Zwischen Gestern und Morgen (19)
Windelgeschichten.org präsentiert: Zwischen Gestern und Morgen (19)
Und weiter geht’s mit unserem kleinen Abenteuer.
Ich sah Benjamin an, während er auf dem Rücksitz fest angeschnallt neben mir saß und langsam in den Schlaf glitt. In seinem Gesicht lag endlich ein Ausdruck von Ruhe, und ich spürte eine Mischung aus Zärtlichkeit und Traurigkeit in mir aufsteigen. All das, was er durchmachen musste, ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Benjamin hat keine Erinnerungen an seine ersten Jahre – nicht einmal an eine Zeit, in der er Geborgenheit durch eine Mutter erlebt hätte. Er war ein Versuchskaninchen, ein Kind ohne eine echte Familie, wie Herr Petrow es beschrieben hatte. Ich frage mich, ob es ein Segen oder eine bittere Ironie ist, dass er sich nicht daran erinnern kann. Aber vielleicht sind gerade diese Erinnerungen ihm erspart geblieben, damit er jetzt, in dieser neuen Zeit, eine echte Kindheit erleben kann.
Doch wie wird es weitergehen, wenn das alles wirklich einmal vorbei ist und ich versuche, ihm ein normales Leben zu ermöglichen? Kann er noch einmal in den Kindergarten gehen? Werden andere Kinder ihn akzeptieren? Einerseits ist er durch seine Erinnerungen und das Wissen, das ihm übertragen wurde, so viel weiter als andere Kinder in seinem Alter. Andererseits fehlen ihm wichtige Erfahrungen – das Spielen und Toben, die kleinen Abenteuer, die Freundschaften und die Freiheit, einfach ein Kind zu sein. All das sind Dinge, die prägend sind, Dinge, die das Leben so wertvoll machen.
Dann kommen noch seine körperlichen Einschränkungen hinzu. Ich weiß, dass ich nie ein Problem damit haben werde, ihm die Windel zu wechseln, ihm in allem beizustehen, was er braucht. Aber wie wird es sein, wenn er vielleicht doch noch in den Kindergarten oder später sogar in die Schule gehen kann? Werden Erzieher oder Lehrer sich damit auskennen, solche Bedürfnisse zu unterstützen? Und was, wenn andere Kinder das merken und ihn damit hänseln? Vielleicht bräuchte er eine Schulbegleitung, jemanden, der ihm auch in dieser Hinsicht Sicherheit gibt.
Ich atmete tief durch und streichelte ihm sanft über die Wange, während ich in Gedanken versank. Es würde kein leichter Weg werden, aber ich wusste, dass ich für ihn kämpfen würde – und dass er mit all seinen Herausforderungen trotzdem ein glückliches Kind sein könnte, wenn er nur Liebe und Unterstützung an seiner Seite hätte.
Nach der langen Fahrt waren wir endlich wieder im Haus angekommen. Vorsichtig öffnete ich Benjamins Kindersitz, um ihn heraus zu nehmen, und dabei wachte er langsam auf. Kaum hatte er die Augen geöffnet, schlang er seine kleinen Arme um meinen Hals. Es war ein wunderbares Gefühl, ihn so nah bei mir zu spüren, und ich drückte ihn sanft an mich.
Als ich ihn hochhob, merkte ich, dass seine Windel wieder ziemlich aufgequollen war. Ein Wechsel sollte ich auf keinen Fall aufschieben, dachte ich, während ich ihn liebevoll auf dem Arm trug.
Im Haus wurden wir von Thomas begrüßt, der sichtlich erleichtert aussah, als wir zur Tür hereinkamen. Ich lächelte ihn an und erwiderte die Begrüßung. „Wir kommen gleich wieder runter, dann könnten wir ja etwas essen. Ich habe Hunger – und Benjamin bestimmt auch.“ Benjamin nickte eifrig und fügte hinzu: „Und Durst.“
„Ich muss ihn nur kurz einem Boxenstopp unterziehen,“ sagte ich mit einem kleinen Lächeln, während ich ihm sanft auf den Hintern klopfte, was ihn kichern ließ. Dann machte ich mich mit ihm auf den Weg, um ihn frisch zu machen, bevor wir uns für das Abendessen wieder nach unten begaben.
Als wir die Küche betraten, bemerkte ich sofort den köstlichen Duft, der aus dem Ofen strömte. Thomas hatte Lasagne vorbereitet, und Benjamin, der an meiner Hand lief, konnte sich ein begeistertes „Das riecht aber gut!“ nicht verkneifen. Sein Gesicht strahlte vor Freude, und ich musste lächeln – es war schön, ihn so zufrieden zu sehen.
Ich beschloss, mit Benjamin zusammen den Tisch zu decken, merkte aber schnell, dass ich gar nicht genau wusste, wie viele Personen jetzt eigentlich mit uns essen würden. Nach einem kurzen Blick ins Arbeitszimmer der Personenschützer und einem Gespräch mit Heike, die gerade an einem Laptop arbeitete, stellte sich heraus, dass Heike nun fest zu unserem Team gehörte. Außerdem war ein neuer Kollege eingetroffen, der mit Heike hier angekommen war. Er stellte sich als Mario vor und machte einen sympathischen Eindruck auf mich. Offenbar würde er ebenfalls Teil unseres Sicherheitskreises sein.
