Winterzeit – Windelzeit?
Dieser Eintrag ist Teil 1 von 2 der Serie Winterzeit – Windelzeit?
Windelgeschichten.org präsentiert: Winterzeit – Windelzeit?
Kapitel 1: Weihnachtsmarkt
Hallo, ich bin Meike und gehe in die erste Klasse. Meine Schwester Nele geht schon in die vierte, deshalb hat die bis um eins Schule und ich nur bis zwölf. Aber trotzdem laufen wir morgens immer zusammen in die Schule, nur nach Hause bin ich dann alleine unterwegs. Zumindest die letzte Straße. In der vorletzten Straße auf dem Heimweg wohnt meine Freundin Tine. Heute ist Freitag. Wochenende. Das ist das Beste an der Woche, wobei mir Schule auch Spaß macht. Ja, das gibt es wirklich.
Tine: „Tschüs Meike, sehen wir uns morgen auf dem Weihnachtsmarkt?“
Meike: „Ja, da kommt der Nikolaus! Da will ich unbedingt hin. Tschüs.“
Ich winke, gehe weiter und merke dabei wieder, wie stark meine Blase drückt. Ich hätte doch in der Schule noch aufs Klo gehen sollen, aber die Klos in der Schule sind ziemlich ekelig. Ich lege da immer Papier drauf, aber das ist ziemlich viel Aufwand. Deshalb hab ich vorhin gedacht, dass ich lieber daheim aufs Klo gehe. Ich habe aber nicht daran gedacht, dass es so kalt ist. In der Schule war es warm. Wenn es mir kalt wird, dann muss ich viel dringender. Das hab ich aber erst auf dem Heimweg gemerkt, als es schon zu spät war. Inzwischen muss ich so dringend, dass ich nicht rennen kann, sondern langsam laufen und mich auf das einhalten konzentrieren muss. Mist. Hoffentlich schaffe ich es bis nach Hause, da vorne ist es ja schon. An der Einfahrt hängt unser Briefkasten. Ich bin immer neugierig, ob was drin ist. Ich mache die Klappe auf und schaue rein. Nichts drin. Plötzlich wird es in meiner Unterhose warm. Dann an meinen Beinen. Mist. Das Briefkasten schauen hat mich abgelenkt und jetzt ist es zu spät. Schei**. Naja eigentlich nicht Schei** sondern nur Pipi. Jetzt muss ich mich wieder mal umziehen. Wirklich schlimm ist das nicht. Mama und Papa schimpfen auch nicht. Aber es ist halt voll peinlich und jetzt wird es auch kalt. Außerdem ist das genauso ekelig wie das Schulklo. Meiner Schwester Nele passiert sowas nie. Mir passiert das immer mal wieder. Nicht jede Woche aber fast jede. Meistens kurz vor dem Klo. Oft bin ich am Spielen und merke dann plötzlich, dass ich muss und renne zum Klo. Manchmal klappt es und manchmal stehe ich davor und mache die Hose runter und dabei fängt es an zu laufen. Wenn wir bei irgendwem zu Besuch sind, schicken mich Mama und Papa deswegen immer mal wieder aufs Klo und im Kofferraum liegt eine Tasche mit Ersatzklamotten. Die hab ich aber schon ewig nicht mehr gebraucht.
Ich bin inzwischen an der Haustür und drücke die Klingel.
Mama macht die Tür auf.
Anika: „Hallo Meike, wie wars in der Schul… Oh, komm rein. Ist nicht schlimm. Da ist es wohl gut, dass ich die Waschmaschine mit der Bettwäsche noch nicht an gemacht habe. Häng die nassen Sachen einfach über die Badewanne.“
Ich ziehe den Schulranzen aus und gebe Mama die Jacke. Dann mache ich mich auf den Weg nach oben ins Bad. Vor der Waschmaschine liegt meine Bettwäsche. Drei mal dürft ihr raten, warum? Richtig, ich bin heute Nacht auch ausgelaufen. Grmpf. Bis letztes Jahr im Sommer war eigentlich jeden Morgen meine Windel nass, aber seit ich im Kindergarten bei den Wackelzähnen war, wurde das dann immer weniger und als ich im Mai sechs geworden bin, habe ich gesagt, dass ich keine mehr anziehen will. Für Mama und Papa war das okay und ich habe jetzt nur noch eine Unterlage im Bett, damit die Matratze trocken bleibt. Nachts habe ich weniger Unfälle als tagsüber aber alle drei oder vier Wochen laufe ich nachts immer noch aus. Auch das ist Nele noch nie passiert. Die hat auch nachts schon keine Windeln mehr gebraucht, als ich noch gar nicht auf der Welt war. Okay, das liegt natürlich auch daran, dass sie fast dreieinhalb Jahre älter ist als ich.
