Zweite Chance (1) – Kapitel 17
Windelgeschichten.org präsentiert: Zweite Chance (1) – Kapitel 17
Kapitel 17 – Fragen
Es fühlt sich sehr merkwürdig an. Ich bin zwar eigentlich nicht zum ersten Mal in diesem anderen Körper, aber es ist schon das erste Mal, dass ich dies bewusst Wahrnehme. Felix wirkt ja eigentlich ziemlich klein, aber jetzt, wo ich so halb Felix bin, wirke ich nicht grade klein auf mich – sondern einfach normalgroß. Naheliegend eigentlich, ich denke, das ist uns allen so gegangen. Nicht wir sind gewachsen, nein, die Welt um uns herum ist geschrumpft. Jetzt hingegen, als ich im kleinen Körper dieses Elfjährigen gefangen bin, wirkt die ganze Welt, wie eigentlich zu erwarten war, wieder groß. Der Boden wirkt viel näher und die Dinge wirken weniger Definiert. Wer sagt, dass ein Becher nur zum Trinken da ist? Ein Becher lässt sich doch genauso gut als Mini-Gasspeicher für eine Legostadt verwenden! Das Ding, was da zum Beispiel achtlos in der Ecke rumsteht ist wohl ein Stuhl. Aber irgendwie kann man ihn auch für alles andere verwenden! Der Stuhl würde sich bestimmt auch gut als überdimensionales Bürogebäude machen, die Stuhlbeine gefüllt mit kleinen Büros und natürlich Fahrstühlen in der Mitte, auf dem Plateau wo man sich draufsetzen kann wäre ein Oberirdischer Garten und ein Flugzeuglandeplatz angebracht. Da das ganze Gebäude recht groß ist gibt es auf dem Dach sogar einen eigenen Shuttlebusservice. Ich hab in meiner alten Spielzeugautokiste zuhause einen gelben Kleinbus, der würde perfekt zu dem Gebäude passen! Ob die hier Spielzeugautos haben?
„Giacomo, kommst du?“, reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken, das Fantasiegebäude in meinem Kopf kracht zusammen und ich sehe wieder den vor mir stehenden Stuhl zum draufsetzen: „Oh, ja. Ich war grade in Gedanken, Tschuldigung“, antworte ich, nachdem ich mich leicht erschrocken umgedreht habe und den schon zehn Meter weiter stehenden, auf mich wartenden Kai als Quelle dieser Stimme identifiziert habe. Schnell laufe ich wieder zu ihm hin und schaue dabei noch ein letztes Mal zu dem Bürogebäude-Stuhl. Schade, das wäre echt ein cooles Spiel gewesen. Vor allem, wenn es dann auch noch einen Großbrand in dem Gebäude gegeben hätte! Man hätte die Spielzeugfeuerwehrwagen per Hubschrauber auf das Dach transportieren können! Nachdem wir dem kleinen Gang kurz gefolgt sind, stößt Kai eine große, quietschende, nach Eisen riechende, dreckige Metalltür auf und mich empfangen die Geräusche und der Geruch der großen Halle. Es wirkt, als hätte ich den „Unscharf-Maskieren“-Effekt in Adobes Creative-Suite angewendet oder so, als hätte ich mir in Left4Dead selbst eine Adrenalinspritze versetzt. Nicht, dass ich mich sonderlich Energiegeladen fühlen würde, wobei, doch, das tue ich auch, aber was ich eigentlich meinte, was wollte ich sagen? Alle tausend Eindrücke der riesigen Halle prasseln nur so auf mich ein. Es riecht nach Schmierfett, nach Metall, nach heiß gelaufenen Kabeln. Während ich immer noch damit beschäftigt bin, mit Kais schnellem Schritttempo mitzuhalten, bin ich vollkommen damit beschäftigt mich in der Halle umzuschauen. Wir kommen vorbei an einem Computerarbeitsplatz mit zwei großen Dell-Monitoren. Auf dem linken Monitor klebt der TCO-Aufkleber schief und die Leuchstoffröhre ganz hinten in der Ecke flackert. Viel interessanter ist aber das eigenartige Muster auf dem Linoleumboden. Fast so, als wäre der ganze Boden ein Fluss, bedingt durch die Farbe des Bodens wohl ein ziemlich Brauner Fluss. Aber wenn man die Farbe ändern würde und den Boden rot machen würde, dann würde das fast wie Lava aussehen! Ob man in Gebieten mit natürlichen Lavavorkommen das Haus mit Lava heizen könnte? Eine Lava-Fußbodenheizung!
