Zweite Chance (1) – Kapitel 14
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Kapitel 14 – Liveshow aus dem Eisenbahnwaggon
Puh. Ich habe es doch noch geschafft, Giacomo dazu zu bewegen, auf Toilette zu gehen und mir damit vermutlich viel Arbeit erspart. Es ist schon fast 23 Uhr und die vor mehr als einer halben Stunde angefangene iCarly-Folge steht auf Pause nachdem Felix nun doch plötzlich vor dem Episodenende auf Toilette gegangen ist. Müde reibe ich mir die Augen, der Tag heute war doch ein wenig sehr anstrengend. Zumindest für mich.
„Schau mal, was ich gefunden hab!“, begrüßt mich Giacomo, als plötzlich die Tür aufschwingt und er dahinter mit zwei Spriteflaschen hereintritt und sich wieder neben mich auf das Bettsofa fallen lässt, nicht ohne sich im Flug dabei um fast neunzig Grad zu drehen und quer neben mir zu landen.
„Wo hast du die denn geklaut?“, frage ich scherzhaft während ich dankend eine der beiden Flaschen an mich nehme und selbige aufschraube. Hm, sogar gekühlt, lecker.
„Haha, da gibt’s n Kühlschrank auf dem Weg zur Toilette! Also so einfach zum rausnehmen“, informiert mich Giacomo: „Drückst du jetzt wieder auf Play?“, fragt er ungeduldig und aufgedreht. Ob eine Sprite jetzt das richtige für ihn ist? Na, ich weiß, wer gleich nicht einschlafen können wird.
Wann habe ich eigentlich zum letzten Mal eine Sprite getrunken? Ist das nicht so ein Softdrink für Kinder die noch keine Cola trinken dürfen? Meine Spritegedanken verschwinden allerdings recht schnell wieder und meine Aufmerksamkeit richtet sich wieder auf die Serienepisode. Nicht lang allerdings, denn ich höre deutlich, wie sich Giacomo in die Windel macht. Ja, ich höre. Eigenartig, ob das an der relativen Stille im Raum liegt? Ein Plätschern, wie bei einem Zimmerbrunnen, eigenartig. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man glatt denken, dass es draußen regnet. Ob sich das auch so anhört wenn man selbst in die Windel macht? Ich drehe meinen Kopf leicht zu Giacomo, er liegt sichtlich entspannt da und scheint doch tatsächlich dem Film mehr Beachtung zu schenken als seiner Windel, scheinbar scheint er sich nach etwa einem Tag Windeltragen langsam an das schwere, weiche und mittlerweile ziemlich dicke Ding zwischen seinen Beinen gewöhnt zu haben. Oder auch nicht, denn langsam wandert seine Hand wieder misstrauisch in seine Windelgegend, ungläubig dass die Windel alles aufgesaugt hat. Schon ein merkwürdiges Gefühl. „Is was?“, fragt mich Felix, welcher entdeckt hat, dass ich ihn entdeckt habe.
„Och, ähm. Man hat gehört, wie du in deine Windel gemacht hast!“
„Echt jetzt?“, kommt es hörbar verwundert von Giacomo zurück.
„Ja, so ein Plätschern, wie bei so nem Mini-Wasserfall!“
„Cool!“, sagt Giacomo noch leise, und dreht sich dann zum Laptop zurück.
„Cool?“
„Ja, witzig halt.“
„Wer ist cool?“, schallt es plötzlich aus meinen Laptoplautsprechern.
„Hä?“ drehe ich mich erstaunt zum Laptopdisplay zurück. Dort sehe ich allerdings weniger die eben noch dort geöffnete Serienfolge sondern vielmehr sehe ich ein qualitativ weitaus besseres Video auf welchem ein Großteil meiner Freunde zu sehen ist. Aufgeklärt werde ich nun durch das Skypelogo in der rechten oberen Ecke, scheinbar haben meine Freunde auf besagter Lanparty einen Videoanruf zu mir gestartet, und mein Skype welches auf automatische Rufannahme eingestellt ist, hat selbigen direkt angenommen. Ob das für Felix jetzt wieder wie Zukunft wirkt? Videotelefonate?