Ich wasche mich mit dem Waschlappen und ziehe mir eine Leggins an. Die ist für daheim bequemer als die Jeans. Dann gehe ich runter und packe meine Hausaufgaben auf den Esstisch. Mittagessen gibt es ja erst, wenn Nele daheim ist. Meistens bin ich da mit den Hausaufgaben schon fertig. Wir haben heute einen neuen Buchstaben gelernt: Das Q – wie Qualle. Das ist ein komischer Buchstabe, weil er nie alleine ist. Der hat immer ein U dabei. Wahrscheinlich ist er schüchtern und traut sich alleine nicht.
Nach dem Essen gehe ich noch zu Tine zum Spielen.
Samstagmorgen ist das Bett trocken. Ich gehe aufs Klo und dann zu Mama und Papa kuscheln. Nele kommt auch. Das ist dann zwar ziemlich eng im Bett aber kuscheln ist einfach toll. Leider geht das nur am Wochenende.
Gegen Mittag gehe ich zum Tanztraining. Ich mache Showtanz in einer Gruppe mit über 30 anderen Kindern. Alle aus der ersten oder zweiten Klasse. Vor uns trainieren die kleineren und nach uns die größeren. Das heißt, ich kann bei beiden Gruppen kurz zuschauen, was die machen. Papa bringt mich hin. Leider meint Papa immer, dass man mit dem Fahrrad im Dorf schneller ist als mit dem Auto. Im Sommer ist das auch nicht so schlimm, aber jetzt ist es richtig kalt. Viel kälter als gestern. Außerdem muss Papa das Auto sowieso aus der Garage fahren, sonst kommen wir nicht an die Fahrräder. Im Sommer steht es immer draußen und in der Garage haben wir Platz für die Fahrräder, da kann ich meins immer alleine rausholen. Aber im Winter muss das Papa machen, weil er die ganz eng hinten vor die Werkbank stellt, dass vorne das Auto reinpasst. Er sagt, dann frieren die Scheiben nicht zu. Was hilft das, wenn er mich dann trotzdem nicht mit dem Auto zum Tanzen bringt?
Anika: „Ich hab dir den Schneeanzug runter geholt, der ist bei der Temperatur bestimmt das Beste. Da kannst du dann auch die Leggins zum Tanzen drunter anziehen und musst ihn in der Turnhalle nur ausziehen und die Schuhe wechseln.“
Ich ziehe die Latzhose vom Schneeanzug und die Schuhe an. Dann die Jacke. Mama gibt mir die Handschuhe und meinen Turnbeutel mit den Schuhen und der Trinkflasche. Brrr, ist das kalt. Papa hat mein Fahrrad in den Hof gestellt. Mein Fahrradhelm liegt im Körbchen auf dem Gepäckträger. Ich tausche ihn gegen den Turnbeutel und setze ihn auf. KAAALLLTTT!!! Eine Mütze passt natürlich nicht unter den Helm. Ich ziehe die Handschuhe an. Dann fahren wir los.
Als ich wieder daheim bin, gibt es Mittagessen. Mama hat Lasagne gemacht. Superlecker. Naja, zumindest die normale. Mama hat auch noch Spinatlasagne gemacht, die mag ich nicht. Aber Nele ist seit drei Jahren oder so Vegetarierin und die mag Spinat.