„So, setzt dich jetzt erstmal einfach auf den Stuhl hier, wir löchern dich jetzt gleich erstmal ganz Oldschool mit Fragen“, weißt Kai mich an und deutet auf einen wahnsinnig großen, schwarzen Lederbürosessel. Achja, ich habe ja eine Pampers an!, sagt mein Gehirn zu mir, als ich mich auf den hohen Sessel ziehe und dabei wieder den warmen Saugkern der Windel zwischen meinen Beinen und an meinem Po spüre. Oh Mann, hat Felix es gut! Dieses Gefühl ist einfach nur himmlisch, besser als alle Windeln, die ich in den letzten zehn Jahren anhatte. Schade nur, dass ich grade nicht muss, denn das reinpinkeln wäre bestimmt noch cooler: „Kann ich vielleicht was zutrinken haben?“, frage ich Kai etwas schüchtern. Vielleicht sollte ich nicht so viel trinken, weil sonst die Windel zu voll wird? Nein, egal.
„Wie heißt das Zauberwort?“, kommt von Kai aber nur grinsend zurück.
„Sudo. Nur weil ich jetzt aussehe wie ein Kind, müsst ihr mich nicht direkt so behandeln!“, antworte ich gewitzt.
„Du machst es einem aber ziemlich schwer, dich nicht für ein Kind zu halten“, antwortet Kai mir und mir ist nachdem ich eben wieder meine Stimme gehört habe völlig klar, was er damit meint. Kurz darauf sitze ich auch schon kurz alleine in dieser Ecke der Halle und schaue mich auf dem Schreibtisch um. Ein sehr großer Ecktisch, gefüllt mit Papierstapeln und zwei Computern auf jeder Seite des Ecktisches. Der Rechner vor mir ist ausgeschaltet und der neben mir ist grade vollends damit beschäftigt, einen Bildschirmschoner anzuzeigen. „ERCEA – 1406 Division“. Plötzlich allerdings wird mein Blick geradezu magnetisch von etwas viel profanerem als einem Computer angezogen. Einem kleinen, runden Spiegel. Aus dem Spiegel starren mich zwei Augenpaare an. Schwarze Pupillen und fast ebenso dunkle, braune Augäpfel. Meine Augen sehen so aus, wie ich sie gewohnt bin, der Rest des Teils meines Gesichts welcher auf dem Spiegel abgebildet wird, allerdings überhaupt nicht. Natürlich ist mein Bart verschwunden, die vereinzelten Pickel sind einer komplett glatten Haut gewichen und meine Wangen haben einen leichten Rotton bekommen. Mein ganzes Gesicht insgesamt wirkt viel glatter. Ich lehne mich nach vorne und strecke meine ebenso glatte, linke Hand nach dem Spiegel aus. Ich nehme ihn in meine Hand und kippe ihn leicht nach oben und begutachte meine zerstrubbelten, etwas heller gewordenen, braunen Haare. Jung sehe ich aus, sehr jung, ansonsten aber wie vorher auch. So, als wären die Spuren der fast 18 Jahre, die ich auf dieser Welt weile, einfach nur etwas sanfter an mir vorbeigegangen.
