wir hatten damals alles gemacht um Sebastian eine tolle Zukunft zu ermöglichen.
Als wir schließlich die Küche betraten, saßen nur noch Markus und Frau Peters am Tisch. Manfred und die beiden Teenager waren offenbar wieder verschwunden. Diana stellte das Babyphone auf die Arbeitsfläche und gesellte sich zu uns.
„Na, was habt ihr noch Schönes besprochen?“ fragte Markus, der uns freundlich ansah.
„Nichts Aufregendes,“ sagte ich lächelnd und setzte mich neben ihn. „Nur ein paar Gedanken über Babyphones und Privatsphäre.“
Elke, die mit einer Tasse Kaffee in der Hand da saß, hob eine Augenbraue. „Das ist ein gutes Thema,“ meinte sie. „Gerade für Kinder wie Florian ist es wichtig, dass sie merken, dass sie nicht ständig beobachtet werden. Es ist ein feines Gleichgewicht zwischen Fürsorge und Vertrauen.“
Markus nickte, und ich fühlte, wie sich die Spannung des Tages langsam legte. Florian schlief oben friedlich, und wir hatten die ersten Schritte in eine gemeinsame Zukunft gemacht.
Elke trank ihren letzten Schluck Kaffee aus und stellte die Tasse auf den Tisch. „Ich muss jetzt los,“ sagte sie freundlich, während sie sich erhob. „Wir telefonieren morgen, okay?“
Diana, Markus und ich verabschiedeten uns herzlich von ihr, und sie verschwand mit einem warmen Lächeln durch die Tür. Als wir wieder allein in der Küche waren, setzte ich mich zurück an den Tisch. Diana schaute uns an und fragte: „Möchte jemand noch einen Kaffee oder Tee?“
„Ein Tee wäre schön,“ sagte ich dankbar, während Markus mit einem kurzen Nicken um einen weiteren Kaffee bat. Diana stand auf und begann, die Getränke zuzubereiten. Währenddessen nutzte ich die Gelegenheit, um eine Frage zu stellen, die mir schon den ganzen Abend durch den Kopf ging.
„Diana,“ begann ich vorsichtig, „was glaubst du, was wir für den Anfang alles für Florian brauchen werden?“
Sie drehte sich zu mir um und lächelte. „Das ist eine gute Frage,“ sagte sie, während sie Wasser in den Wasserkocher füllte. „Ich würde empfehlen, mit den Grundlagen anzufangen. Ein eigenes Bett, wenn er sich bereit fühlt, dazu ein paar bequeme Decken und Kissen. Dann Kleidung – er hat ja momentan nicht viel.“
Ich nickte, während sie weitersprach. „Es ist wichtig, dass er ein paar Dinge hat, die ihm gehören. Spielzeug, das er sich aussuchen kann, vielleicht ein Kuscheltier oder ein besonderes Buch. Das gibt ihm ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit.
Ich war dankbar für ihre praktischen Ratschläge. „Hast du sonst noch etwas im Kopf?“ fragte ich neugierig.
Diana stellte eine Tasse Tee vor mir ab und reichte Markus seinen Kaffee. Sie setzte sich wieder an den Tisch und nahm einen Schluck von ihrem eigenen Getränk. „Florian wird Zeit brauchen, um sich einzuleben,“ sagte sie mit einem nachdenklichen Blick. „Aber ihr könnt den Übergang erleichtern, indem ihr ihm zeigt, dass er bei euch willkommen ist. Haltet ein bisschen Platz in eurem Alltag für ihn frei, damit er merkt, dass er nicht einfach irgendwo hineinpassen muss, sondern dass ihr Raum für ihn geschaffen habt.“
Markus legte nachdenklich eine Hand auf meinen Arm. „Das klingt alles sehr vernünftig,“ sagte er. „Wir sollten morgen direkt loslegen und alles besorgen, was er braucht.“
Ich lächelte Diana dankbar an. „Danke, dass du dir die Zeit nimmst, uns so viele Tipps zu geben. Du kennst ihn erst einen Tag, aber du scheinst schon genau zu wissen, was er braucht.“
Diana erwiderte das Lächeln. „Jedes Kind ist anders, aber Florian erinnert mich an viele andere Kinder, die wir hier hatten. Er wird seinen Platz bei euch finden, da bin ich mir sicher. Ihr seid genau die Richtigen für ihn.“
Ich fragte nachdenklich: „Was für Windeln trägt Florian im Moment?“
Diana nickte leicht, als ob sie die Frage erwartet hätte. „Stimmt, da braucht ihr auch etwas. Ich wollte ihm eigentlich Drynites anziehen, aber ich musste feststellen, dass ich gar keine in seiner Größe da habe. Im Moment trägt er Kinderwindeln in der Größe 6, aber ehrlich gesagt, würden ihm mit Sicherheit auch Windeln in Größe 5 passen. Er ist sehr schmal.“
Ich überlegte kurz und fragte dann: „Wären Hochziehwindeln nicht besser? Damit könnte er sicher leichter selbst auf die Toilette gehen und sich im Notfall auch selbst wechseln.“
Diana setzte ihre Tasse ab und antwortete: „Im Grunde ja, und für seine Selbstständigkeit wären die Hochziehwindeln definitiv besser. Manfred hat gerade welche mitgebracht, also könnten wir die direkt ausprobieren. Aber bei Hochziehwindeln muss er sich jedes Mal komplett die Hose ausziehen, um sie zu wechseln. Und ehrlich gesagt, habe ich momentan nicht den Eindruck, dass er, wenn er mehr trinkt, überhaupt eine Chance hat, rechtzeitig auf die Toilette zu gehen.“
Diana machte eine kurze Pause, bevor sie hinzufügte: „Das heißt, bei Hochziehwindeln würde er sich jedes Mal komplett ausziehen müssen. Bei den Klebewindeln braucht er zwar Hilfe, aber sie sind in solchen Situationen praktischer.“
Ich nickte nachdenklich, und ich ergänzte: „Das klingt, als ob beides seine Vor- und Nachteile hat.“
Diana seufzte leicht und lächelte. „Genau, am Ende ist keine Lösung perfekt. Aber wenn ihr euch für die Hochziehwindeln entscheidet, würde ich euch eher zu den einfachen Windelpants raten als zu Drynites. Die passen ihm besser, sind deutlich günstiger und erfüllen denselben Zweck. Für unterwegs würde ich euch jedoch Klebewindeln empfehlen. Damit spart ihr ihm die Notwendigkeit, sich in der Öffentlichkeit komplett ausziehen zu müssen.“
Diana fuhr fort. „Wenn das ärztlich abgeklärt wird, könnt ihr Windeln sogar auf Rezept bekommen. Dafür müsste nur ein Urologe bestätigen, dass es notwendig ist. Das wäre auch langfristig sinnvoll, damit ihr nicht auf den Kosten sitzen bleibt. Wichtig ist vor allem, dass ihr das Thema in Ruhe angeht und Florian merkt, dass es keine große Sache ist.“
Markus schaute auf die Uhr und wandte sich an mich: „Ich denke, wir sollten uns langsam auf den Weg machen. Wenn wir morgen alle Besorgungen erledigen wollen, müssen wir früh aufstehen.“
Ich nickte, auch wenn ich innerlich noch zögerte. Mein Blick wanderte zu Diana. „Ab wann dürfen wir morgen wiederkommen?“ fragte ich hoffnungsvoll. Ich konnte es kaum erwarten, Florian wiederzusehen.
Diana lächelte verständnisvoll. „Wann immer ihr bereit seid. Wir sind den ganzen Tag hier. Wenn das Wetter mitspielt, planen wir vielleicht einen Ausflug nach draußen. Zieht euch warm an, wir haben einen Schlitten, und nicht weit von hier gibt es einen kleinen Hügel zum Rodeln. Vielleicht können wir Florian dafür begeistern.“
Ein Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus, als ich mir vorstellte, wie Florian zum ersten Mal unbeschwert Spaß haben könnte. „Das klingt wunderbar“, sagte ich. „Wir werden rechtzeitig da sein. Ich bin gespannt, ob er Freude am Rodeln hat.“
Diana nickte zustimmend. „Ich denke, mit ein wenig Motivation wird er es genießen. Er braucht solche Momente, in denen er merkt, dass er einfach Kind sein darf, ohne ständig Angst zu haben, etwas falsch zu machen.“
Markus erhob sich und zog seine Jacke an. „Dann sehen wir uns morgen“, sagte er mit einem freundlichen Lächeln. „Vielen Dank für alles, Diana. Und danke, dass du uns die Möglichkeit gibst, Florian langsam kennenzulernen.“
„Es ist mir eine Freude“, erwiderte Diana. „Ich bin sicher, dass Florian sich bei euch gut entwickeln wird. Ihr bringt die richtige Einstellung mit.“
Ich warf einen letzten Blick Richtung seines Zimmers, wo Florian friedlich schlief, und wandte mich dann wieder an Diana. „Bis morgen“, sagte ich voller Zuversicht.