Mit den Informationen ging ich zurück zu Benjamin, der inzwischen bei Thomas seine zweite Tasse Tee getrunken hatte. Gemeinsam beschlossen wir, das Essen von der Küche ins Esszimmer zu verlegen. In der Küche wäre zwar genug Platz für sieben Personen gewesen, aber das Esszimmer bot mit dieser Anzahl an Menschen definitiv eine angenehmere Atmosphäre.
Während wir den Tisch im Esszimmer deckten, warf ich einen Blick auf Benjamin, der mit Feuereifer die Teller und das Besteck verteilte. Es war ein schönes Gefühl, all das als kleine, zusammengewachsene Gemeinschaft zu tun – ein Gefühl von Zuhause, das ich Benjamin so sehr wünschte.
.
.
.
Ich konnte es kaum erwarten zu essen. Mein Magen knurrte, und der Duft der Lasagne machte es nicht leichter, geduldig zu sein. Während wir noch darauf warteten, dass alles fertig wurde, schaute ich zu Mama hoch. „Können wir nach dem Essen nochmal in den Garten?“ fragte ich hoffnungsvoll.
Mama sah kurz aus dem großen Fenster auf die Terrasse und dann wieder zu mir, mit einem sanften, mitfühlenden Blick. „Ich glaube, wenn wir fertig mit dem Essen sind, wird es draußen schon dunkel sein,“ erklärte sie. „Aber wir können dann bestimmt noch etwas zusammen spielen. Was hältst du davon? Und morgen gehen wir auf jeden Fall raus – versprochen, okay?“
Ich nickte zwar, auch wenn ich lieber sofort rausgegangen wäre. Aber irgendwie wollte ich Mama auch nicht das Gefühl geben, dass ich enttäuscht war… oder dass ich mehr verlangte, als sie mir gerade geben konnte. Doch dann fragte ich mich, warum das so war. Wollte ich, dass sie sich keine Sorgen machte? Oder dass ich nicht zur Last fiel?
Mama bemerkte offenbar, dass ich nicht ganz überzeugt war. Sie lächelte sanft, kniete sich zu mir hinunter und sagte: „Ach, Benni, das war noch nicht so ganz überzeugend. Es ist okay, auch mal etwas nicht gut zu finden. Manchmal können wir es zwar trotzdem nicht ändern, aber du darfst deinem Unmut ruhig ein bisschen Luft machen – das gehört einfach dazu.“
Dann nahm sie mich in die Arme und umarmte mich fest, und ich fühlte, wie ein kleiner Kloß in meinem Hals schmolz. Es war so beruhigend, einfach nur bei ihr zu sein und zu wissen, dass ich auch mal enttäuscht sein durfte, ohne dass es etwas an ihrer Liebe zu mir ändern würde.
.
.
.
Ich sah Benjamin an und konnte ihm die Enttäuschung direkt vom Gesicht ablesen. Ich verstand ihn nur zu gut – in den letzten Tagen waren wir nur unterwegs, ständig auf der Flucht und voller Ungewissheit. Dann das Gespräch mit Alexej, all die schweren Informationen, die er irgendwie verarbeiten musste. Und jetzt, da wir endlich im Haus zur Ruhe kommen könnten, darf er nicht einmal in den Garten, um ein bisschen Freiheit zu spüren. Das alles war für eine kleine Kinderseele einfach zu viel.
Mir wurde klar, dass ich dringend etwas unternehmen musste, um ihm ein Stück Normalität und Freude zurückzugeben. Er brauchte etwas, das ihn auf andere Gedanken brachte, weg von den Sorgen und Ängsten, die ihm viel zu früh aufgebürdet worden waren. Vielleicht ein kleines Abenteuer, das nur uns beide betraf, ganz ohne Personenschützer und ohne ständige Vorsicht – einfach ein Moment, in dem er sich wirklich wie ein Kind fühlen konnte.
Ein Gedanke kam mir, und ich sah ihn an, lächelte sanft. „Weißt du was, Benni?“ sagte ich. „Wie wäre es, wenn wir nach dem Abendessen noch ein kleines Abenteuer drinnen machen? Vielleicht bauen wir eine Höhle aus Decken und Kissen und schauen, wer die besten Verstecke für ein paar geheime Schätze findet. Oder wir machen ein kleines Picknick im Wohnzimmer – nur für uns zwei.“
Er sah mich überrascht an, und in seinen Augen glomm ein kleines Leuchten auf. Ich wusste, dass es für ihn nicht das Gleiche war wie ein Gartenbesuch, aber vielleicht half es ihm, ein wenig von dem zu vergessen, was ihn so schwer belastete. Ja, dachte ich, morgen gehen wir auf jeden Fall raus. Aber für heute geben wir ihm ein kleines Stück Abenteuer hier im Haus.
Nach dem Abendessen, das Benjamin sichtlich schmeckte, überließen wir den Abwasch den anderen und machten uns leise auf den Weg nach oben, um unser kleines Höhlen-Abenteuer zu starten. „Also, Benni,“ sagte ich lächelnd, „jetzt bist du der Baumeister. Zeig mir, wie wir das am besten anstellen!“
Mit funkelnden Augen überlegte er kurz und lief dann zielstrebig ins Schlafzimmer, wo er sich die größte Decke schnappte. „Die hier ist perfekt für das Dach!“ erklärte er voller Begeisterung und zog die Decke mit ganzer Kraft ins Spielzimmer. Dort hängte er sie kunstvoll über die beiden großen Sitzsäcke, die wir als „Höhlenwände“ nutzten. Die Decke spannte sich zwischen den Säcken und schuf einen gemütlichen, dunklen Unterschlupf mit einem breiten Eingang, den er stolz bewunderte.