Ich lächle mich selbst an und stelle fest, dass meine Zähne noch etwas anders stehen, als ich es von heute gewohnt bin.
„Hi! Wir kennen uns ja schon“, antwortet mir die kurzhaarige Forscherin von gestern Abend. Schon komisch, von den hunderten Personen die hier in der Halle immer herumlaufen und konzentriert arbeiten, sprechen immer dieselben zehn Leute mit mir, die anderen laufen nur an mir vorbei. Ob man eine Sicherheitsfreigabe braucht, um mit mir oder Felix zu sprechen? Die Frau fährt fort: „Soo, du bist jetzt der ältere, ne? Also … hier, welches der hier stehenden Wörter gibt es?“, fragt sie mich und reicht mir ein Klemmbrett mit einem Zettel. Oher, Ohr, Ehr, Ereh, Hor stehen als Antwortmöglichkeiten bereit. „Aha, ein Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest?“, gebe ich allerdings als Frage zurück und kurze Zeit später liegt der Block auch schon nicht mehr in meinen Händen. „Ok, das heißt dann wohl „bestanden““, erhalte ich als Antwort. Kurz darauf leuchtet ein Mann mit einer kleinen Lampe in meine Augen und Kai stellt mir simultan einen großen Becher mit leckerem Apfelsaft auf den Schreibtisch. Irgendwie fange ich an, die Aufmerksamkeit zu genießen. „So, jetzt testen wir mal dein Gedächtnis. Wofür interessierst du dich?“, werde ich von der Forscherin gefragt.
„Ähmmmmmmm“, fange ich an zu antworten, komme dann aber ins Grübeln, kringle meinen rechten Zeigefinger in meinen Haaren bis ich auf die Antwort komme: „Naja, für alles mit Technik, Politik und Geschichte und so … ziemlich viel halt.“
„Ok, dann fangen wir an. 2009 war ja eine Bundestagswahl. Wer wurde gewählt?“
„Ähm, das war wohl Kabinett Merkel zwei. Schwarzgelb mit der SPD, nach ihrem lange dauernden Abstieg wieder auf die Oppositionsbänke verbannt“, antworte ich. Schon skurril, so eine Antwort aus dem Mund eines kleinen Jungen zu hören, denke ich, während ich mich selbst im Spiegel reden sehe. Oh Mann, irgendwie geht da ein Traum in Erfüllung. Ich bin wieder ein kleines Kind. Mir passen richtige Pampers und wenn ich wollen würde, dann könnte ich sofort anfangen, hier herumzutollen und verstecken zu spielen. Und grade hätte ich auch verdammt Lust dazu. Mit den Gedächtnisfragen geht es nun eine Zeitlang weiter und ich bekomme Elektroden an den Kopf geklebt. Zum Schluss gehen die Fragen in eine andere Richtung, und meine letzte Aufgabe besteht schließlich darin, eine schriftliche Multiplikation durchzuführen. Obwohl ich das vermutlich zuletzt in der vierten oder fünften Klasse gemacht habe, beherrsche ich diese Rechentechnik zu meiner eigenen Verwunderung noch immer ohne Probleme. Kurz darauf bekomme ich die Elektroden wieder abgenommen und mich überkommt ein gespanntes, kribbelndes Gefühl von Neugier: „Und was machen wir jeeetzt?“, frage ich absichtlich kindisch und gespannt. Die ganze Situtation in der Lagerhalle heute finde ich wirklich außerordentlich spannend und interessant, was vermutlich wohl daran liegen dürfte, dass ich die wohl effektivste Anti-Aging-Creme der Welt probieren durfte. Zeitreisen™.