„Was geht, ihr Oberförster?“
„Ja, uns war grad langweilig, und da haben wir Aarons Kamera mit meinem Videograbber verbunden, und jetzt haben wir die wohl beste Webcam aller Zeiten! Und die wollten wir direkt mal ausprobieren. Und da du dich ja spontan nicht hier blicken lassen hast, dachten wir, wir schauen mal bei dir vorbei.“, führt mich Tom, einer aus meinem engeren Freundeskreis ein.
Meine Antwort ist recht einsilbig: „Guten Tag.“
„Wer ist denn das da?“, Kommt nun von Tom, bestätigt von einem „Ja!“ durch Aaron, scheinbar haben meine virtuellen Gäste den kleinen, braunhaarigen Jungen neben mir entdeckt. Hoffentlich ist die Abbildungsqualität meiner Webcam nicht gut genug, um auch noch die fast dezimetergroße Ausbeulung in Giacis Schritt erkennbar abzubilden.
„Das, äh.“ Puh, wo fängt man jetzt da an? Mit der offiziellen Tarngeschichte, oder?
„Ich bin sein Bruder!“, platzt Felix plötzlich wie selbstverständlich heraus.
Die Reaktionen auf Felix‘ Aussage reichen von schallendem Gelächter, erstaunten Mündern bis zu einem „Sieht man!“. Als wieder Ruhe in (war: auf) dem Raum am anderen Ende der Datenverbindung eingekehrt ist, kristallisiert sich die Stimme vom Geburtstagskind, also Marcels Bruder heraus: „Heißt der Leon?“
„Haha, Witzbold! Wie du sehen kannst, ist der echt.“
„Das glaube ich erst, wenn ich es mit eigenen Augen gesehen habe!“, antwortet Er zurück.
„Ne im Ernst, wer ist das?“, fragt Tom ganz sachlich und leicht ungeduldig.
„Er is mein Bruder, also halb. Mein Halbbruder“
„Ach, echt? Das fällt dir aber früh auf.“
„Jaha! Also, der, oh Gott wie erkläre ich das jetzt?“, fange ich nun zögerlich an.
„Ich bin sein Halbbruder. Genauer gesagt, haben wir denselben Vater, den ich allerdings nie kannte und auch nie kennen lernen werde. Und jetzt …“, Giacomo schaut kurz auf den Boden: „… werde ich halt bei Giacomo und seiner Mutter leben, obwohl ich beide nicht kenne und die fast am anderen Ende Deutschlands wohnen.“
Betroffenheit scheint sich am anderen Ende in der Gartenlaube von Marcels Oma bereit zu machen, und als auch Felix erkennt, dass er grade vielleicht etwas übertrieben hat, fügt fröhlicher noch hinzu: „Aber der ist echt cool! Zumindest bis jetzt!“, und legt eine Hand auf meine rechte, ihm zugewandte Schulter, während er sich aufsetzt und nun direkter auf das Laptopdisplay schaut.
„Pass auf, der erste Eindruck trügt!“, erhält Felix zugleich eine sarkastische Antwort von Marcel. Hach, wie nett meine Freunde doch sind: „Aber jetzt echt? Du bist Giacomos Bruder? Von euch gibt’s zwei?“
„Jap.“
„Gott bewahre nein!“, stimmt nun die Mehrzahl der Partygäste mit ein.