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Als ich aufwachte, fühlte ich mich zuerst etwas desorientiert. Die Morgensonne schien durch die Vorhänge und tauchte das Zimmer in ein warmes Licht. Ein Moment der Ruhe umgab mich, und ich bemerkte, dass mein Bett trocken war. Zum ersten Mal, soweit ich mich erinnern konnte, war das Bett tatsächlich trocken geblieben. Ein kleines Gefühl der Freude keimte in mir auf.
Vorsichtig tastete ich das Bettlaken ab, um sicherzugehen. Meine Hände glitten über den weichen Stoff, und es war wirklich nichts Nassses zu spüren. Auch meine Kleidung schien trocken zu sein. Doch als ich meine Hose genauer abtastete, bemerkte ich etwas Ungewohntes. Da war eine Dicke, etwas zwischen meinen Beinen. Es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, dass es die Windel war, die Diana mir gestern Abend angelegt hatte.
Ich setzte mich langsam auf und spürte dabei, wie die Windel sich schwer und feucht anfühlte. Sie war viel voller, als ich erwartet hatte. Ich versuchte, meine Beine zusammenzudrücken, aber das war kaum möglich. Ein unangenehmes Gefühl der Nässe breitete sich aus. Als ich schließlich aufstand, merkte ich plötzlich, dass ich schon wieder dringend auf die Toilette musste.
Bevor ich jedoch reagieren konnte, spürte ich, wie es einfach loslief. Ich machte hastig zwei Schritte, aber es war zu spät. Die Wärme des Urins breitete sich in der Windel aus, doch dieses Mal schien sie nichts mehr aufzunehmen. Ein unangenehmes Gefühl von Feuchtigkeit kroch meine Beine hinunter. Mit Schrecken sah ich nach unten und bemerkte, wie sich der Stoff der Jogginghose, die mir Diana gestern gegeben hatte, dunkel verfärbte.
Eine Welle von Wut und Enttäuschung überkam mich. Jetzt war das Bett endlich einmal trocken geblieben, und trotzdem schaffte ich es nicht, meine Kleidung sauber zu halten. Tränen stiegen in meine Augen, und ich ballte die Fäuste. Warum konnte ich nicht einfach normal sein? Warum passierte mir das immer wieder?
Ich fühlte mich hilflos und beschämt. Der Erfolg, den ich beim Aufwachen gespürt hatte, war wie weggeblasen. Stattdessen stand ich nun hier, in nasser Kleidung, und wusste nicht, was ich tun sollte. Der Gedanke, Diana oder jemand anderem unter die Augen zu treten, machte mich nervös. Was würden sie von mir denken? Würden sie schimpfen oder enttäuscht sein?
Mit gesenktem Kopf überlegte ich, wie ich das Problem lösen konnte, ohne jemandem zur Last zu fallen. Vielleicht konnte ich mich alleine umziehen und die nassen Sachen in die Waschmaschine bringen.
Ein leises Klopfen an der Tür riss mich aus meinen Gedanken. „Florian, bist du wach?“ hörte ich Dianas sanfte Stimme. Panik stieg in mir auf. Ich wollte antworten, aber meine Stimme versagte. Die Tür öffnete sich langsam einen Spalt, und Dianas freundliches Gesicht erschien im Türrahmen.
Als sie mich sah, erfasste ihr Blick sofort die Situation. Statt jedoch überrascht oder verärgert zu reagieren, lächelte sie mitfühlend. „Guten Morgen, Florian“, sagte sie leise. „Alles in Ordnung?“
Ich konnte nur den Kopf schütteln, Tränen liefen nun ungehindert über meine Wangen. Diana trat ein und schloss die Tür hinter sich. „Komm Mal her“, sagte sie und ging in die Hocke.
„Es ist okay“, flüsterte sie. „Das kann passieren. Wir machen dich schnell frisch, und dann fühlst du dich besser, ja?“ Ihre Worte waren so warm und verständnisvoll, dass die Anspannung in mir langsam nachließ. Obwohl die Scham noch immer in mir nagte, fühlte ich mich ein kleines bisschen getröstet.
Diana strich mir sanft über den Arm und schaute mir in die Augen. „Möchtest du vielleicht ein warmes Bad nehmen? Das tut gut und entspannt.“ Ich nickte vorsichtig, unfähig zu sprechen. „Gut“, sagte sie lächelnd. „Ich bereite alles vor. Du kannst dich schon mal ausziehen, wenn du magst.“
Sie ging ins Badezimmer, und ich hörte, wie Wasser eingelassen wurde. Langsam begann ich, die nasse Kleidung abzulegen. Die Kälte auf meiner Haut ließ mich frösteln, aber die Aussicht auf ein warmes Bad gab mir ein wenig Hoffnung, auch wenn ich noch nie in einer Badewanne war. Vielleicht würde der Tag doch noch besser werden.
Als ich mich auf den Weg ins Badezimmer machte, nur noch in meiner vollen Windel, lief ich leise durch den Flur, der vom Morgenlicht durchflutet wurde. Ich wollte niemanden stören und so schnell wie möglich ins Badezimmer kommen, damit mich niemand in dieser peinlichen Situation sehen würde. Doch plötzlich kam Nathanael um die Ecke. Er strahlte über das ganze Gesicht, sichtlich gut gelaunt, und blieb abrupt vor mir stehen.
„Guten Morgen, Florian!“, rief er fröhlich.
Ich blieb stehen, fühlte mich ertappt und versuchte, meinen Blick auf den Boden zu richten, doch mein Blick wanderte unwillkürlich zu ihm. Nathanael trug nur ein T-Shirt, und darunter eine Hochziehwindel mit blauen Streifen. Sie wirkte benutzt, denn die Streifen waren leicht verschwommen, doch das schien ihn überhaupt nicht zu stören.
Er bemerkte mein Starren und lächelte freundlich. „Ich hab dir doch gesagt, dass ich nachts auch noch eine Windel brauche.“
Ich schaute ihn überrascht an. Sein Ton war so locker, fast so, als ob er stolz darauf wäre. Dann hockte er sich plötzlich vor mich hin, sodass wir uns auf Augenhöhe befanden, und senkte seine Stimme, als ob er ein Geheimnis verraten wollte.
„Aber weißt du was? Ich darf ab jetzt am Wochenende auch tagsüber eine anziehen“, flüsterte er und grinste breit.
Ich blinzelte verwirrt. Konnte er das wirklich ernst meinen? Warum sollte man sich darüber freuen, tagsüber eine Windel zu tragen? Ich versuchte, in seinem Gesicht zu lesen, ob er mich aufziehen wollte, doch da war nichts als ehrliche Freude. Das machte mich noch verwirrter.
„Freust du dich wirklich darüber?“, fragte ich leise.
Nathanael nickte begeistert. „Klar! Dann muss ich mir keine Gedanken machen, wenn ich mal zu lange spiele oder keine Lust habe, aufs Klo zu rennen. Ist doch praktisch, oder?“
Ich war sprachlos. Für mich war das Tragen einer Windel mit Scham verbunden gewesen. Es war etwas, das ich um jeden Preis verbergen wollte. Doch Nathanael sprach darüber, als wäre es das Normalste der Welt.
„Mach dir keine Sorgen, Florian“, sagte er aufmunternd und legte seine Hand auf meine Schulter. „Hier ist das alles okay. Niemand wird dich auslachen oder blöd anschauen. Wirklich nicht.“
Ich nickte vorsichtig. Seine Worte klangen aufrichtig, und obwohl ich immer noch unsicher war, fühlte ich mich etwas besser.
„Also dann, ich geh mich mal anziehen“, sagte Nathanael und stand wieder auf. „Vielleicht können wir später zusammen was machen. Bis gleich!“
Mit diesen Worten verschwand er in seinem Zimmer, während ich noch einen Moment wie angewurzelt stehen blieb. Seine lockere Art hatte mich überrascht. Vielleicht war es hier wirklich anders. Vielleicht war es okay, so zu sein, wie man war, ohne ständig Angst haben zu müssen, verurteilt zu werden.
