zu Besuch in den Bergen
Windelgeschichten.org präsentiert: zu Besuch in den Bergen
„Nächster Halt, Alderstadt. Ausstieg links“. Merle stand schon aufgeregt im Gang, als die
Durchsage kam. Sie umklammerte fest den Griff ihres kleinen, roten Koffers und versuchte durch
die beschlagenen Fenster den Bahnhof zu erkennen. Sie war das erste Mal seit zwei Jahren
wieder bei ihrer Lieblingscousine, Clara. Clara war genauso alt wie Merle und wohnte gemeinsam
mit ihren Eltern in Alderstadt in den Bergen. Hier hatte es ,wie jeden Winter, stark geschneit und
die ganze Stadt sah aus wie in einem Märchen, wusste Merle. Diesen Winter war sie das erste mal
allein gekommen, ohne ihre Familie, die wieder zu ihren Großeltern ans Meer gefahren war. Wer
will schon im Winter ans Meer fahren, dachte sich Merle.
Die Bremsen kreischten ein letztes Mal laut auf und endlich hielt der Zug an. Mit einem Knall
öffneten sich die Türen und Merle sprang die Stufen herunter zum Bahnsteig. Dort sah sie sich
suchend um und unter einer großen Anzeigetafel entdeckte sie Clara, die wild zu winken begann
und auf sie zu lief. Merle musste lachen und rannte ihr ebenfalls entgegen. Der Koffer polterte
hinter ihr her und ihr langer Rock flatterte im Wind. Lachend lagen sie sich in den Armen. „Ich hab
mich sooo darauf gefreut, dass du endlich wieder kommst!“, quietschte Clara ihr ins Ohr und
drückte sie noch fester an sich. „Hab dich echt vermisst!“, konnte Merle nur herausquetschen,
während Clara ihr vor Freude fast die Rippen brach. Hinter Clara hatten nun auch Tante Maria und
Onkel Konrad sie erreicht. „Clara, lass die arme Merle erstmal Luft holen, die wird ja schon ganz
rot“, rief Tante Maria lachend und nachdem Clara sie erschrocken los lies, umarmte sie Merle
sanft. „Hallo Merle, wie geht es dir?“, Onkel Konrad winkte ihr fröhlich zu und nahm ihr den Koffer
ab. „Kommt ihr drei, lasst uns erstmal zum Auto gehen. Ich muss raus aus der Kälte“.
Auf der ganzen Fahrt zum Haus klebte Merle am Fenster während ihre Tante und ihr Onkel sie
über ihr Leben und die Familie ausfragten. Sie staunte über die schneebedeckten Häuser und
Autos, die Eiszapfen an den Regenrinnen und Vordächern und über die Berge, die hinter der Stadt
weiß in den Himmel ragten.
Am Haus angekommen, zeigte Clara ihr dann was sich alles verändert hatte, seit sie das letzte
mal da war. Sie zeigte ihr das neue Spielzeug, dass sie zu Weihnachten von ihren Eltern
geschenkt bekommen hatte und Merle packte ihre Sachen aus. Die Familie aß schließlich zu
Abend in einem Restaurant am Hang mit Blick auf das Lichtermeer der Stadt. Merle war im
Paradies. Als sie abends unter einer warmen Decke in ihrem Bett lag beschloss sie, wenn sie groß
war würde sie auch in den Bergen leben, so schön war es hier.
„Merle, bist du schonmal Ski gefahren?“. Es war der nächste Morgen und die ganze Familie saß
gemeinsam am Frühstückstisch. „Wir hatten überlegt, ob wir morgen vielleicht mal zum Malerberg
hoch fahren wollen“, fuhr Onkel Konrad fort. Merle nickte und schob sich einen Bissen
Marmeladenbrot in den Mund. „Aber das ist echt lange her“, sagte sie kauend. „Das macht nichts,
dann bringen wir dir das nochmal bei“. „Hast du denn einen Schneeanzug und warme
Unterwäsche mit?“, fragte ihre Tante. Merle schüttelte den Kopf. „Sollen wir dann heute in die
Stadt runter?“, ihre Tante sah fragend zu Onkel Konrad. „Muss das denn sein Maria, wir haben
bestimmt noch was Passendes hier“. Ihre Tante und ihr Onkel sprachen jetzt untereinander,
während Merle sich ihrem Kakao widmete. „Shoppen!“, rief Clara begeistert dazwischen. Onkel
Konrad seufzte: „meinetwegen. Aber dann fahren wir auch gleich nach dem Frühstück los!“. Und
so war es dann auch.