Er lief dann zurück ins Schlafzimmer und suchte nach einer weiteren kuscheligen Decke – diesmal die große, weiche Fleecedecke, die so schön warm und flauschig war. „Die brauchen wir für den Boden, damit wir es gemütlich haben,“ verkündete er, während er sie hinter sich her in das Spielzimmer zog. Er breitete die Fleecedecke sorgfältig über den Boden der Höhle aus, und ich konnte sehen, wie stolz er auf seine kleine Höhlenfestung war.
Benjamin kletterte in die Höhle und rief begeistert: „Mama, wir brauchen noch Licht!“ Also brachte ich eine kleine Taschenlampe, die wir als „Höhlenlampe“ nutzten, und platzierte sie neben ihm. Das sanfte Licht der Taschenlampe tauchte die Höhle in einen warmen Schimmer und reflektierte in Benjamins strahlenden Augen.
„Das ist die beste Höhle, die ich je gesehen habe,“ sagte ich, während ich mich neben ihn kuschelte. Benjamin schmiegte sich an mich, und für diesen Moment waren all unsere Sorgen vergessen – nur wir, unsere Höhle und das sanfte Licht, das uns in eine kleine, friedliche Welt einhüllte.
Nachdem wir die Höhle gemeinsam abgebaut hatten, nahm ich Benni an die Hand und führte ihn ins Badezimmer, um ihn für die Nacht fertigzumachen. Ich lächelte ihn an und meinte liebevoll: „Aber bevor wir ins Bett hüpfen und das Buch lesen, machen wir dich erstmal frisch, mein Schatz.“
Er nickte nur und hob die Arme, damit ich ihm das Shirt ausziehen konnte. Als ich dann vorsichtig die Windel öffnete, bemerkte ich, dass der ganze Tee, den er beim Abendessen getrunken hatte, längst seinen Weg in die Windel gefunden hatte. Sie war ganz schön aufgequollen, und ich musste schmunzeln.
„Na, das war wohl eine ordentliche Portion Tee, die hier gelandet ist,“ sagte ich scherzhaft, während ich ihn sanft sauber machte. Benjamin kicherte leise und schien ein wenig verlegen, aber ich gab ihm einen beruhigenden Blick. „Das ist völlig in Ordnung, Benni. Dafür sind wir ja hier, um dich für die Nacht wieder bequem zu machen.“
Nachdem ich ihm eine frische Windel angelegt und seinen kuscheligen Schlafanzug angezogen hatte, nahm ich ihn liebevoll in den Arm und trug ihn ins Bett. Wir kuschelten uns gemeinsam unter die Decke, und ich griff nach dem Buch, das er ausgesucht hatte.
„Bereit für eine kleine Geschichte?“ fragte ich, und Benjamin kuschelte sich an mich, seine Augen leuchteten vor Freude und Vorfreude. So begannen wir den Abend auf die schönste Weise: zusammen, geborgen und ganz in unserer eigenen, kleinen Welt versunken.
.
.
.
Mama kuschelte sich neben mich ins Bett, das Buch in der Hand, und ich fühlte mich schon ganz geborgen und ruhig. Sie schlug die erste Seite auf und sah mich dann an. „Wie wäre es, wenn du ein paar Absätze selbst liest, Benni?“ fragte sie mich lächelnd.
Ein bisschen überrascht nickte ich und nahm das Buch in meine Hände. Eigentlich freute ich mich darauf, Mama zu zeigen, dass ich schon richtig gut lesen konnte. Also begann ich langsam und konzentriert, jedes Wort genau zu lesen. Es machte mir Spaß, die Geschichte selbst zu entdecken und Mama dabei zu beeindrucken. Ab und zu schaute ich zu ihr hinüber, und ihr Lächeln sagte mir, dass sie stolz auf mich war.
Doch nach ein paar Absätzen merkte ich, dass ich es eigentlich viel schöner fand, wenn sie mir vorlas. Ihre Stimme machte die Geschichte lebendig, als ob die Worte durch sie eine besondere Magie bekamen. Ich sah sie an und legte das Buch wieder in ihre Hände.
„Magst du jetzt weiterlesen, Mama?“ fragte ich leise.
Mama nickte und nahm das Buch zurück. „Natürlich, mein Schatz,“ sagte sie sanft und begann weiterzulesen. Ihre Stimme war ruhig und sanft, und ich spürte, wie sie mich in die Geschichte hineinführte. Es erinnerte mich an eine Szene aus dem Buch, in der ein kleiner Held mit seiner Mutter auf einem Abenteuer war – genauso wie wir gerade in unserer Höhle gespielt hatten. Ich musste grinsen, als ich daran dachte.
„Woran denkst du, Benni?“ fragte Mama leise und strich mir übers Haar.
„Ich hab gerade an das Abenteuer im Buch gedacht,“ flüsterte ich zurück. „Es ist ein bisschen so, wie wir in der Höhle waren, oder?“
Mama lachte leise und nickte. „Ja, das ist es. Vielleicht sind wir die geheimen Helden in unserer eigenen Geschichte,“ sagte sie und fuhr mit der Geschichte fort.
Mit jeder Zeile fühlte ich mich sicherer und wohler, bis meine Augen schwer wurden. Während sie las, spürte ich, wie ich langsam in den Schlaf glitt, Mamas Stimme die letzte Brücke in die Welt der Träume.
.
.
.
Mitten in der Geschichte war Benjamin schließlich eingeschlafen, mein kleiner Held. Ich lächelte, während ich ihn ansah, wie friedlich und entspannt er dalag, ganz in die Decke eingekuschelt. Hoffentlich würde seine Nacht so ruhig und ungestört verlaufen wie dieser Moment.