Ich setzte meinen Weg ins Badezimmer fort, aber mit einem Funken Hoffnung in meinem Herzen, dass dieser Ort anders war als mein Zuhause.
Im Badezimmer roch es angenehm nach frischer Seife und einem Hauch von Lavendel. Der warme Dampf, der von der Badewanne aufstieg, schien den ganzen Raum zu erfüllen. Mein Blick wanderte zur Wanne, in der der Schaum wie kleine weiße Berge auf der Wasseroberfläche schwamm.
Diana lächelte mich herzlich an, als sie mich eintreten sah. „Da bist du ja, Florian. Bekommst du die Windel alleine ab?“
Ich nickte, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich es wirklich hinbekommen würde. Mit einem zögerlichen Ruck riss ich an den Klettstreifen, und die volle Windel klatschte mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden. Ich fühlte mich sofort schuldig und bückte mich, um sie aufzuheben, doch Diana hielt mich sanft zurück.
„Lass sie ruhig liegen, ich mach das, okay?“, sagte sie beruhigend. „Schau mal, ich habe dir ein kleines Boot mit in die Wanne getan.“
Meine Neugier war geweckt. Ich trat näher an die Badewanne heran und sah das kleine rote Boot, das vorsichtig auf der Wasseroberfläche schaukelte. Es sah faszinierend aus. Ich hielt eine Hand ins Wasser, um es zu testen, und spürte die angenehme Wärme. Das Wasser war so einladend, doch trotzdem zögerte ich.
Diana beobachtete mich mit sanftem Blick. „Traust du dich nicht?“, fragte sie einfühlsam.
Ich nickte unsicher und wich ihrem Blick aus. Etwas an der Wanne machte mich nervös. Zuhause hatten wir nur eine Dusche, und ich war noch nie in einer Badewanne gewesen. Es fühlte sich ungewohnt und irgendwie einschüchternd an.
Diana kniete sich neben die Wanne und streckte mir ihre Hand entgegen. „Komm, ich helfe dir.“ Sie lächelte ermutigend, als sie meinen zögerlichen Blick sah. „Warst du schon mal in einer Badewanne?“
Ich schüttelte leicht den Kopf und spürte, wie meine Wangen heiß wurden. Es war mir peinlich, doch Diana schien das nicht zu stören.
„Oh, dann verstehe ich deine Zurückhaltung. Aber glaub mir, es ist ganz toll. Es fühlt sich fast so an, als würde man in einer warmen Wolke sitzen,“ sagte sie beruhigend. Dann fügte sie hinzu: „Darf ich dich reinheben? Es ist auch nicht viel Wasser drin, da kann nichts passieren, versprochen.“
Ich zögerte immer noch, doch Dianas freundliche und geduldige Art beruhigte mich ein wenig. Schließlich nickte ich vorsichtig. Sie stand auf, nahm meine Hände und hob mich langsam in die Wanne. Das Wasser umhüllte mich warm, und der Schaum kitzelte meine Haut.
Das rote Boot schwankte in meiner Nähe, und ich streckte vorsichtig die Hand aus, um es zu berühren. Es fühlte sich aufregend und neu an.
Diana blieb in meiner Nähe, hob die Windel auf und rollte sie zusammen. Dann setzte sie sich auf einen Hocker und beobachtete mich mit einem warmen Lächeln. Ich schob das kleine rote Boot über die Wasseroberfläche, ließ es voll Wasser laufen, bis es schließlich sank. Das Wasser reichte mir bis zum Bauchnabel, und ich hatte viel Platz in der Wanne; sie war riesig.
Die Wärme des Wassers entspannte mich, und der Duft des Schaums erinnerte mich an frische Blumen. Diana reichte mir ein weiches Waschtuch. „Hier, Florian, du kannst dich damit waschen. Wenn du Hilfe brauchst, sag einfach Bescheid.“
Ich nahm das Tuch und begann, mich vorsichtig zu waschen. Diana blieb geduldig sitzen, ohne mich zu drängen. Ihre Anwesenheit gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Nachdem ich mich gewaschen hatte, spielte ich weiter mit dem Boot, ließ es über die Wasseroberfläche gleiten und beobachtete, wie es kleine Wellen erzeugte.
Nach einer Weile fragte Diana sanft: „Möchtest du noch etwas im Wasser bleiben, oder bist du fertig?“
Ich überlegte kurz und antwortete: „Ich glaube, ich bin fertig.“
Diana stand auf und nahm ein großes, flauschiges Handtuch vom Haken. „Gut, dann helfe ich dir beim Aussteigen.“ Sie hielt mir das Handtuch entgegen, und ich stieg vorsichtig aus der Wanne. Das Handtuch war warm und weich, und ich fühlte mich geborgen, als sie mich darin einhüllte.
„Du hast das prima gemacht, Florian,“ sagte sie ermutigend. „Ich habe frische Kleidung für dich auf dem Bett in deinem Zimmer bereitgelegt. Wenn du dich angezogen hast, komm einfach in die Küche; dort wartet ein leckeres Frühstück auf dich.“
Ich nickte und lächelte schüchtern. „Danke, Diana.“
„Gern geschehen,“ antwortete sie und strich mir sanft über den Kopf. „Nimm dir alle Zeit, die du brauchst.“
Auf der frisch bereitgelegten Kleidung lag eine Windel, die ich noch nie zuvor gesehen hatte. Sie hatte bunte Superhelden darauf, und ich betrachtete sie neugierig. Vorsichtig zog ich sie an und bemerkte sofort, dass sie dicker war als die Windel, die Diana mir gestern angezogen hatte. Es fühlte sich ein bisschen ungewohnt an, aber irgendwie auch sicher. Danach zog ich das weiche T-Shirt und die bequeme Hose darüber und war erstaunt, wie gut alles passte.
Langsam machte ich mich auf den Weg in die Küche. Schon beim Näherkommen hörte ich das leise Klappern von Geschirr und Stimmen, die gedämpft klangen. Als ich eintrat, sah ich Anna-Lena und Nathanael am Tisch sitzen. Sie unterhielten sich leise und aßen Brötchen. Manfred stand an der Kaffeemaschine, während Diana mit einer Packung Milch in der Hand am Kühlschrank beschäftigt war. Als sie mich bemerkte, schenkte sie mir ein warmes Lächeln und deutete auf einen freien Platz am Tisch.
Ich blieb kurz stehen und fühlte mich plötzlich unwohl. Obwohl ich alle schon kannte, war es mir in diesem Moment unangenehm, mich dazu zu setzen. Es war, als würde eine unsichtbare Barriere zwischen mir und den anderen stehen. Ich wollte lieber wieder in das Zimmer zurück, wo ich mich sicher fühlte. So richtig Hunger hatte ich auch nicht.
Trotzdem setzte ich mich vorsichtig auf den freien Platz. Nathanael warf mir einen kurzen Blick zu und lächelte, bevor er wieder in sein Brötchen biss. Anna-Lena schien mich gar nicht zu bemerken, sie war vertieft in ein Gespräch mit Manfred. Diana stellte die Milch auf den Tisch und setzte sich neben mich. Sie sagte nichts, aber ihr ruhiges Verhalten gab mir ein wenig das Gefühl, dass es okay war, einfach nur da zu sitzen.
Ich schob den leeren Teller vor mir hin und her, während das leise Murmeln der Gespräche wie ein Hintergrundgeräusch um mich herumfloss. Es war ungewohnt, in einer Küche zu sein, in der alles so ruhig und geordnet wirkte. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Am liebsten wäre ich einfach wieder in das Zimmer gegangen, um mit den Autos zu spielen, aber ich wollte nicht unhöflich wirken.
Diana sah mich freundlich an und fragte: „Möchtest du vielleicht etwas essen, Florian?“ Ich schüttelte nur leicht den Kopf, ohne sie direkt anzusehen.
„Aber es wäre gut, wenn du zumindest eine Kleinigkeit isst. Es muss ja nichts Großes sein,“ fügte sie sanft hinzu. Ihr Ton war ruhig, nicht drängend, aber dennoch ermutigend. Mein Blick wanderte über den Tisch. Es gab Brötchen, Butter, Wurst und Marmelade – alles Dinge, die mir nicht besonders zusagten. Ich wusste, dass ich etwas essen sollte, aber nichts davon sprach mich wirklich an.