Wieder klebte Merle, die ganze Fahrt ins Tal, an der Scheibe des Autos und bestaunte das
Schneeparadies, das sich vor ihren Augen ausbreitete. In der Innenstadt wandelte sich das
Schneeparadies allerdings zu einem Sumpf aus grauem Schneematsch, salzigen Pfützen und
Rollsplitt. Das begeisterte Merle eher weniger.
‚Oberleder Sportfachhandel‘ stand in großen, leuchtenden Buchstaben auf dem Kaufhaus, vor
dem sie schließlich zum stehen kamen. Drinnen war es zum bersten voll. Auf mehreren Etagen
wurde hier alles verkauft, was man sich zum Sport treiben wünschen konnte, vom Golfschläger
zum Fußballschuh und natürlich Skiausstattung. Eine ganze Etage voll. Dort schob Tante Maria
nun die etwas überforderte Merle durch die Reihen, während Clara verschwunden war um Schuhe
anzuprobieren. „Hier, der sieht doch gut aus“. Ihre Tante hielt ihr einen blauen Skianzug entgegen,
einteilig. „Ich hab eigentlich lieber einen mit Hose und Jacke“, wandte Merle vorsichtig ein. „Da
rutscht dir dann bloß der Schnee unter die Kleidung. Ein Anzug ist besser. Wie gefällt dir dieser
hier?“. „Naja-“. Tante Maria warf sich drei Skianzüge über den Arm und scheuchte Merle weiter.
„Die probieren wir jetzt erstmal an“, sagte sie bestimmt. Merle mochte Umkleiden in Kaufhäusern
nicht. Sie waren immer zu klein, der Vorhang zu kurz und bei jedem Luftzug wehte er verdächtig
hin und her. Nervös zog sie ihren Mantel und den Rock aus. Zumindest muss ich mich nicht
komplett ausziehen um den anzuprobieren dachte sie. Nur in Leggings und Pullover stieg sie in
den ersten Skianzug. „Passt der?“, tönte es von vor dem Vorhang. Ohne zu fragen, schlüpfte ihre
Tante in die Kabine. Jetzt war es wirklich eng. „Mach doch mal richtig zu“. Tante Maria griff nach
dem Reißverschluss und zog ihn Merle bis unters Kinn. „Ein bisschen locker“, befand sie. Merle
fand ihn eigentlich ganz bequem. „Probier mal diesen hier“. Und schon hatte sie den nächsten an.
Nach fünf Versuchen, entschieden sie sich schließlich für einen schlichten Anzug in hellblau mit
schwarzen Akzenten. Oder besser gesagt, Tante Maria entschied und Merle fügte sich. Doch ihr
gefiel die Farbe und so waren beide zufrieden. ‚Unterwäsche‘ Tante Maria zeigt auf ein Schild
einige Regale entfernt von ihnen, während sie Merle schon wieder weiter schob. Dort trafen sie
nun auch wieder auf Clara, die Merle am Arm hinter sich her zog. „Ihr beiden sucht Merle was
aus, ja? Denkt dran dreifach zu kaufen. Du willst ja nicht zweimal da rein schwitzen“. Sie lachte
und verschwand in Richtung Damenabteilung. „Ich hab schon was gefunden“, rief Clara freudig,
„ich hab die gleichen, aber in rot“. Sie zeigte auf eine Packung. ‚Skistrumpfhose‘ war darauf zu
lesen. „Das sind Skistrümpfe und Thermoleggings in einem. Voll praktisch, oder? Welche Größe?
“. „Äh, 152, glaube ich“. Merle war etwas überrumpelt. Eigentlich wollte sie lieber einfach eine
Leggings und Strümpfe kaufen. Aber da hatte Clara schon drei knall gelbe Strumpfhosen mit
sportlichen, schwarzen Mustern geschnappt und zog sie weiter. „Hier, gleiche Marke und die
gleiche Farbe. Das passt total gut zusammen“. Sie drückte ihr drei Langarmshirts in die Hand und
schon ging es weiter zu den Handschuhen und Mützen, natürlich passend zum Anzug, das war
Clara und Tante Maria wichtig, die mit einer Tüte in der Hand wieder zu ihnen stieß. Es folgten ein
Schlauchschal, Brille, Helm und sogar Skistöcke und Skier.