Langsam schlich ich mich aus dem Bett, um ihn nicht zu wecken. Doch gerade als ich aufstehen wollte, sah ich, wie er im Schlaf seinen Daumen in den Mund schob. Ich musste schmunzeln, weil ich mich daran erinnerte, dass ich als Kind genau dasselbe gemacht hatte. Meine Eltern hatten damals liebevoll versucht, mir das abzugewöhnen – mit kleinen Geschichten, Ablenkungen, und manchmal auch mit einem sanften Lächeln, wenn ich es wieder unbewusst tat.
In diesem Moment fühlte ich mich meinen eigenen Eltern besonders nahe, als ob ich ein Stück von dem, was sie mir einst gegeben hatten, jetzt an Benjamin weitergeben konnte. Mit einem sanften Kuss auf seine Stirn zog ich die Decke etwas höher und schlich mich leise aus dem Zimmer.
Nachdem ich die Tür zu Benjamins Zimmer wieder leise geöffnet ließ, machte ich mich auf den Weg nach unten, um Thomas zu suchen. Er saß in der Küche, eine dampfende Tasse Tee vor sich, und schien in Gedanken versunken. Ich nahm mir ebenfalls eine Tasse, goss mir Tee ein und setzte mich zu ihm.
„Ist Benjamin eingeschlafen?“ fragte er sanft, ohne aufzusehen.
Ich nickte und lächelte. „Ja, mitten in der Geschichte.“ Dann nahm ich einen tiefen Atemzug. „Thomas, ich wollte dir erzählen, was heute passiert ist… mit Alexej.“
Er sah mich aufmerksam an, und ich begann ihm von unserem Treffen und den Gesprächen zu berichten – über die Details, die Alexej uns über Neurodyne Solutions gegeben hatte, seine Entschuldigung und seinen Wunsch, Benjamin und uns zu unterstützen. Thomas hörte schweigend zu, seine Stirn leicht gerunzelt, während ich sprach. Es tat gut, alles einmal auszusprechen, die Eindrücke und Gefühle zu teilen, die dieser Tag in mir ausgelöst hatte.
Als ich fertig war, lehnte ich mich zurück und sah Thomas an. „Ich weiß, dass es alles noch komplizierter macht,“ sagte ich leise, „aber vielleicht ist es ein Schritt in die richtige Richtung.“
Thomas sah mich mit ernster Miene an, seine Augen voller Unverständnis und Entsetzen. „Was sind das für Menschen,“ fragte er leise, „die so etwas mit anderen Menschen machen – und dann auch noch mit Kindern?“
Ich seufzte und spürte, wie schwer diese Frage auf mir lastete. „Ich weiß es nicht,“ antwortete ich schließlich. „Alexej hat angedeutet, dass für Neurodyne Solutions nur das Ziel zählt. Sie sehen Menschen, besonders Kinder wie Benjamin, nur als Werkzeuge, als Mittel zum Zweck. Es ist, als ob sie jegliche Menschlichkeit verloren haben.“
Thomas schüttelte langsam den Kopf und schaute in seine Teetasse, als ob er darin Antworten finden könnte. „Es ist schwer zu begreifen, dass jemand so weit gehen kann,“ sagte er. „Dass Menschen ihre Ethik und ihre Verantwortung so leicht über Bord werfen.“
Ich legte eine Hand auf seine und sah ihm in die Augen. „Aber wir sind hier, um Benjamin zu schützen und ihm ein besseres Leben zu ermöglichen. Das ist das Einzige, was jetzt zählt.“
Thomas sah mich wieder an, seine Augen ernst und besorgt. „Also… er wird nächsten Monat fünf Jahre alt,“ sagte er nachdenklich. „Das heißt, er ist eigentlich noch ein Kleinkind, steckt jedoch im Körper eines Erstklässlers, hat die Erinnerungen eines Erwachsenen und die seelische Reife eines Neugeborenen. Es ist einfach verrückt, wenn man darüber nachdenkt.“ Er hielt kurz inne, als ob er die richtigen Worte suchte. „Es gibt so viele Dinge, die ihm das Leben schwer machen könnten. Die nächsten Jahre werden entscheidend für seine Psyche sein. Er braucht unbedingt eine feste Beziehung zu dir als seine Mutter, ein stabiles Zuhause und absolute Verlässlichkeit. Er muss so viele Erfahrungen wie möglich sammeln, um sich als Kind zu entwickeln, ohne dass seine Seele dabei Schaden nimmt.“
Bei seinen Worten stiegen mir die Tränen in die Augen, und ich musste blinzeln, um sie zurückzuhalten. Doch ich wusste, dass Thomas recht hatte, auch wenn es schmerzte. „Meinst du…“ meine Stimme zitterte ein wenig, „meinst du, er kann noch den Kindergarten besuchen?“
Thomas überlegte kurz, dann nickte er langsam. „Ja, ich denke, es wäre gut für ihn, wenn er in einen Kindergarten gehen könnte. Dort könnte er spielerisch lernen, soziale Kontakte zu knüpfen, und die ersten kleinen Freundschaften aufbauen, die so wichtig für Kinder sind. Aber er wird sicher auch besondere Unterstützung brauchen – Erzieher, die sensibel mit ihm umgehen und verstehen, was er durchgemacht hat. Und du wirst vermutlich sehr eng mit ihnen zusammenarbeiten müssen, um ihm die bestmögliche Umgebung zu bieten.“
Ich nickte und wischte mir eine Träne von der Wange. Die Vorstellung, dass Benjamin in einer liebevollen, stabilen Umgebung aufwachsen könnte, ließ mich hoffen. Aber ich wusste, dass es ein langer Weg sein würde, voller Herausforderungen – doch für ihn würde ich alles tun, was nötig ist.