Thomas (mein Papa): „Wollt ihr heute Abend mit mir zum Weihnachtsmarkt?“
Meike: „Geht Mama nicht mit?“
Anika: „Ich bin den ganzen Abend dort, ich hab Standdienst beim Förderverein.“
Nele: „Fahren wir mit dem Auto hin?“
Thomas: „Natürlich nicht. Das ist an der evangelischen Kirche, da gibt es sowieso keine Parkplätze. Da müssten wir so weit weg parken, dass wir auch von hier aus laufen könnten. Ich will aber eigentlich mit dem Fahrrad fahren.“
Nele: „Dann bleib ich daheim.“
Meike: „Ich will mit Tine und den anderen zum Nikolaus.“
Thomas: „Dann bist du halt alleine daheim, Nele.“
Nele: „Wenn ich Tablet oder fernsehen darf…“
Thomas: „Nein. Die Elektronik bleibt aus. Du darfst gerne alleine daheim bleiben aber dann musst du dich offline beschäftigen.“
Nele rollt mit den Augen.
Nele: „Wenn es sein muss… ich bin in meinem Zimmer.“
Nele steht auf und geht Richtung Treppe.
Anika: „STOPP!!! Was ist mit Tisch abräumen?“
Nele kommt zurück und bringt ihren Teller in die Spülmaschine.
Nele: „Kann ich jetzt gehen?“
Anika: „Stell deine Lasagne noch auf den Herd, dann ist okay. Ich räume die dann in den Kühlschrank, wenn die abgekühlt ist.“
Nele geht die Treppe hoch und ich bringe meinen Teller auch in die Spülmaschine.
Thomas: „Meike, ich würde dich gerne was fragen. Ich hab da so eine Idee.“
Ich setzte mich wieder auf meinen Stuhl.
Thomas: „Auf dem Weihnachtsmarkt steht wahrscheinlich wieder der Klo-Wagen. Also der, der auch bei der Kerwe immer da steht. Und der ist ja so eng. Das wird mit Schneeanzug echt doof…“
Der Klo-Wagen ist zwar nicht so ekelig wie das Schulklo, aber er ist wirklich eng. Mama sagt immer, auf Toiletten, die so viele Leute benutzen, soll ich Klopapier auf die Brille legen. Das hab ich auch an Kerwe gemacht. Da hat mir Mama dann aber mit draufsetzen geholfen, mir ist beim ersten Versuch das Klopapier wieder runter gefallen. Mit Schneeanzug wird das noch mal schwieriger.
Meike: „Aber es ist doch so kalt. Ich glaube, ohne Schneeanzug will ich nicht auf den Weihnachtsmarkt.“
Thomas: „Das meine ich auch nicht. Ich denke bloß, dass das Klo da doof ist. Außerdem ist es im Klo-Wagen mit Sicherheit richtig kalt und im Kalten aus dem Schneeanzug raus müssen macht auch keinen Spaß. Ich hab da einen anderen Vorschlag. Aber wie gesagt, ist nur ein VORSCHLAG: Wenn du magst, könntest du eine Windel anziehen.“
WAAS? Papa will mir ne Windel anziehen? Ich hab seit Mai keine mehr angehabt! Also nachts. Tagsüber kann ich mich fast nicht mehr dran erinnern. Das war glaube ich noch vor meinem dritten Geburtstag.
Meike: „Ich bin doch kein Baby! Ich brauch doch keine Windeln! Und letztes Jahr hatte ich auf dem Weihnachtsmarkt doch auch keine an.“
Thomas: „Nee, so hab ich das doch nicht gemeint. Natürlich bist du kein Baby und natürlich brauchst du keine Windeln mehr. Es ist nur eine Idee, weil der Klo-Wagen so eng ist. Und, ja, letztes Jahr hast du auf dem Weihnachtsmarkt keine an gehabt, aber das lag auch daran, dass es die letzten zwei Jahre kein Weihnachtsmarkt war, wegen Corona.“
Anika: „Quasi ein Ersatzklo.“
Thomas: „Also nicht, weil du welche brauchst, sondern einfach, dass du nicht in den Klo-Wagen musst.“
Hm, also soll ich ne Windel anziehen, weil das Klo doof ist? Das ist doch voll peinlich.