„Zentrale, bitte Sicherheitssysteme hochfahren, wir haben Code Red!“, gibt Tom nun auf einmal erschrocken von sich, setzt sich an einen Rechner gegenüber der Spiegelreflexkamera und lässt dort grüne Zahlen und Buchstaben auf schwarzem Hintergrund durchlaufen. Eindrucksvoll unterstützt wird er dabei von einem blinkenden, raumfüllenden roten Licht und Aaron, der in sein iPhone spricht, als wäre es ein Funkgerät: „An alle Einheiten! Luftschlag genehmigt!“
„Haha, sehr witzig!“, kann ich zu diesem grotesken Schauspiel nur antworten. Haben die das geplant?
„Ja, find ich irgendwie schon.“, antwortet Tom während plötzlich wieder weißes Licht den Raum erleuchtet, ganz zu Felix Verwunderung: „Was ist bei denen los?“
„Wo seid ihr überhaupt?“, fragt und diesmal Marcel.
„Ach, wir sind im Zug. Wie erwähnt, Gi … Felix wohnte in der Schweiz an der Grenze zu Deutschland und ich wohne, wie ihr wisst bei euch nebenan. Und da das ja ´ne ziemliche Strecke ist, sitzen wir hier grade in ´nem coolen Nachtzugabteil!“
„Geil! Also, du heißt Felix?“, fragt Marcel wieder.
„Jau!“, antwortet dieser fröhlich.
„Wie alt bist du eigentlich? 8?“, kommt nun etwas abschätzig von Tom.
„11! So jung seh ich ja wohl nicht aus!“, kommt weniger fröhlich aus ihm heraus.
„Im Ernst?“
„Ja!“
„Dann gehst du auch auf die Europaschule?“
„Ja?“
„Oh Gott, zwei von denen bei uns auf der Schule, ich glaub, ich schmeiß meinen Posten!“, resigniert Aaron in seiner Position als Schülersprecher.
„Glaub ja nicht, dass ich dann deine Arbeit mache!“, kommt dafür von mir zurück, immerhin bin ich einer der anderen tragenden politischen Kräfte unserer Schule und nicht grade unstolz darüber.
„Mannoman, Giacomo hat echt einen Bruder. Also diesmal einen echten, keinen erfundenen!“
„Oder, seine Bildmanipulationsmethoden sind besser geworden.“
„Was heißt hier diesmal einen echten?“
„Haha! Giacomo hat mal behauptet, er hätte einen Bruder, und extra dafür ein Foto gefälscht und so. Leon, war das, so n achtjähriger der sich angeblich immer in die Hose gemacht hat“, während mich Marcels Bruder hier vor meinem neuen Bruder vorführt, kann ich es mir nicht verkneifen, rot anzulaufen. Ist das gerechtfertigt, sollte ich nicht vielleicht davon ausgehen, dass Giacomo meine Beweggründe verstehen könnte? Wissen überhaupt meine anderen Freunde die dort versammelt sind alle von dieser Geschichte? Hoffentlich, denn wenn nicht, dann habe ich denen wohl noch einiges zu beichten …
„Klappe!“, weiß ich nur energisch zu antworten während sich Felix sichtbar einen weggrinst. Wenn die wüssten dass Giacomo grade in diesem Moment in einer triefend nassen Kinderwindel sitzt, dann würde ihnen ihr Lachen wohl vergehen!
„Ja ich weiß, mein Bruder istn Arsch!“, gibt mir Marcel Recht. Na, wenigstens einer!
„Ey, ich hab Geburtstag!“, weiß dieser darauf allerdings nur beleidigt zu antworten.
„Meiner nicht!“, antworte ich nun und wuschele Felix kurz durch die Haare während er langsam wieder in eine Liegeposition rutscht und seinen Kopf auf meinen Schoß legt. Schnell ziehe ich ihm erneut sein hochgerutschtes Tshirt wieder über den grünweißen Rand seiner Windel und hoffe, dass niemand etwas bemerkt hat. Es ist nicht ganz unwahrscheinlich, dass einige meiner Freunde nach und nach zufällig bemerken, dass Giacomo immer noch Windeln trägt, aber das muss nicht grade heute sein, finde ich.