„Jetzt müssen wir erstmal abwarten“, antwortet mir Kai: „Wir können dich, beziehungsweise deinen Elfjährigen Körper, landläufig Felix genannt, nicht schon wieder direkt schlafen legen, dein Schlaf würde nicht tief genug für einen sicheren Bewustsseinswechsel werden. Deshalb warten wir einfach ein bisschen, bis dein Körper etwas weniger müde wird.“
Eigentlich fühle ich mich nicht so, als würde ich in den nächsten Stunden irgendwann mal weniger hellwach werden: „Und was machen wir dann in der Zwischenzeit, Kai?“
„Tja, wir haben eigentlich genug damit zu tun, Schlüsse aus den gefundenen Erklärungen der letzten beiden Tage zu ziehen. Was du aber machst, weiß ich allerdings nicht. Aber wenn ich mir dich so anschaue, wie wärs mit spielen?“, neckt Kai mich. Ich grinse leicht, schüttle dann aber ablehnend: „Kann ich nicht mit dir mitkommen, und euch beim Arbeiten zusehen? Das würde mich echt interessieren! Oh bitte!“, frage ich ihn und setzte bei der bitte auf meinen kindlichen Charme. Das hat doch früher auch immer funktioniert! Tut es auch heute noch. Ich stoße mich vom Bürosessel runter und laufe Kai hinterher.
„Aber Kai, jetzt sag mal, was habt ihr denn bisher herausgefunden, erklär mal!“, frage ich Kai und komme mir dabei schon fast selbst etwas kindisch vor, was natürlich auch der immensen Größe von Kai, der Windel zwischen meinen Beinen und meiner Stimme geschuldet ist. Aber nun gut, ich bin jetzt grade wohl vermutlich der letzte der sich Sorgen machen sollte, zu kindisch zu wirken. In der Hinsicht ist in diesem Körper wohl schon alles verloren.
„Ja, puh, wo fange ich da an?“, fragt sich Kai hörbar ratlos während er sein Gehtempo drosselt als er bemerkt, das ich mit meinen nunmehr recht kurzen Beinen nicht so richtig hinterherkomme.
„Also. Felix ist durch die Zeit gereist? Wie?“, frage ich, um meine Frage etwas deutlicher zu machen und schaue Kai dabei gespannt an. Vermutlich mit großen, glänzenden Augen. So stelle ich mich mir jedenfalls selbst grade vor. Eine Vorstellung von mir selbst, mit der ich zur Abwechslung eigentlich ziemlich zufrieden bin. Eigentlich bin ich selten zufrieden mit meiner Wirkung auf andere Menschen. Selten, vielleicht auch nie, beziehungsweise nur dann, wenn ich der anzugtragende, unanfechtbare Oberboss von allem bin und gewöhnlich scheitere ich bei den letzten beiden Punkten mal mehr, mal weniger stark. Ein kleiner, wissbegieriger, verspielter Junge zu sein, das ist aber eine Vorstellung, mit der ich vollends zufrieden bin. Viel mehr noch, diese Vorstellung setzt mich im Gegensatz zu der anderen nicht unter Druck und erfordert Höchstleistungen von mir, im Gegenteil, ich kann einfach so sein, wie ich wirklich bin. Eigentlich das, was ich immer wollte. Meine kurze, aber tiefe Reise in mein eigenes, dunkles, Gefühls- und Wunschzentrum wird allerdings plötzlich von der Antwort, welche Kai nach reiflichem Überlegen auf meine Frage gibt, unterbrochen. Mein Geist taucht wieder auf und ich höre Kai zu. Gleichzeitig fällt mir auch auf, dass wir unseren Weg mittlerweile wieder unterbrochen haben und sind, ohne dass es einer von uns wegen des Gespräches bemerkt hat, wieder stehen geblieben.
„Da haben wir, das wird dich jetzt vermutlich erstaunen, sogar wirklich Antworten gefunden. Ich weiß nicht, wie präsent dir die spezielle Relativitätstheorie im Bezug auf Zeitdilatation ist …“
„Nicht so sehr“, antworte ich Kai mit einem sichtbaren, großen Fragezeichen über meinem kleinen Kopf. Ich bin erst siebzehn, muss ich das wissen? Nein, halt, ich bin doch auch elf irgendwie! Also, ich muss das nicht wissen!