Sie war voll ausgerüstet und völlig erschöpft, als sie Stunden später endlich den ,Oberleder
Sportfachhandel‘ verließen. Ihr Magen knurrte und sie war nicht die einzige. Onkel Konrad, der die
meiste Zeit mit Zeitschrift lesen und Kaffe trinken verbracht hatte entschied nach kurzer
Diskussion, das sie zum Asiaten fahren würden. Er hatte da von einem gehört, den sein Kollege
sehr gut fand. Merle vertrug chinesisches Essen meistens nicht, aber sie war zu schüchtern um
etwas zu sagen und eigentlich mochte sie den Geschmack doch ganz gerne. Wird schon gut
gehen, dachte sie.
Das Essen schmeckte gut und der Nachtisch schmeckte noch besser und als sie endlich satt und
zufrieden wieder Nachhause fuhren, musste sie aufpassen nicht im Auto einzuschlafen. Es war ein
anstrengender Tag gewesen.
Merle hatte wie ein Stein geschlafen, als sie am nächsten Morgen pünktlich um sechs vom
Klingeln ihres Weckers wach wurde. Wo bin ich?, fragte sie sich ein paar Sekunden und schaute
sich verschlafen um, bevor ihr die Ereignisse der letzten Tage wieder einfielen. Ach ja, im Paradies
und heute gehen wir Ski fahren! Sie federte voller Vorfreude aus dem Bett.
Nach dem Frühstück schickte Tante Maria sie und Clara nach Oben. „Merle, ich habe deine
Sachen zu Clara ins Zimmer gebracht, macht euch schonmal frisch, ich komme gleich“. Etwas
verwirrt, folgte sie Clara ins Kinderzimmer. Ihr eigenes, das Gästezimmer war im Erdgeschoss.
„Kann ich mich auch unten umziehen?“, fragte Merle, während sie und Clara ihre Zähne putzten.
Clara schüttelte nur den Kopf. Zehn Minuten später standen die beiden Mädchen frisch
gewaschen im Schlafanzug in Claras Zimmer. Es gab ein Bett, eine Schreibtischecke, Schränke,
eine seltsam breite Kommode und sogar eine Couch, was Merle sehr cool fand. Clara setzte sich
auf ihr Bett und Merle fläzte sich auf die Couch. Clara schien auf etwas zu warten. Sie schien
nervös und Merle wollte sie gerade nach dem Grund fragen, da öffnete Tante Maria die Tür.
„Gewaschen, Zähne geputzt?“. „Jaaa“, knurrte Clara gereizt. Sie bekam einen langen Blick von
ihrer Mutter, bevor sie sich Merle zuwandte: „Merle“, setzte Tante Maria an, „wir haben in diesem
Haus eine Regel“. Clara verdrehte die Augen. „Die drei Fahrten Regel. Auf Autofahrten, Zugfahrten
und beim Skifahren tragen Clara und ALLE ihre Gäste eine Windel“. Sie öffnete eine Schublade
der großen Kommode und zog eine Pampers hervor. Merle war baff. Eine Windel? Wir sind doch
keine Babies! Ihre Gedanken rasten. „Wir- Wir sind doch keine Babies, die noch in die Hose
machen!“, sprach sie ihre Gedanken empört aus. „Nein“, antwortete Tante Maria bedächtig, „aber
wir mussten schon zu oft hinterher ein Missgeschick wegputzen, waschen, aufwischen“. Sie
zählte an ihren Fingern mit. „Neukaufen, ersetzen-“. „Ja, Mama wir haben‘s verstanden!“,
unterbrach Clara sie wütend. Ihre Ohren waren ganz rot geworden. Merle hatte sofort verstanden,
das die meisten Unfälle wohl Claras gewesen waren. „Ich muss die auch Nachts tragen“, gab
Clara mit rauher Stimme ungefragt zu und sah zu Boden. „Tut mir leid, das du da jetzt mit
reingezogen wirst…“. Clara war zu einem Häufchen Elend zusammengesunken. Sie tat ihr nun
unendlich leid. „Das meinte ich nicht so mit dem Baby“, ruderte Merle zurück. „Bis vor zwei
Jahren hab ich auch noch manchmal Nachts Unfälle gehabt“, sagte sie mit gesenktem Kopf.
„Umso besser, dass ihr beide ein tragt“, stellte ihr Tante fest. Jetzt hatte Merle auch rote Ohren.
„Also, wer fängt an?“. Tante Maria klopfte auf die breite Kommode, auf der sie eine Unterlage
ausgebreitet hatte. Eine Wickelkommode, erkannte Merle. Clara stand auf, und ließ sich von ihrer
Mutter hoch helfen. Staunend sah Merle zu, wie Tante Maria eine der Windeln auseinander faltete.