„Schwuuuuuuul!“, lautet die intellektuelle Antwort von Marcels kleinem Bruder.
„Ey jetzt komm!“, blaffe ich ihn nett gemeint an.
„Waaaaaaas?“
„Die erste Ableitung der Niveaufunktion zum jetzigen Zeitpunkt ist negativ und der zugehörige Wert der zweiten Ableitung sehr hoch.“
Auf meine umständliche Aussage folgt großes Gelächter, allerdings gewürzt mit einem „Hä?“ von Marcels Bruder. Auch mein Bruder scheint nur Bahnhof zu verstehen.
„Das Niveau ist stark am sinken!“, meint der immer noch lachende Marcel welcher meinen Witz als einer meiner Matheleistungskurskumpanen natürlich sofort verstanden hatte.
„Hey Leute, die Map ist da! Lass weiterzocken!“, kommt von hinten von einem unerkennbaren Lanpartygast.
„Und nun heißt es tschüss, verehrte Damen und Herren, das war es für heute auch schon mit der Lanparty-Show, hier Live vom Haus von Marcels Oma aus!“, verabschiedet sich sofort Tom im Stile einer Fernsehshow, gefolgt von Stroboskoplicht und einem anschließenden Schärfeverlauf welcher nach und nach das gesamte Bild unscharf macht. Kurz darauf ist die Verbindung auch schon weg und das Abteil kurz still.
„Man, die sind echt witzig! Vor allem der am Schluss!“, grinst Giacomo immer noch und meint damit vor allem Tom mit seiner Stefan-Raab-Stimme am Ende des Gespräches. Es scheint fast, als wäre Giacomo nun wieder hellwach und aufgedreht geworden, ganz zum Leidwesen der von mir bald forcierten Nachtruhe.
„So, und hier geht es nun, im wahrsten Sinne feucht-fröhlich weiter mit der Pamperskindshow!“, führe ich das ganze nun mit meiner Investigativen-Reporterstimme fort, stoppe dann aber abrupt: „Oh, soviel dazu. Äh, Giaci, dein Schlafanzug ist nass …“
„Was?“, ruft Giacomo aufgeregt in den Raum hinein als handele es sich bei der Nachricht um die Botschaft vom Weltuntergang, springt dann auf und schaut an sich runter: „Oh, Mist! Stimmt! Witzig, merkt man gar nicht, in der Windi fühlt sich das immer noch total trocken an.“
„Windi? Lol. Aber ja, die Pampers sind echt witzig, die sind auch dann trocken, wenn sie nass sind. Aber du, ich glaub, schlafen solltest du in der jetzt nicht mehr, die ist glaub ich schon mehr als vollgesaugt …“
„Manno.“, sagt Giacomo, schaut sich dann aber seinen Schlafanzug mitsamt dem kleinen dunklen Fleck am linken Oberschenkel an: „Ich glaub, du hast recht.“
„Natürlich hab ich das, ich hab mit Windeln halt schon noch ein bisschen mehr Erfahrung als du. Ich geh mal auf Toilette, in der Zeit kannst du dich ja gut wickeln“, sage ich beruhigt über die Einsichtigkeit von Felix und bin schon fast aus dem Abteil raus, als ich ein entschlossenes: „Nö!“ höre.
„Hä?“
„Du hast doch eine Pullup an, nutz die doch endlich mal!“, antwortet Felix fast schon beleidigt. Will er nicht das einzige Pamperskind in der Pamperskindshow sein, oder wie?
„Einen Pullup, das Ding ist maskulin. Glaube ich. Aber ne, die sind so dünn und so, lieber nicht.“
„Angsthase!“
„Ich bin nur vernünftig!“, verteidige ich mich.