Ich sah Thomas an, meine Stimme zögerlich und voller Sorgen. „Und… was denkst du über seine vermutlich dauerhafte Inkontinenz? Es sieht ja so aus, als ob er vielleicht für den Rest seines Lebens auf Windeln angewiesen sein wird.“
Thomas legte seine Hand beruhigend auf meine und sprach mit sanfter, fester Stimme. „Da gibt es Schlimmeres,“ sagte er aufmunternd. „Ich habe schon einige Patienten gehabt, denen es nicht anders ging. Und heute ist das an Schulen längst kein so großes Tabu mehr, wie es früher einmal war. Es gibt viele Kinder, die Unterstützung bei besonderen Bedürfnissen brauchen. Benjamin wäre da nicht allein.“
Er hielt kurz inne, dann fuhr er fort: „Am besten wäre es, wenn er eine integrative Schule besuchen könnte. Dort ist man oft besser darauf eingestellt, verschiedene Bedürfnisse zu unterstützen. Und bei seiner Vorgeschichte wäre das sowieso eine bessere Wahl. So könnte er lernen, dass er mit all seinen Besonderheiten akzeptiert und wertgeschätzt wird.“
Ich atmete tief durch und nickte. Thomas hatte recht – das Wichtigste war, dass Benjamin sich angenommen und sicher fühlen konnte. Wenn ich ihm eine Umgebung bieten könnte, die ihm Raum für seine Entwicklung ließ, würde er diesen Weg nicht allein gehen müssen.
Thomas sah mich weiterhin ernst an und fuhr fort: „Du wirst aber auch darauf achten müssen, dass du ihm klare Regeln und Grenzen setzt. Das ist genauso wichtig wie die Liebe und Fürsorge, die du ihm gibst.“
Ich nickte langsam und ließ seine Worte auf mich wirken. „Grenzen geben ihm Halt, nicht wahr? Besonders bei all dem Chaos, das er schon erlebt hat.“
„Genau,“ bestätigte Thomas. „Er muss wissen, dass es Menschen gibt, die ihn nicht nur lieben, sondern auch führen und ihm zeigen, was richtig und falsch ist. Klare Strukturen und verlässliche Regeln geben ihm das Gefühl von Sicherheit und Beständigkeit. Gerade weil er so viele Eindrücke hat, die schwer zu verarbeiten sind, wird das ein wichtiger Teil seiner Heilung und Entwicklung sein.“
Ich seufzte leise, wusste aber, dass er recht hatte. Benjamin brauchte meine Liebe, aber er brauchte auch Führung, um das Leben zu meistern, das so kompliziert für ihn war. „Ich werde mein Bestes geben,“ flüsterte ich und fühlte die Last und die Verantwortung, die auf mir lagen – aber auch die Entschlossenheit, ihm genau das zu geben, was er braucht.
Gerade als Thomas und ich unser Gespräch beendet hatten, kam Gustav in die Küche. Sein Auftauchen erinnerte mich daran, dass ich noch ein paar Dinge für Benni besorgen wollte und dass ich dringend eine Möglichkeit suchte, ihm ein wenig Freude zu bereiten. Er hatte in den letzten Tagen so viel durchgemacht, dass er wirklich etwas Schönes verdient hatte.
„Gustav,“ begann ich zögernd, „glaubst du, es gäbe eine Möglichkeit, dass wir vielleicht einen kleinen Ausflug mit Benni machen könnten? Irgendetwas, bei dem er ein schönes Erlebnis hat – er hat wirklich so viel hinter sich…“
Gustav sah mich an und schüttelte bedauernd den Kopf. „Es tut mir leid, aber im Moment ist das aus Sicherheitsgründen einfach nicht möglich,“ sagte er leise.
Ich spürte eine leichte Enttäuschung in mir aufsteigen, doch bevor ich etwas sagen konnte, meldete sich Thomas zu Wort. „Weißt du,“ sagte er sanft, „im Moment ist alles, was du mit Benjamin unternimmst, ein tolles Erlebnis für ihn. Auch die ganz alltäglichen Dinge. Für uns Erwachsene ist das oft nur Routine und Alltag, aber für Benni, der die Welt gerade erst mit seinen eigenen Augen entdeckt, ist jeder Moment etwas Besonderes.“
Seine Worte ließen mich nachdenklich werden. Er hatte recht – Benjamin brauchte keine spektakulären Ausflüge, um Freude zu erleben. Für ihn waren die kleinen Momente voller Wunder, und es lag an mir, diese mit ihm zu teilen.
Gustav nickte und fügte hinzu: „Wenn du irgendetwas für Benjamin oder dich brauchst, dann schreib es einfach auf eine Liste. Ich werde mich darum kümmern und alles organisieren.“
Ich lächelte dankbar und sah die beiden Männer an. Auch wenn wir nicht die Freiheit hatten, weit hinauszugehen, konnte ich Benni trotzdem ein Stückchen Freude und Normalität bieten – einfach, indem ich mit ihm die kleinen Dinge des Lebens entdeckte.