Diana schien meine Unentschlossenheit zu bemerken. „Magst du vielleicht einen Apfel? Oder lieber eine Banane?“ fragte sie schließlich und hielt mir damit eine Alternative offen. Ein Apfel klang nicht schlecht, und so murmelte ich leise: „Ein Apfel.“
„Ein Apfel, sehr gut,“ bestätigte sie mit einem Lächeln und stand auf, um einen aus der Obstschale zu holen. „Was möchtest du dazu trinken? Eine warme Milch vielleicht? Oder lieber ein Glas Wasser mit ein bisschen Saft?“
Der Gedanke an Milch ließ mir sofort ein flaues Gefühl im Magen aufsteigen. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal Milch getrunken hatte, aber ich wusste instinktiv, dass ich sie nicht mochte. „Wasser und Saft,“ antwortete ich leise, fast zögerlich.
Diana nahm ruhig einen Apfel aus der Obstschale, ohne ein Wort zu sagen, und griff nach einem kleinen Messer. Mit präzisen, geübten Bewegungen schnitt sie den Apfel in acht gleichmäßige Ecken. Ich beobachtete sie dabei, unsicher, ob sie das extra für mich machte. Als sie fertig war, legte sie die Apfelstücke ordentlich auf einen kleinen Teller und stellte ihn zusammen mit einem Glas Wasser mit Saft vor mich hin.
„Hier, Florian. Iss in Ruhe,“ sagte sie freundlich und setzte sich wieder, als wäre es das Natürlichste der Welt, mir so etwas zu richten.
Ich blickte auf die glänzenden Apfelschnitze, die wie ein kleiner Berg auf dem Teller lagen, und griff zögerlich nach einem Stück. Der erste Bissen überraschte mich – der Apfel war süß und saftig, und ich kaute langsam, während ich ihn stumm betrachtete.
Das Glas mit dem leichten roten Schimmer nahm ich erst nach ein paar Bissen zur Hand. Die kühle, leicht süße Flüssigkeit rutschte angenehm meine Kehle hinunter. Für einen Moment fühlte ich mich tatsächlich ein wenig wohler. Diana schien mich nicht weiter zu beachten, was mir half, mich zu entspannen.
Es war ein stiller, aber überraschend angenehmer Moment. Ich konzentrierte mich auf den Apfel und das Getränk und spürte, wie ein Hauch von Normalität in mir aufkam.
Nathanael und Anna-Lena standen fast gleichzeitig auf, ihre Teller klapperten leise, als sie sie auf die Arbeitsfläche neben der Spüle stellten. „Wir sind oben, Mama!“ rief Anna-Lena über die Schulter, während Nathanael noch grinsend eine Bemerkung machte, die ich nicht verstand. Diana nickte ihnen nach, bevor sie sich wieder mir zuwandte.
Manfred blätterte in seiner Zeitung, die Seiten raschelten leise. Ab und zu nahm er einen Schluck aus seiner Tasse, ohne wirklich aufzusehen. Er wirkte entspannt, in sich ruhend, was mich ein wenig beruhigte, obwohl ich mich noch immer ein wenig fehl am Platz fühlte.
Diana saß weiterhin ruhig neben mir und schenkte mir ein ermutigendes Lächeln, während ich die restlichen Bissen von meinem Apfel aß. Ich kaute langsam und achtsam, unsicher, ob ich alles „richtig“ machte. Der Geschmack war angenehm, aber ich war mehr darauf konzentriert, keine Geräusche zu machen oder irgendetwas falsch zu machen.
Als ich fertig war, stand ich zögerlich auf, nahm meinen Teller und das Glas und ging zur Spülmaschine. Ich erinnerte mich daran, wie Diana mir gestern gezeigt hatte, wo alles hingehörte. Vorsichtig öffnete ich die Klappe der Maschine, stellte mein Glas in die obere Reihe und schob den Teller in die vorgesehene Halterung. Mein Blick wanderte kurz zu Diana, die mich weiterhin beobachtete, aber nicht kritisch, sondern ermutigend.
„Gut gemacht, Florian,“ sagte sie leise, als ich die Klappe wieder schloss und mich umsah. Es fühlte sich gut an, etwas richtig zu machen, auch wenn es nur eine kleine Sache war. Manfred senkte seine Zeitung und sah kurz zu mir, nickte fast unmerklich, als wollte er mir still seine Anerkennung zeigen.
Nachdem ich meinen Stuhl leise zurück an den Tisch geschoben hatte, blieb ich unschlüssig stehen. Ich wusste nicht recht, was ich jetzt tun sollte. Diana, die meinen zögerlichen Blick bemerkte, sprach mich ruhig an: „Du kannst ruhig etwas spielen gehen, wenn du möchtest. Ich komme dann zu dir, sobald ich hier fertig bin.“
Ihre sanfte Stimme beruhigte mich etwas, und ich nickte vorsichtig. „Okay,“ murmelte ich leise und machte mich auf den Weg nach oben. Die Treppenstufen knarrten leicht unter meinen Füßen, und der vertraute Klang half mir, mich zu orientieren. Als ich die Tür zu dem Zimmer öffnete, in dem ich geschlafen hatte, blieb ich überrascht stehen.
Nathanael war bereits da. Er hockte auf dem Boden, umgeben von den Straßenteilen, die wir gestern zusammengebaut hatten. Einige Autos standen ordentlich geparkt an einer Seite, während er konzentriert daran arbeitete, eine neue Bahn aus den Teilen zusammenzusetzen. Als er mich bemerkte, hob er den Kopf und grinste. „Da bist du ja!“ sagte er fröhlich, fast so, als hätte er mich schon erwartet.
Ich stand unsicher in der Tür und beobachtete, wie er eine Straßenteil mit einer Brücke zusammensetzte. „Ich dachte, wir könnten die Bahn von gestern noch cooler machen,“ erklärte er, während er mir einen erwartungsvollen Blick zuwarf. „Willst du mithelfen?“
Die Energie in seiner Stimme war ansteckend, und obwohl ich mich immer noch ein wenig unsicher fühlte, trat ich langsam ins Zimmer. „Okay,“ sagte ich leise und kniete mich zu ihm auf den Boden.
Nathanael schob mir einige Straßenteile zu. „Hier, die kannst du an die Ecke legen. Vielleicht machen wir da eine Kurve, wo die Autos richtig schnell runterfahren können.“ Seine Begeisterung war nicht zu übersehen, und es fiel mir leichter, mich darauf einzulassen.
Gemeinsam fügten wir Stück für Stück die Strecke zusammen. Nathanael erklärte dabei immer wieder, welche Ideen er hatte, und ließ mich entscheiden, wie die nächste Abzweigung aussehen sollte. Nach einer Weile bemerkte ich, dass ich mich nicht mehr so unwohl fühlte. Ich war einfach in das Spiel vertieft, und Nathanaels Lächeln und lockere Art ließen mich vergessen, dass ich vorhin noch nicht wusste, was ich tun sollte.
Die ersten Autos sausten die frisch gebaute Bahn hinunter, sprangen mit beeindruckender Geschwindigkeit aus der Kurve und landeten mit einem leichten Klacken auf dem Boden. Nathanael lachte, und ich musste auch schmunzeln, während ich ein weiteres Auto startbereit machte. Gerade als ich es loslassen wollte, öffnete sich die Tür, und Diana trat mit einer Trinkflasche in der Hand ins Zimmer.
Nathanael schaute sofort auf, und ich bemerkte einen Hauch von Unsicherheit in seinem Blick. „Mama, was machst du jetzt hier?“ fragte er, als hätte er Sorge, sie würde ihn beim Spielen unterbrechen.
Diana lächelte warm und hob die Flasche ein wenig an. „Es ist alles gut, Nathanael. Ich bringe Florian etwas zu trinken, damit er sich angewöhnt, mehr zu trinken. Hätte ich vielleicht gleich zwei Flaschen mitbringen sollen?“
Sie sah Nathanael ernst an, als ob sie tatsächlich seine Meinung wissen wollte. Er nickte ein wenig unsicher und zuckte dabei leicht mit den Schultern.
Diana setzte sich auf die Bettkante und streckte mir die Trinkflasche entgegen. „Hier, Florian. Du musst dir keine Sorgen machen, wenn du mehr trinkst, wir haben alles im Griff.“ Ihr Ton war freundlich, fast beruhigend, und ich nahm die Flasche vorsichtig entgegen.