Es war ein richtige Windel, nicht wie die zum hochziehen, die ihre kleine Schwester Nachts noch
trug. Sie war weiß mit abstrakten pastellfarbenen Mustern auf der Oberfläche und einer kleinen 9,
die die Größe der Windel anzeigte. Sie hatte zwei breite Klebestreifen, eine blaue Linie in der Mitte
und ein dickes Polster. Wie eine Babywindel, nur eben in ihrer Größe. Clara schob ihre
Schlafanzughose und Unterhose bis zu den Knöcheln nach unten und lag dann untenherum nackt
vor ihrer Mutter auf der Kommode. Ihre Blicke trafen sich kurz und Merle sah peinlich berührt in
die andere Richtung. „Ich gehe schnell noch was holen“, log sie und ging ins Bad. Vor dem
Spiegel sah sie sich an. Braunes welliges Haar, schulterlang geschnitten, Sommersprossen und
eine kleine Nase. Kannst du dich da noch rausreden Merle?, fragte sie ihr Spiegelbild und wischte
sich übers Gesucht. Sie überlegte. Nicht wirklich.
Es dauerte ein paar Minuten, bis Tante Maria schließlich „so, die Nächste bitte“ in den Flur rief.
Merle kletterte unbeholfen auf die Kommode, während Clara einen Body zuknöpfte, den sie jetzt
über der Windel trug. „Du kannst am besten alles ausziehen, ihr zieht ja eh gleich eure Skisachen
an“, empfahl Tante Maria. Mit zittrigen Händen zog sich Merle, auf der Kommode sitzend aus. Ihre
Ohren und Wangen glühten. Dann legte sie sich auf den Rücken, winkelte instinktiv ihre Beine an
und starrte zur Decke. Die Unterlage war noch warm von Claras Körper. „Hoch mit dem Popo“,
sagte Tante Maria. Sie schob behutsam eine Windel unter ihren Hintern. Dann spürte sie die kalte
Hand ihrer Tante, die sie mit geschickten Schwüngen eincremte, bevor sie die Windel nach vorne
umklappte. „Damit sich da nichts entzündet“, erklärte sie. Es folgten zwei Klebestreifen, die sie
fest über Merles Bauch aufklebte. „Passt wie angegossen“, stellte sie zufrieden fest. Merle setzte
sich auf und sah an sich herunter. Sie war deutlich kleiner und schmaler als Clara, weshalb die
Windel an ihr noch größer wirkte. Zumindest fühlte sie sich weich an, angenehm sogar. Die
kindlichen Muster und das dicke Polster, machten das angenehme Gefühl aber sofort wieder
zunichte. Gewickelt wie ein Baby. Ich werde die auf gar keinen Fall benutzen!, beschloss sie.
„Hier“, Tante Maria hielt Merle den gleichen grauen Body hin, den Clara an hatte. „Den ziehst du
drüber. Dann bleibt alles wo es sein soll. Es läuft nichts aus und die Windel sieht man auch nicht
mehr“. Sie zeigte auf Clara, die gerade ihre Skistrumpfhose über die Füße zog. Die Windel war
trotz des Bodys noch deutlich zu erkennen. Merle seufzte und begann sich ebenfalls anzuziehen.
Zwanzig Minuten später standen sie beide draußen vor der Tür. In jeder Hand einen Skier und
einen Rucksack auf dem Rücken mit genügend Proviant für einen langen Tag auf der Piste. Sie
waren dick in Thermounterwäsche und ihre Schneeanzüge eingepackt, die Windel unter den
warmen Schichten hatte sie fast vergessen und das Gefühl ein Baby zu sein war der Vorfreude auf
den Tag gewichen. Onkel Konrad nahm ihnen das Gepäck ab und verstaute es mit der restlichen
Ausrüstung im Kofferraum. Endlich konnte es losgehen.