Meike: „Ich will nicht, dass mich jemand mit Windel sieht. Das ist doch voll peinlich. Und wenn ich Pipi muss, dann muss ich da dann rein pinkeln?“
Anika: „Unter dem Schneeanzug sieht das doch keiner. Und, nein, du musst da nicht rein pinkeln. Wenn du lieber aufs Klo gehst, darfst du das trotzdem. Im Keller steht noch das angefangene Paket von denen zum Hochziehen. Mit denen kannst du ganz normal aufs Klo weil man die ja wie eine Unterhose runter ziehen kann. Die restlichen zum Kleben hab ich sowieso schon lange weiter verschenkt.“
Thomas: „Das ist auch, damit du nicht aus Versehen auf dem Heimweg in die Hose machst, weil du denkst, dass es bis nach Hause reicht.“
‚So wie gestern.‘ Hat Papa bestimmt auch noch gedacht, aber nicht gesagt. Das hat er zwar nicht mitgekriegt, weil er noch nicht daheim war aber Mama hat ihm das bestimmt erzählt. Wie soll er sonst auf die Idee mit den Windeln gekommen sein? Oder vielleicht hat sich das auch Mama ausgedacht.
Meike: „Und wenn ich muss und nicht in den Klo-Wagen will?“
Thomas: „Dann darfst du da rein pinkeln. Also mit Absicht. Und keiner denkt, dass du ein Baby bist.“
Hm, also wenn ich aus Versehen da rein pinkele, denken Mama und Papa, dass ich es mit Absicht gemacht habe und merken nicht, dass ich einen Pipi Unfall hatte. Pipi Unfälle sind voll peinlich. Wobei, Pampers anziehen ist auch peinlich. Schei**! Egal was ich mache, es ist peinlich. Nein, wenn ich ohne Windel gehe ist es nicht peinlich. Zumindest wenn ich keinen Pipi Unfall habe. Dann muss ich aber in den Klo-Wagen und der ist KALT und Papa will dann bestimmt, dass ich vor dem Heimfahren noch mal Pipi mache.
Anika: „Du musst das nicht jetzt entscheiden. Denk nochmal darüber nach. Und Nele braucht das nicht mitbekommen. Papa kann dir später eine holen und kann die dann auch, wenn ihr wieder da seid, gleich im Müll verschwinden lassen. Egal ob die nass oder trocken ist.“
Meike: „Warum Papa und nicht du?“
Anika: „Ich gehe ja schon in ner Stunde los, ich muss aufbauen und ich komme auch erst heim, wenn wir aufgeräumt haben.“
Ich gehe zu Nele ins Zimmer zum Playmobil spielen. Nele hat mehr Playmobil als ich und ihr Zimmer ist auch etwas größer. Deshalb hab ich mein Playmobil auch bei ihr ins Zimmer geräumt und wir spielen zusammen. Meistens klappt das ganz gut. Manchmal gibt es auch Streit. Mama kommt irgendwann vorbei.
Anika: „Ich bin jetzt weg. Nele, willst du wirklich nicht auf den Weihnachtsmarkt? Es gibt Crêpes mit Banane und Schoko.“
Nele: „Ne, ich bleibe daheim. Aber ihr könnt mir ja einen Crêpe mitbringen.“
Anika: „Nö, wer nicht zum Weihnachtsmarkt kommt, bekommt auch keinen Crêpe. Außerdem wäre der dann sowieso kalt und du würdest ihn nicht essen.“
Wir spielen weiter. Langsam wird es dunkel. Irgendwann kommt Papa vorbei und macht den Rollladen runter.
Thomas: „Ihr hättet den ruhig selbst schon runter lassen können… Meike, wir gehen so in ner Dreiviertelstunde. Erinnere mich dran, dass wir die Thermoskanne für Mama mitnehmen. Nele, wenn du doch mit willst, sag Bescheid. Wir essen auf dem Weihnachtsmarkt zu Abend. Du musst dir dann hier halt Brot machen.“
Nele: „Könnt ihr mir keinen Crêpe vom Weihnachtsmarkt mitbringen?“
Papa verschwindet, ohne die Frage zu beantworten. Langsam wird mir beim Playmobilspielen langweilig, aber für die paar Minuten lohnt es sich nicht mehr, was anderes anzufangen.