„Ich bringe dir dann auch noch eine, mein kleiner Schnuffi-Bär,“ fügte sie mit einem schmunzelnden Blick zu Nathanael hinzu.
„Mama!“ protestierte Nathanael, diesmal gespielt empört, während er die Hände hochwarf. „So hast du mich früher immer genannt!“
Diana lachte leise und zuckte mit den Schultern. „Na und? Da warst du neun, fast zehn. Du wirst immer mein kleiner Schnuffi-Bär bleiben, egal wie alt du bist.“
Nathanael verdrehte die Augen, aber ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. Es war eine dieser Momente, in denen man spürte, wie viel Zuneigung zwischen den beiden lag, auch wenn er sich gerade darüber lustig machte.
Ich nippte an der Flasche, die Diana mir gegeben hatte, und ließ mich von der leichten, fruchtigen Süße des Saftes überraschen. Während Nathanael und Diana weiter alberten, fühlte ich mich plötzlich ein Stück mehr dazugehörig, fast als wäre ich ein Teil dieser kleinen, liebevollen Szene.
Diana wandte sich an mich, und ihre Stimme war sanft, aber ernst. „Florian, wir müssen noch über gestern sprechen.“ Ein Schauer kroch mir den Rücken hinunter. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Hatte ich etwas falsch gemacht? Unsicher sah ich zu ihr auf und fragte leise: „Hab ich was falsch gemacht?“
Sie schüttelte sofort den Kopf und lächelte mich liebevoll an. „Nein, Florian, so war das nicht gemeint. Du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Ich wollte nur mit dir darüber sprechen, wie du dich gestern gefühlt hast, als Annette und Markus hier waren.“
Ich blickte sie an, sagte aber nichts. Mein Kopf war voller Gedanken, aber ich wusste nicht, wie ich sie ausdrücken sollte.
„Könntest du dir vorstellen, bei ihnen zu leben?“ fragte sie behutsam. „Ich weiß, das ist eine schwere Frage, und ich möchte, dass du weißt, dass nichts davon in Stein gemeißelt ist. Selbst wenn du bei ihnen lebst, kannst du jederzeit sagen, dass du das nicht mehr möchtest. Aber was ich jetzt von dir wissen möchte, ist eher, ob du dich in ihrer Gegenwart unwohl gefühlt hast.“
Ihre Worte klangen beruhigend, aber die Frage fühlte sich dennoch groß und schwer an. Ich überlegte lange, während meine Finger nervös an den Stoff meiner Hose griffen. Ich dachte an Annette, wie sie mich angelächelt hatte, wie sie sich neben mich gesetzt hatte, um mir vorzulesen. Und an Markus, der zwar ruhig war, aber freundlich wirkte.
„Ich… weiß nicht,“ murmelte ich schließlich. „Sie waren nett… und sie haben nicht geschimpft.“ Meine Stimme wurde leiser, als ich weitersprach. „Aber was, wenn sie später doch böse werden?“
Diana nickte verständnisvoll und legte eine Hand auf meine Schulter. „Das ist eine ganz normale Sorge, Florian. Du hast bisher nicht viel Gutes von Erwachsenen erlebt, und es ist okay, dass du dir da Gedanken machst. Aber Annette und Markus wollen dir helfen, sie wollen dir ein Zuhause geben. Und wenn du merkst, dass du dich bei ihnen nicht wohlfühlst, dann reden wir darüber und finden gemeinsam eine Lösung. Du bist niemals allein in dieser Entscheidung, das verspreche ich dir.“
Ich nickte langsam, immer noch unsicher, aber ihre Worte machten es ein kleines bisschen leichter. „Okay,“ sagte ich leise, nicht sicher, ob ich wirklich etwas entschieden hatte, aber froh, dass Diana nicht enttäuscht wirkte.
Ich griff nach der Trinkflasche, die Diana mir gegeben hatte, und nahm einen großen Schluck. Nicht, weil ich wirklich Durst hatte, sondern weil es eine Möglichkeit war, mich abzulenken. Solange ich trank, musste ich nichts sagen, nichts erklären. Das beruhigende Gluckern der Flüssigkeit, die aus der Flasche kam, half mir, mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Während ich weiterhin trank, wandte sich Diana an Nathanael, der bisher still dagesessen und uns zugehört hatte. „Du denkst aber bitte daran, dass du die Windel rechtzeitig wechselst, so wie wir es gestern besprochen haben,“ sagte sie mit einem ruhigen, aber bestimmten Ton. Ihr Blick war fürsorglich, aber ernst. „Ich möchte nicht, dass deine Hose nass wird, weil du sie wie früher so lange trägst, bis sie überläuft.“
Nathanael hob leicht den Kopf und schaute ein wenig verlegen zu ihr hinüber. Seine Wangen wurden leicht rot, und er rutschte etwas auf seinem Platz hin und her. „Ja, Mama,“ antwortete er leise, mit einer Mischung aus Ernsthaftigkeit und Scham. Es war deutlich zu sehen, dass er wusste, dass sie es gut mit ihm meinte, aber das Thema war ihm dennoch unangenehm.
Diana lächelte sanft und legte eine Hand auf seine Schulter. „Es ist doch nichts dabei, Nathanael. Aber du musst mir versprechen, darauf zu achten, okay?“
Er nickte diesmal etwas deutlicher und murmelte: „Ich verspreche es.“
Ich spürte, wie ich unbewusst den letzten Schluck aus der Flasche nahm. Es war seltsam, die beiden so reden zu hören. Auf der einen Seite war es beruhigend, zu sehen, wie Diana mit Nathanael sprach – ruhig, ohne Vorwürfe, einfach verständnisvoll. Auf der anderen Seite machte es mir auch klar, dass ich nicht der Einzige war, der solche Probleme hatte.
Nathanael blickte kurz zu mir und schenkte mir ein kleines, aufmunterndes Lächeln. Es fühlte sich fast so an, als wollte er sagen: Siehst du? Es ist wirklich nicht schlimm.
Ich reichte Diana die leere Flasche, und sie nahm sie mit einem überraschten Lächeln entgegen. „Florian, die Flasche ist ja leer! Super gemacht,“ lobte sie mich mit einem warmen Tonfall, der mich kurz rot werden ließ. „Ich fülle sie gleich wieder auf. Und Nathanael, dir bringe ich jetzt auch eine.“ Sie zwinkerte Nathanael zu, bevor sie aus dem Zimmer ging.
Kaum hatte sie den Raum verlassen, drehte ich mich unsicher zu Nathanael. Seine Aussage von vorhin hatte mich nicht losgelassen. „Trägst du jetzt Windeln, weil du es musst oder weil du es willst?“ fragte ich zögerlich, immer noch verwirrt.
Nathanael lächelte leicht verlegen, seine Wangen färbten sich ein wenig rosa. Er sah auf die Autos vor uns, schien kurz zu überlegen, und antwortete dann leise: „Ich brauche sie tagsüber nicht wirklich. Aber…“ Er hielt inne, als ob er die richtigen Worte suchte, und dann setzte er fort: „Ich finde es einfach praktisch. Und ehrlich gesagt… ich glaube, ich habe es wirklich vermisst.“
„Vermisst?“ fragte ich verblüfft.
Nathanael nickte und fuhr fort: „Ja, so unbeschwert zu sein. Einfach wie ein kleiner Junge zu spielen, ohne mir ständig Gedanken machen zu müssen, ob ich auf die Toilette muss. Als ich kleiner war, hat sich das irgendwie sicher angefühlt.“ Er schaute zu mir auf, und sein Blick war weder beschämt noch entschuldigend. Es war, als wollte er mir erklären, dass es okay war, so zu fühlen, wie man sich eben fühlte.
Kurz darauf öffnete sich die Tür wieder, und Diana kam herein. Sie hatte tatsächlich noch eine weitere Flasche dabei, die sie auf den Tisch stellte. „Spielt schön, ich schau später nochmal nach euch,“ sagte sie mit einem Lächeln und verließ das Zimmer wieder.
Nathanael schnappte sich direkt seine Flasche und trank in einem Zug. Ich konnte das Gurgeln des letzten Schlucks hören, und als er sie auf den Tisch zurück stellte. Das hohle Klirren verriet, dass sie komplett leer war. Er grinste mich an. „Man wird richtig durstig beim Spielen,“ meinte er, und ich musste ein wenig schmunzeln.