Also nahm ich Zettel und Stift zur Hand und begann, ein paar Dinge niederzuschreiben, die mir für Benjamin einfielen. Ich notierte praktische Dinge für den Alltag, wie zusätzliche Kleidung und seine speziellen Windeln. Und dann ließ ich ein wenig Platz für Spielzeug – etwas, das ihm Freude machen und ihn beschäftigen könnte. Vielleicht etwas, das seine Neugier weckt oder ihm hilft, sich noch wohler zu fühlen.
Als ich die Liste fertiggestellt hatte, übergab ich sie Gustav, der mir versprach, sich darum zu kümmern. Danach ging ich leise ins Badezimmer, um mich ebenfalls Bett fertig zu machen. Der Tag war lang gewesen, und die Erschöpfung begann sich langsam bemerkbar zu machen, doch ein sanfter Gedanke hielt mich wach – wie friedlich Benjamin gerade schlief.
Behutsam schlich ich in sein Zimmer zurück und sah ihn dort liegen, tief in den Schlaf gesunken, mit einem entspannten Ausdruck auf dem Gesicht. Vorsichtig legte ich mich neben ihn und zog die Decke ein wenig höher, kuschelte mich sanft an ihn. Sein Atem ging ruhig und gleichmäßig, und in diesem Moment vergaß ich alle Sorgen. Es war ein stiller, kostbarer Augenblick, in dem wir einfach nur Mutter und Kind sein konnten.
.
.
.
Als ich erwachte, spürte ich sofort die aufgequollene Windel, die gerade wieder warm wurde. Es war ein komisches, aber irgendwie vertrautes Gefühl, und ich kümmerte mich nicht weiter darum. Stattdessen kuschelte ich mich fest an Mama, die immer noch neben mir lag, und schloss für einen Moment die Augen, einfach nur, um ihre Nähe zu spüren.
Mama öffnete die Augen und lächelte mich an. Dann gab sie mir einen Kuss auf die Wange und sagte sanft: „Guten Morgen, mein kleiner Schatz. Hast du gut geschlafen?“
Ich konnte nicht anders, als sie einfach anzulächeln. „Ja,“ antwortete ich, „ich hab gut geschlafen.“ Und es stimmte – ich hatte so tief und fest geschlafen, wie ich es schon lange nicht mehr getan hatte. Bei Mama fühlte ich mich geborgen und sicher, als könnte mir nichts Schlimmes passieren.
Sie strich mir liebevoll durchs Haar, und in diesem Moment fühlte ich, dass es nichts Schöneres gab, als bei ihr zu sein.
Mama stand auf, und ich wollte ihr sofort folgen, doch sie drehte sich lächelnd zu mir um und sagte: „Warte kurz, ich mache dich gleich hier frisch. Dann schauen wir mal, ob wir uns in der Küche nützlich machen können.“
Ich ließ mich wieder ins Bett zurücksinken, während Mama schnell die Wickelsachen holte. Es war mir zwar ein bisschen peinlich, aber irgendwie fühlte ich mich auch einfach wohl dabei, dass Mama sich so geduldig und liebevoll um mich kümmerte.
In der Küche war noch niemand, das ganze Haus lag still und ruhig im frühen Morgenlicht. Mama nahm eine Schüssel und das Handrührgerät aus dem Schrank und sah mich mit einem Lächeln an. „Wollen wir Pfannkuchen zum Frühstück machen?“
Meine Augen leuchteten auf. „Darf ich mitmachen?“ fragte ich voller Vorfreude.
Mama lachte leise. „Natürlich! Ich habe doch gefragt, ob wir Pfannkuchen machen wollen. Damit meine ich natürlich uns beide.“
Ich nickte eifrig. Es fühlte sich so schön an, etwas mit Mama zusammen zu machen. Zuerst siebten wir das Mehl, dann maß Mama die Milch ab und stellte die Eier bereit. Als sie die Eier aufschlug, schaute ich ihr fasziniert zu. Ich hätte das auch gerne probiert, aber mit nur einem Arm war das etwas schwierig. Dafür durfte ich dann das Rührgerät festhalten, während Mama es einschaltete. Langsam ließ sie mich den Teig vermischen, und ich konzentrierte mich ganz darauf, das Gerät ruhig zu halten, während der Teig immer glatter wurde.
Der Duft von frischem Pfannkuchenteig stieg mir in die Nase, und ich fühlte mich einfach rundum glücklich.
Nachdem der Teig fertig war, durfte ich mit einer Kelle vorsichtig etwas davon in die heiße Pfanne geben. Mama lächelte und half mir dabei, und dann hat sie einen Pfannkuchen nach dem anderen zubereitet. Der Duft breitete sich in der ganzen Küche aus, und ich war stolz, dass ich so viel mithelfen durfte.
Irgendwann kamen auch Thomas und Otto in die Küche. Sie schienen überrascht, uns schon so fleißig bei der Arbeit zu sehen, und ohne ein Wort begannen sie, den Tisch zu decken und alles vorzubereiten. Es dauerte eine ganze Weile, bis alle Pfannkuchen fertig waren, aber das Warten lohnte sich – und vor allem machte es riesigen Spaß, die Zeit mit Mama und den anderen so zu verbringen.
Als endlich der ganze Stapel Pfannkuchen auf dem Tisch lag und wir uns alle hinsetzten, fühlte sich das wie ein kleines Fest an.
Mama bestrich meinen Pfannkuchen dick mit Marmelade und stellte mir eine Tasse warmen Kakao dazu. Es schmeckte einfach wunderbar, und die Pfannkuchen waren im Nu alle aufgegessen – es schien allen geschmeckt zu haben. Das Abräumen überließen wir wieder den anderen, und Mama nahm mich an die Hand, um mit mir nach oben zu gehen und mir beim Anziehen zu helfen.