Thomas: „Meike, kommst du? Nele, lass keinen rein, wir sind ne Weile Unterwegs. Ich weiß noch nicht, wie lange wir bleiben.“
Ich gehe die Treppe runter.
Thomas: „Geh nochmal aufs Klo.“
Papa hält mir die Hochziehwindel hin. Scheinbar muss ich die anziehen.
Meike: „Also muss ich die anziehen? Ihr habt doch gesagt, das ist nur ein ‚Vorschlag‘!“
Thomas: „Nein, die musst du nicht anziehen, aber schaden tut die nichts und du musst die ja nicht benutzen. Wenn du deine normale Unterhose drüber ziehst, kannst du sie auch im Klo-Wagen ausziehen.“
Ich nehme die Windel und gehe aufs Klo. Fühlt sich irgendwie komisch an, wieder eine Windel in der Hand zu haben. Ich kann mich schon fast nicht mehr daran erinnern. Irgendwie sind die steif und dick. Ganz anders als Unterhosen. Das sieht doch jeder, wenn ich die an hab. Ich werfe sie auf den Boden, damit ich die Hände frei habe, um die Hose runter zu ziehen. Ich setze mich aufs Klo, mache Pipi und wische mich mit Klopapier trocken. Dann stehe ich auf und drücke die Spülung. Ich gehe mit runter gelassener Hose Hände waschen. Das fühlt sich komisch an, aber hochziehen lohnt sich ja jetzt nicht. Ich hätte die Hose und die Unterhose am Besten vor dem Klo schon ausgezogen. Nach dem Händewaschen ziehe ich die Leggins und die Unterhose aus und steige in die Windel. Irgendwie hab ich die größer in Erinnerung. Wirklich eng sind sie nicht aber lange passen die mir nicht mehr. Ich ziehe die Unterhose wieder an, schaue nochmal, dass die Bündchen der Windel überall aus der Unterhose raus schauen und ziehe dann die Leggins an. Fühlt sich irgendwie ungewohnt an, mit Windel, aber nicht schlimm. Nur irgendwie anders. Die Socken hatte ich angelassen, aber die ziehe ich jetzt über die Leggins, damit die beim Schneehose anziehen nicht hoch rutscht. Das T-Shirt stecke ich auch in die Leggins. Dann gehe ich wieder in den Flur. Papa kommt gerade mit der Thermoskanne aus der Küche.
Thomas: „Wo hast du die Windel jetzt hin?“
Meike: „Wie, wohin? Die hab ich an.“
Thomas: „Nanu? Sieht man gar nicht.“
Will Papa mich veräppeln? Ich gehe zum Garderobenschrank, der hat einen großen Spiegel. Papa hat recht, unter der schwarzen Leggins mit den Falten vom T-Shirt sieht man die Windel fast nicht.
Thomas: „Ah, doch, jetzt wo ich genau hinschaue, erkenne ich sie, aber nur, weil ich weiß, dass die da ist. Ich glaube, da hilft auch die Farbe vom T-Shirt: Wenn das hell ist und die Hose dunkel, stellen sich die Augen auf die helle Farbe ein und die Konturen der schwarzen Leggins sind nicht so deutlich.“
Ich ziehe die Schneehose an und dann wieder Schuhe, Jacke und Fahrradhelm.
Thomas: „Vergiss die Mütze nicht.“
Papa gibt mir die Mütze und ich stecke sie in die Jackentasche.
Beim Fahrradfahren spüre ich die Windel: Es fühlt sich irgendwie so an, als habe Papa den Sattel ein Stück höher gemacht. Voll ungewohnt. Wir parken die Fahrräder in der Nähe vom Klo-Wagen und schließen sie zusammen mit den Fahrradhelmen ab. Eigentlich unnötig. Bei dem Wetter klaut sowieso niemand Fahrräder. Beim Bücken spüre ich die Windel wieder. Huch? Hab ich mich da so schnell dran gewöhnt? Ich hatte die schon wieder vergessen.