Eine halbe Stunde fuhren sie schon. Clara und Merle spielten schon eine ganze Weile ‚Wer bin
ich?‘, da spürte Merle plötzlich ein Grummeln im Bauch. Das chinesische Essen von gestern
Abend begann sich bemerkbar zu machen. Wird schon nicht so schlimm sein, dachte sie. Und sie
behielt recht, das Grummeln hörte auf und Merle bestaunte wieder ungestört die Landschaft,
während Clara versuchte zu erraten, was lange Beine und nur ein Auge hat. Verschneite Hänge
ragten links und rechts der Straße in die Höhe. Diese schlängelte sich in engen Kurven durch das
Tal, bevor es sich öffnete und vor ihnen Platz für die Ausläufer des Malerbergs machte. Über
dreitausend Meter war er hoch und seine Spitze verschwand sogar in den Wolken. Am Fuße des
Berges lag ein kleines Dorf, aus dem Skilifte und Gondeln den Berg hoch und runter fuhren. Dort
hielten sie auf einem Parkplatz an und packten ihre Ausrüstung aus. Es war viel los, stellte Merle
fest, als sie mit Clara und ihren Eltern wenig später in der langen Schlange zu den Gondeln stand.
Da war es wieder, das Grummeln. Nicht jetzt, flehte sie ihren Bauch an und quetschte sich neben
Onkel Konrad in eine Gondel. Oben angekommen, schnallten sie ihre Skier fest, setzten Helme
und Brillen auf und zogen ihre Handschuhe an. Es konnte losgehen. Clara und Tante Maria
entschieden sich für die blaue Piste, zum Einstieg, während Merle und Onkel Konrad sich zum
Anfängerhügel begaben. Skifahren sei wie Fahrradfahren, hatte Onkel Konrad gesagt, das verlernt
man nie. Er hatte recht, stellte Merle fest, sie hatte fast nichts verlernt und nach einer kurzen
Auffrischung war alles wieder da. Was ebenfalls wieder da war, war das Grummeln in ihren Bauch.
Diesmal blieb es. Merle wusste was das bedeutete. Sie musste dringend eine Toilette finden.
Doch erstmal wollte sie weiter üben.
Zu Mittag saßen Clara und Merle auf einer Bank am Rand der roten Piste. Es hatte nicht lange
gedauert, bis sie gemeinsam fahren konnten und Merle fühlte sich sogar sicher genug, um die
schwierigeren Pisten zu probieren. Clara hatte Durst und schlürfte zufrieden heißen Tee aus einer
Thermoskanne, während Merle nervös auf der Bank hin und her rutschte. Sie musste inzwischen
klein und groß und das Grummeln vom chinesischen Essen, war zu einem schmerzenden Druck
geworden.„Was machst du, wenn du mal musst? Also auf‘s Klo, meine ich“, fragte Merle. Clara
sah sie einen Augenblick an und sagte dann: „in die Windel“. „Echt? Mit Absicht? Alles?“, fragte
Merle erstaunt. Clara zuckte mit den Achseln. „Ja, dafür ist sie ja da, schätze ich“. Sie stellte den
Becher ab und stand auf. „Am besten gehst du in die Hocke. So wie ich“. Sie hockte sich neben
die Bank. „Und dann lässt du es einfach laufen“. Ihr Blick wurde leer und ihre Hand wanderte,
scheinbar instinktiv, zwischen ihre Beine. Merle sah ihr fassungslos dabei zu, wie sie ihre Windel
befüllte. „Hast du echt einfach-. Also hier, wo einen alle sehen-. Ist das nicht voll unangenehm?“,
stammelte Merle. Clara stand auf und setzte sich vorsichtig wieder hin. „Sieht doch keine, unter
dem Anzug“, sie grinste und klopfte sich auf den Hintern. „Schön warm und besser als auf die
ekelhaften Klos gehen zu müssen“. Merle schüttelte energisch den Kopf. „Ich suche mir eine
Toilette“. Sie stand auf und stieg auf ihre Skier. „Wir treffen uns unten wieder“. „Wie du meinst“.
Clara zuckte mit den Achseln und nahm einen weiteren Schluck Tee. Kaum war Merle
losgefahren, kam der erste Krampf und sie brauchte all ihre Willenskraft um den Dammbruch zu
verhindern. Es musste jetzt ganz schnell gehen. Ungebremst schoss sie die Piste hinunter. In der
Ferne hatte sie Gebäude entdeckt, dort musste eine Toilette sein. Die nächste Welle brachte sie
fast an ihre Grenzen. Mit aller Gewalt presste sie ihre Pobacken zusammen. Vielleicht mache ich
einfach in den Schnee, überlegte sie mit schmerzverzerrter Miene. In Gedanken schoss sie
plötzlich über eine Schneewehe, die sie zu spät gesehen hatte. Ihre Skier überkreuzten sich in der
Luft, verkeilten sich beim Aufprall im tiefen Schnee und blieben stecken. Die Sicherung der Skier
löste sich und Merle rutschte auf den Abhang zu, bevor sie mit Schwung ins Netz am Rand der
Piste krachte. In diesem Augenblick kam der dritte und letzte Krampf. Diesmal gab es kein
Aufhalten mehr. Sie spürte hilflos, wie sich die warme Masse in der Windel verteilte. Sie hatte den
Kampf jetzt endgültig verloren. Ein weiterer Schwall bahnte sich seinen Weg in ihre Windel. Sie
blieb einen Augenblick auf dem Rücken liegen, bis es vorbei war. Ihr war nach Heulen zu Mute.