Sie half mir in meine Latzhose und zog mir darüber noch eine wasserdichte Spielhose mit Trägern an. Dazu kam eine dicke Jacke in einem dunklen Grün. Hübsch war sie nicht gerade, aber sie hielt schön warm, und das war das Wichtigste. Als ich angezogen war, ging es endlich wieder in den Garten.
Draußen kam auch Thomas zu uns und spielte ein bisschen Fangen mit mir. Ich wusste, dass er mich absichtlich nicht so schnell fing, aber es machte trotzdem Spaß, ihm immer wieder zu entkommen. Irgendwann rief Mama, dass es mit dem Herumrennen nun genug sei – sie wollte nicht, dass ich noch auf meine verletzte Schulter stürze.
Stattdessen zeigte mir Thomas, wie man aus kleinen Ästen und Laub Schiffchen bauen konnte. Wir sammelten Material und bastelten fleißig, bis wir eine kleine Flotte hatten. Die ließen wir dann im Regenwasserfass am Haus schwimmen, und es war richtig cool, ihnen dabei zuzusehen. Ich stellte mir vor, wie es wohl wäre, diese Schiffchen auf einem echten See schwimmen zu lassen – das wäre bestimmt noch toller gewesen! Aber auch so war es ein wunderbarer Morgen, und ich fühlte mich richtig glücklich.
Irgendwann kam Gustav nach draußen und trug einen großen Beutel, den er Mama mit einem Lächeln in die Hand drückte. Er zwinkerte mir zu und verschwand dann wieder ins Haus. Mama winkte mich zu sich, und neugierig lief ich zu ihr. Als ich in den Beutel sah, konnte ich zu meiner Freude ein kleines Segelflugzeug aus Styropor entdecken!
Ich nahm es begeistert entgegen und begann, es mit Mamas Hilfe zusammenzustecken. Es sah toll aus, und ich konnte es kaum erwarten, es auszuprobieren. Die ersten paar Versuche waren noch ein bisschen wackelig – das Werfen war gar nicht so einfach. Thomas zeigte mir, wie ich es am besten halten und loslassen musste, damit es gut fliegt. Ich konzentrierte mich und versuchte es noch einmal.
Und dann klappte es plötzlich! Der Wind war perfekt, und das Flugzeug machte richtige Loopings in der Luft. Manchmal landete es sogar so sanft, als würde es auf einer Landebahn aufsetzen. Es machte riesigen Spaß, das Flugzeug fliegen zu sehen, und ich lief immer wieder aufgeregt los, um es erneut zu werfen.
Gerade als ich das kleine Segelflugzeug wieder aufheben wollte, spürte ich plötzlich, dass ich groß musste. Doch das Spielen war einfach viel zu spannend, und ich wollte auf keinen Fall unterbrechen. Also blieb ich kurz in der Hocke und drückte es einfach raus, bevor ich wieder aufstand und weiterspielte.
Im ersten Moment fühlte es sich ein bisschen komisch und unangenehm an, aber nach ein paar Minuten hatte ich es schon fast vergessen. Das Fliegen mit dem Segelflugzeug war einfach zu schön, und ich konnte den Blick nicht davon abwenden, wie es durch die Luft segelte.
Irgendwann kam Mama zu mir, nahm mich sanft an die Hand und sagte: „Ich würde sagen, wir machen jetzt erstmal einen Windelwechsel, dann essen wir etwas zum Mittag, und danach machen wir einen kleinen Mittagsschlaf, ja?“
Auch wenn ich lieber weitergespielt hätte, spürte ich doch, dass ich Hunger hatte, und war neugierig, was es zum Mittag geben würde. Als wir in meinem Zimmer ankamen, bemerkte ich plötzlich den Geruch und erinnerte mich daran, was ich da in der Windel hatte. Verlegen sah ich zu Mama auf. „Mama… ich hab mir groß in die Hose gemacht,“ gestand ich beschämt. „Es war so schön beim Spielen, ich wollte einfach nicht unterbrechen.“
Gerade als ich mich entschuldigen wollte, nahm Mama mich schon hoch, lächelte und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Das weiß ich doch, Benni. Ich habe das gesehen,“ sagte sie sanft. „Und das ist nicht schlimm. Du bist ein Kind, und Spielen ist wirklich wichtig. Dafür hast du doch die Windel an.“
Zu meiner Überraschung gab Mama mir dann einen Schnuller, und das Gefühl, wieder einen Nuki im Mund zu haben, war irgendwie beruhigend und schön. Sie machte mich ganz liebevoll sauber und legte mir eine frische Windel an. Es war ein tolles Gefühl, wieder sauber und frisch zu sein.
„Ich werde dich demnächst gut eincremen,“ sagte Mama, während sie mir die Hose hochzog, „damit du nicht wund wirst, falls du mal länger in der Windel unterwegs bist.“ Ihre fürsorgliche Art ließ mich ein bisschen rot werden, aber ich fühlte mich auch geborgen und wusste, dass sie alles tun würde, damit es mir gut ging.
Zum Mittagessen gab es Pizza, und ich konnte meine Freude kaum verbergen. Mama lächelte, ermahnte mich aber, nicht zu viel zu essen. Ich hätte bestimmt noch ein weiteres Stück geschafft, aber ich erinnerte mich daran, wie unangenehm es beim letzten Mal gewesen war, als ich zu viel Pizza gegessen hatte. Also hörte ich lieber auf Mama und legte mein Stück beiseite, auch wenn es schwerfiel.