Zuerst bringen wir Mama die Thermoskanne und ich darf einen Crêpe essen. Danach spiele ich mit Tine und ein paar anderen Freundinnen hinter der Kirche fangen. Nach einer Weile haben wir keine Lust mehr und gehen zu den Erwachsenen. Papa holt Glühwein und Kinderpunsch. Puh ist der heiß. Den muss ich erst mal abkühlen lassen. Ich gehe zu Mama an den Stand. Die hat eine Packung Lebkuchen in ihrem Korb. Die gibt sie mir und ich verteile sie an meine Freundinnen und die Eltern. Die mit Schokolade mag ich am liebsten. Nele mag am liebsten die, auf denen gar nichts drauf ist. Papa und Mama mögen lieber die, die so einen weißen glänzenden Überzug haben. Das ist praktisch, so gibt es beim Lebkuchen Essen nie Streit. Also abgesehen von Mama und Papa.
Der Kinderpunsch ist inzwischen soweit abgekühlt, dass ich ihn trinken kann. Beim Trinken merke ich plötzlich, dass ich dringend Pipi muss. Ich will gerade Papa bescheid sagen, da fällt mir die Windel wieder ein. Will ich jetzt aufs Klo? Der Wagen ist ganz am anderen Ende und es ist so voll, dass man sich durchdrängeln muss. Aber in die Windel machen ist auch voll peinlich. Naja, eigentlich hab ich die doch genau dafür an und unter dem Schneeanzug merkt das ja wirklich keiner. Ich probiere, es laufen zu lassen. Mist, klappt nicht. Ich habe mir doch schon so oft ausversehen in die Hose gepinkelt, warum klappt das dann nicht mit Absicht? Soll ich doch lieber aufs Klo? Vielleicht mach ich mir dann auf dem Weg dahin in die Hose weil ich es nicht mehr halten kann, so wie heute Morgen. Oder ich spiele einfach weiter, bis es aus Versehen passiert. Aber ich merke schon, dass ich dringend muss, so macht Spielen keinen Spaß. Mist. Ich gehe in die Hocke und tue so, als würde ich mir den Fuß vom Stehtisch anschauen, aber eigentlich mach ich die Augen zu und stelle mir vor, ich würde auf den Boden pinkeln. So wie wenn wir Wandern sind, nur ohne dass Mama oder Papa hilft, damit ich nicht von außen an die Hose pinkele. Klappt immer noch nicht.
Tine: „Wollen wir weiter spielen?“
Ich erschrecke, weil ich gerade gar nicht an Tine gedacht habe. Jetzt fängt es an zu laufen. In meiner Unterhose wird es ganz heiß und nass, so wie gestern am Briefkasten. Nein, eigentlich nicht so wie gestern am Briefkasten. Gestern sind sofort meine Beine mit nass geworden und das Pipi ist eigentlich nicht zum Popo gelaufen. Dann ist es gestern ganz schnell kalt geworden. Jetzt läuft das Pipi in der Windel Richtung Popo und es wird überall heiß und nass.
Meike: „Moment, ich muss gerade meinen Schuh wieder richtig zu machen.“
Gut, dass das keine Stiefel zum Reinschlüpfen sind. Ich ziehe den Handschuh aus und mache den Reißverschluss am Stiefel auf und wieder zu. Inzwischen bin ich fertig. Ich stehe vorsichtig wieder auf. Die Windel ist inzwischen innen wieder fast trocken aber immer noch heiß. Fühlt sich komisch an und ich werde rot. Okay, bei der Beleuchtung sieht das keiner und von der Kälte hat sowieso jeder rote Backen.
Bei den ersten Schritten merke ich, dass die Windel etwas aufgequollen ist. Fühlt sich eigentlich nicht schlecht an. Nur ungewohnt und immer noch schön warm.
Wir spielen noch eine Weile weiter und dann sehe ich, dass Papa eine Tüte gebrannte Mandeln in der Hand hat. Die kann ich ihn nicht alleine essen lassen, der ist sowieso schon zu dick. Gebrannte Mandeln. Lecker!
Irgendwie sind Mandel Tüten auf dem Weihnachtsmarkt viel zu klein und immer plötzlich leer.