Dann richteten wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf die Bahn. Die Autos hatten immer noch Probleme, in der Kurve zu bleiben, und Nathanael überlegte laut: „Vielleicht sollten wir die Kurve etwas steiler machen. Dann springen sie nicht so schnell raus.“
Gemeinsam hoben wir die Kurve vorsichtig an, indem wir ein paar Bauklötze darunter legten, die Nathanael aus der Kiste zog. Die erste Testfahrt war ein voller Erfolg: Das rote Auto sauste hinunter, nahm die Kurve ohne Probleme und rollte bis fast an die Wand.
„Das war cool!“ rief Nathanael begeistert. Ich nickte zustimmend und schnappte mir das nächste Auto. Ein blauer Flitzer war an der Reihe. Auch er schaffte es die Kurve, doch kurz vor der Wand überschlug er sich.
„Oh nein, Unfall!“ rief Nathanael lachend. „Da müssen die Rettungswagen ran!“ Schnell schnappte er sich einen Krankenwagen und einen Feuerwehrwagen aus der Kiste und stellte sie neben das blaue Auto. „Das wird repariert!“ erklärte er mit einem schelmischen Grinsen.
Ich ließ mich von seiner Begeisterung anstecken und griff nach einem Abschleppwagen. „Den brauchen wir auch,“ sagte ich leise, aber mit einem Hauch von Stolz, dass ich mitmachte. Es fühlte sich irgendwie gut an, einfach zu spielen, ohne an irgendetwas anderes zu denken.
Während ich mich konzentriert über das Auto beugte, um es sorgfältig am Abschlepphaken zu befestigen, spürte ich plötzlich ein warmes Kribbeln, das sich in meiner Windel ausbreitete. Es war nicht wie die kleinen Spritzer, die ich sonst immer als Warnung kannte. Diesmal war es anders – es kam plötzlich und hörte einfach nicht auf. Die Wärme breitete sich schnell aus, und ich erstarrte mitten in der Bewegung.
Als der Strom endlich versiegte, schoss mir sofort der Gedanke durch den Kopf: Ist meine Hose noch trocken? Schnell ließ ich meinen Blick nach unten wandern und tastete mit den Händen vorsichtig meine Jogginghose ab. Zu meiner Erleichterung war alles trocken, aber ich konnte spüren, wie die Windel vorne richtig dick geworden war. Sie fühlte sich weich und ein wenig geleeartig an – ein seltsames, aber gleichzeitig beruhigendes Gefühl. Es war fast, als würde sie mich vor der Welt abschirmen.
„Genau das meine ich,“ kommentierte Nathanael plötzlich mit einem breiten Grinsen, als hätte er genau gewusst, was passiert war. Seine Worte trafen mich unvorbereitet, und mein Gesicht lief heiß vor Scham. Ich wandte meinen Blick schnell ab und beschäftigte mich wieder mit dem Auto vor mir.
Trotzdem spürte ich, dass das Gefühl in der Windel nicht unangenehm war. Die Wärme gab mir eine seltsame Art von Sicherheit, und das Wissen, dass nichts ausgelaufen war, beruhigte mich. Aber die Scham blieb – ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Nathanael hingegen schien sich überhaupt nichts daraus zu machen und fuhr unbeirrt mit unserem Spiel fort, als wäre nichts passiert.
„Mach dir keinen Kopf,“ sagte er schließlich mit einem kurzen Seitenblick, während er einen Feuerwehrwagen positionierte. „Dafür sind die Dinger da.“ Sein Ton war so beiläufig und normal, dass ich mich langsam ein kleines bisschen entspannen konnte. Ich konzentrierte mich wieder auf das Spiel und ließ den Abschleppwagen mit dem blauen Auto losfahren. Doch das leise Rascheln der Windelhose bei jeder Bewegung erinnerte mich daran, was passiert war – und irgendwie fühlte es sich trotzdem nicht mehr ganz so schlimm an.
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Nach einer kurzen Nacht, in der die Aufregung und Vorfreude kaum Platz für Schlaf ließen, starteten wir voller Motivation in unseren Einkaufstag. Es fühlte sich unwirklich an, für Florian alles Nötige zu besorgen, und gleichzeitig war ich voller Energie – schließlich ging es darum, einem Kind ein neues Zuhause zu schaffen.
Unser erster Stopp führte uns in mehrere Bekleidungsgeschäfte. Mit Dianas Empfehlung für Florians Größe im Hinterkopf suchte ich nach allem, was er brauchen könnte: Hosen, Shirts, Socken, Unterwäsche, Pullover und eine warme Jacke. Doch ich musste feststellen, dass in seiner Größe vieles sehr Kindlich aussah – bunte Dinosaurier, Feuerwehrmotive oder Superhelden waren allgegenwärtig. Ich hoffte, dass ihm die Sachen genauso gut gefallen würden wie mir, denn obwohl sie verspielt wirkten, sahen sie auch bequem und praktisch aus.
Danach hielten wir in einer Drogerie. Hier wurde es konkreter, und ich spürte, wie mein Herz schwer wurde, als ich die Windeln und Pflegeprodukte in den Einkaufskorb legte. Wir kauften sowohl Pampers Pants als auch Klebewindeln, da Diana beide Varianten erwähnt hatte. Dazu kamen Feuchttücher, diverse-Creme, Kinder-Duschgel und Shampoo.
Bei den Schnullern zögerte ich kurz, griff dann aber doch zu einer Packung in der größten Größe, mit einem Auto und einer Schildkröte darauf. Dianas Worte, dass der Schnuller vielleicht eine Alternative zum Daumen sein könnte, klangen mir noch im Ohr. Markus sah mir bei der Auswahl zu und sagte schließlich: „Du hast wirklich Spaß daran, alles für ihn auszusuchen, oder?“ Ich nickte und merkte, wie meine Augen feucht wurden. „Ja, ich möchte einfach, dass er sich wohlfühlt.“
Unsere nächste Diskussion drehte sich um sein zukünftiges Zimmer. Wir überlegten, ob wir die Wände streichen sollten, entschieden uns aber vorerst dagegen. „Das soll er selbst entscheiden, wenn er soweit ist,“ meinte Markus, und ich stimmte ihm zu. „Er soll mitbestimmen können – das Zimmer soll schließlich sein Rückzugsort werden.“ Stattdessen stand ein Besuch bei Ikea auf dem Plan. Wir notierten, was er braucht: ein Bett, einen Schreibtisch für die Schule und einen Kleiderschrank.
Markus brachte die Frage nach einem Wickeltisch auf. Kurz dachte ich darüber nach, entschied mich dann aber dagegen. „Dafür ist er zu alt,“ erklärte ich, „und wir wissen noch nicht, wie lange das Problem bestehen wird. Vielleicht können wir es mit ein paar Arztbesuchen klären. Und falls es bleibt, kann er die Pants sicher bald alleine wechseln, und wenn nicht, nutzen wir sein Bett als Wickelplatz. Wir lassen ihn auf keinen Fall allein mit dem Problem.“
Während wir durch die Ausstellung des großen schwedischen Möbelhauses schlenderten, war ich anfangs ganz auf die praktische Seite des Einkaufs konzentriert: ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch. Doch als wir durch die Kinderabteilung kamen, zog mich ein Bereich magisch an – die Spielzeug- und Kuscheltierabteilung. Plötzlich spürte ich, wie eine Welle von Erinnerungen mich überkam.
Ich dachte an Sebastian zurück und an seinen geliebten Kuschelhund. Der Hund hatte ihn jahrelang begleitet, fast wie ein stiller, pelziger Beschützer. Selbst als er älter wurde, war der Hund immer noch da – auf dem Bett, später auf dem Schreibtisch und zuletzt, so vermutete ich, auch mit in die WG gezogen. Ich konnte mich noch genau an den Moment erinnern, als wir den Hund einmal auf einer Raststätte liegen gelassen hatten. Sebastian war fünf oder sechs Jahre alt, und wir waren bereits fast 100 Kilometer weitergefahren, als wir es bemerkten. Die Verzweiflung in seinem kleinen Gesicht, als er im Auto panisch nach seinem Hund suchte, werde ich nie vergessen. Natürlich sind wir umgedreht – 100 Kilometer zurück, obwohl es schon spät war. Glücklicherweise lag der Hund noch genau dort, wo wir ihn vergessen hatten, und Sebastian fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als er ihn wieder in die Arme schließen konnte. Dieser Moment zeigte mir damals, wie viel ein Kuscheltier einem Kind bedeuten kann.