Tief atmete sie ein und aus und richtete sich langsam auf. Die warme Masse verteilte sich mit
jeder Bewegung weiter und sie verzog ihr Gesicht vor Ekel. Jetzt kann ich es auch alles
rauslassen, dachte sie sich, ging in die Hocke und versuchte ihre Blase zu entspannen. Es klappte
nicht. Wie ein Baby hast du dir in die Windel gemacht und jetzt kannst du dein Geschäft nicht mal
fertig machen. Sie ballte ihre zitternden Hände zu Fäusten. „Alles in Ordnung bei dir?“.
Erschrocken fuhr sie herum. Hinter hier war Clara zum stehen gekommen. Vor Schreck entleerte
sich ihre Blase jetzt doch in die Windel.“ Hast du dir wehgetan?“ „Nein alles gut. Bin nur
weggerutscht“, log Merle während die Windel gierig alles aufsog. Sie stand langsam auf und
watschelte breitbeinig zu ihren Skiern. „Sollen wir dann weiterfahren? Mama und Papa warten
sicher schon auf uns. Unten an der Hütte“, sagte Clara und beäugte Merle dabei neugierig. Ist es
so offensichtlich?. Sie brachte keinen Ton heraus und nickte nur.
Als sie einige Minuten später an der Hütte ankamen, warteten Claras Eltern tatsächlich auf sie. Sie
hatten einen Tisch mit Aussicht reserviert und hatten auch schon etwas zu trinken bestellt.
Beschämt zupfte Merle Tante Maria am Ärmel: „ich hab ein Problem flüsterte sie“. Tante Maria
beugte sich zu ihr herunter. „Was ist denn passiert? Hast du dir wehgetan?“, fragte sie besorgt.
Merle räusperte sich nervös und flüsterte: „Durchfall…“. Erstaunt sah Tante Maria sie an. „In die
Windel?“. Merle nickte. „Ist sie ausgelaufen?“, fragte Tante Maria besorgt. „Weiß ich nicht, glaube
nicht“. Merle betastete unsicher ihren Hintern, aber durch den Schneeanzug konnte sie nichts
spüren. „Komm mal mit. Wir schauen uns das mal an“, sagte Tante Maria und lotste sie in
Richtung der Toiletten. Dort angekommen gingen sie gemeinsam in eine Kabine. „Mach mal
deinen Anzug auf“, sagte ihre Tante. Merle zog langsam den Reißverschluss herunter. Ihr kam ein
Schwall warmer Luft entgegen. Es roch leicht nach Durchfall und sie verzog das Gesicht. „Halt
den Anzug an den Ärmeln fest, damit er nicht auf den Boden fällt“. Tante Maria zog Merles
Strumpfhose vorsichtig ein Stück nach unten und krempelte das Thermounterhemd hoch. „Glück
gehabt, alles noch trocken geblieben“, stellte sie erleichtert fest. Ungläubig sah Merle nach unten.
Der Body war noch genauso grau wie heute Morgen. Egal, endlich raus aus der Windel, dachte
sie. Doch Tante Marie zog stattdessen ihre Strumpfhose wieder hoch. „Dann zieh dich mal wieder
an“. Merle sah sie entsetzt an. „Kann ich das nicht ausziehen?“. „Nicht hier. Wechselsachen sind
im Auto. Das machen wir später. Durch den Anzug merkt sowieso niemand was davon“. Sie half
Merle wieder in die Ärmel ihres Schneeanzugs und streichelte ihr beruhigend über den Kopf.
„Mach dir keine Sorgen, das kann jedem mal passieren“. Niedergeschlagen zog Merle den
Reißverschluss zu. „Tut mir leid, Maria“. Sie spürte wie ihre Augen feucht wurden und rieb sich mit
den Händen über das Gesicht. Ihre Tante umarmte sie mitleidsvoll. „Das wird schon wieder meine
Große“.
Autor: Autor | Eingesandt via Mail
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