Meike: „Papa, ich hab Hunger.“
Thomas: „Du hast mir doch eben eine halbe Tüte Mandeln weggegessen.“
Meike: „Eben. Es war nur ne halbe. Ich hätte zwei gebraucht. Kann ich ne Bratwurst haben?“
Papa lacht.
Thomas: „Na gut. Kann ich dir Geld geben und du holst die selbst? Dann hole ich noch Glühwein. Magst du noch einen Kinderpunsch?“
Meike: „Ja, und ja.“
Papa gibt mir einen fünf Euro Schein und ich gehe zum Bratwurststand. Nach ein paar Minuten treffen wir uns wieder. Die Handschuhe habe ich eingesteckt, ohne kann man Wechselgeld und Brötchen mit Bratwurst besser festhalten. Ich gebe Papa das Geld und fange an meine Wurst zu essen. Die Windel fühlt sich inzwischen fast wie eine Unterhose an, nur etwas dicker. Weder kalt noch warm und auch nicht nass. Beim Warten auf die Wurst habe ich die schon wieder vergessen und erst wieder gemerkt, als ich zurück gelaufen bin. Der Kinderpunsch ist aber wohl doch schon in meiner Blase angekommen. Ich gehe noch mal in die Hocke und mache Pipi. Es wird wieder warm und nass und dann wieder trocken.
Kurz nachdem ich die Bratwurst leer habe, kommt der Nikolaus. Er hat für jedes Kind einen Schokonikolaus, ein Überraschungsei und einen Apfel dabei. Den Schokonikolaus esse ich sofort, den Rest gebe ich Papa, der soll das in die Jackentasche stecken, seine sind größer, außerdem stört das beim Spielen.
Gerade, als ich Tine fragen will, ob wir weiter spielen, merke ich, dass die Bratwurst wieder raus will. Also eigentlich nicht die Bratwurst. Und nicht da, wo ich die Bratwurst eben rein geschoben habe. Ihr wisst schon. Aber ich kann doch nicht. Nein, das will ich nicht, das ist schei**. Das fand ich schon ekelig, bevor ich gelernt habe, aufs Klo zu gehen.
Meike: „Papa.“
Papa schaut mich an. Ich winke ihn zu mir runter. Er bückt sich.
Meike (flüstert): „Ich muss aufs Klo.“
Thomas (flüstert): „Willst du dich jetzt wirklich hier durchdrängeln und dann in den Klo-Wagen? Kannst du nicht einfach in die Windel pinkeln?“
Meike (flüstert): „Ich muss groß.“
Thomas (flüstert): „Oh, ach so. Dann machen wir uns mal auf den Weg.“
Papa steht wieder auf und schaut die anderen Erwachsenen an.
Thomas: „Wir sind mal ein paar Minuten unterwegs. Porzelanausstellung. Können wir die Tassen bei euch stehen lassen?“
Der Weg zum Klo-Wagen dauert ziemlich lang. Nicht weil es so weit ist, aber es sind einfach zu viele Menschen hier. Unterwegs klingelt Papas Handy.
Thomas: „Ja?… Hallo Nele. … Dauert noch. … keine Ahnung, du hättest ja mit kommen können. Du kannst auch noch nachkommen, wenn du jetzt gleich startest, aber dann musst du laufen. … Nein, die Fernbedienung hab ich weg geschlossen. … Achso, dir ist nur langweilig, dann kannst du gerne dein Zimmer aufräumen. … Ich hab jetzt keine Zeit zum Diskutieren. Bis später. … Tschüs.“
Papa geht mit mir aufs Damenklo. Wobei aufs Klo ist etwas übertrieben. Ich ziehe die Jacke aus und Papa hängt sie über die geöffnete Kabinentür. Zum zu machen ist es eh zu eng. Das geht nur, wenn jemand alleine aufs Klo geht.
Thomas (flüstert): „Dann hat sich das mit der Windel ja nicht gelohnt.“
Ich ziehe die Schneehose unter und werde rot.