Ich schaute mich um und sah die unterschiedlichsten Kuscheltiere: Bären, Löwen, Einhörner und Drachen. Mein Blick blieb an einem großen, weichen Dino hängen. „Was meinst du?“ fragte ich Markus, der hinter mir stand. „Ein Dino wäre doch cool, oder? Jungen mögen doch Dinos.“
Markus nahm ihn in die Hand, drückte ihn leicht und grinste. „Schon möglich, aber schau mal den Panda hier,“ sagte er und deutete auf einen nicht zu kleinen, schwarz-weißen Plüschpanda, der ebenfalls sehr weich und freundlich wirkte. Ich nahm ihn in die Hand und war sofort hin- und hergerissen. Der Panda hatte etwas Beruhigendes an sich, fast wie ein treuer Freund, den man in den Arm nehmen kann, wenn die Welt zu laut wird.
„Panda oder Dino?“ fragte ich Markus unsicher. Wir standen eine Weile vor den beiden Tieren, als ich mich schließlich für den Panda entschied. „Ich hoffe, er mag Kuscheltiere,“ sagte ich leise, „und wenn nicht, dann bleibt er einfach als Deko auf seinem Bett.“
Markus schmunzelte. „Oder wir nehmen beide. Sicher ist sicher.“
Ich lachte. „Das wäre vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber ja, der Panda ist perfekt.“ Der Gedanke, dass Florian einen Begleiter haben könnte, der ihm Trost und Sicherheit spendet, gab mir ein gutes Gefühl. Ich drückte den Panda fest an mich und stellte mir vor, wie Florian ihn in den Armen hält.
Auf dem Rückweg sprachen wir darüber, dass wir noch Spielzeug auf dem Dachboden hatten – vor allem Autos, die noch von Sebastian stammten. „Mit denen wird er bestimmt gerne spielen,“ sagte Markus. Ich dachte an Sebastians Legosammlung und fragte mich, ob er bereit wäre, diese mit Florian zu teilen. „Das wird schwierig,“ lachte Markus, „Lego ist ihm heilig.“ Ich stimmte zu und fragte mich, wie Sebastian wohl reagieren würde, wenn er Florian das erste Mal trifft. Er wusste, dass wir ein Pflegekind aufnehmen wollten, aber dass es jetzt so schnell ging, würde ihn sicherlich überraschen.
Ich konnte die Freude in mir kaum zügeln. Bald würde Florian bei uns einziehen, und wir hatten alles in der Hand, um ihm ein Zuhause zu geben, in dem er sich sicher und geliebt fühlen konnte.
Es war mittlerweile halb zwei, und nachdem wir im Möbelhaus zu Mittag gegessen hatten – typisch schwedisch mit Köttbullar und Pommes – entschieden wir uns, direkt zu Diana zu fahren. Wenn wir erst nach Hause fahren und alles ausräumen würden, wäre es einfach zu spät geworden. Außerdem konnte ich es kaum erwarten, wieder bei Florian zu sein. Der Gedanke, ihn zu sehen, wie er vielleicht mit seinen Autos spielt oder uns mit scheuen Blicken ansieht, ließ mein Herz schneller schlagen.
Ein wenig nervös war ich trotzdem. Was, wenn er sich doch anders geäußert hatte? Wenn er gesagt hatte, dass er lieber zu einer anderen Familie möchte? Natürlich hätte Elke uns dann sofort informiert, aber ein kleiner Restzweifel blieb. Es war eine große Veränderung – für ihn und für uns. Vielleicht brauchte er einfach länger, um sich mit dem Gedanken anzufreunden.
Markus schien meine Gedanken zu bemerken, während er das Auto sicher über die Landstraße lenkte. „Du machst dir zu viele Sorgen,“ sagte er mit einem kurzen Lächeln. „Florian hat gestern einen guten Eindruck gemacht. Und selbst wenn er noch unsicher ist – das ist doch normal. Wir geben ihm Zeit.“
Ich nickte, versuchte, mich zu beruhigen, und richtete meinen Blick aus dem Fenster. Die Felder und Bäume flogen vorbei, während ich mir vorstellte, wie wir morgen die neuen Möbel aufbauen und das Spielzeug vom Dachboden holen würden. Es war ein seltsames Gefühl, nach so vielen Jahren wieder ein Kinderzimmer einzurichten. Bei Sebastian war das alles so anders gewesen – Stück für Stück, Jahr für Jahr. Jetzt machten wir das alles auf einmal.
Ich sah auf die Uhr. Noch etwa 20 Minuten bis zu Dianas Haus. Mein Magen kribbelte vor Aufregung und Nervosität, aber ich lächelte. Bald würde ich Florian wiedersehen – und ich hoffte, dass er uns genauso gerne wiedersehen würde.
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Während der nächsten halben Stunde passierte es einfach wieder – und das gleich zweimal. Ich konnte es nicht aufhalten, es lief einfach. Jedes Mal war es so, als ob mein Körper nicht darauf hörte, was ich wollte. Das Gefühl, ständig auf die Toilette zu müssen, machte mich langsam wahnsinnig. Ich konnte mich gar nicht mehr aufs Spielen konzentrieren, weil ich ständig darauf wartete, dass es wieder passieren könnte.
Ich versuchte, mich daran zu gewöhnen und es einfach laufen zu lassen, damit es nicht so plötzlich kam. Aber selbst das war anstrengend. Mein Bauch fühlte sich irgendwie voll an, und ich ärgerte mich über mich selbst. Warum konnte ich nicht einfach normal sein? Die zweite Trinkflasche, die Diana mir gebracht hatte, stand noch unangetastet neben mir. Ich schwor mir, dass ich nie wieder so viel auf einmal trinken würde. Das war einfach zu viel für mich.
Jedes Mal, wenn ich mich beim Spielen bewegte, spürte ich die Windel. Sie war jetzt richtig dick geworden – vorne, hinten, überall. Es war, als hätte ich ein dickes Kissen zwischen meinen Beinen. Das Gefühl war seltsam. Einerseits störte es mich, andererseits war es auch beruhigend, weil ich wusste, dass meine Hose trocken geblieben war. Trotzdem fühlte ich mich unwohl.
Ich warf einen Blick zu Nathanael. Seine Windelhose war auch deutlich zu sehen unter seiner Jogginghose. Er hatte offensichtlich auch eingepullert. Aber bei ihm schien das überhaupt keine Rolle zu spielen. Er spielte ganz entspannt weiter, ohne dass ich auch nur einmal bemerkt hätte, wann es passiert war. Ich fragte mich, wie er das machte. Warum war das bei ihm so anders?
Im Gegensatz zu ihm fühlte ich mich ungeschickt und unwohl. Während er ganz normal mit den Autos spielte, konnte ich an nichts anderes denken als an die Windel zwischen meinen Beinen, die immer schwerer und dicker wurde. Jede Bewegung erinnerte mich daran. Es war, als würde sie mich ständig daran erinnern, dass ich anders war.
Ich dachte kurz daran, Diana zu rufen, damit sie mir hilft. Aber die Scham war zu groß. Nathanael schien sich überhaupt nicht darum zu kümmern, dass er eine Windel trug. Aber ich konnte das nicht so locker sehen. Also blieb ich sitzen, versuchte weiterzuspielen, auch wenn ich mich kaum noch auf die Autos konzentrieren konnte.
Als Nathanael die Bahn etwas steiler stellte, bemerkte ich plötzlich einen feuchten Fleck in seinem Schritt. Mein Herz schlug schneller, und ich rief mit leicht aufgeregter Stimme: „Nathanael, du bist da unten nass.“
Er hielt inne, schaute an sich herunter und flüsterte ein hastiges „Fuck“, bevor er ohne ein weiteres Wort das Zimmer verließ. Ich saß da und starrte die Tür an, unsicher, ob ich etwas falsch gemacht hatte, als ich es bemerkt hatte.
Nach kurzer Zeit kam er zurück, in einer neuen Hose, und es schien, als hätte er sich frisch gemacht. Ich konnte keine Windel mehr unter seiner Hose erkennen und fragte neugierig: „Hast du jetzt keine Windel mehr an?“
Er grinste mich an, als wäre das alles kein großes Ding, und sagte: „Doch, das ist nur eine frische. Die andere war ja schon an ihre Grenze gekommen.“
Ich konnte es einfach nicht verstehen. „Ich verstehe immer noch nicht, warum du eine Windel trägst, obwohl du sie gar nicht brauchst,“ fragte ich ehrlich neugierig.