Dies scheint bei Giacomo allerdings nicht auf fruchtbaren Boden zu fallen, im Gegensatz, er antwortet entschlossen: „Wenn du jetzt auf Toilette gehst, dann lass ich die Pampers über Nacht an!“
„Echt jetzt?“
„Mmmh“, gibt Giacomo grinsend mit verschränkten Armen und nach oben gestrecktem Kopf von sich als er merkt, dass er in diesem Fall das Entscheidungszepter ganz in seiner Hand hat. Auch ich muss mir ein Lachen verkneifen, denn in Verbindung mit seinem Babyschlafanzug, der obligatorischen Windel und seinen verwuschelten Haaren nicht so aus wie jemand, der ein Entscheidungszepter in der Hand hält.
„Nagut“, antworte ich. Mache ich das jetzt wirklich? Ich meine, ich kann ja auch einfach nur so tun als ob, der Unterschied wird wahrscheinlich nie jemandem auffallen. Aber soll ich mich selbst belügen? Kurzentschlossen versuche ich, möglichst langsam und kontrolliert die Drynites zu füllen, nur zu gut weiß ich, wie wenig die Dinger eigentlich aushalten, vor allem wenn sie jemandem so schlecht passen wie mir. Mit leicht breiten Beinen stehe ich nun also etwas länger da, während Felix sich wieder aufs Bett gesetzt hat und Spaß dabei zu haben scheint, mir zu zuschauen. Nun ja, kann ich es ihm verübeln? Langsam, spüre ich aber trotzdem die Wärme, die sich in meinem Schritt ausbreitet, so als würde man sich einen Duschkopf da unten hinhalten.
„Maaaan, bist du langsam!“
„Ich will hier nicht in ner Pfütze stehen, weißt du? Die Drynites saugen viel zu wenig, ich muss ja aufpassen, dass die nicht auslaufen.“, antworte ich, während ich weiter immer wieder einen kurzen Schwall Urin in meine Drynites laufen lasse.
„Beim ersten Mal reinpullern?“
„Mmmh, ja“, antworte ich. Es ist ungewohnt, mit jemandem über so ein Thema zu reden, und dann auch noch mit einem Kind mit einer Windel die voller ist als mein Pullup es gleich sein wird. Vor allem da ich ja das Kind bin was mich grade fast dazu zwingt, meine Windel zu benutzen.
„Aber das ist interessant, die Windel selbst sieht man noch fast gar nicht.“
„Ganz anders als bei dir!“, antworte ich lachend und deute auf die dicke Ausbeulung zwischen Giacomos Beinen.
„Bööööh!“, gibt Giacomo nur lachend zurück während er mir die Zunge rausstreckt und über mich herfällt. Oh Gott, der weiß ja, wo ich kitzelig bin! Hilfe!
Hilfe habe ich aber eigentlich nicht von Nöten, denn altersbedingt bin ich sehr viel stärker als Giacomo und dementsprechend schnell die Oberhand gewonnen habe und Giacomo an seinen Füßen kopfüber wieder auf das Bett trage und dann fallen lasse.
„Wat willste?“, frage ich nun grinsend den ebenso grinsenden, aber leicht erschöpften Felix.
„Nüxnüx. Bin schon still!“
„So, und jetzt ist es an der Zeit für deinen Teil der Abmachung!“, sage ich und reiche Giacomo eine jungfräuliche, noch säuberlich gefaltete und nach Plastik duftende Pampers.
„Ghrml. Mach du!“
„Mach ich?“ „Soll ich dich wickeln, oder wie?“
„Mmmh“, antwortet Felix, während er sich auf das Bett legt und dabei ohne vorgehaltene Hand laut gähnt. Vielleicht wird das ja doch noch was mit der Nachtruhe Heute!
„Ok“, sage ich besorgt, und lasse mich gegen die Abteilwand fallen. Puh, mach ich das jetzt echt?