Nach dem Essen gingen wir zusammen nach oben, und Mama kuschelte sich mit mir ins Bett. Sie zog mich sanft in ihre Arme, und mit dem Nuki im Mund fühlte ich mich sofort ruhig und geborgen. Es war, als ob ich alle Sorgen und Gedanken einfach loslassen konnte. Eingekuschelt in Mamas Wärme und mit dem leichten Gefühl der Müdigkeit schlief ich schnell ein, während sich alles um mich herum friedlich und sicher anfühlte.
.
.
.
Da ich nicht wollte, dass mein kleiner Abenteurer den ganzen Nachmittag verschläft – schließlich hatte ich noch eine Überraschung für ihn geplant – weckte ich ihn sanft nach einer Stunde. Benni blinzelte mich mit verschlafenen Augen an, und ich konnte sofort sehen, dass er, wenn ich ihn lassen würde, bestimmt schnell wieder ins Land der Träume abtauchen würde. Es war so niedlich, wie er da saß, mit seinem Nuki im Mund und einem leicht abwesenden Blick, noch ganz in der Ruhe des Schlafes gefangen.
„Da ist aber jemand noch ganz müde,“ sagte ich lächelnd. Benni antwortete nicht, sondern legte einfach seine kleinen Arme um mich und kuschelte sich fest an mich. Ich hob ihn hoch und tastete dabei nach seiner Windel – sie konnte noch ein wenig halten, also beschloss ich, den Wechsel aufzuschieben.
In der Küche setzte ich ihn sanft auf einen Stuhl und stellte ihm einen warmen Früchtetee hin. Der Duft schien ihn langsam wach werden zu lassen, und nach ein paar Schlucken sah er schon etwas munterer aus. „Hast du Hunger?“ fragte ich vorsichtig.
Benni schüttelte den Kopf und murmelte durch seinen Nuki ein „nein.“ Ich nahm das als Gelegenheit, ihm den Nuki sanft aus dem Mund zu nehmen, auch wenn er dabei leicht das Gesicht verzog.
„Den bekommst du heute Abend wieder, okay? Ich möchte doch, dass du dich mit mir unterhalten kannst,“ sagte ich zwinkernd. Er lächelte, auch wenn ich spürte, dass ihm der Nuki gerade lieber gewesen wäre. Trotzdem schien er auf seine Art zufrieden und gespannt auf das, was der Nachmittag noch bringen würde.
Ich wollte Benni an die Hand nehmen und mit ihm ins Wohnzimmer gehen, aber er machte mir mit einem kleinen Blick klar, dass er lieber auf meinen Arm wollte. Also nahm ich ihn hoch und trug ihn die paar Schritte bis zum Wohnzimmer. Ich musste schmunzeln bei dem Gedanken, dass die kleine Überraschung seine Lebensgeister bestimmt gleich wieder wecken würde.
Als wir das Wohnzimmer betraten, blieb ich stehen und ließ ihn einen Moment den Tisch betrachten. Darauf stand ein großer Karton mit einem Lego-Autotransporter-Lkw, komplett mit kleinen Lego-Autos zum Beladen. Kaum sah Benni das Set, begannen seine Augen zu strahlen, und er war so schnell von meinem Arm und beim Karton, dass ich fast lachen musste – er hätte dem Roadrunner alle Ehre gemacht!
Ich erinnerte mich daran, wie ich gestern Abend Gustav aufgeschrieben hatte, dass Benni sehr gerne mit Lego spielt, besonders nachdem wir seinen geliebten Lego-Bagger im anderen Haus zurücklassen mussten. Gustav hatte den Autotransporter mitgebracht, und ich hätte nicht glücklicher sein können mit diesem Volltreffer. Benni schien sich riesig zu freuen und begann sofort, den Karton zu untersuchen, als ob er alles auf einmal zusammenbauen wollte.
Ich hoffte, dass Thomas uns gleich Gesellschaft leisten würde und vielleicht auch beim Aufbau helfen könnte – denn ich konnte jetzt schon sehen, dass Benni voll und ganz in sein neues Lego-Abenteuer eintauchen würde.
Fortsetzung folgt….
Autor: michaneo (eingesandt via E-Mail)
Diese Geschichte darf nicht kopiert werden
Suche
Weitere Teile dieser Geschichte
- Zwischen Gestern und Morgen
- Zwischen Gestern und Morgen (2)
- Zwischen Gestern und Morgen (3)
- Zwischen Gestern und Morgen (4)
- Zwischen Gestern und Morgen (5)
- Zwischen Gestern und Morgen (6)
- Zwischen Gestern und Morgen (7)
- Zwischen Gestern und Morgen (8)
- Zwischen gestern und Morgen (9)
- Zwischen Gestern und Morgen (10)
- Zwischen Gestern und Morgen (11)
- Zwischen Gestern und Morgen (12)
- Zwischen Gestern und Morgen (13)
- Zwischen Gestern und Morgen (14)
- Zwischen Gestern und Morgen (15)
- Zwischen Gestern und Morgen (16)
- Zwischen Gestern und Morgen (17)
- Zwischen Gestern und Morgen (18)
- Zwischen Gestern und Morgen (19)
- Zwischen Gestern und Morgen (20)
- Zwischen gestern und Morgen (21)
Wow mega wann 20 nicht so lange bitte
Wie immer eine sehr schöne Geschichte ich möchte dass du so weiter schreibst ich bin schon auf das nächste Abenteuer gespannt vielen Dank
Einfach wunderschön weiter so