„Naja, das mit dem Zwillingsparadoxon. Also du hast zwei Zwillinge, beide, logischerweise gleich alt. Dann steckst du einen in ein Raumschiff und lässt ihn mit sehr hoher Geschwindigkeit irgendwo weit draußen im Weltraum fliegen und anschließend wieder zurück. Der andere Zwilling bleibt auf der Erde zurück. Wenn der Weltraum-Zwilling nun wieder zurückgekehrt ist, ist er langsamer gealtert als der Erde-Zwilling, er ist also in die Zukunft gereist. Je nachdem wie schnell er war, ist er sogar ein ganzes Stück in die Zukunft dabei gereist, also eine ziemliche Zeitreise. Das Problem, was sich dabei in der Realität stellt, ist halt nur, dass …“, erklärt mir Kai ausladend, bis ich ihn vorsichtig unterbreche, um deutlich zu machen, dass ich doch weiß, worum es grade geht. Obwohl mein Drang, meine breitgefächerte Fachkompetenz bei jeder Möglichkeit auszudrücken seitdem ich aus dem Tiefschlaf in meinem Kinderkörper aufgewacht bin, massiv gesunken ist, ist er immer noch nicht ganz weg.
„… Das wir keinen Menschen mit fast-Lichtgeschwindigkeit beschleunigen können und wir, selbst wenn wir es können würden, er es vermutlich nicht überleben würde. Ja, das kenne ich! Ist doch genauso wie die Geschichte von den ersten GPS-Satelliten, die arbeiten ja auch mithilfe von Uhren und die gehen auch anders als normale, weil die sonst von der Erde ausgehend zu schnell gehen würden oder so? Und die Nasa hat das ursprünglich nicht geglaubt, und musste die Uhren der Satteliten nachträglich korrigieren.“
„Ja, in etwa. Darüber macht sich Apu selbst heute noch lustig“, antwortet Kai grinsend während wir nun wieder weitergehen und leicht nach links abbiegen um einem Palletenstapel aus dem Weg zu gehen: „Da spielt auch noch die allgemeine Relativitätstheorie mit ihrer gravitativen Zeitdilatation eine Rolle, aber ja, das ist auch so ein Beispiel dafür. Aber worauf ich hinauswill: Du kannst in die Zukunft reisen, bräuchtest mit heutigen Methoden allerdings nur sehr sehr lange, um dabei wirklich weit in die Zukunft zu reisen. Und vorallem, das Problem, was dabei auftritt: Wenn du im Jahre 2007 in eine Ich-beschleunige-dich-ganz-schnell-und-mache-damit-eine-Zeitreise-Maschine gestiegen bist, dann würdest du zwar im Jahre 2014 ankommen, dort aber nicht auf dich selbst treffen, denn du bist ja seit dem Jahre 2007 in der Zeitmaschine gewesen. Dadurch wirst du ja nicht einfach dupliziert.“
„Und jetzt?“, frage ich erneut irritiert. Sagt Kai nun, dass Felix nicht durch die Zeit gereist sein kann? Während ich frage, merke ich, dass der eben getrunkene Apfelsaft langsam endlich einen sogar recht dringenden Harndrang erzeugt hat. Schade nur, dass wir nun wieder gehen, und im Gehen in die Windel zu pinkeln ist nun wirklich schwerer als man glaubt. Nicht nur schwerer, ich würde sogar sagen, unmöglich.
„Tja. Du bist einmalig auf dieser Welt, sogar einmalig in diesem Universum, so wie wir alle es sind“, antwortet mir Kai nun und legt die Betonung dabei hörbar auf das „diesem Universum“.