Nathanael hielt kurz inne und schien nach den richtigen Worten zu suchen. Dann setzte er sich neben mich und erklärte: „Weißt du, ich brauche sie schon irgendwie – nur nicht so wie du. Ich mag einfach das Gefühl, und ich habe schon lange darüber nachgedacht, ob ich so tun sollte, als ob ich es nicht mehr merke, bis Mama mir auch tagsüber wieder Windeln anzieht.“
Ich starrte ihn mit großen Augen an. „Wirklich?“
Er nickte, ein wenig verlegen, aber dennoch entschlossen. „Ja, weißt du, ich habe vor einiger Zeit eine Geschichte im Internet gelesen. Da ging es um einen Jungen, der das genauso gemacht hat, und seitdem träume ich davon, es auch so zu machen. Aber… ich kann Mama nicht anlügen. Sie hat so viel für Leni und mich getan. Es ging uns vorher echt nicht so gut, und sie hat alles für uns gegeben. Da könnte ich sie nicht hintergehen.“
Er lächelte plötzlich und wirkte erleichtert, als er fortfuhr: „Aber als ich gestern gesehen habe, wie du von Mama eine Windel angezogen bekommen hast, war ich wirklich neidisch auf dich. Und als Mama gestern Abend mit mir gesprochen hat, habe ich mich endlich getraut, ihr von meinem Wunsch zu erzählen. Sie hat es mit so viel Verständnis aufgenommen, dass ich mich gefragt habe, warum ich es nicht schon viel eher angesprochen habe.“
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es war alles so überraschend. Doch dann sagte Nathanael mit einem breiten Grinsen und einem ehrlichen Blick: „Und das habe ich im Grunde dir zu verdanken. Danke, Florian. Ehrlich, ich bin froh, dass du da bist.“
Ich war sprachlos. Niemand hatte mir jemals so etwas gesagt. Mein Herz fühlte sich plötzlich ganz warm an, und ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder einfach weiter still sein sollte. Also nickte ich nur leicht und schaute zu Boden, während Nathanael einfach weiter lächelte, als hätte er gerade eine riesige Last von seiner Brust geredet.
Leni öffnete die Tür, steckte ihren Kopf herein und lächelte uns an. „Da bist du ja,“ richtete sie ihre Worte an Nathanael. „Samuel schreibt mich mittlerweile an, weil du seit heute Morgen nicht einmal online warst. Er möchte wissen, ob dein Computer kaputt ist.“
Nathanael hielt kurz inne, offensichtlich suchend nach einer passenden Antwort. Schließlich zuckte er mit den Schultern und sagte: „Ich habe im Moment einfach keine Lust, Computer zu spielen. Ich will die Zeit nutzen, solange Florian bei uns ist. Ich habe völlig vergessen, wie toll es ist, offline zu spielen.“
Leni kam herein, schloss die Tür hinter sich und sah ihren Bruder mit einem fragenden Blick an. „Ist alles gut bei dir, Brüderchen?“ fragte sie sanft.
„Ja, warum?“ antwortete er, ein wenig überrascht von ihrer direkten Frage.
Sie zog eine Augenbraue hoch und erwiderte: „Und warum hängt deine Jogginghose mit einem nassen Fleck über dem Stuhl in deinem Zimmer? Sieht fast aus wie früher, wenn du deine Windel zu lange anhattest.“
Nathanael wurde sichtlich verlegen und schaute kurz zu Boden, bevor er schließlich erklärte: „Das liegt daran, dass ich wieder eine Windel anhabe.“
Leni setzte sich zu ihm auf die Bettkante und legte ihren Arm um ihn. „Ist wirklich alles gut bei dir? Wolltest du deswegen gestern nicht mit zu Abend essen?“ fragte sie mitfühlend.
Er sah zu ihr auf, ein wenig zögernd, und nickte schließlich. „Ja, aber es ist nicht so, wie du denkst. Ich vermisse es einfach, wie früher rund um die Uhr eine Windel zu tragen.“
Leni schaute ihn erstaunt an, als hätte sie nicht erwartet, das zu hören. „Aber du warst doch so froh, dass du tagsüber endlich trocken warst,“ erinnerte sie ihn.
Nathanael lehnte sich an seine Schwester und murmelte: „Ich wusste es früher einfach nicht zu schätzen.“
Leni streichelte ihm sanft über den Kopf und wurde nachdenklich. „Wann haben wir eigentlich aufgehört, uns alles zu erzählen, was uns bedrückt? Wir waren früher unzertrennlich und haben uns bei allem unterstützt.“
Nathanael blickte sie an, ein kleines, trauriges Lächeln auf den Lippen. „Ich glaube, das hat aufgehört, als wir unsere eigenen Zimmer bekommen haben,“ antwortete er leise.
Die beiden schwiegen einen Moment, und ich beobachtete sie aus der Nähe. Es war, als ob sie sich gerade an etwas verloren Geglaubtes erinnerten, das sie wiederfanden. Leni zog Nathanael etwas näher an sich und flüsterte: „Du weißt, dass du mit allem zu mir kommen kannst, oder? Egal was ist.“
Nathanael nickte leicht, und ich konnte sehen, wie sehr ihn ihre Worte berührten. Es war ein Moment der Nähe, den ich fast ein bisschen neidisch beobachtete. Aber gleichzeitig war es schön zu sehen, wie sie sich gegenseitig unterstützten.
Kurz darauf kam Diana ins Zimmer. „Kommt ihr zum Essen?“, begann sie, stoppte jedoch abrupt, als sie uns ansah. „Was ist denn passiert? Ich habe euch lange nicht mehr so gesehen.“
Leni, die immer noch ihren Arm um Nathanael gelegt hatte, lächelte und antwortete: „Ja, und ich habe das vermisst.“
Nathanael sah zu ihr auf, dann zu Diana. „Ich habe Leni alles erzählt, was ich dir gestern erzählt habe,“ sagte er leise, aber mit einem Hauch von Erleichterung in der Stimme.
Diana zog überrascht die Augenbrauen hoch. „Oh, ich dachte, sie wüsste das schon. Ihr habt euch doch sonst immer alles erzählt?“
Jetzt war es Leni, die sprach: „Ja, und das vermisse ich auch. Wir haben früher über alles geredet.“
Nathanael richtete seinen Blick wieder auf Diana. „Können wir nicht wieder in einem Zimmer schlafen? Wir haben früher immer die Zeit vor dem Schlafen genutzt, um uns von unserem Tag zu berichten, und das fehlt mir jetzt.“
Diana schaute erstaunt, beinahe gerührt. „Es war doch euer Wunsch, ein eigenes Reich zu bekommen,“ sagte sie nachdenklich. „Aber wir haben nie gesagt, dass ihr getrennt schlafen müsst. Ihr könnt jederzeit im Zimmer des anderen übernachten, das wisst ihr doch. Und wenn ihr ein Ausziehbett oder etwas Ähnliches braucht, bekommen wir das bestimmt hin.“
Leni strahlte. „Wirklich, Mama? Das wäre so schön! Ich wusste nicht, dass das so einfach geht.“
Diana nickte lächelnd. „Natürlich. Es ist euer Zuhause, ihr könnt es so gestalten, wie ihr euch wohlfühlt. Und wenn das bedeutet, dass ihr wieder zusammen schlafen wollt, unterstützen wir das.“
Nathanael wirkte erleichtert und glücklich. „Danke, Mama. Das wird toll.“
Leni gab ihm einen kleinen Knuff in die Seite. „Dann musst du aber damit leben, dass ich dir wieder jeden Abend vor dem Einschlafen meine nervigsten Geschichten erzähle.“
Nathanael grinste. „Das habe ich vermisst.“
Diana beobachtete die beiden mit einem warmen Lächeln, bevor sie sagte: „Kommt, das Essen wird kalt. Und wir reden später darüber, wie wir das mit euren Zimmern hinbekommen.“
Die beiden standen auf, und ich sah, wie sie Seite an Seite aus dem Zimmer gingen, als hätte sich eine schwere Last von ihren Schultern gelöst. Es war ein schöner Moment, sie so glücklich zu sehen.
Fortsetzung folgt…
Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass Feedback für mich ist wie Pizza mit extra Käse? Einfach immer gut! Also her damit, ich kann’s kaum erwarten!
Autor: michaneo (eingesandt via E-Mail)
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