„Ja, komm, wir machen das gemeinsam“, antworte ich mit meiner politischen Seite auf der Suche nach einem Kompromiss und suche währenddessen die Creme- und Feuchttücherpackungen aus der Tüte heraus. Nach 24 Stunden in Windeln braucht Felix‘ Haut vielleicht ein bisschen mehr Support um dies ohne Schäden zu bestehen. Als ich mich anschließend wieder umdrehe, stelle ich fest, dass Felix meinen Kompromissvorschlag scheinbar angenommen hat, und nun mit bis zu den Knien heruntergezogener Hose und seiner entblößten, im Schritt unendlich aufgequollenen Windel daliegt. Öffnen muss ich die jetzt wohl, oder wie? Ritsch, Ratsch, dank der nur zwei vorhandenen Klebestreifen ist die Pampers an sich schnell gelöst, wird von mir allerdings trotzdem nur mit größter Vorsicht geöffnet, aus Angst vor dem was sich darunter befindet, so wie man die Benotungsseite einer Klassenarbeit öffnet bei der man ein ungutes Gefühl hat. Meine Angst scheint aber unbegründet und so reiche ich Giacomo Creme und Feuchttücher während ich die Windel ruckartig wegziehe, routiniert zusammenklebe und Boxenstopreifenwechselartig gegen die frische Windel austausche und anschließend einen Ablageort für die nasse Windel suche. Aus Mangel an Alternativen lege ich sie erst einmal auf den Boden und stehe dann vor dem Rätsel wie ich Felix‘ Windel nun zu machen soll während dieser schon fertig mit dem eincremen ist und nun angespannt auf die Beendigung der Wickelprozedur wartet. Das ist nun in etwa so, wie wenn man zum ersten Mal jemand anderem die Schuhe zubinden will, die Perspektive ist total verdreht, und man muss erst einmal überlegen, wie man die routinierten Arbeitsschritte nun genau umgekehrt ausführen soll. Nachdem ich meinen Kopf leicht gedreht habe, was ein verwirrten Blick bei Giacomo hervorruft, komme ich allerdings ganz schnell hinter das Geheimnis des Wickelns und wenige Sekunden später ist Giacomos Windel bereits wieder geschlossen und seine Hose hochgezogen.
„Tja, Übung macht den Meister“, antworte ich ganz cool, obwohl ich mir selbst dabei gar nicht so sicher war, nehme dann die Windel und gehe mit ihr aus dem Abteil raus: „Ich werf die schnell weg, kannst du währenddessen schon das zweite Bett ausklappen? Du weißt doch, wie das geht, oder?“
„Jap, kein Problem!“
Kurze Zeit später erreiche ich schon die Ausgangstür des alten Schlafwaggons, öffne sie und befinde mich anschließend wieder draußen, wo mich sofort ein fröstelndes Gefühl überkommt, kein Wunder, immerhin ist es Nacht und ich stehe hier im Tshirt. Schnell laufe ich also wieder in das Hauptgebäude hinein, werde von wohliger Wärme begrüßt, steure auf die Toilettenkabinen zu und lasse die Windel in den ersten Mülleimer den ich sehe plumpsen. Kurz darauf schließe ich mich in einer Kabine ein und ziehe mir meine ebenfalls recht gut gefüllte, noch warme Drynites aus. Das klingt jetzt zwar doof, aber ich kann in einer Windel nicht einschlafen. Also wirklich nicht, die Windel lenkt mich dann dabei zu sehr ab und ich komme gar nicht zum schlafen. Da ich aber in Ruhe schlafen will, wandert mein Pullup nun zu Giacomos weitaus mehr benutzter Windel in den Mülleimer, ich trockne mich mit Toilettenpapier ab und gehe wenige Minuten später wieder zurück in Richtung Schlafwagen wo Felix es sich schon in seinem Bett gemütlich gemacht hat, im Vergleich zu mir kommt er mit seinen Windeln im Alltag glatt besser klar. Ghrml.
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
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