„Ahhhh! Multiversentheorie?“, frage ich nun, als mir bewusst wird, was Kai meint: „Wie in der Quantenmechanik, dass bei jeder Möglichkeit, für die wir oder ein Teilchen uns entschließen, ein anderes Universum entsteht, bei dem die andere Möglichkeit genommen wurde?“
„Jaaaa, so in etwa. Felix kommt unseren Ergebnissen nach aus einem anderen Universum. Und zwar einem zeitverschobenen Universum, welches unserem um sieben Jahre hinterherhinkt, ansonsten aber, zumindest laut Felix Erzählungen genau wie unseres ist“, klärt mich Kai nun begeistert auf. Ich hingegen spüre, wie sich meine Nackenhaare sträuben und mir ein kalter Schauer den Rücken herunterläuft. Nicht aus Angst, mehr aus Erstaunen und Spannung. Mittlerweile gehen wir am Rand der Halle vorbei und ich erhasche einen Blick durch ein Fenster. Der blaue Himmel, die weite Welt. Von irgendwo weit dort draußen kam Felix also in unsere Welt rüber? Naja, eigentlich ist er ja nicht durch den Raum gereist, er kommt nicht von weit weg, sondern von ganz nah. Andererseits kommt er aus der Vergangenheit, aus einem anderen Universum, welches sich zwar direkt neben unserem befindet, aber trotzdem unerreichbar ist. Und etwas, das unerreichbar ist, ist für gewöhnlich doch auch sehr weit weg, oder?
„Was, und das heißt jetzt, Felix ist von diesem Universum in unseres gereist?“, frage ich.
„Genau.“, sagt Kai nur als Bestätigung während wir eine Treppe nach oben steigen und anschließend durch einen Verbindungsgang über einer Zufahrtsstraße die Halle verlassen und in einem Bürogebäude landen.
„Wieso? Wie?“
„Das haben wir jetzt die letzten Tage versucht, herauszufinden. Und auch da hatten meine Kollegen Erfolg, dank eurem Körpertausch hatte ich bisher aber noch nicht die Zeit, die entsprechenden Papers zu lesen. Soweit ich mitbekommen hatte, haben wir in den Aufzeichnungen alter Experimente physikalische Anomalien gefunden. Und diese deuten darauf hin, dass Felix nicht der erste Universenreisende ist, sondern sich nun als Folge einer anderen Reise in unserem Universum befindet“, bekomme ich als kleine Zusammenfassung geliefert während Kai vor einer Milchglastür anhält: „Aber wenn ich meinen Kalender richtig gelesen habe, habe ich gleich ein Briefing darüber. Und zwar, man das wird jetzt eine super Überleitung, genau hier. Und auch ziemlich genau jetzt.“
Ich folge Kai in einen etwas größeren Raum hinter der Türe, gefüllt mit Stühlen und Tischen und einer kleinen Präsentationsbühne am vorderen Ende. Auf der großen Leinwand hinter der Bühne prangt ein großes, Rundes Logo. Außen ist es durch einen gelben Kreis abgegrenzt, gefolgt von Schrift welche sich in den Kreis einpasst: „1406 Division – European Research Council Executive Agency“. Die Schrift wiederrum rahmt in Verbindung mit den Europasternen das Zentrum ein, welches aus zwei, Achsensymetrisch in der Mitte gespiegelten, roten Einsen besteht. Gut zu wissen, wie das ganze hier eigentlich heißt. Neben der Leinwand steht der mir noch vom Anfang bekannte Ismael zusammen mit dem mir in schlechter Erinnerung gebliebenen, älteren Agenten von gestern Abend. Der Raum ist gefüllt mit weiteren Personen, hauptsächlich in Anzügen. Still und glücklicherweise unbemerkt setzen Kai und ich uns in die hintere linke Ecke des Raumes, unweit der Türe. Ein Mann mit Glatze, welcher genau vor meinem Platz sitzt, dreht sich gestört zu uns um, wechselt mit seinem Gesichtsausdruck aber augenblicklich in einen sehr erstaunten Ausdruck, als er mich ansieht. Nicht lange allerdings, denn Ismael beginnt nahezu Zeitgleich seinen Vortrag:
„Meine Damen und Herren, ich bin Professor Ismael, Phd Astrophysics. Ich werde nun mit dem zweiten Teil unserer heutigen, improvisierten Vortragsreihe weitermachen. Nachdem sie nun von meiner reizenden Kollegin Leila darüber aufgeklärt wurden, dass ein Elfjähriger aus dem Jahre 2007 urplötzlich im Jahre 2014 aufgetaucht ist und dass dieser Elfjährige in Verbindung mit seinem entsprechenden Counterpart, äh, Gegenstück aus dem Jahre 2014 der erste Beweis für die Existenz eines zweiten, zeitverschobenen Universums ist, werde ich nun mit dem Wieso und dem Wie fortfahren.“ Gespannt lauscht der ganze Saal Ismael bei seinem Vortrag und auch ich höre nur leicht abgelenkt zu. Leicht abgelenkt durch meinen Harndrang, denn wo ich jetzt sitze, kann ich selbigem endlich nachgeben! Ich lehne mich etwas zurück und rutsche dabei mit meinem Unterkörper nach vorne, wodurch ich meine Pampers nur noch mehr spüre. Kurz darauf lässt mein Schließmuskel auch schon los und ich spüre, wie sich ein endloser Schwall von warmer Flüssigkeit aus mir heraus seinen Weg in die Windel sucht. Wüsste ich nicht, dass ich eine Pampers Babydry, die wohl effektivste und auslaufsicherste Windel der Welt, umhätte, würde ich mir grade wohl sorgen ums Auslaufen machen. Muss ich aber nicht, deshalb genieße ich einfach die himmlische Wärme, die sich dort unten grade ausbreitet und schiele leicht unauffällig auf meinen Schritt. Ich meine, die durch die Windel verursachte Ausbeulung dort erahnen zu können, bin mir dabei allerdings nicht ganz sicher. Spüren hingegen tue ich sie überall, selbst an meinem Po bin ich mittlerweile merklich nass und spüre, wie sich das warme, weiche Packet an meine Oberschenkel drückt. Wie meine Windel eigentlich aussieht? So klein, wie ich nun bin vermutlich ziemlich riesig, denke ich. Ich fasse den Entschluss, sie mir nachher einmal anzusehen und richte meine Aufmerksamkeit wieder mehr auf Ismaels Vortrag während der Pipischwall langsam versiegt und ich spüre wie meine Pampers nun damit beschäftigt ist, alles aufzusaugen und sich dabei noch weiter aufplustert.
Autor: giaci9 (eingesandt via E-Mail)
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden.
Suche
Weitere Teile dieser Geschichte
- Zweite Chance (1) – Kapitel 21
- Zweite Chance (1) – Kapitel 20
- Zweite Chance (1) – Kapitel 19
- Zweite Chance (1) – Kapitel 18
- Zweite Chance (1) – Kapitel 17
- Zweite Chance (1) – Kapitel 16
- Zweite Chance (1) – Kapitel 15
- Zweite Chance (1) – Kapitel 14
- Zweite Chance (1) – Kapitel 13
- Zweite Chance (1) – Kapitel 12
- Zweite Chance (1) – Kapitel 11
- Zweite Chance (1) – Kapitel 10
- Zweite Chance (1) – Kapitel 9
- Zweite Chance (1) – Kapitel 8
- Zweite Chance (1) – Kapitel 7
- Zweite Chance (1) – Kapitel 6
- Zweite Chance (1) – Kapitel 5
- Zweite Chance (1) – Kapitel 4
- Zweite Chance (1) – Kapitel 3
- Zweite Chance (1) – Kapitel 2
- Zweite Chance (1) – Kapitel 1