Meike: „Doch, die hab ich vorhin schon benutzt.“
Papa legt Klopapier auf die Brille und ich ziehe Leggins, Unterhose und Windel gleichzeitig runter. Puh, ist das kalt. Papa hebt mich aufs Klo. Da war Pipi in die Windel machen echt besser. Von der Straße aus kann man mich nur deshalb nicht sehen, weil Papa in der offenen Kabinentür steht.
Meike: „Kalt! Ich glaube, ich will die nicht mehr hochziehen. Können wir die wegschmeißen?“
Papa reißt die Windel an der Seite auf und rollt sie zusammen. In der Kabine steht ein Mülleimer, aber der ist so klein, dass sie gar nicht richtig rein passt. Papa legt sie einfach hinten dran.
Meike: „Fertig, kannst du mich abputzen?“
Papa putzt mir den Popo ab.
Thomas: „Ist alles Pipi draußen? Nicht dass wir später noch mal her müssen?“
Ich probiere noch mal und nicke.
Papa hebt mich runter und ich fange an, die Klamotten wieder an zu ziehen. Bevor wir die Jacke holen, gehen wir Händewaschen. Brr, ist das Wasser kalt.
Papa geht auch noch Pipi machen, dann gehen wir wieder zurück zu den anderen. Ohne Windel fühlt sich voll komisch an. So als würde irgendwas fehlen. So als wären die Klamotten dünner geworden. Wir halten bei Mama am Stand.
Anika: „Nele hat angerufen, ihr ist langweilig. Ich hab gesagt, sie kann gerne das Bad putzen.“
Thomas: „Ach, bei dir auch? Ich hab ihr gesagt, sie kann gerne her laufen oder ihr Zimmer aufräumen.“
Mama und Papa lachen.
Thomas (flüstert): „Wir waren gerade auf dem Klo.“
Anika (flüstert): „Dann hat deine Idee wohl nichts gebracht.“
Thomas (flüstert): „Doch schon, vorhin. Aber jetzt musste sie ‚Groß‘ und mit Schneeanzug ist das Klo wirklich extrem eng. Ich denke, wir gehen aber dann spätestens in ner halben Stunde wieder heim, nicht dass wir hier noch mal müssen. Die nasse Windel wollten wir nicht wieder anziehen.“
Tine und die anderen spielen inzwischen verstecken und ich mache jetzt auch wieder mit. Nach einer Weile ruft Tines Mama nach uns. Unsere Eltern wollen heim. Wir verabschieden uns von Mama und machen uns auf den Heimweg. Das ist auch gut so, auch im Schneeanzug wird mir langsam ein wenig kalt.
Daheim gehe ich erstmal duschen. Irgendwie ist es komisch, wenn ich mir vorstelle, dass an meiner Haut Pipi ist und ich da die saubere Unterhose drüber gezogen habe. Ich hätte heute Abend sowieso geduscht, weil ich beim Tanzen schwitzte, gehe ich immer Samstagabends duschen. Nele wundert sich zwar, dass ich so früh duschen gehe aber ich sage ihr einfach, dass mir nach dem Weihnachtsmarkt so kalt ist. Diese Ausrede ist glaube ich echt gut.
Der restliche Abend ist nicht so spannend. Nele ist natürlich sauer, dass wir ihr nichts mitgebracht haben, aber Papa sagt ihr, dass sie ja hätte mitgehen können.
Autor: Volker | Eingesandt via Mail
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Nette Geschichte schön😊
Schön, dass sie dir gefällt 😀
Beim veröffentlichen ist leider der Hinweis verloren gegangen, dass es eine Kurzgeschichte ist und es nur zwei Teile gibt.
Ich freue mich aber über alle Kommentare und würde mir auch Ideen für weitere Geschichten wünschen.
Eine recht niedliche Geschichte. Bin mal gespannt ob es eine Fortsetzung gibt. Übrigens ist es ein sehr guter Schreibstil, mit den Absätzen ließt es sich ruhig und gleichmäßig. Auch wenn Kindergeschichten nicht mein Fall sind, find ich diese gut gelungen.
Schöne Erzählungen, man kann dies gut 👍 nach vollziehen.
Eine Kurzgeschichte kann und darf man auch erweitern.